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Schein als Sein - BRLV

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Als nicht nur nicht nachvollziehbar, sondern <strong>als</strong> Zumutung<br />

muss empfunden werden, dass die seit Jahren<br />

überfällige Umsetzung der vollen Stundentafel mit<br />

30 Wochenstunden in Jahrgangsstufe 5 und 6 seitens<br />

des Finanzministeriums weiterhin <strong>als</strong> „Verbesserung“<br />

für Re<strong>als</strong>chulen gesehen wird. Und Verbesserungen<br />

werden nicht finanziert, gibt das Finanzministerium<br />

zu verstehen. Erneut fragen wir nach dem<br />

Selbstverständnis bayerischer Bildungspolitik, wenn<br />

bereits Grundforderungen wie die volle Erfüllung der<br />

Stundentafel einer Schulart zur Disposition stehen.<br />

Vielleicht sollte man an dieser Stelle wieder daran erinnern,<br />

dass es mehrere Möglichkeiten gibt, das Schulsystem<br />

eines Bundeslandes zu kippen. Sie reichen<br />

von der Freigabe des Elternwillens, über die Vereinheitlichung<br />

der Schulaufsicht oder der Zusammenlegung<br />

von Schularten bis hin zum „Austrocknen einer<br />

Schulart“, d.h. die sehr viel schlechtere Versorgung<br />

einer Schulart gegenüber anderen, so nach dem Motto<br />

„Schaffen wir gute Sonderbedingungen für die Kooperationsmodelle,<br />

wird die Attraktivität der anderen Re<strong>als</strong>chulen<br />

geringer“.<br />

Seit vielen Jahren lautet das Credo des brlv: „Wir<br />

brauchen Stellen statt Mittel“. Begründet war dies<br />

durch die Tatsache, dass man zwar – um die Personalquote<br />

im Freistaat Bayern insgesamt nicht weiter<br />

zu erhöhen – Geldmittel für die Beschäftigung von Re<strong>als</strong>chullehrkräften<br />

bereitgestellt hat, im Gegenzug dazu<br />

aber keine echten Planstellen schaffen musste. Wie<br />

selbstverständlich traf es wiederum ganz wesentlich<br />

die Bayerische Re<strong>als</strong>chule. So entstand an dieser<br />

Schulart der höchste Anteil an unbefristeten Angestelltenverträgen.<br />

Von diesen ca. 500 Verträgen kann<br />

nun – trotz fester Zusagen – nur ein Teil in Planstellen<br />

umgewandelt werden. Der Rest ist offen. Eine<br />

noch problematischere Perspektive ergibt sich bei der<br />

Schulpsychologie. Der geforderte Stundenpool mit zunächst<br />

zusätzlichen zwei Anrechnungsstunden je<br />

Schule ist nach dem Haushaltsentwurf weiterhin nicht<br />

realisierbar. Dringende schulpsychologische Fälle können<br />

nicht mehr bearbeitet werden. In einigen Bezirken<br />

erhalten Eltern keine Termine mehr, weil die Schulpsychologen<br />

– vor allem wegen der Legasthenie-Gutachten<br />

– völlig überlastet sind. Selbst ihre Freizeit<br />

reicht nicht mehr aus, die Problemfälle zu bedienen.<br />

In diese schwierige Lage kommen nun Meldungen zu<br />

einer weiteren Aufweichung der Übertrittsbedingungen,<br />

zu verstärkten Förderkursen in der Jahrgangsstufe<br />

5 und zu Kooperationsmodellen im Ganztagsschulbetrieb.<br />

Werden alle diese Neuerungen umgesetzt,<br />

dann benötigt die Re<strong>als</strong>chule hunderte von zusätzlichen<br />

Planstellen, um die Schülermehrung von<br />

ca. 2 000 je Jahrgang bewältigen, die Intensivierungskurse<br />

anbieten und den Ganztagsschulbetrieb zumindest<br />

bei den Re<strong>als</strong>chulen in den Kooperationsmodellen<br />

aufnehmen zu können. Die Analyse des Haushaltsentwurfs<br />

ergibt, dass für diese drei neuen Ideen mit<br />

starkem Einfluss auf die Lehrerversorgung nicht eine<br />

einzige Planstelle vorgesehen ist. Und hinzu kommt,<br />

dass spätestens im Haushaltsjahr 2011 aufgrund<br />

der Finanzkrise und der Steuerentwicklung kaum noch<br />

Spielraum für die Beseitigung der enormen Defizite<br />

in der Versorgung der Re<strong>als</strong>chulen sein wird.<br />

Der Bayerische Re<strong>als</strong>chullehrerverband stellt nochm<strong>als</strong><br />

klar, dass bei den Re<strong>als</strong>chulen die Belastungsgrenze<br />

seit Jahren eindeutig überschritten ist und<br />

keinerlei Reserven mehr vorhanden sind. Die Re<strong>als</strong>chule<br />

ist ausgequetscht wie eine Zitrone und die<br />

Lehrkräfte sind mittlerweile nicht nur sauer, sie sind<br />

ungehalten ob der außerordentlich schlechten Perspektiven<br />

für Verbesserungen. Sie werden es keinesfalls<br />

akzeptieren, dass man jetzt die nicht vorhandenen<br />

Steuermittel für fragwürdige Experimente nutzt<br />

und dabei gar das Ziel „Keine Klasse über 30 Schüler“<br />

aufgibt. Für dieses Ziel haben wir fünf Jahre gekämpft.<br />

Es darf nicht leichtfertig der Erfüllung von Koalitionsvereinbarungen<br />

geopfert werden.<br />

Lediglich eine leichte Verbesserung ergibt sich bei<br />

den Beförderungsmöglichkeiten für Re<strong>als</strong>chullehrkräfte.<br />

Diese nehmen im Re<strong>als</strong>chulbereich von einer<br />

Quote von gut 14 % im Jahr 2009 auf dann knapp<br />

35 % zu. Zur Verdeutlichung: An den Re<strong>als</strong>chulen<br />

gab es bisher nur Beförderungsmöglichkeiten für Mitglieder<br />

der Schulleitungen, <strong>als</strong>o für die Schulaufsicht<br />

sowie für einige Seminar- und Beratungsrektoren. Somit<br />

hatten bisher ca. 14 % unserer Kolleginnen und<br />

Kollegen eine Perspektive, befördert werden zu können.<br />

So erklärt sich der Ausdruck „Laufstall“. Diese<br />

Quote steigt mit den 1.750 Beförderungen nach<br />

A13+AZ und zusätzlichen 120 Stellenhebungen für<br />

Seminarrektoren mit dem Haushaltsjahr 2010 auf<br />

ca. 35 % der Lehrkräfte. Unser Ziel wird weiterhin<br />

sein, einen Stellenkegel von ca. 66 % zu verwirklichen,<br />

so wie dieser bei anderen Lehrergruppen seit Jahrzehnten<br />

eine Selbstverständlichkeit ist. Deshalb fordern<br />

wir die „Mittlere Führungs- und Verantwortungsebene“,<br />

die an den MODUS-F-Schulen gegenwärtig –<br />

an den Re<strong>als</strong>chulen zumal – mit sehr großem Erfolg<br />

erprobt wird.<br />

Mit dem Haushaltsentwurf 2009/2010 stellen wir<br />

erneut ein großes Missverhältnis in der Ausstattung<br />

der verschiedenen Schularten fest. Die Re<strong>als</strong>chule ist<br />

weiterhin das Sparschwein bayerischer Bildungspolitik,<br />

das selbst noch mit der Lehrerausbildung die eigene<br />

Schulart mitfinanziert. Andererseits bringt diese<br />

Schulart beste Ergebnisse und sie ist wohl die effektivste<br />

Schulart weit über die Landesgrenzen hinweg.<br />

Für sie gilt tatsächlich „Mehr <strong>Sein</strong> <strong>als</strong> <strong>Schein</strong>“; für den<br />

Haushalt jedoch gilt: „Mehr <strong>Schein</strong> <strong>als</strong> <strong>Sein</strong>“.<br />

Anton Huber, Vorsitzender<br />

brlv 2-09<br />

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