Wundheilungsphasen und deren Bedeutung
Wundheilungsphasen und deren Bedeutung
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| | | praxis<br />
Abb. 3: Kollagenbelastungeskurve<br />
Phase der Proliferation<br />
Die Proliferationsphase dauert vom 5. bis 21. Tag. Die Zahl der Entzündungszellen<br />
wird nun langsam abgebaut. Nach 14 Tagen fi ndet man nur noch Fibroblasten<br />
im neu gebildeten Gewebe, was das Ende der eigentlichen Entzündung anzeigt.<br />
Dies ist natürlich nicht der Fall, wenn sich der Patient nicht geschont hat <strong>und</strong><br />
dadurch das Gewebe ständig neu geschädigt wurde. Dann kann es sein, dass sich<br />
der Prozess immer noch in einer akuten Situation <strong>und</strong> damit in der Entzündungsphase<br />
befi ndet. Die ist erkennbar, wenn Bewegungen noch stark eingeschränkt<br />
<strong>und</strong> schmerzhaft sind.<br />
Häufi g besteht dieser Zustand auch, weil dauerhaft Eis angewendet wurde.<br />
Einerseits behindert die Vasokonstriktion, die durch das Eis verursacht wird, die<br />
W<strong>und</strong>heilung. Auf der an<strong>deren</strong> Seite wird durch das Eis die Aktivität der Schmerzrezeptoren<br />
herabgesetzt. Diese will vom Körper aber erhöht wer den, um rechtzeitig<br />
vor zu großen Belastungen zu warnen. Sind diese „Schutzmechanismen“ ausgeschaltet,<br />
kann die erneute Schädigung die Entzündungsphase verlängern.<br />
Darüber hinaus haben Forscher der Freien Universität Brüssel belegt, dass längere<br />
Eisanwendungen häufi g Ödeme verursachen, die durch die Schädigung der<br />
Wand der Lymphgefäße entstehen (Leduc 1979, Lievens 1984, Meeuwsen 1986).<br />
Da das Lymphgefäßsystem für die W<strong>und</strong>heilung von großer <strong>Bedeutung</strong> ist, sollte<br />
man eine Schädigung vermeiden <strong>und</strong> eine Eisanwendung sehr genau dosieren.<br />
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Das Hauptmerkmal der Proliferationsphase ist die Synthese von neuem Kollagengewebe.<br />
Die Fasern sind zu nächst sehr dünn <strong>und</strong> liegen eng aneinander.<br />
Wichtig ist, dass das Gewebe während dieser Phase der W<strong>und</strong>heilung seine normalen<br />
physiologischen Belastungsreize erhält, damit sich die Fasern von Anfang<br />
an richtig organisieren. Werden keine Reize gesetzt, ist die Organisation schlecht<br />
<strong>und</strong> die nachfolgende Umbauphase deutlich länger (Abb. 2).<br />
Die Produktion von Gr<strong>und</strong>substanz ist in dieser Zeit immer noch sehr gering.<br />
Das bedeutet, dass das Gewebe wenig elastisch <strong>und</strong> nur gering belastbar ist. Das<br />
ist auch der Gr<strong>und</strong>, warum häufi g die ärztlichen Entlastungsvorgaben auch noch<br />
für diese Phase bestehen. Wird hier aber weiterhin ent lastet <strong>und</strong> nicht bewegt, können<br />
sich die neu gebildeten Fasern nicht korrekt ausrichten <strong>und</strong> die anschließende<br />
Umbauphase dauert wesentlich länger. Außerdem ist dies eine Zeit, in der z.B. ein<br />
Bandscheibenpatient durch die fort geschrittene W<strong>und</strong>heilung weniger Schmerzen<br />
hat. Werden nun keinerlei physiologische Belastungsreize auf seine rupturierte<br />
Bandscheibe gesetzt, ist das neu gebildete Gewebe wesentlich schlechter <strong>und</strong><br />
eine erneute Verletzung mit sehr viel weniger Gewalteinwirkung wahrscheinlicher.<br />
Viele Patienten setzen sich nach wenigen Wochen wieder üblichen Alltagssituationen<br />
aus, ohne sich bewusst zu sein, dass mit dem Nachlassen der Schmerzen<br />
noch nicht die alte Belastbarkeit wieder hergestellt ist, was nur durch ein gezieltes<br />
Training im sog. „Matrixbereich“ (siehe Abbildung 3: Zone A) möglich ist.<br />
Physiotherapie med 1 | 2003 | |