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Ausgabe April 2018

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Persönliche Geschichten<br />

Von Magda Wajsen<br />

Ich berichte über das Leben meines Großvaters Kazimierz<br />

Wajsen, der zunächst zur Zwangsarbeit aus<br />

Polen nach Deutschland verschleppt wurde, dann ins<br />

KZ Neuengamme gesperrt und schließlich von der britischen<br />

Armee befreit wurde.<br />

Großvater, Kazimierz Wajsen, kam am 27. März 1923 als<br />

Sohn einer Handwerkerfamilie<br />

in Hrubieszów zur Welt. Nach<br />

Mieczysław, Franciszek und Jan<br />

war er wohl vor Stanisław das<br />

zweitjüngste Kind von Józef (geb.<br />

1866) und Katarzyna (Jahrgang<br />

1866, geb. Hunkiewicz). Urgroßvater<br />

Józef war Schuster und Sattler.<br />

Er arbeitete für das Militär.<br />

Die Familie zog schließlich nach<br />

Włodzimierz Wołyński, wo Großvater<br />

zur Volksschule ging. Dort<br />

gehörte er auch dem Verband<br />

der Polnischen Pfadfinder an.<br />

Im Sommer 1943 floh Großvaters Familie aus Włodzimierz<br />

vor der UPA [Ukrajinska Powstanska Armija; Ukrainische<br />

Aufständische Armee] nach Wołomin. Um ihr Leben zu<br />

retten, ließen sie ihren gesamten Besitz zurück. Ich weiß<br />

nicht, was mit meinem Urgroßvater Józef geschehen ist.<br />

Weder Großvater noch sein jüngerer Bruder wollten jemals<br />

darüber reden. Großvaters älterer Bruder Jan wurde durch<br />

die UPA getötet. Großvaters jüngster Bruder erinnerte nur,<br />

dass die Mutter am Ort des Geschehens nur noch die Mütze<br />

des Bruder gefunden hatte.<br />

Der Bruder Franciszek wurde im Konzentrationslager kurz<br />

vor der Befreiung getötet. Ich weiß nicht wo, bemühe mich<br />

aber gerade, das herauszufinden. Großvaters jüngster Bruder<br />

Stanisław gelangte mit meiner Urgroßmutter Katarzyna<br />

nach Wołomin. Seit September 1938 arbeitete Großvater<br />

in einem Geschäft für Kirchenbedarf. Nach der Besetzung<br />

des damaligen Lwów durch die sowjetische Armee fand er<br />

Arbeit in einer Eisenbahnapotheke. Nach dem Einmarsch<br />

der deutschen Wehrmacht wurden nur noch Ukrainer beschäftigt.<br />

Bis Juli 1941 war Großvater in Lwów. Nachdem<br />

er die Arbeit verloren hatte, kehrte er nach Włodzimierz<br />

Wołyński zurück.<br />

Als Zwangsarbeiter in Hamburg-Francop<br />

Vorwurf der Sabotage –<br />

Großvater kommt ins KZ Neuengamme<br />

Geschichte<br />

Grossvaters Erinnerungen an Zwangsarbeit und<br />

KZ-Haft und sein Kampf um Anerkennung<br />

Am 20. Juli 1944 wurde er freigelassen und der Arbeit im<br />

„Metall-Walzwerk von George Dittmann SCO Hamburg 49”<br />

zugewiesen. Infolge einer Sabotageaktion, die sich in der<br />

Fabrik ereignet hatte, wurde er am 14. Oktober 1944 um<br />

22.00 Uhr auf dem Gelände der Baracken des Zivilarbeiterlagers<br />

im Stadtteil Hamburg-Billbrook unter dem Vorwurf<br />

der Sabotage zusammen mit 19 anderen Männern verhaftet.<br />

Er war mit ihnen zusammen in einer Zelle. Einer seiner<br />

Gefährten war Czesław Woźniak, mit dem Großvater sich<br />

nach dem Krieg traf. Ein Teil der Gefangenen wurde während<br />

des Verhörs grausam geschlagen. Ihnen wurde Untergrundtätigkeit<br />

gegen die Deutschen vorgeworfen. Anfang<br />

März 1945 wurden einige der Männer freigelassen. Andere<br />

wurden ins Arbeitserziehungslager „Langer Morgen“ in<br />

Hamburg-Wilhelmsburg eingewiesen. Die übrigen, unter<br />

ihnen mein Großvater, wies man ins Konzentrationslager<br />

Neuengamme ein. Großvater erinnerte, dass fünf Personen<br />

aus der gesamten Gruppe aus Łódź kamen. Großvater erinnerte<br />

die Namen dieser Leute, die jüngsten unter ihnen<br />

waren 16 und 18 Jahre alt:<br />

Damian Marczewski, 45 Jahre, Czesław Woźniak, 30 Jahre,<br />

Mrozek, 25 Jahre, Kubiak, 35 Jahre, Jędrczak, 25 Jahre,<br />

Małecki, 26 Jahre, Zadworny, 16 Jahre, Pisarski, 18 Jahre, aus<br />

Kalisz, Woźniak, 24 Jahre, (Ukrainer aus der Gegend von<br />

Lemberg), Piechocki, 26-28 Jahre, aus Gdingen (in den ersten<br />

Tagen war er im Gefängnis der Zellen-/Blockälteste),<br />

Władysław Żak, 23, Jahre (bis zum 20.07.1944 zusammen<br />

mit Großvater im Lager „Langer Morgen“ in Wilhelmsburg,<br />

später arbeiteten sie zusammen in der Fabrik „Metall-Walzwerk”),<br />

Stachura/Stachurski?, 25 Jahre alt aus dem Distrikt<br />

Kielce, Bomna, 25-27 Jahre, aus dem Distrikt Kielce,<br />

Sztandera, 25 Jahre, aus dem Distrikt Kielce, Starosta, 50<br />

Jahre,aus Szamotuły [Samter], Kosakowski z Tomaszów<br />

Mazowiecki, 50 Jahre alt.<br />

Im Mai 1942 wurde er als Zwangsarbeiter nach Deutschland<br />

gebracht, wo er bei einem Bauern in Hamburg-Francop arbeitete.<br />

Um den <strong>April</strong> 1944 herum kam er unter dem Vorwurf,<br />

an einer illegalen Versammlung teilgenommen und<br />

patriotische Lieder gesungen zu haben, in das sogenannte<br />

Arbeitserziehungslager „Langer Morgen“ in Hamburg-Wilhelmsburg.<br />

Dort bekam er die Lagernummer 1789.<br />

Großvater mit Kameraden - Zwangsarbeitern in Hamburg<br />

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