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Zentralregulierung in der Insolvenz - Zentralregulierungsrecht.de

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2362 Heeseler/Rossel, <strong>Zentralregulierung</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong> WM Heft 49/2003<br />

me <strong><strong>de</strong>r</strong> Debitorenbuchführung durch die Verbundgruppe<br />

für For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>de</strong>s Vertragslieferanten gegenüber<br />

<strong>de</strong>n Mitgliedsunternehmen geregelt. Die Vere<strong>in</strong>barung<br />

enthält daher Elemente e<strong>in</strong>es Geschäftsbesorgungsvertrages<br />

gemäß § 675 BGB.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus ist im ZR + D-Vertrag im Rahmen <strong>de</strong>s<br />

sog. VermittIungsgeschäfts regelmäßig vere<strong>in</strong>bart, dass<br />

die Verbundgruppe <strong>de</strong>m Vertragslieferanten sämtliche<br />

Mitgliedsunternehmen nennt. Das geschieht nicht zuletzt<br />

<strong>de</strong>shalb, damit die Vertragslieferanten auch mit<br />

solchen Mitgliedsunternehmen geschäftliche Beziehungen<br />

aufbauen können, zu <strong>de</strong>nen bislang noch ke<strong>in</strong>e<br />

Geschäftsbeziehungen bestan<strong>de</strong>n. Mith<strong>in</strong> enthält<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> ZR + D-Vertrag auch Elemente e<strong>in</strong>es (Nachweis-)<br />

Maklervertrages im S<strong>in</strong>ne <strong>de</strong>s § 652 BGBll.<br />

Wichtigstes Merkmal <strong>de</strong>s ZR+ D-Vertrages ist für <strong>de</strong>n<br />

Lieferanten (neben <strong>de</strong>m Rationalisierungseffekt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Rechnungsabwicklung) die Übernahme <strong>de</strong>s Delkre<strong><strong>de</strong>r</strong>e.<br />

Die Rechtsnatur <strong><strong>de</strong>r</strong> Delkre<strong><strong>de</strong>r</strong>e-Übernahme ist für<br />

<strong>de</strong>n E<strong>in</strong>zelfall zu klären. Zwar schließt die h.M. aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

fast wörtlichen Übere<strong>in</strong>stimmung <strong>de</strong>s § 86b HGB mit<br />

§ 765 BGB, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Anspruch auf Delkre<strong>de</strong>provision<br />

<strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lsvertreters regelt, dass es sich bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Delkre<strong><strong>de</strong>r</strong>übernahme<br />

um e<strong>in</strong>e Bürgschaft han<strong>de</strong>lel2. Da<br />

§ 86b HGB diese Frage letztlich aber offen lässt und<br />

neben <strong><strong>de</strong>r</strong> Bürgschaft auch noch e<strong>in</strong> Schuldbeitritt <strong>in</strong><br />

Betracht zu ziehen isP3,wird man auf die konkrete haftungsbegrün<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Vere<strong>in</strong>barung zwischen Verbundgruppe<br />

und Vertragslieferant abstellen müssen.<br />

Die meisten ZR + D-Verträge bezeichnen die Delkre<strong><strong>de</strong>r</strong>e-Übernahme<br />

ausdrücklich als selbstschuldnerische<br />

Bürgschaft gemäß § 765 BGB.Ist ke<strong>in</strong>e konkrete Vere<strong>in</strong>barung<br />

getroffen, ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertrag auszulegen. Für e<strong>in</strong>en<br />

Schuldbeitritt spricht dabei als Indiz, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Beitreten<strong>de</strong><br />

e<strong>in</strong> eigenes, unmittelbares sachliches bzw. wirtschaftliches<br />

Interesse daran hat, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Gläubiger die<br />

Leistung erhälP4. Dies ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall, wenn er aus <strong>de</strong>n Vorteilen,<br />

die sich aus <strong>de</strong>m Schuldverhältnis ergeben, partizipieren<br />

wür<strong>de</strong>ls. E<strong>in</strong> solcher Vorteilkönnte <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Delkre<strong><strong>de</strong>r</strong>eprovision<br />

zu sehen se<strong>in</strong>l6. Das Provisions<strong>in</strong>teresse<br />

dürfte aber für die Unmittelbarkeit nicht ausreichen, da<br />

es nur e<strong>in</strong> ~ekundäres Interesse an <strong><strong>de</strong>r</strong> Kaufpreiszahlung<br />

an <strong>de</strong>n Vertragslieferanten begrün<strong>de</strong>t. Der Provisionsanspruch<br />

ist e<strong>in</strong> eigener Anspruch gegen <strong>de</strong>n Gläubiger,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Kaufpreiszahlung zunächst e<strong>in</strong>mal nichts zu<br />

tun hat, <strong>de</strong>nn er fällt auch an, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Kaufpreis nicht<br />

gezahlt wird. Als weiteres Argument für e<strong>in</strong>en Schuldbeitritt<br />

wird vorgebracht, die Verbundgruppe übernehme<br />

e<strong>in</strong>e selbständige Verpflichtung zur Zahlung, was sich<br />

daraus ergebe, dass die gelieferte Ware nicht auf Mängel<br />

überprüft wer<strong>de</strong>n könnel7. Dieses Argument trifft<br />

auch auf e<strong>in</strong>e selbstschuldnerische Bürgschaft zu und<br />

zeigt vielmehr, dass die Verbundgruppe nur für e<strong>in</strong>e<br />

frem<strong>de</strong> Schuld e<strong>in</strong>stehen will. E<strong>in</strong> Schuldbeitritt wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spricht<br />

<strong>de</strong>m Wesen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundkonzeption <strong>de</strong>s ZR+D­<br />

Geschäfts als Dreiecks- und Abrechnungsverhältnis. Die<br />

Parteien gehen nicht davon aus, dass das Mitgliedsunternehmen<br />

von vornehere<strong>in</strong> nicht zahlen kann, die Verbundgruppe<br />

sollnur akzessorisch - also als Bürge - haften.<br />

Sollten bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Auslegung Zweifel verbleiben, nimmt<br />

die Rechtsprechung zum Schutz <strong>de</strong>s Zweitschuldners<br />

die formstrengere und <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Haftungswirkung mil<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Bürgschaft anl8.<br />

In Anbetracht <strong><strong>de</strong>r</strong> verschie<strong>de</strong>nen vertraglichen Elemente<br />

wird man <strong>de</strong>n ZR + D-Vertrag als gemischttypischen<br />

Vertrag eigener Art ansehen müssenl9. Die entwickelten<br />

Theorien (Absorbtionstheorie, Komb<strong>in</strong>ationstheorie)<br />

zur Behandlung von gemischttypischen<br />

Verträgen20 s<strong>in</strong>d nur wenig hilfreich. Für die Lösung<br />

auftreten<strong><strong>de</strong>r</strong> Probleme bei gemischttypischen Verträgen<br />

muss man sich vielmehr an S<strong>in</strong>n und Zweck <strong>de</strong>s jeweiligen<br />

Vertrages sowie <strong><strong>de</strong>r</strong> Interessenlage und <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verkehrssitte orientieren21. Grundsätzlich s<strong>in</strong>d für je<strong>de</strong><br />

Leistung die Vorschriften <strong>de</strong>s entsprechen<strong>de</strong>s Vertragstyps<br />

- hier also entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> Bürgschaftsrecht o<strong><strong>de</strong>r</strong> das<br />

Recht <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschäftsbesorgung - heranzuziehen. Kollidieren<br />

die gesetzlichen Vorschriften, ist das Recht <strong>de</strong>s<br />

Vertragstyps heranzuziehen, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n rechtlichen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

wirtschaftlichen Schwerpunkt bil<strong>de</strong>t22.<br />

2. Sicherungsrechte<br />

Im ZR + D-Vertrag zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbundgruppe und<br />

<strong>de</strong>m Vertragslieferanten wird <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertragslieferant verpflichtet,<br />

sich das Eigentum an <strong>de</strong>n an das Mitgliedsunternehmen<br />

veräußerten Waren vollurnfänglich vorzubehalten23.Der<br />

Vertragslieferant überträgt das vorbehaltene<br />

Eigentum auf die Verbundgruppe23a. Dies geschieht<br />

meist bereits mit Absendung <strong><strong>de</strong>r</strong> Ware, da die Delkre<strong><strong>de</strong>r</strong>ehaftung<br />

mit Kaufvertragsabschluss beg<strong>in</strong>nt24, das<br />

Eigentum kann aber auch Üe nach Vere<strong>in</strong>barung) erst<br />

mit Zahlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbundgruppe an <strong>de</strong>n Vertragslieferanten<br />

übergehen. Kommt es zur Zahlungsunfähigkeit<br />

<strong>de</strong>s Mitgliedsunternehmens, tritt also <strong><strong>de</strong>r</strong> Haftungsfall<br />

e<strong>in</strong>, kann die Verbundgruppe aus <strong>de</strong>n ihr übertragenen<br />

Eigentumsvorbehaltsrechten gegen das Mitgliedsunternehmen<br />

bzw. <strong>de</strong>n <strong>Insolvenz</strong>verwalter vorgehen25.<br />

11.Vertrag zwischen Verbundgruppe und<br />

Mitgliedsunternehmen<br />

Verbundgruppe und Mitgliedsunternehmen schließen<br />

e<strong>in</strong>en sog. Anschlussvertrag26. Dieser regelt, zu wel-<br />

11 Die Verbundgruppe ist nicht als Han<strong>de</strong>lsvertreter tätig, da es an <strong>de</strong>m hierfür<br />

erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichen E<strong>in</strong>wirken auf <strong>de</strong>n Dritten (Mitgliedsuntemehmen) fehlt,<br />

dass dieser sich zum Abschluss <strong>de</strong>s Geschäfts entschließt; vgl. BaumbachlDu<strong>de</strong>nlHopt,<br />

HGB, 30. Auf!. 2000, §84 Rdn. 23. Sie tritt auch nicht<br />

als Han<strong>de</strong>lsmakler gemäß § 93 ff. HGB auf, da zur Vermittlungstätigkeit<br />

<strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lsmaklers gehört, dass dieser mit bei<strong>de</strong>n Vertragsparteien <strong>in</strong><br />

Verb<strong>in</strong>dung tritt und dadurch zum Vertragsschluss beiträgt; die bloße<br />

Übersendung von Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>listen reicht nicht aus; vgl. BaumbachlDu<strong>de</strong>nlHopt,<br />

ebenda, § 93 Rdn. 13.<br />

12 OLG Nümberg BayJMBI1956, 115; Castan, BB 1957, 1124; Küstnerl<br />

Manteuffel, Das Recht <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lsvertreters Bd.l, 2. Aufl. 1992, Rdn. 546<br />

m.w.N., vgl. BaumbachlDu<strong>de</strong>nlHopt, a.a.O. (Fn. 11), § 86b Rdn. 7.<br />

13 BaumbachlDu<strong>de</strong>nlHopt, a.a.O. (Fn. 11), § 86b Rdn. 7; e<strong>in</strong>e Schuldübernahme<br />

im S<strong>in</strong>ne <strong>de</strong>s § 414 BGB schei<strong>de</strong>t mangels Vorliegen ihrer<br />

Voraussetzungen aus, vgL dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.5.2003 ­<br />

14 U 16/03, vom Vertragslieferanten ist das nicht gewollt, da er nur e<strong>in</strong>e<br />

zusätzliche Sicherheit gew<strong>in</strong>nen will.<br />

14 BGH NJW 1981, 47.<br />

15 VgL ScholzlLwowski, Das Recht <strong><strong>de</strong>r</strong> Kreditsicherung, 7. Auf!. 1994,<br />

S.368.<br />

16 Vgl. LG Wuppertal, 1 0249/01, S. 7.<br />

17 Vgl. LG Wuppertal, 1 0249/01, S. 7.<br />

,. VgL RGZ 90, 415, 417; BGH NJW 1967, 1020.<br />

19 So wie das unechte Factor<strong>in</strong>g, vgl. Obermüller, <strong>Insolvenz</strong>recht Ld. Barikeraxis,<br />

6. Auf!. 2002, Rdn. 7.74.<br />

20 Uberblick über die verschie<strong>de</strong>nen Theorien bei MünchKommlTho<strong>de</strong>,<br />

BGB, Bd. 2, 3. Aufl. 1994, § 305 Rdn. 45; PalandtlHe<strong>in</strong>richs, a.a.O.<br />

(Fn. 8), E<strong>in</strong>führung vor § 311 Rdn. 24.<br />

21 PalandtlHe<strong>in</strong>richs, a.a.O. (Fn. 8), E<strong>in</strong>führung vor § 311 Rdn. 24.<br />

22 BGHZ 2,333; BGH NJW 1981, 342; BGH WM 1994, 2280 = WuB 11 C.<br />

§ 32a GmbHG 2.95 v. Gerkan = NJW 1995, 326.<br />

23 Hat <strong><strong>de</strong>r</strong> Vertragslieferant sich das Eigentum an <strong>de</strong>n gelieferten Waren<br />

nicht wirksam vorbehalten, ist e<strong>in</strong>e Übernahme <strong>de</strong>s Delkre<strong><strong>de</strong>r</strong>e durch die<br />

Verbundgruppe rt:gelmäßig vertraglich ausgeschlossen.<br />

23a Verpflichtung zur Ubertragung ergibt sich auch analog §§ 774, 401 BGB,<br />

vgl. Pa/andtlSprau, a.a.O. (Fn. 8), § 774 Rdn. 9.<br />

24 Vgl. Schulte, <strong>in</strong>: ZenteslSwoboda, Perspektiven <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Zentralregulierung</strong>,<br />

2002, S. 63 f.<br />

25 Probleme ergeben sich, wenn Vertragslieferanten ihre Rechnungen nicht<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> verspätet bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbundgruppe mel<strong>de</strong>n. Die Verbundgruppe kann<br />

die ihr übertragenen Sicherungsrechte dann nicht mehr zeitnah beim<br />

Mitgliedsunternehmen bzw. <strong>Insolvenz</strong>verwalter durchsetzen. Nach <strong>de</strong>n<br />

meisten Verträgen führt dies zu e<strong>in</strong>em Ausschluss <strong><strong>de</strong>r</strong> Haftung.<br />

26 Vgl. Olesch, Das Kartellrecht <strong><strong>de</strong>r</strong> E<strong>in</strong>kaufszusammenschlüsse, 1983,<br />

S. 37, 47.

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