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SEITE 12 DONNERSTAG/FREITAG, 29./30. MÄRZ <strong>2018</strong><br />
urlaub in mini-häusern<br />
Hier kann man die Seele „baumeln“ lassen<br />
mitten in der natur urlaub machen –das wird auf gut gollin wörtlich genommen. Seit Herbst vergangenen Jahres<br />
entstehen dort Baumhäuser, ein logenplatz im„kino“ der natur. Handy, tablet &co. haben hier Sendepause.<br />
VonSigrid Werner<br />
gut gollin. Ein Landwirte-<br />
Ehepaar aus Niedersachsen<br />
hat sich vor gut vier Jahren in<br />
der Uckermark niedergelassen,<br />
um nahe Templin einen<br />
Neuanfang zu wagen <strong>und</strong><br />
sich seinen Traum von einer<br />
naturnahen Ferienanlage zu<br />
erfüllen. Das Gut Gollin, direkt<br />
an der Landesstraße 216<br />
gelegen, mit seinen weitläufigen<br />
Wiesen <strong>und</strong> Wildgattern<br />
<strong>und</strong> einem kleinen Wäldchen<br />
schien dafür perfekt geeignet.<br />
Susanne <strong>und</strong> Karl-Ernst<br />
Wurth beherbergten schon<br />
fast zwanzig Jahre Feriengäste<br />
<strong>und</strong> wissen, was gestresste<br />
Städter wieder erden kann.<br />
Auf ihrem Bauernhof sollen<br />
in dem kleinen Wäldchen,<br />
knapp 400 Meter in Sichtweite<br />
zum Gutshaus, in den nächsten<br />
Jahren bis zu zehn rustikale<br />
Baumhäuser entstehen.<br />
Auf hohen hölzernen Beinen<br />
behutsam in das Wäldchen<br />
eingefügt <strong>und</strong> überdacht von<br />
Schatten spendenden Baumkronen,<br />
können die Gäste<br />
einen herrlichen Ausblick in<br />
die Landschaft genießen.<br />
„Jedes Baumhaus ist eine<br />
Einzelanfertigung, wird auf<br />
besondere Weise ausgestattet“,<br />
erzählt Susanne Wurth.<br />
Schon im Februar hat die<br />
Baumhaus-Saison begonnen,<br />
denn in jeder Jahreszeit ermöglichen<br />
die elektrisch<br />
beheizten Quartiere im Biosphärenreservat<br />
Schorfheide-<br />
Chorin ganz besondere Naturbeobachtungen.<br />
Drei Häuschen sind schon<br />
fertig: die „Jagdhütte“, das<br />
„Hexenhaus“ <strong>und</strong> das „Waldgeflüster“.<br />
Von den großräumigen<br />
Terrassen auf den<br />
Baumhäusern können die<br />
Gäste den Tanz von Kranichen<br />
genauso beobachten,<br />
wie den Beutezug von Bussard<br />
<strong>und</strong> Milan oder die Brunft<br />
der Rot- <strong>und</strong> Damwildhirsche<br />
im Herbst. In der Ferne<br />
das „Hexenhaus“ –fast wie im märchen mit Blick auf die Wildgatter <strong>und</strong> Wiesen.<br />
Susanne Wurth auf der terrasse<br />
der „Jagdhütte“.<br />
stehen die Rinder der Landwirte.<br />
Und in den Baumwipfeln<br />
zwitschern die Vögel. Im<br />
„Waldgeflüster“ kann man<br />
durch die großen Fenster sogar<br />
vom Bett aus dem Treiben<br />
auf der Wiese<strong>und</strong> in der Luft<br />
zuschauen.<br />
Fast vier Jahre haben die<br />
Wurths um Baurecht für ihr<br />
Vorhaben gekämpft. Dabei<br />
war von Anfang an klar, dass<br />
sie Eingriffe in die Natur so<br />
unterm dach sind zusätzliche Schlafplätze entstanden, damit auch<br />
Familien hier Platz haben.<br />
gering wie möglich halten<br />
wollten. Auf fließend Wasser<br />
müssen die Gäste verzichten.<br />
Sanitäre Einrichtungen befinden<br />
sich im Gutshaus. Auch<br />
Fernsehen, Internet <strong>und</strong> Funk<br />
haben mitten in den Wiesen<br />
Sendepause. „Bei uns können<br />
die Urlauber wirklich<br />
mal loslassen lernen von der<br />
Hektik des Alltags“, sagt Susanne<br />
Wurth. Es gibt auch<br />
so genug zu entdecken. Die<br />
Herbergsmutter erzählt von<br />
einer Urlauberin, die nachts<br />
sogar ihr Bett unberührt ließ,<br />
weil sie so fasziniert war von<br />
dem Geschehen r<strong>und</strong> um<br />
das Baumhaus. Und amfrühen<br />
Morgen sah man sie mit<br />
Fernrohr <strong>und</strong> Taschenlampe<br />
durch die vom Nebel umwaberten<br />
Wiesen stapfen.<br />
Getreu dem Konzept der<br />
naturnahen Ferien in den<br />
Baumhäusern sind in dem<br />
ein Winzling, in dem es sich leben lässt<br />
FotoS: Sigrid Werner<br />
Stilgerecht: die Baumhaus-<br />
Biotoilette.<br />
Wäldchen Autos außen vor.<br />
Die bleiben auf dem Parkplatz<br />
am Gutshaus stehen. Die Gäste<br />
sieht man stattdessen mit<br />
Bollerwagen zu den 400 Meter<br />
entfernten Baumhäusern<br />
ziehen. „Die Nachfrage nach<br />
den Häusern ist größer als<br />
nach unseren Ferienwohnungen<br />
im Gutshaus“, erzählt Susanne<br />
Wurth begeistert. Das<br />
w<strong>und</strong>ert sie nicht. Schließlich<br />
buchen die Urlauber einen Logenplatz<br />
im „Kino“ der Natur,<br />
sie können Hase <strong>und</strong> Fuchs<br />
quasi persönlich Gute Nacht<br />
sagen. Wermal eine Auszeit<br />
von Fernseher,Handy, Tablet<br />
&Co. nehmen will, der sei<br />
in den Baumhäusern gerade<br />
richtig.<br />
baumhäuser bieten bis<br />
zu vier Personen Platz<br />
Selbst die einfache von Karl-<br />
Ernst Wurth entworfene <strong>und</strong><br />
meist selbst geschaffene Ausstattung<br />
ist mit ihrer Liebe<br />
zum Detail ein Augenfang.<br />
Das reicht von der Gardinenstange<br />
bis hin zur Bio-Toilette<br />
(mit Holzspänen). Die Baumhäuser<br />
bieten bis zu vier<br />
Personen Platz, das „Hexenhaus“<br />
verfügt sogar über<br />
zwei Ebenen, Ablageflächen<br />
für Wasserkocher, Schneidebretter<br />
<strong>und</strong> Kaffeetassen<br />
sind vorhanden, genauso<br />
(Klapp-)Tisch <strong>und</strong> Stühle. Bei<br />
schönem Wetter hält die Bewohnerohnehin<br />
kaum etwas<br />
in den Häuschen. Sie mummeln<br />
sich in Decken auf den<br />
Sitzmöbeln auf der Veranda<br />
ein <strong>und</strong> vergessen bei Naturbeobachtungen<br />
schnell mal<br />
die Zeit.<br />
Auch an Service mangelt<br />
es auf dem Bauernhof nicht.<br />
Auf Wunsch wird das Frühstück<br />
morgens ins Baumhaus<br />
geliefert, mit frischen<br />
Eiern von den hofeigenen<br />
Freilandhühnern, Wurst <strong>und</strong><br />
Schinken von Gut Golliner<br />
Weiderindern, Landschweinen,<br />
Kamerunschafen <strong>und</strong><br />
natürlich auch vom Wild.<br />
„Die meisten Gäste kommen<br />
dabei auf den Geschmack <strong>und</strong><br />
nehmen sich ein Paket aus<br />
unserem Hofladen mit“, freut<br />
sich Susanne Wurth, dass das<br />
Konzept vom Urlaub auf dem<br />
Bauernhof greift.<br />
Kontaktzur Autorin<br />
s.werner@uckermarkkurier.de<br />
Von Nadine Schuldt<br />
Schlafen, essen <strong>und</strong> reden<br />
auf kleinstem raum –im<br />
sogenannten tiny House ist<br />
das kein Problem.<br />
wredenhagen. Wohlfühl-<br />
Wohnatmosphäre auf 17 Quadratmeter?Geht<br />
nicht?Doch!<br />
Im zwar im Tiny House von<br />
Raumdesigner Sam Bohr.Das<br />
ist ein Mini-Haus auf Rädern<br />
<strong>und</strong> bietet alles, was man<br />
zum gemütlichen <strong>Wohnen</strong><br />
braucht. So wurde auf einem<br />
Ende des über sechs Meter<br />
langen „Wohn-Winzlings“,<br />
eine „Kuschelecke“ mit Couch<br />
<strong>und</strong> ausziehbarem Tisch eingebaut,<br />
in der etwa vier Leute<br />
Platz haben. Während die Erwachsenen<br />
dort auch schlafen<br />
können, liegen die Kinder auf<br />
einer erhöhten Schlafempore<br />
im anderen Teil des Mini-Hauses.<br />
Dort ist auch die Küchenzeile<br />
mit Kühlschrank <strong>und</strong> Geschirrspüler<br />
untergebracht.<br />
Das knapp vier Quadratmeter<br />
große Bad mit Stehdusche<br />
<strong>und</strong> WC liegt ebenfalls in<br />
diesem Bereich. „Es sind auch<br />
Anschlüsse für einen Fernseher<br />
<strong>und</strong> mobile Elektrogeräte<br />
wie Handys oder Tablets vorhanden“,<br />
sagt Sam Bohr. Für<br />
eine gemütliche Atmosphäre<br />
sorge an kühleren Abenden<br />
der Kamin, erläutert der<br />
Raumdesigner.<br />
Der 57-Jährige lebt selbst<br />
auf kleinster Fläche. Voreinigen<br />
Jahren verkaufte er sein<br />
Haus mit 160 Quadratmetern<br />
Wohnfläche <strong>und</strong> baute<br />
in Wredenhagen (Landkreis<br />
Mecklenburgische Seenplatte)<br />
eine 40 Quadratmeter große<br />
Doppelgarage zu seinen eigenen<br />
vier Wände um. Und darin<br />
fühlt er sich nach eigenen<br />
Angaben pudelwohl. In jener<br />
Zeit wollte er auch beruflich<br />
noch einmal zu neuen Ufern<br />
aufbrechen. Also habe er im<br />
Internet recherchiert <strong>und</strong> sei<br />
dabei auf Tiny-House-Modelle<br />
gestoßen. Schnell hatte er<br />
ein eigenes Konzeptgeschrieben,<br />
einen Investor gesucht<br />
<strong>und</strong> ein Mini-Haus herstellen<br />
lassen.<br />
heim auf rädern mit<br />
Verbindung zur natur<br />
Gebaut wurde es in der Tischlerei<br />
Brüsehafer in Wredenhagen.<br />
Dessen Mitarbeiter<br />
mussten bei der Anfertigung<br />
sehr stark auf die Gewichtsbeschränkung<br />
von 3,5 Tonnen<br />
sowie die Höhe von vier<br />
Metern achten. Diese Maße<br />
sind durch die Straßenverkehrsordnung<br />
vorgegeben.<br />
So wurden extra leichte Materialien<br />
wie Schafwolle für<br />
die Dämmung <strong>und</strong> unter anderem<br />
Fichte für die Holzausstattung<br />
verwendet.<br />
Und noch eine Bedingung<br />
sollte laut Sam Bohr erfüllt<br />
werden: „Man soll durch das<br />
Haus auch einen direkten<br />
Bezug zu der Natur haben“,<br />
sagt der Raumdesigner. Das<br />
geschieht nicht nur durch<br />
die große Glastür, die wie<br />
ein Panoramafenster wirkt.<br />
Jeder künftige Gast oder Bewohner<br />
solle so viel Freiraum<br />
wie möglich haben. „Es soll<br />
so sein, dass jedes Tiny House<br />
seinen eigenen Garten beziehungsweise<br />
seine eigene Natur<br />
um sich herum hat“, erklärt<br />
Sam Bohr.<br />
Das ist zunächst auf einer<br />
r<strong>und</strong> 8000 Quadratmeter großen<br />
Fläche, dem sogenannten<br />
„Tiny House Resort Wredenhagen“<br />
im Wredenhagener<br />
Ortsteil Neukrug der Fall.<br />
Sam Bohr (l., stehend) hat die architektonischen zeichnungen<br />
geliefert, nach denen die mitarbeiter der tischlerei Brüsehafer in<br />
Wredenhagen das tiny House gebaut haben. Foto: nadine ScHuldt<br />
Dort werden die Wohn-Winzlingestehen.<br />
JedesMini-Haus<br />
hat einen eigenen Besitzer,<br />
der es zur Ferienvermietung<br />
für Urlauber zur Verfügung<br />
stellt. „Nach fünf Jahren<br />
haben die Investoren die<br />
Option, den Vertrag für die<br />
Ferienhaus-Vermietung zu<br />
verlängern oder das Haus auf<br />
ihr eigenes Gr<strong>und</strong>stück zu<br />
fahren“, erläutert Sam Bohr.<br />
Bereits für die kommenden<br />
Sommerferien strebt er die<br />
erste Vermietung an.<br />
Kontaktzur Autorin<br />
n.schuldt@nordkurier.de