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Gazette Wilmersdorf Januar 2017

Gazette für Wilmersdorf, Schmargendorf, Grunewald und Halensee

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2 | <strong>Gazette</strong> <strong>Wilmersdorf</strong> | <strong>Januar</strong> <strong>2017</strong><br />

Palast<br />

der Waren<br />

Kaufhaus des Westens<br />

eröffnete 1907<br />

Zur Eröffnung des siebenten Warenhauses<br />

des Kaufmanns Adolf Jandorf schrieb der wöchentlich<br />

erscheinende „Roland von Berlin“,<br />

das Haus solle die verwöhnten Ansprüche<br />

der oberen Zehntausend befriedigen. Er hatte<br />

recht – nachdem Jandorf mit seinen sechs<br />

anderen Warenhäusern den einfachen Bedarf<br />

abdeckte, sollte sein neues Kaufhaus des Westens,<br />

schon damals kurz KaDeWe genannt, ein<br />

völlig anderes Sortiment und Einkaufserlebnis<br />

bieten. Es lag anfangs am östlichen Rand von<br />

Charlottenburg, seit einem Gebietstausch im<br />

Jahr 1937 befindet sich das KaDeWe auf dem<br />

Gebiet Schönebergs.<br />

Neue Maßstäbe<br />

Das Kaufhaus setzte sich von allem ab, was<br />

die Berliner bisher gewohnt waren. Das fünfgeschossige<br />

Gebäude mit der zweigeschossigen<br />

Eingangshalle eröffnete im 27. März 1907.<br />

Zum Leidwesen von Adolf Jandorf ließ sich der<br />

Hochadel bei der Eröffnung nicht blicken. Im<br />

August weilte der siamesische König in Berlin<br />

und besuchte das KaDeWe, das damit endlich<br />

das gewünschte Renommee erhielt.<br />

Treffpunkt und Einkaufserlebnis<br />

Das neue Nobelkaufhaus entwickelte sich<br />

schnell zum Treffpunkt, aber nicht nur für die<br />

oberen Zehntausend. Auch weniger Betuchte<br />

genossen Ausflüge ins KaDeWe und trugen<br />

hierfür die Kleidung, die nur für besondere Anlässe<br />

aus dem Schrank geholt wurde. Das KaDe-<br />

We bot viel – einerseits die vielen kleinen Fachgeschäfte<br />

nach amerikanischem Vorbild, die<br />

sich immerhin auf 120 Abteilungen erstreckten.<br />

Dann gab es eine Leihbibliothek, Friseur-Salons<br />

für Damen und Herren, eine Bankfiliale sowie<br />

den beliebten Teesalon. Die Bedeutung des<br />

Kaufhauses wuchs mit dem aufstrebenden<br />

Kurfürstendamm und Tauentzien. Die umliegenden<br />

kulturellen Angebote, Theater, Kinos<br />

KaDeWe um 1910.<br />

und mehr sowie die gute Erreichbarkeit machten<br />

es schnell zu einem Publikumsmagneten.<br />

Von Anfang an war die Gestaltung der Schaufenster<br />

und die themenbezogene Ausstattung<br />

der Innenhalle eine Besonderheit – so füllten<br />

während der Weihnachtszeit ganze Märchengeschichten<br />

die Schaufenster und während der<br />

„Weißen Wochen“ am Jahresanfang erstrahlte<br />

die Zugangshalle in Weiß.<br />

Umbau und „Arisierung“<br />

1927 ging das KaDeWe und die anderen Kaufhäuser<br />

von Adolf Jandorf in den Besitz des<br />

Konzerns Hermann Tietz & Co. über, zu dem<br />

auch die Hertie-Häuser gehörten. Das Gebäude<br />

wurde nun um zwei weitere Vollgeschosse<br />

sowie zwei Dachgeschosse erweitert. Eine<br />

Dachterrasse, die mit Liegestühlen ausgestattet<br />

war, gehörte zu den neuen Attraktionen. 1929<br />

richteten die Eigentümer die beliebte Feinkostabteilung<br />

ein. 1933 zwang das NS-Regime die<br />

jüdische Familie Tietz zum Verkauf. Wirtschaftspolitiker<br />

verhinderten eine Zerschlagung des<br />

Unternehmens, da das auch viele Lieferanten<br />

ruiniert hätte. Der Vorstand des Unternehmens<br />

wurde „arisiert“ und Hertie war eines der wenigen<br />

Unternehmen, das seinen Namen auch<br />

während der Zeit des Nationalsozialismus behielt.<br />

Zweiter Weltkrieg und Rückkehr zum Luxus<br />

Als der Zweite Weltkrieg tobte, blieb das Ka-<br />

DeWe nicht verschont. Das Luxuskaufhaus<br />

brannte fast vollständig aus, nachdem ein<br />

Foto: Landesarchiv Berlin<br />

amerikanisches Kampfflugzeug auf das Dach<br />

gestürzt war. In den Nachkriegsjahren diente<br />

das Kaufhaus, von dem nur die ersten beiden<br />

Etagen wieder aufgebaut wurden, der notwendigen<br />

Versorgung der Bevölkerung, Luxus war<br />

nicht gefragt, dafür Fett und Würste. Nach und<br />

nach wurde es durch Erweiterungen und Umbauten<br />

wieder zum Flaggschiff der City West,<br />

die nach dem Mauerbau der Mittelpunkt des<br />

gesellschaftlichen Lebens in Berlin war. Richtigen<br />

Luxus gab es wieder in den 70er-Jahren.<br />

Das KaDeWe war mittlerweile auf 44 000 Quadratmeter<br />

Verkaufsfläche angewachsen. Um<br />

den wachsenden Zahlen der Besucher mit PKW<br />

gerecht zu werden, gehörte nun ein zweites<br />

Parkhaus dazu, das durch eine gläserne Brücke<br />

über die Passauer Straße mit der dritten Etage<br />

verbunden wurde. Das KaDeWe fand zu seiner<br />

alten Größe als Tempel der Luxuswaren zurück.<br />

Das empfanden auch die DDR-Bürger, die nach<br />

dem Mauerfall durch das Kaufhaus fuhren. Die<br />

hier zelebrierte Pracht und die unglaubliche<br />

Vielfalt des Angebots standen im krassen Gegensatz<br />

zu den damaligen Einkaufsmöglichkeiten<br />

im Osten der Stadt.<br />

Besitzwechsel und erneute Umbauarbeiten<br />

Im Jahr 1994 übernahm die Karstadt Warenhaus<br />

AG sämtliche Hertie-Häuser, darunter<br />

auch das KaDeWe. 1996 wurden die Umbauarbeiten<br />

abgeschlossen, durch die das KaDeWe<br />

eine siebente Etage erhielt, in der sich ein Restaurant<br />

unter einer Glaskuppel befindet. Die<br />

Feinschmeckeretage in der sechsten Etage ist<br />

nach wie vor der beliebteste Anlaufpunkt der<br />

Kunden. Hier kann man Gerichte aus aller Herren<br />

Länder verzehren und Lebensmittel aus aller<br />

Welt einkaufen. Ein Paradies für Genießer…<br />

Derzeit wird das KaDeWe, das mittlerweile<br />

sowohl zur Signa Group als auch zur italienischen<br />

Warenhauskette La Rinascente gehört,<br />

erneut umgebaut. Die Arbeiten werden jedoch<br />

so gestaltet, dass die Kunden davon nicht beeinträchtigt<br />

werden. Im Jahr 2022 sollen die Arbeiten<br />

fertig werden. Das Traditionshaus, das<br />

im kommenden Jahr 110 Jahre besteht, wird<br />

dann wieder für glänzende Augen bei Kunden<br />

aus aller Welt sorgen.

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