Wohlfühlen April 2018
Die Freude am Leben
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07.04.<strong>2018</strong> „Babys unter 400 Gramm Gewicht“<br />
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Seite 11<br />
Ein Gespräch mit Professor Dr. Peter Höger und<br />
Henning David-Studt vom Wilhelmstift.<br />
Herr David-Studt, was zeichnet Ihr Haus, aus<br />
der Perspektive des Geschäftsführers, aus?<br />
Wir sind spezialisiert auf die Behandlung von<br />
Kindern und Jugendlichen. Hier reicht die Spanne<br />
von kleinsten Neugeborenen bis zu ausgewachsenen<br />
Jugendlichen. Das ist die Besonderheit. Und<br />
typisch für unser Haus ist das Spektrum unseres<br />
medizinischen Angebotes.<br />
Können Sie das Haus Wilhelmstift mit ein paar<br />
Zahlen illustrieren?<br />
Wir haben jährlich rund 12.000 stationäre Patienten.<br />
Dazu kommen 50.000 ambulante Kontakte.<br />
Diese Patienten werden von 760 Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern behandelt.<br />
Dabei haben wir 208 stationäre<br />
und 39 tagesklinische Betten.<br />
So gesehen sind wir die größte<br />
Kinderklinik hier in Hamburg,<br />
aber das ist für uns keine relevante<br />
Größe. Die Zusammenarbeit<br />
mit den übrigen<br />
Kinderkliniken ist ausgezeichnet.<br />
Herr Professor Höger, wie charakterisieren<br />
Sie Ihr Haus aus ärztlicher<br />
Sicht?<br />
Zu dem Besonderen unseres<br />
Hauses zählt, dass wir sehr<br />
viele spezielle Abteilungen<br />
haben. Allein bei den Neugeborenen<br />
gibt es eine große<br />
Bandbreite. So haben wir<br />
beispielsweise Babys, die<br />
wiegen bei Geburt unter 400<br />
Gramm – ein Zehntel von<br />
dem normalen Geburtsgewicht,<br />
das bei 3.350 Gramm liegt. Einige dieser<br />
frühen Geburten kommen 15, 16 Wochen zu früh.<br />
Sie haben also nur etwas mehr als die Hälfte der<br />
Schwangerschaft hinter sich.<br />
Wo liegt dabei Ihre Hauptaufgabe?<br />
Wir müssen bemüht sein, die andere Hälfte der<br />
Schwangerschaft, außerhalb des Mutterleibes, mit<br />
Wärme, Ernährung und Schutz vor Infektionen zu<br />
gestalten. Das ist eine riesige Herausforderung.<br />
Dafür gibt es bei uns eine eigene Abteilung, die<br />
Neonatologie. Dabei muss man sich klar machen,<br />
dass der Mensch nur im ersten Lebensjahr sein<br />
Geburtsgewicht verdreifacht. Das zeigt, um welche<br />
Dynamik es in der Kinderheilkunde geht. Ein<br />
einjähriges Kind, im Vergleich zum Neugeborenen,<br />
wiegt im Durchschnitt 10,5 Kilo.<br />
Wie sieht es am anderen Ende mit dem Gewicht<br />
aus?<br />
Da haben wir extrem schwere Kinder. So widmet<br />
sich eine unserer Spezialsprechstunden der<br />
Adipositas, dem Problem extrem übergewichtiger<br />
Kinder.<br />
Von welchem Gewicht sprechen Sie?<br />
Wir haben Kinder, die wiegen 140 bis 150 Kilo.<br />
Was ist Neonatologie?<br />
Es ist die Wissenschaft von der Erkennung und<br />
Behandlung von Erkrankungen des Neugeborenen.<br />
Heute geht es dabei vor allem um die Betreuung<br />
von Frühgeborenen. Deren Anteil ist auf zehn<br />
Prozent angestiegen. Einige dieser Frühgeborenen<br />
benötigen sogar eine Eins-zu-eins-Betreuung.<br />
Das bedeutet: eine Schwester pro Kind in jeder<br />
Woran liegt das?<br />
Da gibt es viele Faktoren, zum Beispiel spielt<br />
auch das immer höhere Alter der Mütter bei der<br />
Erstgeburt eine Rolle.<br />
Welche Spezialabteilungen gibt es sonst noch<br />
im Wilhelmstift?<br />
Wir haben hier im Haus eine ganze Reihe von<br />
Spezialabteilungen. Nennen möchte ich zum<br />
Beispiel die Abteilung für Kinderhandchirurgie.<br />
Hier beschäftigen sich die Kollegen vorwiegend<br />
mit der Korrektur angeborener Fehlbildungen<br />
von Händen und Füßen. Zu uns kommen Kinder<br />
mit zu vielen oder fehlenden Fingern. Dies geht<br />
mit einer erheblichen Beeinträchtigung im Alltag<br />
einher. Die Kinder werden zu diesen Spezialeingriffen<br />
aus ganz Europa überwiesen.<br />
Was sind weitere Stärken des Hauses?<br />
Neben der Neonatologie mit dem Perinatalzentrum<br />
1, ist unsere Abteilung für Kindergastroenterologie,<br />
in der z.B. Kinder mit chronischen Bauchschmerzen,<br />
Gedeihstörungen oder chronischen<br />
Darmentzündungen behandelt werden, hervorzuheben<br />
sowie die Abteilung für Kinderendokrinologie<br />
und Diabetologie, in der viele Kinder mit<br />
Diabetes Typ I betreut werden – es ist das zweitgrößte<br />
Zentrum in Deutschland für Diabetologie.<br />
Kinder mit Diabetes, Typ 1, werden bei uns sehr<br />
aufwändig betreut. Einige kommen mit lebensbedrohlichen<br />
Symptomen zu uns. Dabei kommen<br />
modernste Methoden, etwa die Implantationen<br />
von Insulinpumpen, zum Einsatz. Diese Pumpen<br />
messen den Blutzucker und regeln so selbständig<br />
die Abgabe von Insulin.<br />
Womit können Sie noch punkten?<br />
Wir sind in Deutschland das einzige Haus mit<br />
einer Abteilung für Kinderdermatologie. Hier<br />
werden Kinder mit angeborenen oder erworbenen<br />
Krankheiten der Haut behandelt.<br />
Welches ist denn die häufigste Hautkrankheit<br />
bei Kindern?<br />
Seit Jahren nimmt die Zahl von Kindern mit Neurodermitis<br />
zu. Es handelt sich um die häufigste<br />
chronische Hautkrankheit. Bis zu 20 Prozent der<br />
Kinder sind betroffen. Bei einigen Kindern lassen<br />
die Beschwerden mit zunehmendem Alter nach,<br />
andere Kinder sind dauerhaft auf unsere Hilfe<br />
angewiesen.<br />
Was leistet Ihre Klinik im Bereich der Risikoschwangerschaft?<br />
Das ist für uns ein sehr wichtiges Thema – die<br />
Schwangeren werden aber natürlich nicht von uns<br />
Kinderärzten, sondern von den Gynäkologen und<br />
Geburtshelfern betreut.<br />
Die enge Zusammenarbeit<br />
mit diesen definiert unter<br />
anderem eine gute Kinderklinik.<br />
Was raten Sie einer<br />
werdenden Mutter?<br />
Jeder Frau kann man<br />
nur raten, egal wie die<br />
Schwangerschaft verlaufen<br />
ist, dass sie in einer Klinik<br />
entbindet, in der Neonatologen und Geburtshelfer<br />
Hand in Hand arbeiten. Sonst besteht die Gefahr,<br />
dass es zu tragischen Verläufen kommt.<br />
Haben Sie ein Beispiel?<br />
Es passiert nach wie vor, dass ein reifes Kind<br />
durch eine Nabelschnurumschlingung zu Tode<br />
kommt.<br />
Herr David-Studt, was bietet das<br />
Wilhelmstift neben dem hohen medizinischen<br />
Standard?<br />
Wir waren und sind das erste Haus mit<br />
einer elternorientierten Pflege nach dem<br />
EFIB-Standard (Entwicklungsfördernde<br />
Familienzentrierte Individuelle Betreuung)<br />
für Früh- und Neugeborene. Wir nehmen also<br />
die Eltern mit ins Boot und vermitteln ihnen<br />
die Kenntnisse, mit denen sie dann ihr Kind<br />
auch zu Hause gut versorgen können. Diese<br />
gemeinsame Betreuung leisten wir ebenso in<br />
unserer Abteilung im Marienkrankenhaus.<br />
Darüber hinaus unterstützen unsere<br />
Kinderärzte rund um die Uhr die Geburtshilfe<br />
in der Asklepios Klinik Wandsbek. Unser<br />
Neugeborenen-Notarztdienst betreut auf<br />
Anforderung Geburten im Amalie Sieveking<br />
Krankenhaus und im Bethesda in Bergedorf.<br />
Auch von anderen Krankenhäusern werden wir<br />
angefordert.<br />
Was ist typisch für das Wilhelmstift, wie<br />
äußert sich das christliche Menschenbild?<br />
Das katholische Erzbistum Hamburg ist<br />
unser Träger. Allerdings stehen wir in keiner<br />
finanziellen Abhängigkeit vom Erzbistum und<br />
sind seit den 90er Jahren als gemeinnützige<br />
GmbH aufgestellt. Unsere Unternehmenskultur<br />
ist von christlichen Werten wie Nächstenliebe<br />
und sozialer Verantwortung geprägt. 90<br />
Prozent unserer Mitarbeiter haben sich<br />
ganz bewusst für unser kirchliches Haus<br />
entschieden. Sie wünschen sich besondere,<br />
menschliche Umgangsformen und schätzen,<br />
dass wir als Einrichtung nicht in erster Linie<br />
profitorientiert sind. Und genau das finden sie<br />
in unserem Arbeitsalltag, der stark geprägt ist<br />
von einem sehr persönlichen Umgang, einem<br />
fast familiären Miteinander und auch der<br />
Ermutigung an die Mitarbeiter, ihren eigenen<br />
christlichen Glauben einzubringen. Es geht<br />
bei uns auch um Zahlen, aber nicht nur. Ganz<br />
bewusst klammern wir die Zahlen manchmal<br />
auch aus.<br />
Wo sind finanzielle Grenzen?<br />
Wir haben einen Umsatz von 50 Millionen.<br />
Wie jedes andere Unternehmen müssen wir uns<br />
dabei gut und verantwortungsvoll überlegen,<br />
welche Investitionen wir wann tätigen und<br />
welche nicht.<br />
Professor Dr. Peter Höger, Henning David-<br />
Studt, danke für das Gespräch. Im nächsten<br />
Gespräch vertiefen wir das Thema Versorgung<br />
von Frühgeborenen.<br />
Weitere Informationen finden Sie<br />
unter www.kkh-wilhelmstift.de/neo