Timotheus Magazin #13 - Gnade
Inhalt Editorial Warum Calvinismus? (James M. Boice & Philip Ryken) – Warum die Lehren der Gnaden nicht egal sind! Souveräne Gnade (Waldemar Dirksen) – Warum die Gnade Gottes nicht beliebig ist. Martin Luther (Daniel Facius) – Die Rechtfertigungslehre des großen Reformators. George Whitefield (Benedikt Peters) – Warum die Gnadenlehren und Evangelisation sich nicht ausschließen. Gnade im Alten Testament (Andreas Münch) – Das Evangelium der Gnade im Alten Testament. Wahre Reformation … beginnt bei mir! (Jochen Klautke) – Auftakt zur Josua-Rubrik über den jungen König Josia. Buchvorstellungen
Inhalt
Editorial
Warum Calvinismus? (James M. Boice & Philip Ryken) – Warum die Lehren der Gnaden nicht egal sind!
Souveräne Gnade (Waldemar Dirksen) – Warum die Gnade Gottes nicht beliebig ist.
Martin Luther (Daniel Facius) – Die Rechtfertigungslehre des großen Reformators.
George Whitefield (Benedikt Peters) – Warum die Gnadenlehren und Evangelisation sich nicht ausschließen.
Gnade im Alten Testament (Andreas Münch) – Das Evangelium der Gnade im Alten Testament.
Wahre Reformation … beginnt bei mir! (Jochen Klautke) – Auftakt zur Josua-Rubrik über den jungen König Josia.
Buchvorstellungen
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„Nur die <strong>Gnade</strong> scheidet ja die<br />
Erlösten von den Verdammten ...“<br />
seinen Schriften gegen Pelagius 12<br />
herausgestellt hat. Dort vertrat<br />
Augustinus die Auffassung, dass ein<br />
Mensch die Gebote Gottes unabhängig<br />
von der <strong>Gnade</strong> nicht halten<br />
könne und sich ihnen auch nicht<br />
aus freiem Willen zuwenden<br />
könne. In ähnlicher Weise formuliert<br />
Luther in seiner Anmerkung<br />
zu Römer 9,21: „Nur die <strong>Gnade</strong><br />
scheidet ja die Erlösten von den<br />
Verdammten, die ein gemeinsamer,<br />
auf die (menschliche) Abstammung<br />
zurückgehender Anlass (d.h.<br />
der Sündenfall) beide zu einer<br />
einzigen, der Verdammung verfallenen<br />
Masse verschmolzen hat.<br />
(…) Hier aber lernt er, dass es die<br />
<strong>Gnade</strong> ist, die ihn wieder aufrichtet,<br />
früher als sein ganzer Wille und<br />
über sein eigenes Wollen hinaus“. 13<br />
Ebenso äußert sich Luther in seiner<br />
Hebräerbriefvorlesung (1517/18):<br />
„Das Wollen und Bitten, das<br />
Suchen oder Anklopfen ist ein<br />
Geschenk der zuvorkommenden<br />
<strong>Gnade</strong>, nicht das Ergebnis unseres<br />
Willens.“ 14 Hier wird die <strong>Gnade</strong><br />
als eine „zuvorkommende“ <strong>Gnade</strong><br />
geschildert, die dem Willen des<br />
Menschen vorausgeht 15 und den<br />
Menschen befähigt, sich Gott<br />
zuzuwenden. 16<br />
<strong>Gnade</strong> und Gerechtigkeit<br />
Gottes. Während seiner Vorlesungen<br />
formuliert Luther auch ein<br />
neues Verständnis des Begriffs der<br />
„Gerechtigkeit Gottes“. Wo die<br />
„Gerechtigkeit Gottes“ für Luther<br />
zunächst in der Vergeltung, in dem<br />
Gericht über das Böse bestand<br />
(und ihn so zur Verzweiflung<br />
trieb), entfaltete er die Bedeutung<br />
des Begriffes parallel zu seinem<br />
<strong>Gnade</strong>nverständnis weiter. In der<br />
ersten Psalmen- und dann auch in<br />
der Römerbriefvorlesung beschreibt<br />
er die Gerechtigkeit Gottes<br />
als Akt, mit dem der Mensch sich<br />
selbst richtet und so das Urteil<br />
Gottes vorwegnimmt (ein demütiges<br />
Verhalten, dem dann die <strong>Gnade</strong><br />
folgt). Nach diesem Verständnis<br />
dient das Evangelium dazu, die<br />
Sünde des Menschen aufzudecken<br />
– und Jesus ist wenig mehr als ein<br />
besonderes Vorbild in gelebter<br />
Demut. In der Hebräerbriefvorlesung<br />
dagegen entwickelt er dieses<br />
Konzept noch einmal weiter. Jetzt<br />
bedeutet Gerechtigkeit Gottes<br />
keine richtende Tätigkeit Gottes<br />
oder des Menschen, sondern ein<br />
gnädiges Anrechnen der Gerechtigkeit<br />
Gottes im Glauben an Jesus.<br />
Dabei geht er in einer zuspitzenden<br />
Anmerkung zu Hebräer 7,1 so<br />
weit, die Begriffe „Gerechtigkeit<br />
Gottes“ und „<strong>Gnade</strong>“ gleichzusetzen:<br />
„Hier ist anzumerken, dass die<br />
Begriffe „Gerechtigkeit“ und<br />
„Friede“ in der Heiligen Schrift<br />
immer im Sinne von Gerechtigkeit<br />
Gottes und Frieden Gottes verstanden<br />
werden, und zwar so, dass<br />
„Gerechtigkeit“ gerade die <strong>Gnade</strong><br />
meint, durch die der Mensch<br />
gerechtfertigt wird.“ 17<br />
Gottes Gerechtigkeit ist <strong>Gnade</strong>, der<br />
gerechte Gott ist der gnädige Gott<br />
– es ist nicht schwer zu sehen, dass<br />
das eine wahrhaft gute Nachricht,<br />
tatsächliches „Evangelium“ für<br />
Luther sein musste. Klar und<br />
vollendet zum Ausdruck kommt<br />
dieses neue Verständnis der<br />
Gerechtigkeit Gottes in einer<br />
Predigt, die Luther am 28. März<br />
1518 in der Wittenberger Stadtkirche<br />
hielt. 18 Hier beschreibt er die<br />
Gerechtigkeit Gottes als Christusgerechtigkeit,<br />
die dem Menschen<br />
durch den Glauben an Christus<br />
zuteil wird. Dieses Verständnis hält<br />
Luther schon kurze Zeit später für<br />
„kanonisch“, 19 also für einen<br />
verbindlichen Lehrsatz, und im<br />
Rückblick beschreibt er es als den<br />
zentralen reformatorischen Durchbruch:<br />
„Damals hatte ich die Heilige<br />
Schrift schon sieben Jahre lang<br />
aufs fleißigste privatim und öffentlich<br />
gelesen und gelehrt, so dass ich<br />
fast alles auswendig konnte; dann<br />
hatte ich auch die Anfänge der<br />
Erkenntnis und des Glaubens an<br />
Christus gewonnen, nämlich: dass<br />
wir nicht durch Werke, sondern<br />
durch den Glauben an Christus<br />
gerecht und selig werden.“ 20<br />
<strong>Gnade</strong> allein durch den Glauben.<br />
Nun war dieses Verständnis<br />
von Gerechtigkeit und <strong>Gnade</strong><br />
schon an und für sich sehr<br />
zugespitzt formuliert. Luther ging<br />
aber noch weiter, da er sich nicht<br />
mit der Behauptung begnügen<br />
wollte, dass die <strong>Gnade</strong> zur Rettung<br />
des Menschen führt. Er bestand<br />
vielmehr darauf, dass es allein die<br />
<strong>Gnade</strong> sei, die das Heil bewirkt.<br />
14 – ausgabe 13