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Offenlegung von Beteiligungen im Falle eines ... - Lenz & Staehelin

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Peter Max Gutzwiller / Patrick Schleiffer*<br />

<strong>Offenlegung</strong> <strong>von</strong> <strong>Beteiligungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Falle</strong><br />

<strong>eines</strong> Trusts (Trustees) als Aktionär<br />

Inhaltsübersicht<br />

I. Anlass, Fragestellung<br />

II. Grundzüge der <strong>Offenlegung</strong>spflicht<br />

III. Aspekte des Trustrechtes<br />

1. Rechtsnatur des Trusts<br />

2. Die beteiligten Personen<br />

3. Die Ausübung des St<strong>im</strong>mrechtes an Aktien<br />

<strong>im</strong> Trustvermögen<br />

IV. Zur <strong>Offenlegung</strong> be<strong>im</strong> Trust als Aktionär<br />

1. Vertikale Zurechnung<br />

1.1 <strong>Offenlegung</strong> des Trusts?<br />

1.2 <strong>Offenlegung</strong> des Trustees?<br />

1.3 <strong>Offenlegung</strong> des Aktionärs der Trustgesellschaft?<br />

1.4 Schlussfolgerungen<br />

1.5 Ausnahmen<br />

2. Horizontale Zurechnung<br />

I. Anlass, Fragestellung<br />

Präzisiert durch die Ausführungen in Art. 9 ff. der Verordnung<br />

der Eidgenössischen Bankenkommission über<br />

die Börsen und den Effektenhandel (BEHV-EBK) 1 stipulieren<br />

die Art. 20 f. des Bundesgesetzes über die Börsen<br />

und den Effektenhandel (BEHG) 2 die <strong>Offenlegung</strong><br />

<strong>von</strong> <strong>Beteiligungen</strong> gewissen Umfangs. Mehrere Publikationen<br />

haben sich der Auslegung dieser Best<strong>im</strong>mungen<br />

angenommen 3 ; der Trust (bzw. Trustee) als direkter<br />

oder indirekter Aktionär wurde bisher nur vereinzelt<br />

behandelt 4 .<br />

* Dr. Peter Max Gutzwiller, LL.M., TEP, und Dr. Patrick Schleiffer,<br />

M.C.J., Rechtsanwälte, <strong>Lenz</strong> & <strong>Staehelin</strong>, Zürich. Die Verfasser<br />

danken Frau lic. iur. Lara Bulteel für ihre Mitarbeit an diesem<br />

Aufsatz.<br />

1 SR 954.193.<br />

2 SR 954.1.<br />

3 Insbesondere Christian Meier-Schatz, in: Hertig/Meier-<br />

Schatz/Roth/Roth/Zobl, Kommentar zum Bundesgesetz über die<br />

Börsen und den Effektenhandel, Zürich 2000, Art. 20; Susanne<br />

Mettier, <strong>Offenlegung</strong> <strong>von</strong> <strong>Beteiligungen</strong> <strong>im</strong> Börsengesetz, Diss.<br />

Zürich 1999 (= SSB 52); Alain P. Röthlisberger, <strong>Offenlegung</strong><br />

der Beteiligungsverhältnisse bei Publikumsgesellschaften, Diss.<br />

Bern 1998 (= ASR 612).<br />

4 Meier-Schatz (FN 3), Art. 20 N 160; Jahresbericht 2000 der<br />

<strong>Offenlegung</strong>sstelle der SWX Swiss Exchange («<strong>Offenlegung</strong>sstelle<br />

SWX»), Ziff. 3.1.3.8 und Jahresbericht 2003 der <strong>Offenlegung</strong>sstelle<br />

SWX, Ziff. 3.2.4; Mettier (FN 3), 160.<br />

GesKR 1 2007<br />

Nachdem in der Wintersession der Eidgenössischen<br />

Räte nach dem Ständerat nun auch der Nationalrat der<br />

Ratifikation des Haager Übereinkommens vom 1. Juli<br />

1985 über das auf Trusts anzuwendende Recht und über<br />

ihre Anerkennung («HTÜ» oder «Übereinkommen»)<br />

und dem Bundesbeschluss mit der entsprechenden<br />

Umsetzungsgesetzgebung 5 zugest<strong>im</strong>mt hat, die voraussichtlich<br />

<strong>im</strong> Sommer 2007 in Kraft treten, werden<br />

ausländisch-rechtliche Trusts nicht mehr wie bisher indirekt<br />

als «organisierte Vermögenseinheit» (d.h. als Gesellschaft)<br />

6 anerkannt, sondern unmittelbar als Trusts.<br />

Es besteht deshalb Grund, sich der Stellung <strong>von</strong> Trust<br />

bzw. Trustee 7 als Aktionäre <strong>im</strong> Rahmen <strong>von</strong> Art. 20 f.<br />

BEHG anzunehmen.<br />

Dabei stehen <strong>im</strong> Vordergrund:<br />

Im Sinne der «vertikalen Zurechnung» die Fragen:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Wer ist offenlegungspflichtig, wenn eine Beteiligung<br />

zum Trustvermögen gehört?<br />

Wer ist offenlegungspflichtig, wenn eine Beteiligung<br />

zum Vermögen einer in- oder ausländischen Gesellschaft<br />

(sog. «Underlying Company») gehört, deren<br />

Aktien in einem für eine st<strong>im</strong>menmässige Kontrolle<br />

genügenden Umfang zum Trustvermögen gehört?<br />

Wer ist offenlegungspflichtig, wenn der Trustee in<br />

einem der beiden genannten Fälle eine in- oder ausländische<br />

Gesellschaft ist?<br />

Und <strong>im</strong> Sinne der «horizontalen Zurechnung» die Frage:<br />

•<br />

Erfolgt eine Zusammenrechnung (d.h. besteht eine<br />

«Gruppe» <strong>im</strong> Sinne <strong>von</strong> Art. 20 Abs. 3 BEHG) wenn<br />

5 Botschaft des Bundesrates zur Genehmigung und Umsetzung des<br />

Haager Übereinkommens über das auf Trusts anwendbare Recht<br />

und über ihre Anerkennung, Nr. 05.088 vom 2. Dezember 2005,<br />

BBl. 2006, S. 551 ff.; Bundesbeschluss mit Text der Umsetzungs-<br />

Gesetzgebung, BBl. 2006, S. 613 ff. Siehe dazu Peter Max Gutzwiller,<br />

Schweizerisches Internationales Trustrecht, Kommentar<br />

zum Haager Trust Übereinkommen (etc.), Basel 2007.<br />

6 Art. 150 Abs. 1 IPRG.<br />

7 Zum sprachlichen Dualismus siehe Ziff. IV.1.1 und Sir arthur<br />

Underhill/David J. Hayton, Law Relating to Trusts and<br />

Trustees, 16. Aufl., London 2003, 36.<br />

61<br />

Aufsätze Kurzbeiträge


62<br />

Kurzbeiträge<br />

GesKR 1 2007<br />

Peter Max Gutzwiller /Patrick Schleiffer – <strong>Offenlegung</strong> <strong>von</strong> <strong>Beteiligungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Falle</strong> <strong>eines</strong> Trusts (Trustees) als Aktionär<br />

<strong>Beteiligungen</strong> an derselben Gesellschaft zum Vermögen<br />

mehrerer Trusts mit gemeinsamem Trustee<br />

gehören?<br />

Die folgenden Ausführungen gehen da<strong>von</strong> aus, dass die<br />

grundlegenden Voraussetzungen <strong>von</strong> Art. 20 BEHG erfüllt<br />

sind, d.h.<br />

•<br />

•<br />

dass es sich bei den betreffenden <strong>Beteiligungen</strong> um<br />

Aktien einer Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz<br />

handelt, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise<br />

in der Schweiz kotiert sind, und<br />

dass durch den Erwerb oder die Veräusserung <strong>von</strong><br />

Aktien einer der offenlegungspflichtigen Grenzwerte<br />

erreicht, unter- oder überschritten wird.<br />

Bevor wir uns der Beantwortung der gestellten Fragen<br />

zuwenden, werden zunächst die Grundzüge der <strong>Offenlegung</strong>spflicht<br />

(Ziff. II.) und allgemeine Aspekte des<br />

Trustrechtes (Ziff. III.) behandelt, soweit diese <strong>im</strong> Rahmen<br />

des Themas relevant sind.<br />

II. Grundzüge der <strong>Offenlegung</strong>spflicht<br />

Die Pflicht zur <strong>Offenlegung</strong> <strong>von</strong> <strong>Beteiligungen</strong> ist in<br />

Art. 20 und 21 BEHG geregelt und auf Verordnungsstufe<br />

in Art. 9–23 BEHV-EBK präzisiert. Art. 20<br />

BEHG regelt die Meldepflicht des Erwerbers bzw. Veräusserers<br />

<strong>von</strong> offenlegungspflichtigen Beteiligungsveränderungen,<br />

Art. 21 BEHG die Veröffentlichungs- bzw.<br />

Informationspflicht der Gesellschaft, deren meldepflichtige<br />

Titel erworben bzw. veräussert werden. Die<br />

Meldepflicht besteht unabhängig <strong>von</strong> Nationalität und<br />

Wohnsitz bzw. Sitz der meldepflichtigen Person 8 .<br />

Art. 20 Abs. 1 BEHG schreibt vor, dass derjenige, welcher<br />

direkt, indirekt oder in gemeinsamer Absprache<br />

mit Dritten Aktien einer Gesellschaft mit Sitz in der<br />

Schweiz, deren Beteiligungspapiere mindestens teilweise<br />

in der Schweiz kotiert sind 9 , für eigene Rechnung erwirbt<br />

oder veräussert und dadurch den Grenzwert <strong>von</strong><br />

5, 10, 20, 33 1 / 3 , 50 oder 66 2 / 3 Prozent der St<strong>im</strong>mrechte,<br />

ob ausübbar oder nicht, erreicht, unter- oder überschreitet,<br />

dies der Gesellschaft und den Börsen, an denen die<br />

8 Meier-Schatz (FN 3), Art. 20 N 172 ff.; Patrick Schleiffer,<br />

<strong>Offenlegung</strong>s- und übernahmerechtliche Aspekte bei Kapitalmarkttransaktionen,<br />

in: Reutter/Watter/Werlen, Kapitalmarkttransaktionen,<br />

Zürich 2006, 129; Rolf H. Weber, in: Vogt/<br />

Watter, Kommentar zum schweizerischen Kapitalmarktrecht,<br />

Basel/Genf/München 1999, Art. 20 BEHG N 83.<br />

9 Da die an der virt-x gehandelten Aktien schweizerischer Gesellschaften<br />

an der SWX kotiert bleiben (entweder <strong>im</strong> Hauptsegment<br />

der SWX, falls die Aktien <strong>im</strong> UK Exchange Regulated Market<br />

Segment der virt-x gehandelt werden, oder <strong>im</strong> «EU-kompatiblen»<br />

Segment der SWX, falls die Aktien <strong>im</strong> EU Regulated Market Segment<br />

der virt-x gehandelt werden), finden die <strong>Offenlegung</strong>svorschriften<br />

<strong>von</strong> Art. 20 f. BEHG auch auf Schweizer Gesellschaften<br />

Anwendung, deren Aktien an der virt-x gehandelt werden. Vgl.<br />

hierzu Schleiffer (FN 8), 129, mit weiteren Hinweisen.<br />

Beteiligungspapiere kotiert sind, melden muss 10 . Die<br />

Meldung an die Börse und an die Gesellschaft hat innert<br />

vier Börsentagen nach Entstehen der Meldepflicht 11 zu<br />

erfolgen 12 . Die Gesellschaft muss die ihr zugegangene<br />

Meldung innert zwei Börsentagen sowohl <strong>im</strong> Schweizerischen<br />

Handelsamtsblatt (SHAB) als auch in mindestens<br />

einem der bedeutenden elektronischen Medien, die<br />

Börseninformationen verbreiten, veröffentlichen 13 .<br />

Die <strong>Offenlegung</strong>sregeln <strong>von</strong> Art. 20 f. BEHG verfolgen<br />

<strong>im</strong> Wesentlichen zwei Ziele: Zum einen sollen sie<br />

Transparenz schaffen und den Anlegern den Zugang zu<br />

Informationen über die Veränderung <strong>von</strong> bedeutenden<br />

<strong>Beteiligungen</strong> ermöglichen, welche die Kursentwicklung<br />

potentiell beeinflussen können. Zum anderen sollen<br />

sie <strong>im</strong> Sinne <strong>eines</strong> Frühwarnsystems den Übernahmeinteressenten<br />

bei schrittweisen Zukäufen zwingen,<br />

seine Absichten frühzeitig offen zu legen 14 .<br />

Nach Art. 20 Abs. 1 BEHG untersteht neben dem direkten<br />

Erwerb bzw. der direkten Veräusserung auch<br />

der indirekte Erwerb oder die indirekte Veräusserung<br />

der Meldepflicht, bei denen die formelle und die wirtschaftliche<br />

Berechtigung an den Beteiligungspapieren<br />

auseinander fallen. In Art. 9 Abs. 1 BEHV-EBK wird<br />

der jeweils wirtschaftlich Berechtigte zum melderechtlich<br />

Verpflichteten erklärt, womit klargestellt wird,<br />

dass es bei der <strong>Offenlegung</strong>spflicht um die <strong>Offenlegung</strong><br />

der tatsächlichen Kontrollverhältnisse bei einer Gesellschaft<br />

geht 15 . Aus Art. 9 Abs. 1 BEHV-EBK kann<br />

ferner abgeleitet werden, dass lediglich der wirtschaftlich<br />

berechtigte Erwerber oder Veräusserer <strong>von</strong> Beteiligungspapieren<br />

offenlegungspflichtig ist; der formelle<br />

Halter ist nicht Subjekt der <strong>Offenlegung</strong>spflicht 16 . Allerdings<br />

ist <strong>im</strong> Rahmen der <strong>Offenlegung</strong>smeldung auch<br />

die Rechtsbeziehung zwischen dem wirtschaftlich Berechtigten<br />

und dem formellen Erwerber bzw. Veräusserer<br />

offen zu legen 17 .<br />

Als indirekter Erwerb bzw. indirekte Veräusserung<br />

gelten gemäss Art. 9 Abs. 3 BEHV-EBK der Erwerb<br />

bzw. die Veräusserung über einen rechtlich <strong>im</strong> eigenen<br />

Namen auftretenden Dritten, der auf Rechnung des<br />

10 Zur Berechnung der Grenzwerte vgl. Schleiffer (FN 8), 130 ff.<br />

11 Massgebend ist gemäss Art. 10 Abs. 1 BEHV-EBK der Abschluss<br />

des Verpflichtungsgeschäfts, nicht der Zeitpunkt des Vollzugs.<br />

12 Art. 18 Abs. 1 BEHV-EBK.<br />

13 Art. 20 BEHG und Art. 19 Abs. 1 BEHV-EBK.<br />

14 Vgl. statt vieler Georg G. Gotschev, Koordiniertes Aktionärsverhalten<br />

<strong>im</strong> Börsenrecht – Eine ökonomische und rechtsvergleichende<br />

Analyse der organisierten Gruppe gemäss Börsengesetz,<br />

Diss. Zürich 2005 (= SSHW 240), § 2 N 240; Mettier<br />

(FN 3), 38 ff.; Peter Nobel, Schweizerisches Finanzmarktrecht,<br />

2. Aufl., Bern 2004, § 11 N 250; Schleiffer (FN 8), 130; Dieter<br />

Zobl/Stefan Kramer, Schweizerisches Kapitalmarktrecht, Zürich<br />

2004, § 3 N 341.<br />

15 Meier-Schatz (FN 3), Art. 20 N 65 und 175.<br />

16 Meier-Schatz (FN 3), Art. 20 N 65, 183 und 194.<br />

17 Art. 17 Abs. 2 BEHV-EBK.


Peter Max Gutzwiller /Patrick Schleiffer – <strong>Offenlegung</strong> <strong>von</strong> <strong>Beteiligungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Falle</strong> <strong>eines</strong> Trusts (Trustees) als Aktionär GesKR 1 2007<br />

wirtschaftlich Berechtigten handelt. Damit werden vor<br />

allem Rechtsverhältnisse angesprochen, deren Grundlage<br />

ein Treuhandvertrag mit einem Weisungsrecht des<br />

wirtschaftlich berechtigten Treugebers gegenüber dem<br />

formellen Eigentümer und Treuhänder bildet 18 . Als indirekte<br />

Erwerbs- bzw. Veräusserungstransaktion wird<br />

ausserdem der Erwerb bzw. die Veräusserung durch<br />

direkt oder indirekt (d.h. über eine oder mehrere Stufen)<br />

beherrschte juristische Personen behandelt (Art. 9<br />

Abs. 3 lit. b und c BEHV-EBK).<br />

Schliesslich stellt Art. 9 Abs. 3 lit. d BEHV-EBK <strong>im</strong><br />

Sinne <strong>eines</strong> Auffangtatbestands alle anderen Vorgänge<br />

einer indirekten Erwerbs- bzw. Veräusserungstransaktion<br />

gleich, die <strong>im</strong> Ergebnis das St<strong>im</strong>mrecht über die Beteiligungspapiere<br />

vermitteln können. Nach allgemeiner<br />

Auffassung greift diese Best<strong>im</strong>mung jedoch nur, wenn<br />

das St<strong>im</strong>mrecht durch den indirekten Erwerber nach<br />

seinem freien Ermessen ausgeübt werden kann, weil nur<br />

dann eine Kontrolle über die St<strong>im</strong>mrechte und damit<br />

die Einflussnahme auf die Geschicke der Gesellschaft<br />

möglich ist 19 .<br />

III. Aspekte des Trustrechtes<br />

1. Rechtsnatur des Trusts<br />

Der Trust <strong>im</strong> Sinne des common law und <strong>von</strong> Art. 2 des<br />

Übereinkommens bzw. Art. 149a rev. IPRG 20 ist – wir<br />

gestatten uns eine <strong>im</strong> Rahmen der vorliegenden Untersuchung<br />

erlaubte Vereinfachung – ein auf einem besonderen<br />

Rechtsverhältnis beruhendes Sondervermögen 21<br />

innerhalb des Vermögens des Trustees, das dieser zu<br />

Gunsten des Begünstigten hält, verwaltet und verwendet.<br />

Der Trust ist keine Rechtsperson 22 . Er ist nicht prozessfähig;<br />

Prozesse werden aktiv und passiv vom Trustee<br />

geführt, nicht als Vertreter des Trusts, sondern <strong>im</strong> eigenen<br />

Namen 23 .<br />

18 Gotschev (FN 14), § 2 N 346; Meier-Schatz (FN 3), Art. 20<br />

N 71; Mettier (FN 3), 110.<br />

19 Gotschev (FN 14), § 2 N 357. Vgl. auch Meier-Schatz (FN 3),<br />

Art. 20 N 95.<br />

20 Vgl. zum Folgenden statt vieler die massgeblichen Darstellungen<br />

in den Standardwerken Underhill/Hayton (FN 7), 3 ff.;<br />

David J. Hayton, The Law of Trusts, 4. Aufl., London 2003,<br />

3 ff. Überdies aus zivilistischer Sicht Gutzwiller (FN 5), Allgemeine<br />

Einleitung, N 9 ff., und Kommentar zu Art. 2 des Haager<br />

Trust Übereinkommens und Art. 149a rev. IPRG.<br />

21 Underhill/Hayton (FN 7), S. 36 f., 76 f. et pass<strong>im</strong>; Hayton<br />

(FN 20), 16, 42; weitere Literaturhinweise bei Gutzwiller<br />

(FN 5), N 2–28 ff.<br />

22 Für Hayton (FN 20), 3, ist es geradezu zwingend, dass der Trust<br />

keine juristische Person ist; Underhill/Hayton (FN 7), 1014,<br />

FN 7.<br />

23 Gutzwiller (FN 5), N 11–16 ff.<br />

Die Aktiven und Passiven des Trusts sind jedoch nicht<br />

Aktiven und Passiven in der Vermögensaufstellung bzw.<br />

Bilanz des Trustees; sie bilden einen spezifischen Vermögenskomplex,<br />

der z.B. gemäss Art. 284a rev. SchKG<br />

der eigenständigen Konkursbetreibung bzw. <strong>im</strong> Sinne<br />

<strong>von</strong> Art. 284b rev. SchKG <strong>im</strong> Konkurs des Trustees der<br />

Aussonderung unterliegt.<br />

2. Die beteiligten Personen<br />

Der Trust wird durch einseitigen Rechtsakt 24 des Settlors<br />

25 geschaffen, schriftlich, mündlich oder durch konkludentes<br />

Handeln. Die be<strong>im</strong> rechtsgeschäftlich errichteten<br />

«express trust» 26 übliche Schriftform dient nicht<br />

der Gültigkeit des Trusts, sondern dessen Nachweis 27 .<br />

Der Settlor kann sich einzelne Kompetenzen vorbehalten;<br />

deren einschneidendste ist das Recht zum Widerruf<br />

des Trusts (man spricht vom «revocable trust») 28 . Unerlässlich<br />

ist die Übertragung des Eigentums an der «initial<br />

trust property» durch den Settlor an den Trustee 29 .<br />

Der Trustee 30 ist der Eigentümer des Trustvermögens;<br />

seine umfassenden Kompetenzen und deren Schranken<br />

ergeben sich <strong>im</strong> Einzelnen aus den vom Settlor festgelegten<br />

Trustbest<strong>im</strong>mungen, ergänzend aus dem common<br />

law bzw. aus dem <strong>im</strong> Einzelfall subjektiv gewählten<br />

oder objektiv best<strong>im</strong>mten nationalen oder gliedstaatlichen<br />

31 materiellen Trustrecht.<br />

Der Begünstigte 32 hat das Recht, die Einhaltung der<br />

Best<strong>im</strong>mungen des Trusts vom Trustee, gegebenenfalls<br />

durch den zuständigen Richter, zu verlangen. Dem Begünstigten<br />

mögen gewisse <strong>im</strong> equity Recht des common<br />

law fussende Ansprüche zukommen – stark geprägt<br />

vom anwendbaren nationalen oder gliedstaatlichen materiellen<br />

Recht – aber er hat typischerweise nicht das<br />

Recht, dem Trustee hinsichtlich der Verwaltung des<br />

Trustvermögens Weisungen zu erteilen 33 .<br />

Im Sinne des schweizerischen <strong>Offenlegung</strong>srechtes ist<br />

deshalb typischerweise der Trustee, nicht der Begüns-<br />

24 Underhill/Hayton (FN 7), 4, FN 9, 144 ff.<br />

25 Underhill/Hayton (FN 7), 268 ff.<br />

26 Underhill/Hayton (FN 7), 53 ff., 73 ff. Die vorliegende Arbeit<br />

beschäftigt sich nicht ausdrücklich mit den sog. «<strong>im</strong>plied trusts»<br />

(d.h. dem «resulting trust» und dem «constructive trust», dazu<br />

Underhill/Hayton [FN 7], 329 ff. und 379 ff.); allerdings<br />

besteht nach Ansicht der Verfasser kein Grund, weshalb die in<br />

Ziff. IV.1.1.4 festgehaltenen Schlussfolgerungen nicht auch auf<br />

die <strong>im</strong>plied trusts anzuwenden wären.<br />

27 Underhill/Hayton (FN 7), 144 ff.; weitere Literaturhinweise<br />

bei Gutzwiller (FN 5), N 3–9 ff.<br />

28 Underhill/Hayton (FN 7), 60, 144.<br />

29 Underhill/Hayton (FN 7), 144 f.<br />

30 Underhill/Hayton (FN 7), 268 ff.<br />

31 Man denkt insbesondere an die USA und Kanada.<br />

32 Underhill/Hayton (FN 7), 272 f. Der sog. «purpose trust» hat<br />

keinen Begünstigten; er dient, analog unserer Stiftung (Art. 80<br />

ZGB), einem spezifischen Zweck. Die Feststellungen in Ziff. IV.<br />

hiernach gelten für den purpose trust a fortiori.<br />

33 Underhill/Hayton (FN 7), 729 ff.; Hayton (FN 20), 164 ff.<br />

63<br />

Kurzbeiträge


64<br />

Kurzbeiträge<br />

GesKR 1 2007<br />

tigte, der wirtschaftlich Berechtigte <strong>im</strong> Sinne <strong>von</strong> Art. 9<br />

Abs.1 BEHV-EBK, obwohl der Trustee das Trustvermögen<br />

nicht zu seinen eigenen Gunsten verwenden darf,<br />

sondern nur zu Gunsten des Begünstigten 34 . Dies gilt<br />

unseres Erachtens auch be<strong>im</strong> sog. «fixed trust» 35 , unter<br />

dessen Best<strong>im</strong>mungen dem Begünstigten eine dem<br />

Nutzniesser (<strong>im</strong> Sinne des schweizerischen Rechtes)<br />

ähnliche Rechtsstellung zukommen kann, weil auch bei<br />

diesem Trust die Verwaltung und damit die Ausübung<br />

der St<strong>im</strong>mrechte dem Trustee zukommt. Dies gilt, solange<br />

er nicht widerrufen ist, auch be<strong>im</strong> «revocable<br />

trust».<br />

Der Protector 36 , ein relativ neues Element des Trustrechtes,<br />

hat nicht teil am Trusteigentum und an der<br />

Trustverwaltung; typischerweise stehen ihm Konsultations-,<br />

Aufsichts- und Weisungsrechte in spezifischen<br />

Fragen zu: der Wechsel des auf den Trust anwendbaren<br />

Rechtes oder des zuständigen Richters, die Entlassung<br />

<strong>eines</strong> Trustees und die Best<strong>im</strong>mung <strong>eines</strong> neuen oder<br />

zusätzlichen Trustees, die Zust<strong>im</strong>mung zu gewissen<br />

Ausschüttungen, die Ernennung neuer und der Ausschluss<br />

bisheriger Begünstigter.<br />

3. Die Ausübung des St<strong>im</strong>mrechtes an Aktien<br />

<strong>im</strong> Trustvermögen<br />

Die Ausübung des St<strong>im</strong>mrechtes an <strong>im</strong> Trustvermögen<br />

stehenden Aktien gehört zur Verwaltung des Trustvermögens<br />

und steht deshalb dem Trustee zu. Dazu gehören<br />

alle diesbezüglichen Belange, z.B. (i) ob das St<strong>im</strong>mrecht<br />

<strong>im</strong> Einzelfall überhaupt ausgeübt wird, (ii) mit welchem<br />

Inhalt es ausgeübt wird, und (iii) ob das St<strong>im</strong>mrecht<br />

durch den Trustee selbst oder durch einen <strong>von</strong> ihm Bevollmächtigten<br />

ausgeübt wird.<br />

IV. Zur <strong>Offenlegung</strong> be<strong>im</strong> Trust<br />

als Aktionär<br />

1. Vertikale Zurechnung<br />

1.1 <strong>Offenlegung</strong> des Trusts?<br />

Manches spräche für die Auffassung, den Trust selbst<br />

als meldepflichtig zu betrachten, weil er ein Sondervermögen<br />

ist und die fraglichen Beteiligungspapiere Teil<br />

dieses Sondervermögens sind. Für den Trust als Adressat<br />

der Meldepflicht spräche auch, dass <strong>im</strong> kolloquialen<br />

Sprachgebrauch vom Trust, nicht vom Trustee, als Teilnehmer<br />

<strong>im</strong> Rechtsverkehr, als Träger <strong>von</strong> Rechten und<br />

Pflichten gesprochen wird.<br />

34 Underhill/Hayton (FN 7), 16 f.; Hayton (FN 20), 63 f.<br />

35 Underhill/Hayton (FN 7), 29 f.<br />

36 Underhill/Hayton (FN 7), 644 ff., 776.<br />

Peter Max Gutzwiller /Patrick Schleiffer – <strong>Offenlegung</strong> <strong>von</strong> <strong>Beteiligungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Falle</strong> <strong>eines</strong> Trusts (Trustees) als Aktionär<br />

Allein, dieser Sprachgebrauch gibt die Rechtslage nicht<br />

richtig wieder, und die Kraft s<strong>eines</strong> Ausdrucks vermag<br />

nicht, die Rechtslage wirksam zu gestalten. Dem Trust<br />

fehlt – auch wenn er ihr in manchem nahe kommt – die<br />

Rechtspersönlichkeit. Der Trust an sich ist nicht nur<br />

nicht handlungsfähig, er ist auch nicht rechtsfähig und<br />

nicht Adressat <strong>von</strong> Gesetz und Verordnung. Deshalb<br />

kann der Trust auch nicht meldepflichtig sein.<br />

1.2 <strong>Offenlegung</strong> des Trustees?<br />

Die dem Trust fehlende Rechtspersönlichkeit und<br />

Handlungsfähigkeit eignet jedoch dem Trustee als Eigentümer<br />

des Trustvermögens. Der Trustee erwirbt<br />

bzw. veräussert Aktien als Teil des Trustvermögens<br />

«auf eigene Rechnung», allerdings nicht auf Rechnung<br />

s<strong>eines</strong> eigenen privaten bzw. Gesellschaftsvermögens,<br />

sondern auf Rechnung des Sondervermögens, aber nicht<br />

(oder höchstens mittelbar) auf Rechnung des Begünstigten<br />

des Trusts. Der Trustee ist berechtigt, die mit den<br />

zum Trustvermögen gehörenden Beteiligungspapieren<br />

verbundenen St<strong>im</strong>mrechte auszuüben, und zwar nicht<br />

als Bevollmächtigter des Trusts, sondern als dessen Eigentümer<br />

und als wirtschaftlich Berechtigter. Gestützt<br />

auf Art. 9 Abs. 3 lit. a BEHV-EBK trifft daher grundsätzlich<br />

den Trustee die <strong>Offenlegung</strong>spflicht 37 .<br />

Ist der Trustee eine natürliche Person (was der historischen<br />

Gestaltung am ehesten entspricht), ist er meldepflichtig.<br />

Sind mehrere natürliche Personen gleichzeitig<br />

als Trustee bestellt, sind sie gemeinschaftlich und nicht<br />

nach Quoten Eigentümer des ganzen Trustvermögens<br />

und deshalb gemeinsam (als Gruppe) meldepflichtig.<br />

1.3 <strong>Offenlegung</strong> des Aktionärs der<br />

Trustgesellschaft?<br />

Ist eine juristische Person als Trustee bestellt (hiernach<br />

der Einfachheit halber als «Trustgesellschaft» bezeichnet),<br />

was namentlich bei grossen oder komplexen Trustvermögen<br />

oft anzutreffen ist, stellt sich die Frage, ob<br />

die Trustgesellschaft als Trustee oder dessen Eigentümer<br />

(Gesellschafter, Aktionär) meldepflichtig ist, <strong>im</strong> mehrstufigen<br />

Beteiligungsverhältnis allenfalls durch alle Beteiligungsstufen<br />

hinauf bis zur natürlichen Person, die<br />

die oberste Stufe beherrscht (vgl. Art. 9 Abs. 3 lit b und<br />

c BEHV-EBK).<br />

Bei den nachfolgenden Überlegungen gehen die Verfasser<br />

da<strong>von</strong> aus, dass jede hierarchisch «höhere» Beteiligungsstufe<br />

die st<strong>im</strong>menmässige Beherrschung («control»)<br />

der nachgeordneten Gesellschaft vermittelt. Sind<br />

mehrere juristische Personen Trustees <strong>eines</strong> Trusts, treffen<br />

die nachfolgenden Überlegungen für jeden einzelnen<br />

Trustee zu, da die Trustgesellschaften (wie die na-<br />

37 Gl. M. Meier-Schatz (FN 3), Art. 20 N 161; Mettier (FN 3),<br />

60.


Peter Max Gutzwiller /Patrick Schleiffer – <strong>Offenlegung</strong> <strong>von</strong> <strong>Beteiligungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Falle</strong> <strong>eines</strong> Trusts (Trustees) als Aktionär GesKR 1 2007<br />

türlichen Personen) als Trustees gemeinschaftlich und<br />

nicht nach Quoten Eigentümer des Trustvermögens<br />

sind.<br />

Sind eine oder mehrere natürliche Personen und eine<br />

oder mehrere juristische Personen gemeinsam Trustees<br />

desselben Trusts, gilt für jede natürliche Person die<br />

Feststellung in Ziff. IV.1.2 Abs. 2 oben, für jede juristische<br />

Person jene in Ziff. IV.1.3 Abs. 2.<br />

Auf die oben gestellte Frage lässt sich aus dem Text <strong>von</strong><br />

Gesetz und Verordnung keine direkte Antwort gewinnen,<br />

da er auf Terminologie und Typologie des einhe<strong>im</strong>ischen<br />

Rechtes fusst, das den Trust nicht als eigenes<br />

Institut kennt 38 . Die Antwort ist durch Auslegung zu<br />

ermitteln.<br />

Dabei steht die Überlegung nach Sinn und Wirkung der<br />

hierarchisch gegliederten Beteiligungsstruktur <strong>im</strong> Vordergrund:<br />

Die in Art. 9 Abs. 3 lit. b und c BEHV-EBK<br />

angesprochene Beherrschung geht vom der üblichen<br />

gesellschaftlich-hierarchischen Struktur <strong>im</strong>manenten<br />

Kerngedanken aus, dass die Beherrschung der jeweiligen<br />

Untergesellschaft durch die jeweilige Obergesellschaft<br />

unmittelbar die Ausübung der St<strong>im</strong>mrechte in<br />

der Untergesellschaft und mittelbar die Kontrolle des<br />

Vermögens der Untergesellschaft bewirkt, obwohl man<br />

sich bewusst ist, dass der dadurch entstehende Eindruck<br />

<strong>eines</strong> «Gesamtunternehmens» in mancher Hinsicht eine<br />

Fiktion ist, wie Böckli einleuchtend dargelegt hat 39 .<br />

Ein Ausfluss dieses Kerngedankens ist die Möglichkeit<br />

bzw. Pflicht zur bilanzmässigen Konsolidierung und<br />

Zusammenfassung der Aktiven und Passiven der zum<br />

Konzern gehörenden Gesellschaften aller Hierarchiestufen<br />

in der Rechnung der Konzernobergesellschaft<br />

(Art. 663e OR). Und gerade ein Blick auf die hierfür<br />

entwickelten Überlegungen zum Konzernrecht geben<br />

einen weiterführenden Hinweis auf die <strong>im</strong> Rahmen<br />

der <strong>Offenlegung</strong>spflicht zu beantwortenden Fragen:<br />

Gemäss Böckli 40 setzt die Pflicht zur Erstellung einer<br />

konsolidierten Rechnung nicht nur voraus, dass eine<br />

«control» der Unter- durch die Obergesellschaft besteht,<br />

sondern auch, dass eine Zusammenfassung «unter<br />

einheitlicher Leitung» gegeben ist, wie es auch der Text<br />

<strong>von</strong> Art. 663e OR verlangt.<br />

Und gerade dies trifft zwar bezüglich des eigenen (Investitions-)Vermögens<br />

der Trustgesellschaft zu, nicht<br />

aber hinsichtlich ihres Trustvermögens:<br />

38 Daran wird sich auch durch die Ratifikation des HTÜ nichts ändern;<br />

der ausländisch-rechtliche Trust wird dann zwar als solcher<br />

anerkannt, aber der Trust wird kein Instrument des schweizerischen<br />

materiellen Rechtes.<br />

39 Peter Böckli, Schweizer Aktienrecht, 3. Aufl., Zürich 2004, § 9<br />

N 6 ff. Es ist daran zu erinnern, dass treuhänderisch gehaltene Vermögensgegenstände<br />

be<strong>im</strong> Treuhänder nicht aktiviert (Böckli, § 8<br />

N 249; Max Boemle, Der Jahresabschluss, 4. Aufl., Zürich 2001,<br />

264) und deshalb auch nicht konsolidiert werden.<br />

40 Böckli (FN 39), § 9 N 16 ff.<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Dieses Trustvermögen ist ein Sondervermögen. Sein<br />

Eigentümer ist zwar der Trustee (d.h. die Trustgesellschaft),<br />

aber dieses Eigentum ist beschränkt<br />

durch die dem Trust eigentümlichen beneficial interests<br />

zu Gunsten der Begünstigten. Deshalb haftet<br />

das Trustvermögen auch nur für die spezifischen<br />

Schulden des Trusts und nicht allgemein für die<br />

Verbindlichkeiten des Trustees. Aufgrund dieser<br />

eigentümlichen Rechtsnatur des Trustvermögens<br />

als Sondervermögen kann sich der dem Sinn der Beteiligungshierarchie<br />

entsprechende Kontroll- bzw.<br />

Beherrschungsgedanke gerade nicht auf das Trustvermögen<br />

beziehen 41 .<br />

Auch die hohe Priorität erheischende Sorgfalts- und<br />

Treuepflicht des Trustees gegenüber dem Begünstigten<br />

42 steht der Eingliederung des Trusts in die gesellschaftliche<br />

Beherrschungshierarchie und der Unterordnung<br />

unter die einheitliche Leitung entgegen.<br />

Schliesslich ergibt sich der Ausschluss des Trustvermögens<br />

vom Beherrschungsgedanken der Beteiligungshierarchie<br />

auch aus der mit dem Treuegedanken<br />

eng verbundenen Pflicht des Trustees zur<br />

Unabhängigkeit 43 . Wie die Treuepflicht gehört auch<br />

die Pflicht zur Unabhängigkeit zu den Grundsätzen<br />

der Trustverwaltung, denen oberste Priorität<br />

zukommt. Der Trustee ist verpflichtet zu eigenem<br />

Handeln, das sich naturgemäss übergeordneter<br />

einheitlicher Leitung entzieht; Handeln <strong>im</strong> Rahmen<br />

übergeordneter (Konzern-)Weisungen müsste<br />

als unzulässiges Handeln <strong>im</strong> Interesse und zu<br />

Gunsten einer Drittperson (statt des Begünstigten)<br />

qualifiziert werden 44 . Der Trustee darf – ausser wo<br />

die Best<strong>im</strong>mungen des Trusts dies ausnahmsweise<br />

und ausdrücklich zulassen – seine Kompetenzen<br />

nicht delegieren. Wenn und soweit eine Delegation<br />

überhaupt ausdrücklich zugelassen ist, muss sie<br />

vom Trustee ausgehen und darf ihm nicht auferlegt<br />

werden. Befolgt der Trustee (die Trustgesellschaft)<br />

Weisungen seiner Muttergesellschaft, verletzt er<br />

den Grundsatz der Unabhängigkeit, ebenso wie die<br />

Muttergesellschaft den trustrechtlichen Grundsatz<br />

der Unabhängigkeit verletzt, wenn sie sich in die<br />

Trustverwaltung einmischt 45 .<br />

41 Auch unter der Herrschaft des common law wird das Trustvermögen<br />

der Trustgesellschaft (<strong>im</strong> Gegensatz zum eigenen Vermögen)<br />

nicht konsolidiert.<br />

42 Underhill/Hayton (FN 7), 494 f., 701; Hayton (FN 20),<br />

139 f., spricht <strong>von</strong> «undivided loyalty».<br />

43 Underhill/Hayton (FN 7), 631 ff.; Hayton (FN 20), 155 f.<br />

44 Hayton (FN 20), 139, 151 f.<br />

45 In diese Richtung geht auch eine neuere Entwicklung des common<br />

law hinsichtlich der Haftung <strong>im</strong> <strong>Falle</strong> <strong>eines</strong> corporate trustee, die<br />

neben der Haftung der Trustgesellschaft auch eine personalisierte<br />

Verantwortlichkeit der Organe der Trustgesellschaft anerkennt,<br />

vgl. Ch. Pitter, Trust Quarterly Review vol. 3, 2005, issue 3,<br />

16 ff.<br />

65<br />

Kurzbeiträge


66<br />

Kurzbeiträge<br />

GesKR 1 2007<br />

1.4 Schlussfolgerungen<br />

Aus diesen Gründen sind die Verfasser der Überzeugung,<br />

dass die eingangs in Ziff. I. gestellten Fragen wie<br />

folgt zu beantworten sind:<br />

Wenn eine Beteiligung zum Trustvermögen gehört,<br />

ist der Trustee meldepflichtig. Allerdings entspricht es<br />

der vom Gesetz geforderten Transparenz der Effektenmärkte,<br />

den Trustee nicht bloss als solchen, sondern<br />

unter ausdrücklicher Bezugnahme auf den Trust offen<br />

zu legen, zu dessen Vermögen die fragliche Beteiligung<br />

gehört, beispielsweise mit der Formulierung «X-Trust<br />

Company Ltd. als Trustee des Y-Trust».<br />

Wenn eine Beteiligung zum Vermögen einer underlying<br />

company <strong>eines</strong> Trusts gehört, sind diese und der Trustee<br />

(wieder unter Bezugnahme auf den fraglichen Trust) offen<br />

zu legen.<br />

Die <strong>Offenlegung</strong>spflicht endet be<strong>im</strong> Trustee; die Aktionäre<br />

der Trustgesellschaft sind nicht in die <strong>Offenlegung</strong><br />

einzubeziehen 46 .<br />

Gehört eine Beteiligung zum eigenen (Investitions-)Vermögen<br />

– nicht Trustvermögen – der Trustgesellschaft,<br />

ist sie diesbezüglich nicht wie ein Trustee zu behandeln<br />

und es gilt die <strong>Offenlegung</strong>spflicht wie sonst <strong>im</strong> Konzernverhältnis.<br />

Dieser <strong>von</strong> den Verfassern festgestellte Ausschluss des<br />

Trustvermögens aus dem Beherrschungsmechanismus<br />

des Konzerns ist nicht die einzige Ausnahme vom mit<br />

<strong>Offenlegung</strong> verbundenem Kontrollgedanken. Auch für<br />

Anlagefonds gelten Sonderregeln hinsichtlich der Unabhängigkeit<br />

der Fondsleitung (Art. 28 Abs. 5 KAG 47 ) und<br />

der Treuepflicht gegenüber dem Anleger (Art. 20 Abs. 1<br />

lit. a KAG) 48 . Deshalb wird nach herrschender Auffassung<br />

das <strong>von</strong> der Fondsleitung verwaltete Vermögen<br />

nicht in die Konzernkonsolidierung einbezogen 49 und<br />

46 Die deutsche Praxis hat einen anderen Ausgangspunkt, da das<br />

deutsche Recht die Institution des Trusts nicht anerkennt. Leider<br />

anerkennt sie auch die hier oben in Ziff. IV.1.3 gemachten Feststellungen<br />

des common law nicht als Rechtstatsachen und zieht<br />

deshalb bei rein formalistischer Betrachtungsweise den Schluss,<br />

es müsse die ganze gesellschaftliche Beherrschungskette der<br />

Trustgesellschaft bis zur schliesslichen natürlichen Person offen<br />

gelegt werden; siehe nun aber den u. E. überzeugenden Ansatz<br />

<strong>von</strong> Christoph Mutter <strong>im</strong> Aufsatz «Die St<strong>im</strong>mrechtszurechnung<br />

nach § 22 WpHG bei Einschaltung <strong>eines</strong> Trusts», in: Die<br />

AG 2006, 637–650, der nach einer – der in der Schweiz spätestens<br />

seit dem Inkrafttreten des IPRG aufgegebenen ehemaligen «Harrison-Doktrin»<br />

des Bundesgerichts (BGE 96 II 79 ff.) entsprechenden<br />

– «Umqualifizierung» des Trusts in Rechtsverhältnisse<br />

des deutschen materiellen Rechtes, wie die Verfasser, zum Schluss<br />

kommt, dass – vorbehältlich besonderer Trust-Gestaltungen – die<br />

Aktionäre der Trustgesellschaft nicht offenlegungspflichtig sind.<br />

47 Bundesgesetz über die kollektiven Kapitalanlagen (KAG) vom<br />

23. Juni 2006 (SR 951.31).<br />

48 Die Formulierungen könnten sich gleichermassen auf den Trustee<br />

beziehen.<br />

49 <strong>Offenlegung</strong>sstelle SWX, Jahresbericht 2002, Ziff. 3.1.3.4; Meier-<br />

Schatz (FN 3), Art. 20 N 124 ff. und 257; Mettier (FN 3), 158.<br />

Peter Max Gutzwiller /Patrick Schleiffer – <strong>Offenlegung</strong> <strong>von</strong> <strong>Beteiligungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Falle</strong> <strong>eines</strong> Trusts (Trustees) als Aktionär<br />

es ist auch folgerichtig, dass die börsenrechtliche <strong>Offenlegung</strong>spflicht<br />

auf die Fondsleitung beschränkt ist, und<br />

nicht auch die Anleger umfasst 50 .<br />

1.5 Ausnahmen<br />

Gründe für eine Ausnahme in dem Sinne, dass auch<br />

der Aktionär der Trustgesellschaft offen zu legen wäre,<br />

können die Verfasser nicht erkennen.<br />

Hingegen sind Fälle denkbar, in denen der Trustee nicht –<br />

oder jedenfalls nicht allein – offenlegungspflichtig ist:<br />

•<br />

•<br />

Zu denken ist namentlich an den «bare trust» 51 , unter<br />

dessen Best<strong>im</strong>mungen der Trustee nur das nackte<br />

Eigentum am Trustvermögen hält (insbesondere mit<br />

der Pflicht zur Auslieferung an den Begünstigten bei<br />

Eintritt einer Bedingung oder Frist), ohne irgendwelche<br />

Verwaltungsfunktionen zu haben. Je nach<br />

Ausgestaltung wäre es denkbar, hier nur den Begünstigten<br />

der <strong>Offenlegung</strong>spflicht zu unterstellen,<br />

hat der bare trust doch Charakteristika, die unserer<br />

Treuhand nahe kommen 52 .<br />

Je nach Ausgestaltung der Trustbest<strong>im</strong>mungen <strong>im</strong><br />

Einzelfall können in die Rechtsverhältnisse des<br />

Trusts ausdrücklich einbezogenen Drittpersonen<br />

gewisse Mitwirkungsrechte zustehen, z.B. dem Settlor<br />

(falls er sich solche ausdrücklich vorbehalten hat)<br />

oder dem Protector (sofern ein solcher ausdrücklich<br />

bestellt ist) oder dem Begünstigten. Es ist deshalb <strong>im</strong><br />

Einzelfall zu prüfen, ob die Gesamtheit der vorbehaltenen<br />

Kompetenzen zu einer <strong>Offenlegung</strong>spflicht<br />

dieser Personen führt 53 . In der Regel betreffen solche<br />

Mitwirkungskompetenzen allerdings nicht den<br />

pr<strong>im</strong>ären Bereich der Vermögensverwaltung, sodass<br />

eine <strong>Offenlegung</strong>spflicht dieser Personen nicht angezeigt<br />

ist.<br />

2. Horizontale Zurechnung<br />

Wenn zum Vermögen mehrerer Trusts mit demselben<br />

Trustee 54 <strong>Beteiligungen</strong> an derselben Gesellschaft gehören,<br />

stellt sich die Frage, ob diese Trusts <strong>im</strong> Sinne<br />

<strong>von</strong> Art. 20 Abs. 3 BEHG bzw. Art. 9 Abs. 2 BEHV-<br />

EBK eine Gruppe bilden, mit der Konsequenz, dass die<br />

einzelnen <strong>Beteiligungen</strong> zusammengerechnet werden<br />

50 Art. 16 BEHV-EBK.<br />

51 Hayton (FN 20), 50 f.<br />

52 Vgl. Meier-Schatz (FN 3), Art. 20 N 163.<br />

53 Vgl. Meier-Schatz (FN 3), Art. 20 N 164. Gemäss Praxis der<br />

<strong>Offenlegung</strong>sstelle SWX, Jahresbericht 2000, Ziff. 3.1.3.8, und<br />

Jahresbericht 2003, Ziff. 3.2.4, ist aus offenlegungsrechtlicher<br />

Sicht <strong>von</strong> einem beherrschungsähnlichen Verhältnis i.S.v. Art. 9<br />

Abs. 3 lit. d BEHV-EBK auszugehen, wenn erhebliche Einflussmöglichkeiten<br />

des Settlors oder des Protectors gegenüber dem<br />

Trustee bestehen.<br />

54 Angesichts der Grössenordnung dürfte es sich dabei wohl eher<br />

um eine Trustgesellschaft als um eine natürliche Person handeln.


Peter Max Gutzwiller /Patrick Schleiffer – <strong>Offenlegung</strong> <strong>von</strong> <strong>Beteiligungen</strong> <strong>im</strong> <strong>Falle</strong> <strong>eines</strong> Trusts (Trustees) als Aktionär GesKR 1 2007<br />

müssten und die Ermittlung der Grenzwerte anlässlich<br />

<strong>eines</strong> Erwerbs bzw. einer Veräusserung <strong>von</strong> Aktien derselben<br />

Gesellschaft nicht für jeden Trust einzeln, sondern<br />

für alle gemeinsam erfolgen müsste.<br />

Die Antwort auf diese Frage ist dem Text <strong>von</strong> Gesetz<br />

und Verordnung ebenso wenig direkt zu entnehmen,<br />

wie die Antwort auf die Frage der vertikalen Zurechnung,<br />

sodass sie auch hier durch Auslegung ermittelt<br />

werden muss.<br />

Einen ersten Anhaltspunkt liefert die Regelung <strong>von</strong><br />

Art. 16 BEHV-EBK 55 ; sie beruht auf der Überlegung,<br />

dass mehrere Anlagefonds unter Führung derselben<br />

Fondsleitung eine zumindest teilweise einheitliche<br />

Anlagepolitik verfolgen oder verfolgen können, deren<br />

Resultate deshalb für <strong>Offenlegung</strong>szwecke als Einheit<br />

zu betrachten sind. Ob diese Überlegungen auch hinsichtlich<br />

mehrerer Trusts desselben Trustees zutreffen,<br />

hängt massgeblich <strong>von</strong> der Absicht, Zielsetzung und<br />

grundlegenden Struktur ab.<br />

Die Schaffung <strong>eines</strong> Anlagefonds beruht grundsätzlich<br />

auf der Initiative der Fondsleitung. Diese beurteilt die<br />

Investitionsbedürfnisse des Marktes bzw. der potentiellen<br />

Anleger, aber letztlich ist diese Analyse ihr autonomes<br />

Werk und sie entscheidet, ob und wie sie den <strong>von</strong><br />

ihr beurteilten bzw. vermuteten Anlagebedürfnissen<br />

entsprechen will, und entsprechend diesem Entscheid<br />

legt sie die Anlagefonds auf. Es ist auch der Entscheid<br />

der Fondsleitung, dem Anlagebedürfnis durch einen<br />

oder mehrere Fonds zu entsprechen, und die Fondsleitung<br />

koordiniert die Investitionsentscheide der verschiedenen<br />

Fonds.<br />

Gänzlich anders ist die Ausgangslage be<strong>im</strong> Trust: Der<br />

Trust wird durch einseitiges Rechtsgeschäft des Settlors<br />

geschaffen; dieser entscheidet, welche Vermögenswerte<br />

er dem Trust (bzw. dem Trustee) überträgt, und er legt<br />

die Ziele fest, die er durch den Trust erreichen will. Vor<br />

allem aber best<strong>im</strong>mt er den Trustee. Bezeichnen mehrere<br />

Settlors denselben Trustee, ist die Zusammenführung<br />

mehrerer Vermögen (selbst wenn sie z.T. die gleichen<br />

<strong>Beteiligungen</strong> enthalten) nicht das Ergebnis <strong>eines</strong><br />

einheitlichen Plans, sondern <strong>eines</strong> Zufalls. Diese Zusammenführung<br />

ist auch nicht das Ergebnis einer vertraglichen<br />

oder auf andere Weise getroffenen Organisation<br />

i. S. <strong>von</strong> Art. 15 BEHV-EBK. Die Verfasser sind<br />

deshalb der Auffassung, dass keine Gruppe <strong>im</strong> Sinne<br />

der <strong>Offenlegung</strong>sbest<strong>im</strong>mungen des BEHG besteht,<br />

und die <strong>Beteiligungen</strong> der einzelnen Trusts an derselben<br />

55 Nach Art. 16 Abs. 1 BEHV-EBK sind die Meldepflichten für<br />

Anlagefonds für alle <strong>von</strong> der gleichen Fondsleitung verwalteten<br />

Anlagefonds gesamthaft zu erfüllen sowie je Anlagefonds, wenn<br />

diese einzeln Grenzwerte erreichen, über- oder unterschreiten.<br />

Gesellschaft nicht gesamthaft, sondern nur einzeln zu<br />

betrachten sind 56 .<br />

Diese Überlegungen treffen freilich nicht zu, wenn die<br />

Trusts aus spezifischen Gründen doch innerlich kohärent<br />

und daher als «Gruppe» zu verstehen sind. Dies<br />

könnte beispielsweise der Fall sein, wenn ein Settlor<br />

mehrere Trusts mit demselben Trustee schafft, und<br />

diese Trusts weitere Gemeinsamkeiten aufweisen, die<br />

ihnen eine innere Kohäsion verleihen, z.B. dieselbe<br />

«class of beneficiaries» 57 . Ein weiterer Anwendungsfall<br />

ist u. E. gegeben, wenn mehrere sog. «unit trusts» 58 vom<br />

selben Trustee verwaltet werden. In diesen Fällen liegt<br />

die Analogie zu den <strong>von</strong> derselben Fondsleitung geführten<br />

Anlagefonds nahe, und entsprechend wäre die<br />

<strong>Offenlegung</strong>spflicht hinsichtlich der <strong>von</strong> diesen Trusts<br />

gehaltenen <strong>Beteiligungen</strong> gesamthaft zu erfüllen.<br />

56 Zum selben Ergebnis, auf Grund analoger Überlegungen, gelangt<br />

man nach Auffassung der Autoren, wenn Aktien derselben Gesellschaft<br />

zum Vermögen verschiedener Nachlässe gehören, die<br />

vom selben Willensvollstrecker verwaltet werden.<br />

57 Dies gilt u.E. auch dann, wenn nicht alle Trusts demselben materiellen<br />

Recht unterstehen.<br />

58 Underhill/Hayton (FN 7), 45 f.<br />

67<br />

Kurzbeiträge

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