E_1938_Zeitung_Nr.080
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AUTOMOBIL-REVUE DIENSTAG, 4. OKTOBER <strong>1938</strong> — "" 80<br />
Eine fehlerhafte Kreuzung<br />
An anderer Stelle dieses Blattes haben wir<br />
bereits auf einige Mängel an der am 20. August<br />
dem Verkehr übergebenen Industriestrasse<br />
hingewiesen. Auch die Neugestaltung<br />
der Kreuzung zwischen Industrie- und Altstetter<br />
Strasse entspricht kaum den heute bezüglich<br />
Verkehrssicherheit zu stellenden Anforderungen,<br />
weist doch diese Anlage schwere<br />
verkehrstechnische Mängel auf.<br />
Ueberall, wo bei Strassengabelungen,<br />
Kreuzungen oder auf Plätzen mehrere Verkehrsströme<br />
ineinander- und auseinanderzuführen<br />
sind, ist einerseits ein Höchstmass an<br />
Sicherheit zu gewährleisten,,anderseits die<br />
Flüssigkeit der Verkehrsabwicklung möglichst<br />
wenig zu beeinträchtigen. Grundsätzlich ist<br />
an solchen Stellen der Verkehr zu «kanali-<br />
, sieren», sei es durch entsprechende Gestaltung<br />
der Fahrbahnkanten, durch Verkehrsteiler,<br />
Inseln etc. Nicht selten werden jedoch<br />
solche Anlagen zu eigentlichen Verkehrshindernissen.<br />
Oft liegt ihnen der naheliegende<br />
Gedanke zugrunde, die Geschwindigkeit des<br />
Verkehrs durch sog. « Schikanen » zu « brechen<br />
», um die einzelnen Fahrströme möglichst<br />
ruhig und sicher ineinander überzuleiten.<br />
Derartige Ueberlegungen mögen auch dem<br />
Ausbau der erwähnten Kreuzung an der Industriestrasse<br />
zugrunde gelegen haben. Äbb<br />
1 gibt einen Gesamtüberblick dieser Anlagi<br />
mit den drei zur zwangsläufigen Führung de<br />
beiden, sich kreuzenden Verkehrsströme angebrachten<br />
Inseln. Bei dem nicht zu bezwei<br />
feinden Willen der Behörden, das Beste vorzukehren,<br />
um dem Verkehr zu dienen, verrä<br />
nun aber der Ausbau dieser Kreuzung eine<br />
erstaunliche Unkenntnis über die wirklichen<br />
Verkehrsvorgänge. Dies hat dazu geführt,<br />
dass sozusagen jede vorkommende Verkehrsbewegung<br />
aufs schwerste gestört wird und<br />
über die jedem Kreuzungsverkehr schon als<br />
solchem innewohnenden Risiken hinaus eine<br />
ganze Reihe von Gefahrenquellen eigentlich<br />
erst geschaffen werden. ;<br />
Der Umstand, dass sich der Strassenverkehr<br />
aus Bewegungen einzeln dahinrollender,<br />
individuell gesteuerter Fahrzeuge zusammensetzt,<br />
verbirgt für viele die Tatsache, dass<br />
auch dieser äusserlich so lockere Einzelverkehr<br />
als eine Kollektiverscheinung eigenen,<br />
sehr strengen Gesetzen folgt. Diese «ungeschriebenen<br />
Gesetze » sind so streng, dass die<br />
einzelnen, scheinbar völlig zusammenhanglosen<br />
Vehikel sehr oft so scharf umschriebene<br />
Fahrwege einhalten, als folgten sie unsichtbaren<br />
Strängen.<br />
Der Grund zu diesem merkwürdigen Verhalten<br />
liegt darin, dass die einzelnen Fahrzeugführer<br />
auf dieselbe Situation hinsichtlich<br />
der baulichen Anlage der Strasse weitgehend<br />
gleich reagieren. Diese Tatsache bewirkt nun<br />
auch an der erwähnten Kreuzung ein ganz<br />
bestimmtes Verhalten der einzelnen Fahrzeuge.<br />
Schon der gerade verlaufende Durchgangsverkehr<br />
innerhalb der Industriestrasse erleidet<br />
an dieser Kreuzung eine schwere Störung.<br />
Schuld daran ist die viel zu grosse Breite der<br />
drei Inseln, quer zur Achse der Industriestrasse<br />
gemessen. Vor allem die ovale Mittelinsel<br />
schnürt das Verkehrsprofil viel zu stark<br />
ein (Abb. 2). Von den beiden je 6 m breiten<br />
Fahrbahnhälften verbleibt nämlich im Bereich<br />
der Kreuzung nur je ein Fahrstreifen von<br />
weniger als 3 m, also knapp eine einzige<br />
Fahrspur. Die Abdrängung des Fahrverkehrs<br />
nach der Seite geht so weit, dass ein sich<br />
längs der Verbindungslinie der normalen<br />
Fahrbahnkante vor und hinter der Kreuzung<br />
entlangbewegendes Fahrzeug in einem Abstand<br />
von knapp 1 m an der Mittelinsel vorbeikommt<br />
(siehe das in Abb. 3 unten eingezeichnete<br />
Personenauto).<br />
Praktisch wird jedes Auto in Bereich der<br />
Kreuzung zu einer Umfahrung der Mittelinsel<br />
in Form einer schwachen Doppel-S-Kurve<br />
Abb. 2.<br />
genötigt, was das Passieren der Kreuzung zu<br />
einem Vorsicht gebietenden Manöver gestaltet.<br />
Schon wenige Tage nach Inbetriebnahme<br />
der Strasse zeichnete sich auf der Fahrbahndecke<br />
der wirkliche Verlauf des Verkehrs<br />
deutlich in Gesalt einer Fahrspur ab, die dicht<br />
an der Mittelinsel vorbeiführt.<br />
Jene Einengung des wirklichen Verkehrsstromes<br />
hat nun für die Verkehrsabwicklung<br />
unerwünschte Folgen. Die erste ist eine erhöhte<br />
Aufmerksamkeit der Fahrzeugführer<br />
beim Ansteuern der Kreuzung, dann aber vor<br />
allem bei der Durchfahrt an der Insel vorbei.<br />
Durch die schon rein technischen Fahrschwierigkeiten<br />
muss die Aufmerksamkeit der Autofahrer<br />
von der Beobachtung der übrigen Verkehrsvorgänge<br />
und anderer Strassenbenützer<br />
abgelenkt werden, besonders der dort sehr<br />
zahlreichen Fussgänger und Velofahrer.<br />
Besonders nachteilig wirkt sich das seitliche<br />
Hinausragen der viel zu grossen Mittelinsel<br />
über das Profil der beiden schlankeren<br />
Verkehrsspalter aus. Dadurch wird jedes<br />
Fahrzeug gefährdet, das bei schlechter Sicht<br />
die seitlichen Eckpunkte des zunächstliegenden<br />
Verkehrsteilers ansteuert, im Glauben,<br />
dass dessen gerade Seitenkante die wirkliche<br />
Fahrbahnbegrenzung darstelle.<br />
Schluss Seite 7.<br />
Abb. 1.<br />
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25. September <strong>1938</strong><br />
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