Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
DONNERSTAG/FREITAG, 29./30. MÄRZ <strong>2018</strong><br />
SEITE 15<br />
Junges <strong>Wohnen</strong><br />
Bestens aufs leben vorbereitet<br />
Ständig fremde leute inder Bude, die mitbewohner sind laut <strong>und</strong> unordentlich <strong>und</strong><br />
zu allem Überfluss verschwindet immer der lieblingsjoghurt aus dem kühlschrank.<br />
trotz aller Schattenseiten hält unsere autorin Susann moll ein Plädoyer gegen<br />
die Single-Wohnung <strong>und</strong> für das Wg-leben.<br />
Wer ineiner studentischen Wohngemeinschaft lebt, muss sich mit seinen mitbewohnern arrangieren.<br />
greiFswald. Die Semesterferien<br />
sind vorbei, ich komme<br />
gut erholt wieder nach<br />
Hause. Doch schon, als ich<br />
die Wohnungstür öffne,<br />
steigt mir ein merkwürdiger<br />
Geruch in die Nase –gärig<br />
<strong>und</strong> miefig. Ich stelle meine<br />
Taschen ab, gehe in die Küche<br />
<strong>und</strong> entdecke sofort die<br />
Quelle des üblen Geruchs.<br />
Neben <strong>und</strong> in der Spüle stapelt<br />
sich das Geschirr: Teller,<br />
Tassen, Besteck –alles, was<br />
der WG-Schrank so hergibt.<br />
In einigen Gläsern steht<br />
eine merkwürdige Flüssigkeit<br />
mit Flocken. Das könnte<br />
mal Bowle gewesen sein.<br />
Der Esstisch ist übersät mit<br />
zerbröselten Salzstangen, auf<br />
dem Fußboden liegen Scherben.<br />
Zeugnisse einer netten<br />
kleinen Party. Doch von<br />
meinen Mitbewohnern keine<br />
Spur. Die Türen zu ihren<br />
Zimmern sind weit geöffnet,<br />
dort scheint sich das Chaos<br />
fortzusetzen. Auf mein Rufen<br />
reagiert niemand. Keiner<br />
Zuhause!<br />
So kann es gehen in einer<br />
WG: Die Mitbewohner feiern<br />
eine Party, haben danach<br />
aber keine Zeit oder einfach<br />
keine Lust aufzuräumen.<br />
Dann wünscht man sich<br />
nichts sehnlicher als eine<br />
Wohnung für sich allein, in<br />
der man nicht den Dreck der<br />
anderen wegräumen muss, in<br />
der man nur für sich selbst<br />
verantwortlich ist. In anderen<br />
Momenten möchte man<br />
aber die Gemeinschaft in<br />
der WG nicht missen. Etwa<br />
wenn alle zusammen feiern,<br />
am nächsten Tag auch gemeinsam<br />
klar Schiff machen<br />
<strong>und</strong> dabei noch mal genauso<br />
viel Spaß haben wie bei der<br />
eigentlichen Fete.<br />
Nach Hause zu kommen<br />
<strong>und</strong> niemand ist da –unvorstellbar.<br />
Wie oft habe ich bis<br />
in die Nacht mit meiner Mitbewohnerin<br />
am Küchentisch<br />
gesessen <strong>und</strong> gequatscht?<br />
Wir konnten Dampf ablassen,<br />
wenn der Tag anstrengend<br />
war. Wir konnten uns<br />
miteinander freuen, wenn<br />
wieder eine Prüfung bestanden<br />
war. Wir konnten<br />
uns beieinander ausweinen,<br />
wenn es mal nicht so rosig<br />
lief. Wer allein wohnt, hat<br />
natürlich keine bösen Überraschungen<br />
zu befürchten,<br />
auf den wartet aber auch<br />
niemand Zuhause. In einer<br />
WG ist immer jemand da, an<br />
dessen Zimmertür man klopfen<br />
kann. Aus Mitbewohnern<br />
sind dann manchmal Fre<strong>und</strong>e<br />
fürs Leben geworden.<br />
Zudem lernt man nirgendwo<br />
besserzuverhandeln, seine<br />
Position zu verteidigen,<br />
aber auch Kompromisse zu<br />
akzeptieren. Dagegen sind<br />
Debatten im B<strong>und</strong>estag ein<br />
Kaffeekränzchen. Denn bei<br />
einen WG-Gipfel werden elementare<br />
Dinge besprochen:<br />
Es geht um Hungerkatastrophen,<br />
wenn der Kühlschrank<br />
nicht rechtzeitig aufgefüllt<br />
wurde, es geht um digitale<br />
Abschottung, wenn das<br />
WLAN-Passwort verschw<strong>und</strong>en<br />
ist, <strong>und</strong> es geht um Hygiene-Verordnungen,<br />
wenn ein<br />
Foto: JenS kalaene<br />
neuer Putzplan aufgestellt<br />
wird. Funktioniert so ein<br />
Putzplan, ist eine Wohngemeinschaft<br />
toll: Man lebt in<br />
einer großen Wohnung, muss<br />
sie aber nicht komplett allein<br />
putzen. Einer für alle <strong>und</strong> alle<br />
für einen!<br />
Und geht in einer WG mal<br />
etwas kaputt, hat immer<br />
einer der Bewohner eine<br />
Idee oder er kennt jemanden,<br />
der es reparieren kann oder<br />
noch so etwas rumstehen<br />
hat. Selbst wenn die „neue“<br />
Waschmaschine dann nur<br />
mit Hilfe eines Teelöffels zu<br />
öffnen ist –egal, sie wäscht!<br />
Geht es beim Auszug aber darum,<br />
den ganzen Kram auseinanderzudividieren,<br />
tun<br />
sich manchmal Gräben auf.<br />
Fragen, bei denen aus Fre<strong>und</strong>en<br />
schon Feinde wurden: Ist<br />
das mein Messbecher oder<br />
deiner?Hast du den Wäscheständer<br />
mit in den Haushalt<br />
gebracht oder ich?<br />
wg-casting ist viel besser<br />
als ein Fernsehabend<br />
Die zukünftigen Partner<br />
der Mitbewohner sind der<br />
Gemeinschaft zu Dank verpflichtet.<br />
Wahre Erziehungsarbeit<br />
wird nämlich in der<br />
WG geleistet, fernab von Mutti<br />
<strong>und</strong> Vati. Macken, Eigenarten<br />
<strong>und</strong> Zwänge kommen<br />
dort zum Vorschein <strong>und</strong> werden<br />
im Sinne des Wohnungsfriedens<br />
häufig erfolgreich<br />
therapiert oder zumindest gezügelt.<br />
Wermit anderen zusammenlebt,<br />
muss außerdem<br />
permanent über den eigenen<br />
Tellerrand hinausschauen<br />
<strong>und</strong> lernt, andere Meinungen<br />
zu akzeptieren.<br />
Und wer denkt, den Spaß<br />
seines Lebens hat man bei<br />
einer Liveshow von Mario<br />
Barth oder bei der x-ten Folge<br />
von „Neues aus Büttenwarder“,<br />
der hat noch kein<br />
WG-Casting mitgemacht.<br />
Es soll sogar Wohngemeinschaften<br />
geben, die haben<br />
gar kein Zimmer frei, stellen<br />
aber trotzdem ein Angebot<br />
ins Internet, um mal wieder<br />
richtig verrückte Leute kennenzulernen.<br />
mein einzug in die erste eigene Wohnung<br />
anzeige<br />
Von Sophia Brandt<br />
die Suche nach meiner<br />
Wohnung war aufregend<br />
<strong>und</strong> anstrengend zugleich.<br />
erst mal musste klar sein:<br />
Wie viel Platz brauche ich?<br />
in welchem viertel möchte<br />
ich leben? <strong>und</strong> was kann ich<br />
mir leisten?<br />
neubrandenburg. Als es feststand,<br />
dass ich nach Neubrandenburg<br />
ziehen werde,<br />
war ich zuerst etwas überfordert.<br />
Natürlich kannte ich die<br />
Stadt, da ich in Anklam aufgewachsen<br />
bin <strong>und</strong> hier öfter<br />
mit Fre<strong>und</strong>en unterwegs war.<br />
Aber in welchem Viertel will<br />
ich wohnen? In der Innenstadt,<br />
am See oder lieber am<br />
Stadtrand?<br />
Ich recherchierte, welche<br />
Wohnungsgesellschaften es<br />
in Neubrandenburg gibt <strong>und</strong><br />
schrieb ihnen meine Wünsche.<br />
Eine Zweiraum-Wohnung,<br />
möglichst nicht im<br />
obersten Stockwerk, ruhige<br />
Lage <strong>und</strong> am besten frisch renoviert.<br />
Denn ich hatte keine<br />
Zeit, um zum Pinsel zu greifen.<br />
Die Auswahl war nicht<br />
groß, aber ich hatte auch<br />
keine Lust mir unzählige<br />
Wohnungen anzusehen. Im<br />
Reitbahnviertel, in der Oststadt<br />
<strong>und</strong> auf dem Lindenberg<br />
wurde ich herumgeführt. Ich<br />
fühlte mich auf dem Lindenberg<br />
am wohlsten. Viele Familien,<br />
Einkaufsmöglichkeiten<br />
vor der Haustür <strong>und</strong> der Tollensesee<br />
–großartig! Die Fahrt<br />
mit dem Umzugstransporter<br />
konnte beginnen.<br />
Da ich vorher sechs Jahre<br />
lang in einer WG wohnte <strong>und</strong><br />
dort nur 16 Quadratmeter zur<br />
Verfügung hatte, war mein Besitz<br />
recht übersichtlich. Zumal<br />
ich das Zimmer möbliert übernommen<br />
<strong>und</strong> weitergegeben<br />
hatte. Somusste ich mit 24<br />
Jahren zum ersten Mal in<br />
meinem Leben Möbel kaufen<br />
<strong>und</strong> mich entscheiden, wie ich<br />
meine Zweiraum-Wohnung<br />
einrichten will. Außer der<br />
Ausstattung für das Bad war<br />
dort nämlich nichts. Da lernte<br />
ich schnell, dass man Möbel<br />
lieber früher als zu spät bestellen<br />
sollte. Ganze zwei Monate<br />
hatte ich keine Küche, <strong>und</strong><br />
meine Matratze lag auf dem<br />
Boden des Schlafzimmers.<br />
Sophia Brandt ist volontärin<br />
beim nordkurier. Foto: toBiaS Holtz<br />
Doch das Warten hat sich<br />
gelohnt! Endlich konnte ich<br />
mich häuslich einrichten.<br />
Vorerst ohne viel Dekoration<br />
oder Schnickschnack, denn<br />
ich mag keine vollgestopften<br />
Räume. Nach einigen<br />
Wochen bemerkte ich aber,<br />
wie beklemmend die weißen<br />
Wände waren. In der WG<br />
hing immer etwas an den<br />
Wänden <strong>und</strong> auch zu Hause<br />
bei meinen Eltern. Als kurzfristige<br />
Deko kaufte ich ein<br />
paar Filmposter.Aber irgendwas<br />
fehlte weiterhin. Meine<br />
Mitbewohner.<br />
Es hat durchaus etwas<br />
Schönes, wenn man nach der<br />
Arbeit in die eigene Wohnung<br />
kommt <strong>und</strong> alles da liegt, wo<br />
man es zurückgelassen hat.<br />
Wenn keiner alles wieder umgestellt<br />
oder dreckig gemacht<br />
hat. Wie oft hatte ich in der<br />
WG die Situation, dass ich<br />
nach zwei Wochen Heimreise<br />
zurückkam <strong>und</strong> das Geschirr<br />
der anderen abwaschen oder<br />
den sich stapelnden Müll<br />
rausbringen musste.<br />
Diese Verantwortung habe<br />
ich nun allein zu tragen, aber<br />
ich habe auch nur die Verantwortung<br />
für mich selbst.<br />
Denn da ist keiner mehr.<br />
Keiner, bei dem man klopfen<br />
kann, wenn man jemanden<br />
zum Reden braucht. Keiner,<br />
mit dem man sich abends zu<br />
einem Glas Wein zusammensetzen<br />
kann.Keiner,der zum<br />
Geburtstag eine Schokolade<br />
auf den Frühstückstisch legt.<br />
Alles hat seine Licht- <strong>und</strong><br />
Schattenseiten. Retrospektiv<br />
betrachtet hatte ich aber so<br />
viel Stress als WG-Mutti, dass<br />
ich mittlerweile doch ganz<br />
froh bin, allein zu wohnen.<br />
Denn mit der Einsamkeit<br />
kommt auch etwas anderes<br />
ganz w<strong>und</strong>erbares: Ruhe.<br />
Kontaktzur Autorin<br />
s.brandt@nordkurier.de<br />
Ein Ort, an dem Ihr Luftschlösser bauen könnt:<br />
von günstigen guten<br />
bis hochwertigen Kollektionen<br />
inspirieren lassen<br />
Service &Beratung<br />
verlieben,entscheiden,<br />
bestellen<br />
Es soll Euer Baumhaus sein,<br />
Euer Hausboot,<br />
Euer Abenteuerspielplatz<br />
Eure Kuschelhöhle <strong>und</strong><br />
Euer gemütliches, warmes Nest!<br />
BSC-<br />
Möbel<br />
Einrichtungshäuser<br />
mit Küchenstudio<br />
Hier findet ihr uns:<br />
Gartenstraße 2<br />
17291 Prenzlau<br />
Tel. 03984 807780<br />
Mozartstraße 10<br />
17358 Torgelow<br />
Tel. 03976 204699<br />
www.bscmoebel.de