LS_Mai
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Ein Stück Heimat in der Ferne<br />
Als Weltenbummlerin berichtet Ursel<br />
Bürger von einem ganz besonderen Erlebnis:<br />
„Andere Länder zu bereisen ist<br />
ein großes Erlebnis. Brasilien kennen<br />
zu lernen war Ziel meiner Sehnsucht.<br />
Mit dem Schiff legten wir nach der Atlantiküberquerung<br />
im Hafen von Recife<br />
an. Alle waren auf den ersten Landgang<br />
gespannt. Eine durch europäische<br />
Eroberer geprägte Stadt erwartete uns.<br />
Mit unserem Stadtführer und Reiseleiter<br />
durchquerten wir die Altstadt.<br />
Eine Gruppe Jugendlicher begegnete<br />
uns zum wiederholten Male. Als wir in<br />
eine Straße einbogen, an deren rechter<br />
Seite Autos parkten, sah ich sie wieder.<br />
Jubelnd, lärmend, lachend rannten<br />
die Rucksackträger unvermittelt über<br />
die Straße und tanzten im Reigen um<br />
etwas, was ich noch nicht erkennen<br />
konnte. Nur der Spektakel drang bis<br />
zu uns. Ich konzentrierte mich wieder<br />
auf die Ausführungen unseres<br />
Stadtführers. Erst als wir weitergingen,<br />
sah ich das Objekt, dass so unbändige<br />
Freude ausgelöst hat. Es stand<br />
ein Trabant dort. Beim Vorübergehen,<br />
muss ich gestehen, auch mich durchströmte<br />
ein warmes Heimatgefühl. Ein<br />
Lächeln.“ Und sie zitiert aus einem<br />
Lexikon: „Heimat im eigentlichen Sinne<br />
die nähere Umgebung, in der ein<br />
Mensch aufwächst und die ihm durch<br />
die spezifische Eigenart der Landschaft,<br />
durch die Sitten, Gebräuche, Traditionen,<br />
dem Dialekt der Menschen u.a.<br />
beeinflusst in seiner Entwicklung.“ Sie<br />
ist sich sicher, dass die spezifischen<br />
Eigenarten der Umgebung in der sie<br />
geboren ist, ihren Lebensweg geprägt<br />
haben. Dennoch würde Ursel Bürger<br />
ihren Geburtsort nicht als Heimat bezeichnen.<br />
„Zur Heimat hat man eine<br />
besondere Beziehung. Das ist so was<br />
Individuelles. Das ist so ein warmes<br />
Gefühl“, sagt sie dazu. Die Lehrerin ist<br />
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viel gereist, hat sich mit diesen Reisen<br />
ihre Träume erfüllt. Und doch sei<br />
da ein besonderes Gefühl, wenn man<br />
dann wieder nach Hause kommt. Ihre<br />
Heimat ist Bad Salzungen und sie sagt:<br />
„Heimat ist für mich da, wo ich längere<br />
Zeit lebe, wo ich Geborgenheit spüre.<br />
Ich habe einen großen Teil meines<br />
Lebens hier verbracht. Es ist mein Zuhause<br />
und damit auch meine Heimat.<br />
Es hängt aber auch viel zusammen<br />
mit den Menschen, die hier leben,<br />
mit denen man den Weg gemeinsam<br />
geht.“ Mit Blick auf die nachfolgende<br />
Generation ist sie der Meinung, dass<br />
erwachsene Menschen immer wieder<br />
eine neue Heimat finden können. „Das<br />
hat nichts mit ‚Kindsein‘ zu tun.“ Die<br />
Lehrerin ist auch der Meinung, dass<br />
sich aus dem Begriff Heimat weder Besitz<br />
noch Anspruch ableiten lässt. Viel<br />
zu oft habe man den Begriff „Heimat“<br />
dazu benutzt.<br />
ch/U.B.<br />
Die Heimat im Kinderbuch<br />
Heimat umfasst so vieles. Herkunft und<br />
Bindungen an Menschen, Landschaften<br />
und geistige Verankerungen. Hat<br />
denn mein in diesem Jahr erschienenes<br />
Kinderbuch „Team XXZ7 gibt nicht<br />
auf “ überhaupt etwas mit dem Begriff<br />
der Heimat zu tun? Der Titel weist jedenfalls<br />
nicht darauf. In der Geschichte<br />
stehen Schüler der Klasse 7c im Mittelpunkt.<br />
Sie wohnen in Billerbach, und<br />
der Ort liegt nicht in der idyllischen<br />
Gebirgswelt auch nicht an der blauen<br />
See, sondern in einer recht reizlosen<br />
Bergbauecke. Die Kinder fühlen sich<br />
hier wohl, aber es droht Unheil - die<br />
Gegend soll in einen riesigen Braunkohlentagebau<br />
verwandelt werden.<br />
Das bedeutet Abriss des Ortes. Vertreibung.<br />
Die Erwachsenen scheinen<br />
resigniert der Entwicklung entgegen zu<br />
sehen, da beschließt eine Gruppe aus<br />
der 7c ̶ eben jenes Team XXZ7 ̶ , um<br />
Billerbach zu kämpfen. Da gibt es Weste,<br />
den selbstbewusste Anführer der<br />
Truppe, uns begegnet der nachdenkliche<br />
Luca, wir verstehen die hilfsbereite<br />
Lea. Ralf, Spitzname Löffelschnitzer,<br />
spielt eine besondere Rolle. Er kommt<br />
aus den Thüringer Bergen, seine Eltern<br />
haben sich getrennt, er wohnt jetzt bei<br />
seinen Verwandten in Billerbach. Allmählich<br />
schließt Ralf mit Luca Freundschaft,<br />
beide besuchen zwei Tage lang<br />
das Thüringer Dorf. Dort verläuft für<br />
die Jungen manches nicht glatt. Was<br />
ist also mit „kämpfen“ und was mit<br />
„Heimat“? Nun, XXZ7 bleibt am Ball. Die<br />
Kinder kommen auf die „wahnsinnige“<br />
Idee, den Kohlechef zu entführen. Der<br />
ist an dem Massel Schuld, glauben sie.<br />
Die Entführung misslingt, das Team<br />
organisiert eine Demo zum Erhalt des<br />
Ortes und nimmt Verbindung mit dem<br />
Direktor des Werkes auf. Der schlägt<br />
klare Töne an, redet von Umweltschutz<br />
und Energiemix. Natürlich sind es<br />
nicht die Kinder allein, die Billerbach<br />
retten. Das entspräche wohl ganz und<br />
gar nicht der harten Realität. Doch sie<br />
haben etwas Großartiges vermocht, sie<br />
haben couragiert, entschlossen und<br />
mutig etwas ins Rollen gebracht.<br />
Na also: Das Buch hat mit Heimat zu<br />
tun. Mit mutigen Kindern, die wissen,<br />
dass die Heimat was Gutes, Wertvolles<br />
ist, das man bewahren muss.<br />
Peter Drescher, Tiefenort