E_1938_Zeitung_Nr.058
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N° 58 sein müssen, die das Schicksal<br />
eine« Rennfahrers auf sich nehmen wollen. Jetzt<br />
möchte er wissen, wie Männer mit solchen Eigenschaften<br />
gefunden werden.<br />
«Denken Sie einmal», so beginnt die Antwort<br />
auf diese Frage, «an das Zustandekommen einer<br />
Olympia- oder Nationalmannschaft. Sie baut sich<br />
ganz systematisch von unten her auf. Zuerst werden<br />
in lokalen Wettkämpfen die Besten ermittelt.<br />
Sie messen sich mit den Siegern anderer Ortckämpfe<br />
in Kreiswettbewerben. Die Kreissieger wiederum<br />
bestreiten die Regionalkämpfe. Deren Spitzenkönner<br />
schliesslich, die Besten der Nation, bilden<br />
die repräsentative Mannschaft.<br />
Nicht viel anders ist heute der Weg eines<br />
Rennfahrers, wenn auch noch nicht so tabellarisch<br />
geregelt. Immerhin bietet auch hier die örtliche<br />
Veranstaltung eines Clubs die ersten Möglichkeiten<br />
zur Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen. Der<br />
Motor-Ethusiast lernt dabei sein Fahrzeug kennen<br />
und beherrschen und die unvorhergesehenen Situationen<br />
meistern, die das Reaktionsvermögen steigern<br />
und die Nerven trainieren. Bald kann er in<br />
grösseren Konkurrenzen antreten, und schliesslich<br />
qualifiziert ihn der Besitz zahlreicher Medaillen,<br />
Plaketten und andereer Trophäen zur Teilnahme<br />
an grossen, auch internationalen Veranstaltungen.<br />
Wer sich auf diese Weise durch jahrelange Betätigung<br />
im Motorsport einen Namen gemacht hat,<br />
kommt für die Aufnahme in die Nachwuchsmannschaft<br />
in Betracht — ein anderer nicht!»<br />
«Haben Ihre Fahrer alle diesen Weg genommen?»<br />
«Die meisten kommen, da das Betreiben des<br />
Automobilsporte« einen grösseren Geldbeutel erfordert<br />
und örtliche Automobilkonkurrenzen deshalb<br />
seltener sind, vom Motorrad her, das sich als<br />
vorzüglicher Weg-bereiter für die Rennfahrerlaufbahn<br />
erwiesen hat. Unser Rosemeyer war Motorradmeister,<br />
bevor er auf unseren Rennwagen stieg.<br />
Müller, der jetzt mit Hasse und Ihrem Landsmann<br />
Kautz unsere Stamm-Mannschaft bildet, ist ebenfalls<br />
alter Motorradhase, während sich Hasse,<br />
ebenso wie der Nachwucheschüler v. Hanstein, bereits<br />
einen Namen als erfolgreiche Gelände- und<br />
Langstreckenfahrer gemacht haben, als sie zu uns<br />
kamen. Und nach Rosemeyers Beispiel denken auch<br />
andere Motorradmeister daran, die Lenkstange<br />
ihrer siegreichen Maschine mit dem Volant des<br />
Rennwagens zu vertauschen.»<br />
Gibt es genug Nachwuchs ?<br />
«Von solchen Leuten gibt es doch gewiss nicht<br />
sehr viele. Reicht ihre Zahl denn aus, den Rennmannschaften<br />
genügend Nachwuchs zu sichern?»<br />
«Dass es nicht genug Nachwuchsfahrer gäbe,<br />
ist ein Märchen. Ein Rennstall kann gar nicht<br />
mehr als drei oder vier gebrauchen. Und wie viele<br />
Rennställe haben wir in Europa? Noch nicht einmal<br />
ein Dutzend. Der Nachwuchs, der gebraucht<br />
wird, ist schon da. Es dauert nur einige Zeit, bis<br />
er so weit ist, grosse und schwere Rennen gewinnen<br />
zu können. Die meteorgleiche Laufibahn Rosemeyers<br />
ist auch für Rennfahrerbegriffe eine enorme<br />
Karriere gewesen. Wer jetzt an den Start geht,<br />
wird Jahre brauchen, bis er zu den ganz Grossen<br />
zählt.»<br />
Wir haben erfahren: Rennfahrer muss man<br />
sein, aue Veranlagung und Begabung. Aber man<br />
muss es auch werden, ducrh eisernen, jahrelang<br />
geübten Fleiss und durch Ausdauer, die man<br />
am besten dadurch beweist, dass man eich durch<br />
alle kleinen und grossen Schwierigkeiten des langen<br />
und beschwerlichen Weges zur Ruhmeshöhe<br />
eisern durchbeisst.<br />
H. T-nn.<br />
(Copyright by Cosmopress. Genf.)<br />
Grosser Preis von Deutschland.<br />
Die Oberste Nationale Sportbehörde für<br />
die deutsche Kraftfahrt gibt für den am nächsten<br />
Sonntag auf dem Nürburgring stattfindenden<br />
Grossen Preis von Deutschland folgende<br />
Nennliste bekannt:<br />
Fabrikfahrer:<br />
Auto-Union AG., Zwickau; H. Stuck, T. Nuvolari<br />
und F.. Hasse; Ersatzfahrer: Chr. Kautz<br />
und U. Bigalke.<br />
Daimler-Benz AG.. Untertürkhelm: R. Caracclola,<br />
v. Brauchitsch, H. Lang, R. B. Seaman und W.<br />
Bäumer. Ereatzfahrer: H. Hartmann und<br />
H. Brendel.<br />
Ecurie Bleue, Paris: R. Dreyfus und F. Comotti<br />
auf Delahaye.<br />
Offlclne Alfieri Maserati S. A„ Bologna: Graf<br />
Trossi und A. Varzi auf Maserati.<br />
Privatfahrer mit Stallunterstützung:<br />
Squadra Automobilistica Torlno; P Taruffi und<br />
P. Ghersi auf Alfa Romeo. Ersatz fahrer: P<br />
Dusio.<br />
Scuderia Ambrosiana, Malland: F. Cortese auf<br />
Maserati.<br />
Privatfahrer:<br />
E. de Graffenried (Schweiz) auf Maserati; Graf<br />
Festetics (Ungarn) auf Alfa Romeo; A. B. Hyde<br />
K^^^^^^^^^^<br />
(England) auf Maserati; H. Berg und P. Pietseh<br />
(Deutschland) auf Maserati 1,5 Liter; V. Belmondo<br />
(Italien) auf Alfa Romeo.<br />
Es liegen somit insgesamt 21 Nennungen<br />
vor, wobei mit dem Eingang von 2 Nennungen<br />
des Rennstalles Alfa-Corse immer noch<br />
gerechnet wird.<br />
Das erste Training der Rennwagen findet<br />
morgen Mittwoch von 9—12 und 14—18 Uhr<br />
statt.<br />
Ein Sturz von Sommer bei den Probefahrten<br />
von Aüa Romeo in Livorno.<br />
Wie angekündigt, fanden letzten Donnerstag m<br />
Livorno — auf der Goppa-Ciano-Rundstrecke —<br />
die Versuchsfahrten von Alfa Corse statt, an denen<br />
sich Farina, Biondetti, Sommer, Villoresi und Pintacuda<br />
beteiligten. Erprobt wurden ein 12-ZyIinder-,<br />
ein 16-Zylinder- und 2 neue 1,5-Liter-Rennwagen,<br />
wobei über den Ausgang dieser Versuche<br />
grösstes Stillschweigen beobachtet wird. Dem Franzosen<br />
Sommer ist am Steuer eines 12-Zylinder-Boliden<br />
zwischen Antegnano und Ardenza ein Unfall<br />
zugestossen, der anfänglich schlimmer aussah, als<br />
es tatsächlich der Fall war. Er rannte über das<br />
Srassenbord hinaus und prallte gegen die Umzäunung.<br />
Dabei wurde Sommer von seinem Sitz auf<br />
die Strasse geschleudert und der Wagen ziemlich<br />
schwer beschädigt. Die Ambulanz schaffte den Piloten<br />
sofort ins Spital, wo er am Freitagmorgen das<br />
Bewusstsein wieder erlangte. Er dürfte inzwischen<br />
bereits wieder aus der Klinik entlassen worden<br />
Grosser Prefs von Comminges findet nicht<br />
statt.<br />
Nachdem der Grand Prix von Comminges schon<br />
im vergangenen Jahr sozusagen im letzten Moment<br />
abgesagt werden musste, verzichten dessen<br />
Organisatoren — wie wir erfahren — auch heuer<br />
auf die Austragung, wobei nicht so sehr sportliche<br />
Gesichtspunkte, sondern vielmehr finanzielle für<br />
diesen Entscheid massgebend waren. Der Grosse<br />
Preis von Comminges, der am 31. Juli zur Durchführung<br />
gelangen sollte, ist also im internationalen<br />
Sportkalender zu streichen.<br />
$•»«»»# 6n de»<br />
Schweiz<br />
Die Reglemente<br />
der Berner Automobil-Rennen.<br />
Am 20. und 21. August kommen auf der Bremgarten-Rundstrecke<br />
ein nationales und 2 internationale<br />
Automobilrennen zur Austragung. Die Reglemente,<br />
welche die Abwicklung der grossen Veranstaltung<br />
vom Training bis zur Preisverteilung in<br />
allen Einzelheiten regeln, sind erschienen.<br />
Der Preis vom Bremgarten<br />
wird auch dieses Jahr als nationale Konkurrenz<br />
für Touren-, Sport- und Rennwagen ausgeschrieben.<br />
Dae Reglement macht für die Zulassung und<br />
die endgültige Startbewilligung besondere Vorbehalte<br />
geltend, so dass mit einem sehr spannenden<br />
Rennen der Nachwuchsfahrer gerechnet werden<br />
kann. Der Start der Fahrzeuge, nach Hubraumklassen<br />
gestaffelt, erfolgt gleichzeitig. Das Rennen<br />
wird nach Eintreffen des Ersten jeder Kategorie<br />
beendet, und die Fahrzeuge nach der Reihenfolge<br />
ihrer Ankunft klassiert. Die zurückzulegende<br />
Strecke beträgt wieder 14 Runden zu 7,280 km,<br />
also etwas über 100 km, und ist somit lang genug,<br />
um die rennsportlichen Fähigkeiten eines Nachwuchsfahrers<br />
zu erproben. Diese nationale Konkurrenz<br />
zählt für die schweizerische Automobilmeisterschaft.<br />
Der Preis von Bern<br />
ist für Rennwagen mit einem Zylinderinhalt von<br />
maximal 1500 cem reserviert. Diese unterstehen<br />
keinerlei einschränkenden Gewichtsbestimmungen,<br />
wie es bei der Grand-Prix-Formel der Fall ist.<br />
Das Rennen wird in zwei Vorläufe über 14 Runden<br />
und einen Endlauf zu 21 Runden aufgeteilt.<br />
Diese Gliederung verfolgt nicht nur den Zweck, dem<br />
Publikum drei in sich geschlossene Wettbewerbe<br />
zu bieten, sie ist vielmehr geeignet, die qualitativ<br />
hochstehende und zahlenmässig grosse Besetzung<br />
besser auszuwerten. Für die Startreihenfolge sind,<br />
wie übrigen® bei sämtlichen Rennen, die Trainingsbestzeiten<br />
massgebend, wodurch das Training in<br />
den drei Vortagen eine besondere sportliche Note<br />
erhält, ist es doch nicht gleichgültig, ob beim<br />
Hauptrennen der Start aus der ersten oder letzten<br />
Reihe heraus erfolgen kann. Die Rennleitung wird<br />
darauf bedacht sein, ein möglichst ausgeglichenes<br />
Fahrerfeld an den Start zu schicken. Die gut klassierten<br />
Fahrer der Vorläufe qualifizieren sich für<br />
den Endlauf, der dank dieser einwandfreien Ausscheidung<br />
zu einer Attraktion von besonderer<br />
sportlicher Qualität wird. Beim hohen Konstruktionsstandard<br />
der zugelassenen Fabrikate und der<br />
raffinierten Fahrweise der mit der Berner-Rundstrecke<br />
bestens vertrauten englischen und italienischen<br />
Fahrer, ist eine weitere Steigerung des bestehenden<br />
Rundenrekordes von 146,905 km/St.<br />
durchaus möglich.<br />
Im Grossen Preis der Schweiz<br />
sind nur Fahrzeuge zugelassen, die den Motorabmessungen<br />
und Gewichtsbestimmungen der internationalen<br />
Rennformel <strong>1938</strong> bis 1940 entsprechen.<br />
Die Konkurrenz ist ausserdem reserviert für Konstrukteure,<br />
ihre ausgewiesenen Vertreter und eingeladene<br />
Einzelfahrer. Im Gegensatz zu den beiden<br />
Vorrennen ist der Fahrerwechsel gestattet. Damit<br />
soll erreicht werden, dass möglichst viele Fahrzeuge<br />
so lange als möglich im Rennen bleiben, Und<br />
von den betreffenden Mannschaftsleitern nach Gutdünken<br />
und taktischer Ueberlegung die Hand ändern<br />
können. Ausführliche Kapitel des Reglements<br />
sind dem Boxendienst gewidmet. Nur vier Personen<br />
dürfen an einem Fahrzeug, das an der Boxe<br />
hält, gleichzeitig arbeiten. Fremde Hilfe bei jeder<br />
Art von Verrichtungen führt zur Disqualifikation<br />
des Fahrers.<br />
Der Grand Prix geht wieder über 50 Runden<br />
s= 364 km, die in einem einzigen Lauf zurückzulegen<br />
sind. Die letztes Jahr erstmals eingeführte<br />
Kürzung der Renndistanz hat sich so gut bewährt,<br />
dass die Veranstalter definitif von der klassischen<br />
500-Kilometergrenze abgegansen sind und dies gewisS<br />
nicht zu Schaden der Zuschauer, die sich je<br />
länger je mehr für Rennen über kurze Distanzen<br />
interessieren.