Wirtschaftszeitung_23042018
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GELD &GESCHÄFT 17<br />
Lockruf der Rendite<br />
Sparer suchen in Zeiten niedrigster Zinsen nach lukrativen Anlagealternativen. Der „Graue<br />
Kapitalmarkt“ lockt –doch in diesem kaum regulierten Segment gibt es auch viele dubiose Offerten.<br />
Der Kauf von Edelsteinen gehört zuden riskanten Geschäften am „Grauen Kapitalmarkt“.<br />
Foto: dpa<br />
OFFEN GESAGT<br />
Genau hinschauen<br />
Letztlich ist es die Gier, die Anleger<br />
dazu treibt, ihr Geld riskant anzulegen.<br />
Der „Graue Kapitalmarkt“ wird im<br />
Wesentlichen von dieser Gier angetrieben.<br />
Dabei dachten Branchenkenner<br />
zunächst, dass den meisten Sparern<br />
durch die globale Finanzkrise endlich<br />
klar geworden ist: Hohe Renditen bedeuten<br />
immer auch ein hohes Risiko.<br />
Hinzu kommt, dass sich in der grauen<br />
Zone des Kapitalmarkts auch Kriminelle<br />
tummeln, die ihre Produkte bewusst<br />
auf den Betrug der Kunden angelegt<br />
haben.<br />
Für Otto Normalsparer sollten sich daraus<br />
zwei mögliche Alternativen ergeben:<br />
Zum einen –als optimaler Weg –<br />
ein völliger Verzicht auf riskante Geschäfte<br />
am„Grauen Kapitalmarkt“.<br />
Zum anderen können einzelne Produkte<br />
–nach gründlicher Prüfung –als<br />
Beimischung ineinem größeren Anlage-Portfolio<br />
geeignet sein.<br />
Letztlich bleibt zu hoffen, dass manchem<br />
dubiosen Geschäft schon bald die<br />
Grundlage entzogen wird, weil übliche<br />
Sparformen wieder Zinsen abwerfen.<br />
Schon jetzt bietet der reguläre Aktienmarkt<br />
eine seriöse Gewinnchance.<br />
Jürgen Stilling<br />
Nichtalle Unternehmen, die auf dem<br />
Finanzmarkt tätig sind, werden von<br />
staatlichen Stellen kontrolliert.<br />
Wenn Anbieter keine Erlaubnis der<br />
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen<br />
(Bafin) benötigen und nur<br />
wenige gesetzliche Vorgaben erfüllen<br />
müssen, spricht man vom „Grauen<br />
Kapitalmarkt“. In diesem Fall ist<br />
besondere Vorsicht geboten. Doch<br />
ist die Palette möglicher Produkte in<br />
diesem Finanzmarkt-Segment so<br />
groß, dass eine konkrete Abgrenzung<br />
quasi unmöglich ist.<br />
Manchmal hilft der Prospekt.<br />
Auch am „Grauen<br />
Kapitalmarkt“ müssen<br />
manche Anbieter Informationen<br />
in einer solchen<br />
schriftlichen Form verbreiten, etwa<br />
bei Wertpapieren, Genussrechten und<br />
anderen Unternehmensanteilen. Doch<br />
die Bafin warnt: „Behalten Sie dabei immer<br />
im Hinterkopf, dass wir einen Prospekt<br />
nicht daraufh<br />
in prüfen, ob die Anlage<br />
werthaltig oder der Anbieter seriös<br />
und finanziell solide ist.“ Die Aufsicht<br />
prüft auch nicht, ob die Angaben im Prospekt<br />
inhaltlich richtig sind. Billigt die Bafin<br />
einen Prospekt, bedeutet das lediglich,<br />
dass dieser die gesetzlich geforderten<br />
Mindestinformationen zum Anbieter<br />
und zum Produkt enthält.<br />
Doch was macht eigentlich Produkte des<br />
„Grauen Kapitalmarkts“ aus? Woran erkennt<br />
man diese zum Teil problematischen<br />
Angebote? Als deutlichstes Warnsignal<br />
gelten bei Verbraucherschützern<br />
Lockofferten, bei denen Zinsen oder Renditen<br />
weit über dem allgemeinen Marktniveau<br />
–von derzeit quasi null Prozent<br />
–liegen.<br />
Nach Schätzungen vonAnlegerschützern<br />
verlieren Anleger jedesJahr zwischen 20<br />
und 30 Milliarden Euro am„Grauen Kapitalmarkt“.<br />
Eines der spektakulärsten<br />
Beispiele für massiven Geldverlust der<br />
jüngeren Vergangenheit in diesem Bereich<br />
warimJahr 2007 die Insolvenz der<br />
zur Göttinger Gruppe gehörenden Securenta<br />
AG und der Zusammenbruch der<br />
Göttinger Gruppe. Die Verlusteder Anleger<br />
gingen Medienberichten zufolge in<br />
die Milliarden. Rund 1,5Milliarden Euro<br />
wurden vonden Anlegern bei verschiedenen<br />
Gesellschaften der Gruppe eingezahlt;<br />
das gesamte Zeichnungsvolumen<br />
dürfte wohl zehn Milliarden Euro übertroffen<br />
haben.<br />
Doch wie prüft man Angebotekonkret?<br />
Der berühmte Investor Warren Buffett<br />
hat einen ganz simplen Ratschlag: „Kaufen<br />
Sie nichts, was Sie nicht kennen!“<br />
Die Liste der möglichen Produkte am<br />
„Grauen Kapitalmarkt“ist lang. Hier einige<br />
Beispiele:<br />
–Unternehmensbeteiligungen<br />
–Genussrechte und andere hybride Anleiheformen<br />
–Orderschuldverschreibungen<br />
–Crowdfunding<br />
–Darlehen mit Nachrangabrede (oft nur<br />
im Kleingedruckten erkennbar)<br />
–Direktinvestments, etwa inHolz, Edelmetalle,<br />
Minen oder Edelsteine<br />
–Gold- oder Edelmetallsparpläne<br />
–Kauf- und Rückvermietungs-Verträge<br />
Doch wie kann man die Verbraucher effektiv<br />
vordubiosenAngeboten schützen?<br />
Der ehemalige Daimler-Finanzvorstand<br />
Manfred Gentz forderte schon vor Jahren:<br />
„Man wird wahrscheinlich für bestimmte<br />
Produkte ganz simpel zu Verboten<br />
kommen müssen.“<br />
Denn die Liste der Gefahren ist lang:<br />
–keine Produktkontrolle<br />
–keine Kontrolle der Seriosität und Bonität<br />
der Anbieter, Initiatoren und Geschäftsleiter<br />
–keine Überprüfung der wirtschaftlichen<br />
Tragfähigkeit des Geschäftsmodells<br />
– keine laufende Überwachung des<br />
Unternehmens<br />
–keine Bilanzkontrolle<br />
–keine Einlagensicherung<br />
Einen ersten Schritt zu mehr Anlegerschutz<br />
hatte der Bundestag schon 2015<br />
im Kleinanlegerschutzgesetz beschlossen.<br />
Das Gesetz sieht mehr und aktuellere<br />
Informationen sowie Vertriebsbeschränkungen<br />
für Anbieter von Vermögensanlagen<br />
vor und stärkt die Aufsicht<br />
über den Finanzmarkt. Doch das Segment<br />
bleibt „grau“ –also letztlich nur begrenzt<br />
durchschaubar. Jürgen Stilling<br />
Stephan Dröge,<br />
Freiberuflerbetreuer,<br />
Sparkasse Münsterland Ost.<br />
Dr. med. Jens Quakernack,<br />
GYNMÜNSTER<br />
Operative Gynäkologie,<br />
Münster.<br />
Einfach<br />
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Wenn’s um Geld geht