s'Magazin usm Ländle, 11. März 2018
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ÄRZTE OHNE GRENZEN<br />
Doris Burtscher kann und will sich<br />
keinen anderen Beruf mehr vorstellen:<br />
Die vielen Auslandsaufenthalte haben<br />
ihr Leben ungemein bereichert,sagt die<br />
Medizinethnologin.<br />
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Dem Patienten zuzuhören, wäre<br />
wichtig. Aber das ist eben inder Realität<br />
oft nicht möglich. Ein idealistischer<br />
Wunsch also.<br />
Und was haben Sie persönlich mitgenommen?<br />
Mein Leben wurde unheimlich bereichert<br />
–auch wenn ich sehr gerne zu<br />
Hause bin. Man wird auch zufriedener<br />
damit, in einem so sicheren Land<br />
wieÖsterreichzuleben.<br />
Wie geht es Ihnen, wenn Sie voneinem<br />
Einsatz zurückkommen?<br />
Im ersten Moment–wenn ich in meiner<br />
leeren Wohnung ankomme –falle<br />
ich meistens erstmal in ein Loch.<br />
Allerdings nur fürkurze Zeit. Aber es<br />
istauch nichtimmer einfach, im Ausland<br />
anzukommen. Ich frage mich in<br />
den ersten Tagen jedes Mal wieder,<br />
ob ich das alles schaffen werde. Der<br />
Druck ist enorm.<br />
Merkt man Ihrer Wohnung an, dass Sie<br />
viel Zeit im Ausland verbringen?<br />
Ja, ich habe eine Hockersammlung,<br />
viele Kopfstützen und eine Menge<br />
kleine Figuren. Meine Wohnung ist<br />
mittlerweile ein Museum! Vielleicht<br />
landet das alles irgendwann auch<br />
wirklich in einem Museum.<br />
Interview: Angelika Drnek<br />
Fotos: Ärzte ohne Grenzen<br />
<br />
Planga<br />
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Ichbin nicht einer,dem schlechtes Wetter auf die<br />
Stimmung drückt.Aber die vergangenen Wochen<br />
des einförmigen, endlosen Graus haben auch mir<br />
zugesetzt.Meine Frau sagt,ich sei in Stänkerlaune,<br />
wisse nichts mit mir anzufangen. Ich würde an Frühjahrsdepression<br />
leiden. Wohin ist der alte, geistreiche<br />
Robert?, klagt sie. Sie hat wohl Recht.Mit mir<br />
ist nichts mehr anzufangen. Aber nicht nur mir ergeht<br />
es so,wie ich sehe, wenn ich meine Buben zur<br />
Schule bringe. Überall bedrückte Mamas und Papas<br />
mit Mundwinkeln, die bis zum Boden fallen. Und<br />
fängt man vomWetter an zu reden, hat man sofort<br />
die allergrößten Sympathien, die man an einem<br />
strahlenden Frühlingsmorgen gewiss nicht hat.Die<br />
klimatischen Verhältnisse sind der Grund, weshalb<br />
der Vorarlberger ein an sich gedrückter,verschlagener<br />
Mensch ist.Wenn ein Vorarlberger vordem Tor<br />
der Hölle steht,kann er immerhin dagegenhalten,<br />
das Wetter sei an seiner abgrundlosen Schlechtigkeit<br />
Schuld gewesen, der Nebel des Bodensees, die<br />
zahllosen Wochen ohne einen einzigen Sonnenstrahl.<br />
Das muss den Herrgott erwärmen, und er<br />
wirft ihn nur ins Fegefeuer.„Abrutaale Sau kha!“,<br />
denkt sich der Vorarlberger und findet sich sofort<br />
mit dem Schicksal ab. Mir kam ein altes Dialektwort<br />
in den Sinn: „Planga“. Jemand „plangt“ auf etwas.<br />
Das Wort kommt aus dem Lateinischen plangere<br />
und bedeutet trauern, wehklagen. Auf den Frühling<br />
„plangen“, ja, das tue ich. Schon als Kind habe ich es<br />
getan. Ich erinneremich: Die Winter in meinem<br />
Dorf waren immer lang und wenig sonnenreich. Das<br />
hängt mit den Felswänden zusammen und der tiefstehenden<br />
Wintersonne. Irgendwann aber wurde es<br />
auch in meinem Dorf Frühling. Der erste vonden<br />
Sonnenstrahlen erwärmte Platz war ausgerechnet<br />
der Misthaufen unter meines VatersHaus. Dort saß<br />
ich dann und wärmte mich. Der Misthaufen wurde<br />
zu meinem Lieblingsplatz.Stunden habe ich auf der<br />
Steinmauer des Misthaufens zugebracht.Geträumt<br />
und mir eine große, weite Welt entworfen. Eben<br />
„geplangt“.Soist jeder das, was er ist.<br />
s’Magazin 9