59. Winterfortbildungskongress - Zahnärztekammer Niedersachsen
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Berufsständisches<br />
Berufsrecht<br />
Vergütung fachfremd erbrachter Leistungen:<br />
Juristen sehen neue Chancen<br />
Das Bundesverfassungsgericht<br />
entschied,<br />
dass es keine Rechtfertigung<br />
dafür gibt,<br />
fachfremde ärztliche<br />
Tätigkeiten generell<br />
auszuschließen, wenn<br />
sie nur im Einzelfall<br />
oder in geringem Umfang<br />
erbracht werden<br />
Das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich zu den berufsrechtlichen<br />
Verboten, außerhalb des eigenen Facharztgebietes tätig zu<br />
sein, Stellung genommen – und kam zu dem Ergebnis, dass Ärzte<br />
auch außerhalb ihres Fachgebietes tätig sein dürfen<br />
Neben den berufsrechtlichen<br />
Auswirkungen hat<br />
der Beschluss aber vor allem<br />
Auswirkungen auf<br />
das ärztliche Vergütungsrecht,<br />
glauben Juristen.<br />
Gegenstand des Gerichtsverfahrens<br />
war ein vom Hamburgischen Berufsgericht<br />
für Heilberufe erteilter Verweis<br />
und eine Geldbuße, weil ein Facharzt<br />
für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie<br />
nicht nur in seiner eigenen Facharztpraxis<br />
3600 Operationsleistungen im<br />
Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich erbracht<br />
hatte, sondern darüber hinaus<br />
noch in einer Klinik 400 bis 500 mal<br />
pro Jahr Schönheitsoperationen, wie<br />
das Einsetzen von Brustimplantaten<br />
sowie Bauch- und Oberarmstraffungen,<br />
durchgeführt hatte.<br />
Das Bundesverfassungsgericht entschied,<br />
dass es keine Rechtfertigung<br />
dafür gibt, fachfremde ärztliche Tätigkeiten<br />
generell auszuschließen, wenn<br />
260 · ZKN MitteiluNgeN 5 | 2011<br />
sie nur im Einzelfall oder in geringem<br />
Umfang erbracht werden. »Das Bundesverfassungsgericht<br />
hat eindeutig<br />
klargestellt, dass die Qualität ärztlicher<br />
Tätigkeit durch die Approbation sichergestellt<br />
ist« erklärt Marc Sendowski,<br />
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht<br />
aus Leipzig, in einer aktuellen<br />
Stellungnahme. Ȇber das Vorliegen<br />
der Approbation hinaus hat jeder<br />
Arzt lediglich im Einzelfall zu prüfen,<br />
ob er aufgrund seiner Fähigkeiten und<br />
der sonstigen Umstände in der Lage ist,<br />
seinen Patient nach den Regeln der<br />
ärztlichen Kunst zu behandeln.«<br />
Ausschließlich fachfremd dürften<br />
Ärzte ihre Leistungen allerdings auch<br />
nach der aktuellen Entscheidung nicht<br />
erbringen. Das Bundesverfassungsgericht<br />
habe sich lediglich damit beschäftigt,<br />
ob eine fachfremde ärztliche Tätigkeit<br />
im Umfang von ca. fünf Prozent<br />
zulässig ist, gibt Dr. Erik Hahn aus, wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter am Lehr-<br />
foto: istockpHoto<br />
stuhl für Arztrecht der Universität<br />
Leipzig, zu bedenken. »Ob dies auch für<br />
fachfremde ärztliche Tätigkeiten in etwas<br />
größerem Umfang gilt, ließ das<br />
Bundesverfassungsgericht offen« so<br />
Hahn weiter.<br />
Neben den berufsrechtlichen Konsequenzen<br />
der Entscheidung, gebe es<br />
auch Auswirkungen im Vergütungsrecht<br />
der Ärzte. »Die Auffassung, dass<br />
fachfremd erbrachte Leistungen generell<br />
nicht vergütungsfähig sind, lässt<br />
sich jetzt nicht mehr aufrechterhalten«,<br />
meint Sendowski. »Im Hinblick<br />
auf die Vergütung wurde immer auf<br />
das Berufsrecht verwiesen, wonach<br />
fachfremde ärztliche Leistungen<br />
scheinbar untersagt waren«, betont<br />
auch Hahn. »Da nach der Entscheidung<br />
des Bundesverfassungsgerichts die Erbringung<br />
fachfremder ärztlicher Leistungen<br />
zumindest in Grenzen berufsrechtlich<br />
zulässig ist, besteht zumindest<br />
im privatärztlichen Bereich kein<br />
Grund mehr, diesen Leistungen die<br />
Vergütungsfähigkeit zu versagen.«<br />
Rechtsanwalt Sendowski weist darauf<br />
hin, dass auch auf die mangelnde<br />
Qualität nicht mehr abgestellt werden<br />
könne, da das Bundesverfassungsgericht<br />
eindeutig klargestellt habe, dass<br />
die Qualität ärztlicher Leistungen<br />
grundsätzlich durch die Approbation<br />
sichergestellt ist.<br />
Allerdings habe die Entscheidung<br />
des Bundesverfassungsgerichts keine<br />
Auswirkungen auf die vertragsärztliche<br />
Vergütung. Hier bleibe es dabei,<br />
dass fachfremd erbrachte vertragsärztliche<br />
Leistungen in der Regel nicht<br />
vergütungsfähig sind. Im Hinblick auf<br />
den vertragsärztlichen Bereich habe<br />
das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich<br />
darauf hingewiesen, dass<br />
dort zusätzliche Beschränkungen erlaubt<br />
seien, um die Wirtschaftlichkeit<br />
der Versorgung sicherzustellen.<br />
www.facharzt.de, 19.4.2011 l