E_1940_Zeitung_Nr.026
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N° 26 — DIENSTAG, 25. Juni <strong>1940</strong> AUTOMOBIL-REVUE<br />
Bildet der Motorbetrieb mit gasförmigen Treibstoffen den Uebergang<br />
zum Wasserstoff-Motor?<br />
(Schluss)*<br />
c) Betriebsresultate mit Gas.<br />
Veröffentlichungen von Resultaten über Versuche<br />
mit Treibgas sind selten. Die nachstehenden<br />
Angaben mögen indessen vielleicht einiges Interesse<br />
bieten.<br />
Betrieb mit Treibgas<br />
(ausgenommen Leuchtgag, Azetylen und Wasserstoff):<br />
Der Betrieb der Motoren wird grösstenteile nach<br />
der bereits beschriebenen Betriebsart B durchgeführt.<br />
Voraussetzung dafür bildet aber die Organisation<br />
der Flaschen-Tankstellen, die reibungslos<br />
arbeiten muss.<br />
Theoretische Berechnungen ergeben, dass ,1 kg<br />
Gas gleichviel leistet wie ,1744 1 Benzin (von mittlerem<br />
spez. Gewicht). In der Praxis zeigte es sich<br />
dann, dass dieses Verhältnis sich noch zugunsten<br />
des Gasbetriebes verschiebt. Die Verbesserung ist<br />
deshalb möglich, weil im allgemeinen die Benzinmotoren<br />
zu fett eingestellt sind. Messungen haben<br />
folgende Werte geliefert?<br />
1 kg Flüssiggas entspricht 1,65 bis 1,70 Liter<br />
Benzin (15"/o günstiger als der theoretische Verbrauch).<br />
33 kg Flüssiggas entsprechen 48 Liter Benzin-<br />
Benzolgemisch (Aral). 12—13 kg Dauergas entsprechen<br />
17—18 Liter Benzin-Benzolgemisch (Aral).<br />
Ein Lastwagen mittlerer Grosse, der mit 7 Hoehdruckflaschen<br />
versehen war, welche Motor-Methan<br />
bei 300 kg/cm* enthielten, erzielte einen Aktionsradius<br />
von 400 km.<br />
Betrieb mit Leuchtgas:<br />
In England führte Erren Versuche durch, bei<br />
welchen ein AEC-Motor (Bohrung 110 mm und<br />
düng des Gemisches eintritt (bei 380—400° C). Der<br />
zum Betrieb notwendige Gaszueatz variierte von<br />
1,5—8 %>. Die Explosionsdrücke beliefen sich auf<br />
25—30 kg/cm'. Um ein höheres Verdichtungsver-<br />
wo Torher im gleichen Motor mit Benzinbetrieb<br />
ein Druck Ton 2 kg/cm* erreicht wurde.<br />
Die Verbrennungsgrenzen des Wasserstoff-Luftgemisches<br />
liegen bei 6—74% zwischen 0—220 atü.<br />
Die Brdnngeschwindigkeit ist bei 4O°/o ca. 100<br />
m/Sek. (mit Luft von 21 Vo Sauerstoff und 78 %<br />
Stickstoff).<br />
Der MotorenbetrieK mit Wasserstoff zeitigt die<br />
günstigsten Ergeibnisse, wenn die Verdichtung auf<br />
1:10—1:12 heraufgesetzt wird. Bei dieser Verdich-<br />
hältnis beibehalten zu können, wurde — mit gutem<br />
Resultat — Wasser in fein zerstäubter Form mittelt<br />
tung wurde ein spez. Verbrauch von 180 g/PS/l er-<br />
dem Gemisch beigemengt. Versuche, Azetylen als Zu erwähnen wäre in diesem Zusammenhang<br />
Motorentreibstoff zu verwenden, wurden vor Jah-noch, dass Zusätze verbessernd auf die Verbrennung<br />
wirken können. So haben Versuche gelehrt,<br />
daes im Falle der Beimischung von Ammoniak<br />
oder Wassergas zum Wasserstoff weitere Vorteile<br />
im Betrieb mit Wasserstoff realisierbar sind. Aber<br />
abgesehen davon kann bereits als erwiesen betrachtet<br />
werden, ,da ss bei der Verwendung Von Wasserstoff<br />
als Treibgas" die gleichen Vorteile erhalten<br />
bleiben, wie sie im allgemeinen bei Gasbetrieb in<br />
berug auf die Verbrennung festgestellt wurden.<br />
ren durch verschiedene Firmen durchgeführt und<br />
als betriebsfähige Systeme ausgebaut. Davon sind<br />
folgende Systeme bekannt:<br />
(Saurer (mit Gasfilter und Wasserzusatz),<br />
Azetylen-Motoren-Industrie, Basel,<br />
Landis, Zürich.<br />
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang,<br />
dass Azetylen, zu anderen schwer verdatnpfbaren<br />
Brennstoffen gemischt, die Möglichkeit bietet, diese<br />
Brennstoffe in gewöhnlichen Motoren zu verarbeiten.<br />
Dae Azetylen dient in diesem Fall als Initial-<br />
d) Die Bedienung.<br />
Die Bedienung eines Motors mit Gasbetrieb un-<br />
sich nicht wesentlich von einem solchen,<br />
zünder beim Verbrennungsvorgang. Auch als Zu-terscheidesatz<br />
zu Benzol-Spiritus gemischt zeigte Azetylen der mit Benzin betrieben wird.<br />
gute Verbrennungseigenschaften. (Verwendet wur-<br />
Anlassen, Abfahren, Schalten, alle» bleibt unverändert.<br />
An Stelle der Kontrolle der Benzinuhr<br />
tritt die;-Kontrolle des- Vorratsdruckes. Das .Ben-<br />
den Gemische von 60 %> Benzol und 40 %> Spiritus<br />
oder 70% Benzol und 3O°/o Spiritus). Bei diesem<br />
Versuch stellt sich speziell heraus, dass die Oelkqhle,<br />
die eioh auf den Kolben gebildet hatte, verschwand.<br />
Reiner Spiritusbetriöb ist ungünstig;<br />
trieben wurde. Die Betriebsart C (Gas einblasen)<br />
ergab bei einer Tourenzahl von 2000 Umdrehungen<br />
pro Minute eine Mehrleistung von 37 °/o gegenüber<br />
reinem Saugbetrieb. Es iet von Vorteil, wenn dem<br />
Gemisch fein zerstäubtes Wasser zugesetzt wird.<br />
Auf diese Weise lässt eich die Verdichtungs-Endteenperatur<br />
tiefer halten und der Verbrenungsvorgang<br />
günstig beeinflussen.<br />
Versuche mit Stadtgas (Leuchtgas und Koksofengas)<br />
bei einer grossen ausländischen Omnibusgesellschaft<br />
ergaben folgende Werte:<br />
Benzinverbrauch 0,47 1 pro km (3520 Wärmeverbrauch).<br />
Stadtgasverbrauch 1,018 m*/km (3550 Wärmeverbrauch).<br />
Der Schmierölverbrauch fiel um 96°/o.<br />
In einer anderen Stadt betrug die Ersparnis an<br />
Treibstoffkosten 28 %. Im Durchschnitt kann man<br />
rechnen, daes 2—2,5 m' Leuchtgas einem Liter<br />
Benzin entsprechen.<br />
Betrieb mit Azetylen:<br />
Die in der Schweiz durch Herrn Prof. Keel<br />
durchgeführten Versuche nach Betrie'bswert B zeigen,<br />
dass bei reinem Azetylenbetrieb die Verdichtungsdrücke<br />
nicht mehr als 2—3 kg/cm* betragen<br />
dürfen, weil bei höheren Drücken die Selbstentzün-<br />
* Siehe Nr. 24 und 25.<br />
zinfüllen wird ersetzt durch den Bezug gefüllter<br />
Gasflaschen oder neuerdings durch die Wiederauffüllung<br />
der Flaschen, wie £s itö Flugbetrieb mit<br />
durch die auftretende Essigsäure werden die Mo-Pressluftorenteile angegriffen, Stahl und Eieen werden j wird. Statt des Benzinhahns öffnet man das Gas-<br />
und Sauerstoff schon längst praktiziert<br />
stark rostig.<br />
ventil.<br />
Betrieb mit Wasserstoff:<br />
Die Störungsmöglichkeiten in der Anlage bleiben<br />
Ueber Motoren, welche mit Wasserstoff betrieben<br />
wurden, berichten Ricardo, Burstal und Erren.<br />
die gleichen wie beim Benzinhetrieb. Die Betriebssicherheit<br />
hängt in erster Linie davon ab, dass die<br />
Der Erfinder Erren liess Motoren nach Betriebs-<br />
j Apparatur gut durchkonstruiert und mechanisch<br />
einwandfrei hergestellt ist.<br />
art B und Cl laufen und schreibt darüber:<br />
Hub 130 mm) nach der Betriebsart B und G be-<br />
«Wasserstoff besitzt als Treibstoff, im Gegensatz<br />
zur allgemeinen Ansicht, hervorragende Eigenschaften,<br />
entweder in Verbindung mit Luft oder<br />
mit Sauerstoffe<br />
Erren schlägt auch vor, einen Motor ohne Frischluft,<br />
nur mit Wasserstoff und Sauerstoff, zu betreiben<br />
(U-Boote); beide Gase könnten in Hochdruckbehältern<br />
mitgeführt werden.<br />
Uebereinstimmend wird von Riccardo, Burstal<br />
und Erren festgestellt, dass der thermische Wirkungsgrad<br />
günstiger liegt als bei Benzinbetrieb,<br />
und zwar:<br />
1933, Ricardo: 43 %> bei n = 1500 U/Min.<br />
Verdichtung 1:7<br />
1937, Burstal: 38,3 °/o bei n = 1000 U/Min.<br />
Verdichtung 1.7<br />
1932, Erren: 42—45 %> bei n = 2000 U/Min.<br />
Verdichtung 1:10.<br />
Ricardo schreibt in seinem Buch über Verbrennungsmotoren,<br />
dass der Wasserstoff sehr günstige<br />
Eigenschaften aufweist und in dem neuen Buch<br />
«Treibstoff für Verbrennungsmotoren», von Dr.-Ing.<br />
Fr. Spoueta, wird festgestellt, dass im allgemeinen<br />
Gasöle um so wertvoller sind, je höher ihr Wasserstofgehalt<br />
liegt. Dies lässt ebenfalls darauf schliessen,<br />
dass auch der Wasserstoff allein für die Verbrennung<br />
günstige Eigenschaften besitzt.<br />
Erren konnte bei seinen Versuchen mit Wasser-<br />
Stoff einen mittleren Druck von 8 kg/cm'.erzißlen,<br />
3. Beschaffung und Kosten.<br />
Die Brennstoffbeschaffung.<br />
Die Versorgung mit festen (ausgenommen Holz)<br />
und flüssigen Brennstoffen erfolgt für uns durch<br />
das Ausland. Diese Abhängigkeit kam uns neuerlich<br />
zum Bewusstsein. Es ist anzunehmen, dass es<br />
auch nach Kriegsschluss noch einer gewissen Zeit<br />
bedarf, bis die Tran6portverhältnisse und Kosten<br />
wieder normal werden. Anderseite dürfte die Nachfrage<br />
nach diesen Brennstoffen stetig zunehmen.<br />
Die Motorisierung der Technik steht in ihren Anfängen,<br />
die Ausnützung der Brennstoffe in Motoren<br />
ist nicht wirtschaftlich genug. Immer mehr<br />
werden die neuen Möglichkeiten, aus Brennstoffen<br />
hochwertige Kunßtprodukte herzustellen, ausgebaut.<br />
Deshalb müssen wir uns rechtzeitig um Treibstoffe<br />
umsehen, die wir im Lande haben. Und wir<br />
haben Wasser und Wasserkraft in grossem Auemass<br />
zur Verfügung. Beide vereinigt können Brennstoffreserven<br />
liefern, welceh unseren Bedarf vollständig<br />
decken. Das Wasser, dae in geeigneter<br />
Weise durch elektrischen Strom aufgeteilt wird,<br />
liefert in grossen Mengen Wasserstoff und Sauerstoff.<br />
Beide Gase «ind verwertbar. Wasserstoff<br />
erzeugt man in der Praxis bereits mittels Hochdruckelektrolyse,<br />
ohne Verwendung von mechanischen<br />
Kompressoren. Bei diesem Verfahren wird<br />
der Wasserstoff unter einem Druck von 200—300<br />
kg/cm* gewonnen und direkt in Stahlflaschen abgefüllt<br />
Unsere grossen Elektrizitätswerke sind ohne<br />
weiteres in der Lage, mit dem billigen Nachtstrom<br />
oder anstatt das Wasser ungenützt den Berg hinunterlaufen<br />
zu lassen, das für unseren Bedarf notwendige<br />
Wasserstoffquantum zu produzieren. Die<br />
Herstellung kann daher in allen Teilen des Landes<br />
erfolgen, ohne daas man an eine Fundquelle gebunden<br />
wäre.<br />
Die Kosten:<br />
Die gegenwärtigen Brennstoffpreioe (April <strong>1940</strong>)<br />
stellen sich wie folgt:<br />
Preis pro Liter in Fr.<br />
Benzin 0.55<br />
Benzol 0.90<br />
Gasöl 0.42<br />
Spiritus 0.80<br />
Butan 1.50<br />
Leuchtgas 0.20<br />
Wasserstoff a.—<br />
Sauerstoff 1.50<br />
Man rechnet, daes 1,8—2 m s Gas einem Kilo<br />
Benzin entsprechen. Der Preis von Wasserstoff<br />
lässt sich bestimmt so weit «Senken, dass er demjenigen<br />
des Dieselöles oder jedenfalls dem Benzinpreis<br />
gleich kommt. Die Verwendung dee Wasserstoffs<br />
als Motortreübmittel ist technisch möglich,<br />
aber die praktische Verwertung bleibt an zwei Voraussetzungen<br />
gebunden:<br />
1. dass die Elektrizitätsgesellschaften bereit sind,<br />
den Wasserstoff zu einem annehmbaren Preise herzustellen,<br />
2. dass eine Organisation entsteht, welche die<br />
Gasflaschen beschafft, füllt und betreibt, und<br />
das alles zu einem für den Verbraucher tragbaren<br />
Preis. Da unser Land dicht bewohnt ist<br />
und keine grossen Distanzen zu bewältigen sind,<br />
dürfen die geographischen Voraussetzungen für<br />
einen solchen Service als gegeben betrachtet werden.<br />
Ausblick.<br />
Dem Ga^betrieb sagt man einige Nachteile nach,<br />
so z. B. schwerfälliges Tanken; die Gefahr, dase<br />
die Leitungen undicht werden; geringere Nutzlast.<br />
Es ist aber nicht daran zu zweifeln, dass die Technik<br />
Mittel und Wege findet, sämtliche noch pendenten<br />
Fragen zu lösen. Je besser die Zusammenarbeit<br />
zwischen Verbraucher, Hersteller und Konstrukteur,<br />
desto rascher wird man zu einer befriedigenden<br />
Lösung gelangen. Und nur an Hand<br />
von Betriebserfahrungen entwickelt sich ein Produkt.<br />
Deshalb muss einmal ein Anfang gemacht<br />
sein.<br />
Ob sich der Uebergang vom Treibgasbetrieb<br />
zum Wasserstoffbetrieb verwirklichen lässt, hängt<br />
auch davon ab, ob unsere Forschungsinstitute und<br />
die Industrie diese Frage aufgreifen und ob eich<br />
die notwendigen Mittel finden lassen, um die vorgesehenen<br />
Versuche durchzuführen, die Versuche,<br />
welche dazu, dienen, betriebsfähige und betriebssichere<br />
Motoren und Anlagen zu entwickeln.<br />
Unsere Industrie ist sicher imstande, alle erforderlichen<br />
Apparate, wie Mischer, Reduzierventil,<br />
Drosselschieber, Hochdruckflaschen und Brennstoff<br />
herzustellen, so dass wir, vollständig unabhängig<br />
vom Ausland, die Motorisierung des Landes und<br />
damit der Armee in jeder Beziehung ausbauen<br />
können.<br />
Wann also wird der erste Wasserstöffmötor'in<br />
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