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Die Montanuniversität im Dritten Reich - eine Spurensuche

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“IMMER NOCH NAZISTISCH UND PRO-ANSCHLUSS EINGESTELLT”<br />

Über die St<strong>im</strong>mung unter den<br />

Studierenden der THG nach dem<br />

Krieg wird berichtet: „Es<br />

gibt <strong>im</strong>mer noch auffallenden<br />

preußischen Militarismus unter den<br />

Studenten. […] Eine überwiegende<br />

Mehrheit der Studenten der<br />

Technischen Hochschule ist<br />

<strong>im</strong>mer noch nazistisch und pro-<br />

Anschluss eingestellt. Sie sind<br />

pess<strong>im</strong>istisch eingestellt über<br />

ihre Zukunft in <strong>eine</strong>m unabhängigen<br />

Österreich. […] <strong>Die</strong> meisten<br />

Studenten glauben <strong>im</strong>mer noch, dass<br />

Deutschland die zivilisierteste<br />

der europäischen Nationen ist und<br />

zur Führung Europas best<strong>im</strong>mt sei.<br />

Im Allgem<strong>eine</strong>n lehnen sie die<br />

Rassentheorie, das Führerprinzip,<br />

die Brutalität und die Gestapo-<br />

Methoden des <strong>Dritten</strong> <strong>Reich</strong>es ab.<br />

Viele Studenten favorisieren<br />

<strong>eine</strong>n starken Polizeistaat, der<br />

Ordnung hält und politische<br />

Unruhe verhindert. […] Einmal<br />

kam es zu <strong>eine</strong>r heftigen<br />

Debatte über die Wahrheit von<br />

Konzentrationslagergeschichten.<br />

Im Großen und Ganzen glauben<br />

die Studenten, dass nur echte<br />

Kr<strong>im</strong>inelle in diesen Lagern<br />

eingesperrt waren.“ [4]<br />

Im November 1946 kam es in Wien zu<br />

Demonstrationen und Prügeleien,<br />

nachdem ein Überlebender <strong>eine</strong>s<br />

Konzentrationslagers bei <strong>eine</strong>r<br />

Studierendenversammlung angegriffen<br />

worden war. Bundeskanzler Leopold<br />

Figl stellte fest „dass die<br />

bisherigen Säuberungsmaßnahmen<br />

nicht ausgereicht haben, um<br />

nationalsozialistische Tendenzen<br />

an den österreichischen Hochschulen<br />

restlos auszumerzen.“<br />

Es kam zu <strong>eine</strong>r Verschärfung<br />

der Rahmenbedingungen, was dazu<br />

führte, dass für die Studierenden<br />

strengere Regeln galten als für<br />

die Lehrenden. Unter anderem<br />

wurden auch Minderbelastete vom<br />

Hochschulstudium ausgeschlossen.<br />

Mit dem Beschluss der<br />

Jugendamnestie 1948 wurden diese<br />

Regelungen jedoch wieder außer<br />

Kraft gesetzt. Ab 1950 durften auch<br />

Studierende, die als „belastet“<br />

eingestuft waren, ihre Ausbildung<br />

fortsetzen. [4]<br />

STUDIERENDE, DIE „KEINE GEGENSÄTZE<br />

AUFKOMMEN LASSEN“<br />

Was die Leobener Studierenden in<br />

der Nachkriegszeit betrifft, so<br />

schrieb Rektor Platzer 1949: „Man<br />

darf hier betonen, dass unsere<br />

heutige akademische Jugend, die<br />

zum größten Teil in schwerstem<br />

Kriegseinsatz gestanden hat,<br />

k<strong>eine</strong> nennenswerten Gegensätze in<br />

weltanschaulicher, politischer<br />

oder nationaler Richtung aufkommen<br />

lässt.“ Welche so konforme<br />

Ausrichtung die Montanstudierenden<br />

der Nachkriegszeit ausgezeichnet<br />

hat, ist leider nicht beschrieben.<br />

Doch angesichts der Vorgeschichte<br />

und der Geschehnisse in Graz und<br />

Wien liegt nahe, dass die Denkweise<br />

der Leobener Studierenden nicht<br />

viel anders ausgesehen haben wird<br />

als dort. [3,4]<br />

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