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Zentralregulierung in der Insolvenz - Zentralregulierungsrecht.de

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2364 Heeseler/Rossel, <strong>Zentralregulierung</strong> <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong> WM Heft 4912003<br />

gen und ist auch wegen ihrer Branchenkenntnis und ­<br />

kontakte für <strong>de</strong>n <strong>Insolvenz</strong>verwalter neben <strong>de</strong>n Kredit<strong>in</strong>stituten<br />

wichtiger Gesprächspartner für die Fortführung<br />

und Sanierung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>solventen Unternehmens.<br />

E. Die <strong>Insolvenz</strong> <strong>de</strong>s Vertragslieferanten<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong> <strong>de</strong>s Vertragslieferanten bestehen ke<strong>in</strong>e<br />

Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>heiten. Existieren noch nicht vollständig erfüllte<br />

gegenseitige Verträge und hat <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong>verwalter<br />

gemäß § 103 Abs. 1 InsO Erfüllung verlangt, hat<br />

er die Ware vertragsgemäß an das Mitgliedsunternehmen<br />

zu liefern. Die Verbundgruppe muss entsprechend<br />

an <strong>de</strong>n <strong>Insolvenz</strong>verwalter zahlen. Ansprüche auf Delkre<strong><strong>de</strong>r</strong>eprovision,<br />

die vor <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong> entstan<strong>de</strong>n s<strong>in</strong>d,<br />

können nach § 94 InsO mit <strong>de</strong>n For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>de</strong>s lieferanten<br />

aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit vor <strong>Insolvenz</strong> verrechnet wer<strong>de</strong>n.<br />

Fraglich ist <strong>in</strong><strong>de</strong>s, welches rechtliche Schicksal <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

ZR + D-Vertrag im Fall <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong>eröffnung über das<br />

Vermögen <strong>de</strong>s Vertragslieferanten nimmt. Wie unter C.<br />

I. 1. dargestellt ist, han<strong>de</strong>lt es sich beim ZR + D-Vertrag<br />

um e<strong>in</strong>en gemischttypischen Vertrag. Neben <strong>de</strong>n Elementen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Bürgschaft enthält dieser Vertrag auch Elemente<br />

e<strong>in</strong>es Geschäftsbesorgungsvertrags. Es stellt<br />

sich daher die Frage, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> ZR + D-Vertrag <strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong><br />

<strong>de</strong>s Vertragslieferanten nach § 116 InsO en<strong>de</strong>t<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> bis zu e<strong>in</strong>er Kündigung fortbesteht.<br />

Nach § 116 Abs. 1 InsO, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Rechtsfolge <strong>de</strong>s § 115<br />

InsO entsprechend anwen<strong>de</strong>t, erlischt e<strong>in</strong> Geschäftsbesorgungsvertrag<br />

mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Eröffnung <strong>de</strong>s <strong>Insolvenz</strong>verfahrens.<br />

Die Vorschrift soll sichern, dass die Verwaltung<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong>masse von <strong><strong>de</strong>r</strong> Eröffnung an alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>de</strong>n<br />

Hän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s <strong>Insolvenz</strong>verwalters liegP3. Geschäftsbesorgung<br />

im S<strong>in</strong>ne dieser Vorschrift ist, wie auch bei<br />

§ 675 BGB, die selbständige Wahrnehmung frem<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Vermögens<strong>in</strong>teressen34. Fraglich ist, ob die Verbundgruppe<br />

beim E<strong>in</strong>zug <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>de</strong>s Vertragslieferanten<br />

<strong>in</strong> frem<strong>de</strong>m Interesse tätig ist o<strong><strong>de</strong>r</strong> ob nicht<br />

durch die Delkre<strong><strong>de</strong>r</strong>eübernahme die Verbundgruppe<br />

eigene Vermögens<strong>in</strong>teressen wahrnimmt. Kommt es zu<br />

For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsausfällen beim Mitgliedsunternehmen, ist<br />

die Verbundgruppe aufgrund <strong>de</strong>s ZR + D-Vertrags verpflichtet,<br />

die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>de</strong>s Vertragslieferanten auszugleichen.<br />

E<strong>in</strong>e Rückgriffsmöglichkeit, wie etwa beim<br />

unechten Factor<strong>in</strong>g, besteht nicht. Die Verbundgruppe<br />

verfolgt daher beim For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungse<strong>in</strong>zug vordr<strong>in</strong>glich eigene<br />

Interessen, da For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungsausfälle nur sie, nicht<br />

aber <strong>de</strong>n Vertragslieferanten treffen. Die Übernahme<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Debitorenbuchführung durch die Verbundgruppe<br />

ist daher weniger e<strong>in</strong>e Angelegenheit <strong>de</strong>s Vertragslieferanten<br />

als vielmehr e<strong>in</strong>e Angelegenheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbundgruppe<br />

selbst. Die Verbundgruppe nimmt daher<br />

überwiegend eigene Interessen und ke<strong>in</strong>e frem<strong>de</strong>n<br />

Interessen LS.v. § 675 BGB wahr, so dass für § 116 InsO<br />

ke<strong>in</strong> Raum ist und die allgeme<strong>in</strong>e Vorschrift <strong>de</strong>s § 103<br />

InsO für <strong>de</strong>n ZR + D-Vertrag zur Anwendung kommt.<br />

Problematisch ist die Verrechnung von Gewährleistungs-<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> Bonusansprüchen e<strong>in</strong>es Mitgliedsunternehmens<br />

mit Ansprüchen <strong>de</strong>s <strong>in</strong>solventen Vertragslieferanten<br />

gegen e<strong>in</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>es Mitgliedsunternehmen. In<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong> <strong>de</strong>s Vertragslieferanten versucht die Verbundgruppe,<br />

sich durch die Saldierung aller For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Mitgliedsunternehmen auf<strong>de</strong>mbei ihr geführten<br />

Lieferantenkonto vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Notwendigkeit zu bewahren,<br />

die Gegenfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ung e<strong>in</strong>zeln im <strong>Insolvenz</strong>verfahren<br />

geltend machen zu müssen.<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Praxis wird von <strong>Insolvenz</strong>verwaltern die Ansicht<br />

vertreten, dass dies e<strong>in</strong>e Art <strong><strong>de</strong>r</strong> unzulässigen Kon-<br />

zernverreclmung sei35• Die sog. Konzernverrechnungsklausel<br />

ermöglicht e<strong>in</strong>e Drittaufrechnung ohne Rücksicht<br />

auf die Gegenseitigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen36. Sie<br />

kann <strong>in</strong> Individualvere<strong>in</strong>barungen wirksam vere<strong>in</strong>bart<br />

wer<strong>de</strong>n, ist <strong>in</strong> Allgeme<strong>in</strong>en Geschäftsbed<strong>in</strong>gungen<br />

allerd<strong>in</strong>gs umstritten. Der Vertragspartner <strong>de</strong>s Verwen<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

muss e<strong>in</strong><strong>de</strong>utig erkennen können, welche For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen<br />

welcher Unternehmen die Klausel e<strong>in</strong>beziehp7.<br />

Zum Teil wird die Wirksamkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Konzernverrechnungsklausel<br />

<strong>in</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong> generell abgelehnps. <strong>Insolvenz</strong>rechtlich<br />

wird sich das aufgrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Fassung<br />

<strong>de</strong>s § 94 InsO nicht mehr halten lassen39.Nach <strong>de</strong>m klaren<br />

Wortlaut <strong>de</strong>s § 94 Alt. 2 InsO s<strong>in</strong>d vorgreifliche Verrechnungsvere<strong>in</strong>barungen,<br />

wie Verrechnungs- o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Kontokorrentabre<strong>de</strong>n, die zu zwei- o<strong><strong>de</strong>r</strong> mehrseitigen<br />

automatischen Saldierungen e<strong>in</strong>zelner Rechnungsposten<br />

führen, zulässig. Trotz Be<strong>de</strong>nken im Schrifttum40<br />

ist dies zu befürworten, zumal als Ausgleich die Anfechtungsmöglichkeit<br />

verbleibt (z.B. wegen <strong>in</strong>kongruenter<br />

Deckung, § 131 InsO o<strong><strong>de</strong>r</strong> vorsätzlicher Gläubigerbenachteiligung,<br />

§ 133 InsO). Ansonsten wür<strong>de</strong><br />

die Verbundgruppe schlechter gestellt als e<strong>in</strong>e vergleichbare<br />

Bank, die ebenfalls <strong>in</strong> diesem Umfang verrechnen<br />

kann. Außer<strong>de</strong>m ist die Saldierung vor <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Insolvenz</strong><br />

zulässig und wird von <strong>de</strong>n Parteien als praktische<br />

Notwendigkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Zentralregulierung</strong> akzeptiert.<br />

F. Die <strong>Insolvenz</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbundgruppe und die sog.<br />

Doppelzahlungsverpflichtung<br />

In <strong>de</strong>n letzten Jahren haben die <strong>Insolvenz</strong>en von Verbundgruppen<br />

Aufsehen erregt41, obwohl o<strong><strong>de</strong>r</strong> gera<strong>de</strong><br />

weil die <strong>Zentralregulierung</strong> über 100 Jahre erfolgreich<br />

funktioniert hat und die Anzahl an <strong>Insolvenz</strong>en eher ger<strong>in</strong>g<br />

gewesen ist. Wichtigstes Problem <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

ist die sog. Doppelzahlung42• Die Frage<br />

lautet, ob e<strong>in</strong> Mitgliedsunternehmen, welches bereits<br />

an die Verbundgruppe gezahlt hat, im <strong>Insolvenz</strong>fall <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Verbundgruppe nochmals an <strong>de</strong>n VertragslieferanteniVerkäufer<br />

zahlen muss. Das kann <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall se<strong>in</strong>,<br />

wenn die Verbundgruppe zwar <strong>de</strong>n Betrag vom Mitgliedsunternehmen<br />

entgegengenommen, die Zahlung<br />

an <strong>de</strong>n Vertragslieferanten aber nicht mehr vor <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen<br />

<strong>Insolvenz</strong> ausgeführt hat43. Ke<strong>in</strong>e Doppelzahlungsverpflichtung<br />

besteht, wenn die Zahlung <strong>de</strong>s Mitgliedsunternehmens<br />

an die Verbundgruppe als schuldbefreiend,<br />

also als Erfüllung <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s lieferanten<br />

LS.d. § 362 BGB angesehen wer<strong>de</strong>n kann44.Es<br />

ist von großem wirtschaftlichen Interesse für die Beteiligten,<br />

wie diese Problematik rechtlich beurteilt und<br />

praktisch gelöst wer<strong>de</strong>n kann.<br />

33 Vgl. Begründung zum ReGE, BT-Drucks. 12/443, S. 151.<br />

34 Vgl. BGH WM 1988, 1755 = WuB VI A. § 667 BGB 1.89 Sturmhoebel =<br />

ZIP 1988,1474; Palandt/Thomas, BGB, 62. Aufl. 2003, § 675 Rdn. 3, 4.<br />

35 Wobei e<strong>in</strong> Konzern nicht vorliegt, da es ke<strong>in</strong>e gesellschaftsrechtlichen<br />

Verflechtungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Beteiligungen gibt.<br />

36 Vgl. Palandt/He<strong>in</strong>richs, a.a.O. (Fn. 8), § 387 Rdn. 22 m.w.N.<br />

37 Westermann, WM 1986, 2, 8.<br />

38 Vgl. Palandt/He<strong>in</strong>richs, a.a.O. (Fn. 8), § 387 Rdn. 22 m.w.N., mit Verweis<br />

auf § 96 Nr. 2 u. 31nsO analog; zur KO: BGHZ 81,17 = WM 1981, 144;<br />

OLG Köln BB 1995, 1870.<br />

39 Vgl. dazu Luscher/Renken-Röhrs, Z<strong>in</strong>sO 2002, 611 ff.<br />

40 Wittkowski, <strong>in</strong>: Nerlich/Römermann, InsO, 2000, § 94 Rdn.17 m.w.N.<br />

41 Z.B. Kaufr<strong>in</strong>g, SHE, Nürnberger Bund, DHS, Grozenta, ha<strong>de</strong>ka.<br />

42 Siehe Em<strong>de</strong>, ZfgG 1999, 176-182; Krel/zig, Der Verbund 1997, 16 ff.<br />

43 Die Doppelzahlungsproblematik ist auch im umgekehrten Verhältnis gegeben,<br />

wenn Vertragslieferanten die vere<strong>in</strong>barten Umsatzboni über die<br />

Verbundgruppe auszahlen (sofern <strong><strong>de</strong>r</strong> Anspruch <strong>de</strong>s Mitgliedsunternehmens<br />

direkt gegen <strong>de</strong>n Vertragslieferanten besteht).<br />

44 Im <strong>Insolvenz</strong>fall <strong><strong>de</strong>r</strong> Verbundgruppe s<strong>in</strong>d paradoxerweise die "schwachen"<br />

Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>, die e<strong>in</strong>e Krise mitverursachen, diejenigen, die davon am wenigsten<br />

getroffen wer<strong>de</strong>n. Sie haben im Zweifel noch nicht an die Verbundgruppe<br />

gezahlt und können nun - e<strong>in</strong>malig - an <strong>de</strong>n Lieferanten zahlen.

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