Die Mitwirkung der Gesellschaft bei ... - Lenz & Staehelin
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Son<strong>der</strong>druck<br />
M & A<br />
Recht und Wirtschaft in <strong>der</strong> Praxis<br />
Liber amicorum für Rudolf Tschäni<br />
Herausgegeben von<br />
Matthias Oertle Matthias Wolf<br />
Stefan Breitenstein Hans-Jakob <strong>Die</strong>m<br />
Patrick Schleiffer MatthiaS Wolf<br />
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
<strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
2010. Dike Verlag AG, Zürich/St. Gallen<br />
ISBN 978-03751-265-4
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong><br />
Sekundärplatzierungen<br />
Inhaltsübersicht<br />
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF ∗<br />
I. Einleitung 298<br />
II. Sekundärplatzierungen 298<br />
A. Beweggründe und Interessen 298<br />
B. Arten von Sekundärplatzierungen 299<br />
1. Blocktrade 299<br />
2. Marketed Offering 300<br />
3. Paketverkauf 300<br />
III. <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen 301<br />
A. Anlass und Motivation für die <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> 301<br />
B. <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> im Platzierungsprozess 302<br />
1. Arten <strong>der</strong> <strong>Mitwirkung</strong> 302<br />
2. <strong>Mitwirkung</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Informationsvermittlung und Vermarktung 303<br />
a) Roadshows und Einzelgespräche 303<br />
b) Zulassung und <strong>Mitwirkung</strong> <strong>bei</strong> einer Due Diligence 304<br />
c) Prospekt 306<br />
3. Gewährleistungen, Haftungsfreistellung, <strong>Mitwirkung</strong> am Prospekt,<br />
Marktschutzvereinbarungen und Kostenübernahme durch die<br />
<strong>Gesellschaft</strong> 307<br />
a) Gewährleistungen und Haftungsfreistellung <strong>der</strong> Banken 307<br />
b) (Mit-)Übernahme des Risikos <strong>der</strong> Prospekthaftung 309<br />
c) Marktschutzvereinbarungen 309<br />
d) Kostentragung 310<br />
4. Gegenleistungen für die <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> 311<br />
C. Börsen- und insi<strong>der</strong>rechtliche Aspekte 312<br />
1. Ad hoc-Publizität 312<br />
2. Insi<strong>der</strong>rechtliche Aspekte 313<br />
3. Marktaufsichtsrechtliche Aspekte 315<br />
4. Offenlegungsrechtliche Aspekte 316<br />
∗<br />
Wir danken MLaw Patrick Schärli herzlich für die Unterstützung <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ausar<strong>bei</strong>tung dieses<br />
Beitrags.<br />
297
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF<br />
I. Einleitung<br />
<strong>Die</strong> nachfolgenden Ausführungen befassen sich mit <strong>der</strong> Frage, inwieweit Publikumsgesellschaften<br />
<strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen (Secondary Placements o<strong>der</strong> Secondary Offerings),<br />
welche also bestehende und (meist) auch bereits kotierte 1 Aktien von ihr<br />
betreffen, die Platzierung dieser Aktien unterstützen können, wie eine solche <strong>Mitwirkung</strong><br />
(gesellschafts-)rechtlich zu beurteilen und gegebenenfalls zu rechtfertigen ist<br />
und innerhalb welcher rechtlichen Schranken sie allenfalls zu erfolgen hat.<br />
Nicht Gegenstand dieses Aufsatzes ist die Beteiligungsnahme eines (neuen) Aktionärs<br />
über eine Kapitalerhöhung. 2 Ebenfalls nicht weiter behandelt werden soll im<br />
Rahmen dieses Aufsatzes die (freundliche o<strong>der</strong> unfreundliche) Übernahme <strong>der</strong> Zielgesellschaft<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erwerb einer kontrollierenden Beteiligung durch einen o<strong>der</strong><br />
mehrere Investoren. Nur soweit von Bedeutung im Rahmen dieses Aufsatzes soll<br />
ausserdem auf sogenannte Investorenvereinbarungen eingegangen werden, welche<br />
bisweilen im Rahmen <strong>der</strong> Beteiligungsnahme eines Grossaktionärs zwischen diesem<br />
und <strong>der</strong> Zielgesellschaft abgeschlossen werden und welche die Bedingungen dieser<br />
Beteiligungsnahme und/o<strong>der</strong> die Beziehung zwischen <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> und dem Investor<br />
nach dessen Beteiligungserwerb regeln. 3<br />
II. Sekundärplatzierungen<br />
A. Beweggründe und Interessen<br />
Auslöser für eine Umplatzierungstransaktion ist meist <strong>der</strong> Wunsch eines Grossaktionärs<br />
nach einem ganzen o<strong>der</strong> teilweisen Ausstieg aus seiner Investition bzw.<br />
nach ihrer Realisierung. Ausgangspunkt für seinen Entscheid zu einer Sekundärplatzierung<br />
ist für den Veräusserer <strong>der</strong> Umstand, dass in aller Regel ein Aktienpaket<br />
1 Sekundärplatzierungen betreffen nicht zwingend die Platzierung bereits kotierter Aktien. So ist <strong>bei</strong><br />
Börsengängen nicht unüblich, dass ein Teil <strong>der</strong> angebotenen Aktien aus den Beständen <strong>der</strong> Altaktionäre<br />
stammen. Vgl. STEFAN WALLER, Das Un<strong>der</strong>writing Agreement, Grundlagen <strong>der</strong> vertraglichen<br />
Regelung öffentlicher Aktienplatzierungen, Diss., Zürich/Basel/Genf 2010, 17 ff.<br />
2 Zu dieser Form <strong>der</strong> Beteiligungsnahme vgl. ausführlich FRANK GERHARD, Private investments in<br />
public equity (PIPE) – Ein Blick auf PIPE-Transaktionen in <strong>der</strong> Schweiz, GesKR 2006, 286 ff.;<br />
ROLF WATTER/DIETER DUBS, Anchor Sharehol<strong>der</strong>s und Grossaktionäre: Ihr Einstieg, ihre vertragliche<br />
Einbindung und ihre Information, in: Mergers & Acquisitions XII, hrsg. von Rudolf Tschäni,<br />
Zürich 2010, 1 ff.<br />
3 Vgl. ROGER KIEM, Investorenvereinbarungen im Lichte des Aktien- und Übernahmerechts, AG<br />
2009, 301 ff.; MAXIMILIAN SCHIESSL, Auf <strong>der</strong> Suche nach dem «Ankeraktionär» – «PIPE»-<br />
Transaktionsmodelle und Organpflichten, AG 2009, 385 ff., 391; WATTER/DUBS (FN 2), 14 ff.<br />
298
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
durch Verkäufe über die Börse wegen des im Markt entstehenden Überangebots entwe<strong>der</strong><br />
gar nicht o<strong>der</strong> nicht in <strong>der</strong> Nähe des aktuellen Börsenkurses platziert werden<br />
kann. 4 <strong>Die</strong>ses Bedürfnis befriedigen Investmentbanken, indem sie verkaufswilligen<br />
Grossaktionären ihre Platzierungskraft <strong>bei</strong> (zumeist institutionellen) Investoren und<br />
ihre Leistungen im Rahmen <strong>der</strong> Markteinschätzung und Vermarktung zur Verfügung<br />
stellen.<br />
B. Arten von Sekundärplatzierungen<br />
Werden <strong>bei</strong> einer Sekundärplatzierung bestehende kotierte Aktien einer Publikumsgesellschaft<br />
umplatziert, geschieht dies meistens in <strong>der</strong> Form eines sogenannten<br />
Blocktrade, seltener auch in <strong>der</strong> Form eines sogenannten Marketed Offering. Ferner<br />
können bestehende Aktien auch im Rahmen eines Paketverkaufs umplatziert werden. 5<br />
1. Blocktrade<br />
Beim Blocktrade wird ein Paket börsenkotierter Aktien im Rahmen einer Privatplatzierung<br />
unter Einschaltung einer o<strong>der</strong> mehrerer die Transaktion strukturierenden Investmentbanken<br />
an institutionelle Investoren veräussert. In <strong>der</strong> Praxis ist charakteristisch<br />
für den Blocktrade, dass die Veräusserung regelmässig im Rahmen eines sogenannten<br />
beschleunigten Bookbuilding (Accelerated Bookbuilding) innert weniger Stunden,<br />
längstens aber innerhalb weniger Tage erfolgt. 6 Durch die schnelle Abwicklung<br />
soll <strong>der</strong> Kursdruck auf die Aktie gering gehalten werden und es kann rasch auf Marktverhältnisse<br />
reagiert werden. Potentielle Investoren werden da<strong>bei</strong> in <strong>der</strong> Regel telefonisch<br />
angegangen und weitere Vermarktungsaktivitäten finden nur in sehr beschränktem<br />
Ausmass statt.<br />
Der Blocktrade erfolgt in <strong>der</strong> Regel ohne Angebotsdokument (Information/<br />
Placement Memorandum o<strong>der</strong> <strong>der</strong>gleichen). Der Veräusserer ist in <strong>der</strong> Regel bereit,<br />
einen (geringen) Abschlag auf den aktuellen Börsenkurs zu akzeptieren. 7<br />
Für einen Blocktrade spricht die Möglichkeit einer raschen Abwicklung <strong>der</strong> Platzierung,<br />
was vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Volatilität <strong>der</strong> Aktienmärkte zur Risikominimierung<br />
wünschbar ist und dem Verkäufer und <strong>der</strong> beteiligten Investmentbank<br />
4 Vgl. CHRISTOPH WOLF, Umplatzierungen bestehen<strong>der</strong> Aktien, in: Unternehmensfinanzierung am<br />
Kapitalmarkt, hrsg. von Matthias Habersack/Peter O. Mülbert/Michael Schlitt, 2. Aufl., Köln<br />
2008, 195 ff., § 6 N 6.<br />
5 Ausführlich zu den Erscheinungsformen FRANK GERHARD, Le block-trade comme moyen de<br />
placement de titres de participation cotés en bourse, SZW 2006, 256 ff., 257; WOLF (FN 4), § 6<br />
N 1.<br />
6<br />
GERHARD (FN 5), 256; WOLF (FN 4), § 6 N 2.<br />
7<br />
GERHARD (FN 5), 256; WOLF (FN 4), § 6 N 2.<br />
299
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF<br />
ausserdem die grösste Flexibilität hinsichtlich des Timings belässt. Zudem sind die<br />
Kosten für die Durchführung eines Blocktrade im Vergleich zu einem Marketed Offering<br />
(Roadshows, Erstellung eines Prospekts, Due Diligence) geringer.<br />
Nach unserer Erfahrung werden Verkäufe von Aktienpaketen bis zu einer Höhe<br />
von ca. 10% <strong>der</strong> Aktien <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> in <strong>der</strong> Regel auf dem Weg eines Blocktrade<br />
durchgeführt. Massgebend ist da<strong>bei</strong> vor allem die Liquidität bzw. Aufnahmefähigkeit<br />
des Marktes.<br />
2. Marketed Offering<br />
Beim Marketed Offering erfolgt die Platzierung aufgrund eines Prospekts o<strong>der</strong> eines<br />
prospektähnlichen Dokuments (Information Memorandum o<strong>der</strong> Placement Memorandum)<br />
und eines längeren Bookbuilding, meist über mehrere Tage und – im Gegensatz<br />
zum einen Blocktrade – meist an einen breiteren Kreis von Investoren. Regelmässig<br />
sind mit dem Marketed Offering auch Investorenkontakte (Roadshows, Einzelgespräche)<br />
unter Einbezug des Managements <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> verbunden. 8<br />
Ein Marketed Offering dürfte sich aufgrund des damit verbundenen höheren<br />
Aufwands und des Zeitbedarfs nur für Sekundärplatzierungen sehr bedeuten<strong>der</strong> Aktienpakete<br />
(nach unserer Erfahrung ab ca. 10%) rechtfertigen. Richtet sich das Angebot<br />
an das Publikum, wird es auf dem Weg eines Marketed Offering zu erfolgen haben. 9<br />
Den Regelfall bildet <strong>der</strong> Blocktrade, wo<strong>bei</strong> die Abgrenzung im Einzelnen allerdings<br />
fliessend ist. 10<br />
3. Paketverkauf<br />
Als dritte Erscheinungsform <strong>der</strong> Umplatzierung erweist sich <strong>der</strong> Paketverkauf. Bei ihm<br />
werden die Aktien in <strong>der</strong> Regel lediglich an einen (o<strong>der</strong> einzelne) strategisch o<strong>der</strong> an<br />
einem langfristigen Finanzinvestment interessierten Erwerber verkauft. In <strong>der</strong> Regel<br />
verkauft <strong>bei</strong>m Paketverkauf <strong>der</strong> verkaufende Aktionär die Aktien direkt an den o<strong>der</strong><br />
die Erwerber, d.h. ohne (rechtliche) Dazwischenschaltung einer Bank, und <strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />
die Erwerber stehen <strong>bei</strong> Abschluss <strong>der</strong> Transaktion fest. Der Paketverkauf ist also eher<br />
eine M&A-Transaktion, d.h. Gegenstand <strong>der</strong> Transaktion ist die Kontrolle über o<strong>der</strong><br />
doch zumindest eine nicht unerhebliche Einflussmöglichkeit auf das Unternehmen.<br />
Dementsprechend verschieben sich die rechtlichen Aspekte, z.B. hin zu Fragen <strong>der</strong><br />
Angebotspflicht und <strong>der</strong> Zusammenschlusskontrolle, welche <strong>bei</strong> Platzierungen im<br />
Markt in <strong>der</strong> Regel nicht o<strong>der</strong> nur von geringerer Bedeutung sind. Im Unterschied zu<br />
Blocktrades und Marketed Offerings steht hier denn auch die Frage eines Paketzu-<br />
8<br />
GERHARD (FN 5), 256; WOLF (FN 4), § 6 N 3.<br />
9 Für Deutschland vgl. WOLF (FN 4), § 6 N 8.<br />
10<br />
WOLF (FN 4), § 6 N 3.<br />
300
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
schlags, d.h. ein gegenüber dem Börsenkurs höherer Kaufpreis im Raum, <strong>der</strong> auf ein<br />
strategisches Interesse eines Erwerbers zurückgehen kann.<br />
Typische Erwerber im Rahmen eines Paketverkaufs sind die sogenannten Ankerinvestoren<br />
o<strong>der</strong> Ankeraktionäre (Anchor Investors bzw. Anchor Sharehol<strong>der</strong>s). Sie beteiligen<br />
sich in <strong>der</strong> Regel in <strong>der</strong> Grössenordnung zwischen 10% und 30% <strong>der</strong> Aktien/<br />
Stimmen an einer <strong>Gesellschaft</strong>. 11 Als mögliche Ankeraktionäre kommen da<strong>bei</strong> sowohl<br />
strategisch interessierte Unternehmen, welche etwa aufgrund bereits bestehen<strong>der</strong><br />
geschäftlicher Berührungspunkte an einem langfristigen Engagement an <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
interessiert sind, als auch Finanzinvestoren mit langfristigem Anlagehorizont<br />
(z.B. Sovereign Wealth Funds, Family Offices von wohlhabenden Unternehmensfamilien)<br />
in Frage. Demgegenüber kommen klassische Hedgefonds wegen ihres regelmässig<br />
kurzfristigen Anlagehorizonts üblicherweise nicht als Ankeraktionäre in<br />
Frage. 12<br />
III. <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
A. Anlass und Motivation für die <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
Je grösser das zu veräussernde Aktienpaket, je grösser <strong>der</strong> Einfluss des Veräusserers<br />
auf die <strong>Gesellschaft</strong> und je wichtiger <strong>der</strong> potentielle Erwerber für die <strong>Gesellschaft</strong> ist,<br />
umso eher trachtet <strong>der</strong> Veräusserer und die von diesem <strong>bei</strong>gezogene Bank danach,<br />
die <strong>Gesellschaft</strong> in die Platzierung einzubinden und umso eher ist diese ihrerseits<br />
bereit o<strong>der</strong> hat selber ein Interesse daran, die Transaktion zu unterstützen. Ein Angebot<br />
an das Publikum ist ohne die <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> kaum realistisch.<br />
Soll das Paket <strong>bei</strong> mehreren Erwerbern o<strong>der</strong> gar im Publikum platziert werden,<br />
kann dieses Interesse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> in <strong>der</strong> Vergrösserung des Streubesitzes (Free<br />
Float) liegen. <strong>Die</strong>s führt in <strong>der</strong> Regel zu einer höheren Liquidität des betreffenden<br />
Aktientitels und steigert dadurch dessen Attraktivität. 13 Auch eine durch den erhöhten<br />
Free Float allenfalls verbundene Aufnahme in Börsenindices kann ein erwünschtes<br />
Ziel sein.<br />
Soll das Paket <strong>bei</strong> einem o<strong>der</strong> einzelnen ausgewählten Investoren mit strategischem<br />
Interesse o<strong>der</strong> langfristigem Anlagehorizont platziert werden, kann die Motivation<br />
<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> zur <strong>Mitwirkung</strong> in <strong>der</strong> Stabilisierung des Aktionärkreises o<strong>der</strong><br />
in <strong>der</strong> geordneten Überführung einer grösseren Beteiligung vom bisherigen Grossaktionär<br />
(etwa nach dessen missglücktem Übernahmeversuch) auf einen neuen Anker-<br />
11<br />
WATTER/DUBS (FN 2), 2; SCHIESSL (FN 3), 385.<br />
12 Vgl. WATTER/DUBS (FN 2), 2 f. und SCHIESSL (FN 3), 386, je mit Beispielen.<br />
13<br />
WOLF (FN 4), § 6 N 22.<br />
301
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF<br />
aktionär o<strong>der</strong> auf institutionelle Investoren und <strong>der</strong> damit erwünschten Beseitigung<br />
<strong>der</strong> Unsicherheit erblickt werden. Eine anhaltende Beteiligung eines verkaufswilligen<br />
Aktionärs und <strong>der</strong> damit verbundene kursdrückende «Overhang» werden so beseitigt.<br />
Zudem kann <strong>der</strong> Einstieg eines solchen Grossinvestors, insbeson<strong>der</strong>e wenn es sich<br />
hier<strong>bei</strong> um einen renommierten Anleger handelt, auch ein Signal an den Kapitalmarkt<br />
sein, das sich positiv auf den Kurs eines zuvor unterbewerteten Aktientitels<br />
auswirkt. 14<br />
An<strong>der</strong>s als <strong>bei</strong> einem Einstieg des Investors über den Primärmarkt (durch Zeichnung<br />
neuer Aktien), erhält die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> einer Umplatzierung keine neue Liquidität<br />
bzw. kein neues Eigenkapital und profitiert damit in finanzieller Hinsicht<br />
nicht direkt von <strong>der</strong> Umplatzierung.<br />
B. <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> im Platzierungsprozess<br />
1. Arten <strong>der</strong> <strong>Mitwirkung</strong><br />
<strong>Die</strong> <strong>Gesellschaft</strong> kann auf verschiedene Weise in den Platzierungsprozess eingebunden<br />
werden. So kann sie die Platzierung etwa dadurch unterstützen, dass sie bzw. ihr<br />
Management Roadshows durchführt o<strong>der</strong> in Einzelgesprächen um die neuen Aktionäre<br />
wirbt. Ferner kann sie <strong>der</strong> involvierten Investmentbank o<strong>der</strong> (seltener) direkt dem<br />
potentiellen Erwerber die Durchführung einer Due Diligence o<strong>der</strong> Managementgespräche<br />
gestatten.<br />
Weiter kann die <strong>Gesellschaft</strong> in die Erstellung eines allfälligen Prospekts bzw. eines<br />
<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Vermarktung verwendeten Informationsdokuments eingebunden werden.<br />
Je wichtiger für die <strong>Gesellschaft</strong> die Platzierung ist, umso eher wird die <strong>Gesellschaft</strong><br />
bereit sein, die Redaktion des Prospekts selber zu übernehmen. Möglich ist aber<br />
auch, dass <strong>der</strong> Prospekt von den Banken bzw. <strong>der</strong>en Anwälten erstellt wird und <strong>der</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> lediglich zur Durchsicht und Überprüfung zugestellt wird. 15<br />
Der Veräusserer und die von ihm <strong>bei</strong>gezogenen Banken können ferner versuchen,<br />
die <strong>Gesellschaft</strong> zur Übernahme von Gewährleistungen für die Richtigkeit von in <strong>der</strong><br />
Due Diligence o<strong>der</strong> im betreffenden Prospekt offen gelegten Informationen zu bewegen.<br />
Wird ein Information Memorandum erstellt, werden die Banken danach trachten,<br />
von <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> (und gegebenenfalls auch vom Veräusserer) eine Freistellungs-<br />
14 SCHIESSL (FN 3), 387, unter Hinweis auf einen Fall, wo die Beteiligung eines Ankeraktionärs in<br />
Deutschland zu einem Kursanstieg von rund 20% geführt habe.<br />
15 Vgl. WOLF (FN 4), § 6 N 22; WALLER (FN 1), 17.<br />
302
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
verpflichtung (Indemnification) für Haftungsverbindlichkeiten im Zusammenhang<br />
damit zu erlangen. 16<br />
Ferner wird <strong>der</strong> Verkäufer und die platzierende Bank versuchen, die <strong>Gesellschaft</strong><br />
in Halte- und Verwässerungsschutzvereinbarungen (Lock-ups) einzubinden, d.h. ihr<br />
die Zusage abzunehmen, während einer gewissen Dauer we<strong>der</strong> allfällige Aktien im<br />
Eigenbestand zu veräussern, noch neue Aktien auszugeben.<br />
Manchmal wird ausserdem versucht, die <strong>Gesellschaft</strong> zur ganzen o<strong>der</strong> teilweisen<br />
Übernahme <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Sekundärplatzierung anfallenden Kosten (z.B. Kosten für die<br />
Durchführung <strong>der</strong> Roadshows und die Erstellung des Prospekts) und Umsatzabgaben<br />
zu verpflichten.<br />
Umgekehrt kann die <strong>Gesellschaft</strong> versuchen, als Gegenleistung für die von ihr im<br />
Platzierungsprozess erbrachten Leistungen und übernommenen Risiken, vom Veräusserer<br />
bzw. von <strong>der</strong> die Platzierung vornehmenden Bank Höchstzuteilungsgrenzen<br />
(welche eine Streuung <strong>der</strong> zu platzierenden Aktien und damit eine Verbreiterung des<br />
Aktionariats bewirken) o<strong>der</strong> ein Mitsprache- o<strong>der</strong> Vetorecht <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Platzierung zu erhalten,<br />
welches ihr die Befugnis gibt, auf die Zuteilung <strong>der</strong> Aktien Einfluss zu nehmen.<br />
So kann die <strong>Gesellschaft</strong> z.B. verlangen, dass eine gewisse minimale Streuung<br />
<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Zuteilung vorgenommen wird und <strong>bei</strong> einem einzelnen Investor nicht mehr<br />
als eine bestimmte Anzahl Aktien platziert werden darf, um so den Free Float zu<br />
erhöhen. Ferner kann die <strong>Gesellschaft</strong> versuchen, dem Erwerber, sofern dieser bekannt<br />
ist, eine Lock up-Verpflichtung aufzuerlegen, <strong>der</strong>zufolge dieser während einer<br />
gewissen Frist seine Aktien ohne Zustimmung <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> nicht weiterveräussern<br />
darf.<br />
Schliesslich kann die <strong>Gesellschaft</strong> versuchen, nicht nur die Modalitäten des Erwerbs,<br />
son<strong>der</strong>n auch die Beziehung zum (neuen) Grossinvestor nach dessen Beteiligungsnahme<br />
im Rahmen einer sogenannten Investorenvereinbarung zu regeln.<br />
2. <strong>Mitwirkung</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Informationsvermittlung und Vermarktung<br />
a) Roadshows und Einzelgespräche<br />
Unseres Erachtens gehört es zu den anerkannten Aufgaben des Managements einer<br />
börsenkotierten <strong>Gesellschaft</strong>, auf Roadshows und in Einzelgesprächen Beziehungen zu<br />
bereits beteiligten Aktionären zu pflegen und neue Investoren von einer Investition<br />
in die <strong>Gesellschaft</strong> zu überzeugen. 17 <strong>Die</strong> Durchführung von Roadshows und Einzel-<br />
16 Allgemein zur Freistellung von Drittansprüchen im Rahmen von Un<strong>der</strong>writing Agreements<br />
DANIEL DAENIKER, Un<strong>der</strong>writing Agreement – Rechtliche Grundlagen von öffentlichen Aktienangeboten<br />
schweizerischer <strong>Gesellschaft</strong>en, in: Rechtsfragen <strong>bei</strong>m Börsengang von Unternehmen,<br />
hrsg. von Rolf Watter, Zürich 2002, 159 ff., 187 ff.; WALLER (FN 1), 245, je mit weiteren Hinweisen.<br />
17 Für Deutschland ebenso KIEM (FN 3), 305; SCHIESSL (FN 3), 387.<br />
303
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF<br />
gesprächen im Rahmen einer Sekundärplatzierung dürfte daher regelmässig im Interesse<br />
<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> liegen und somit zulässig sein.<br />
Auch werden an solchen Investorenansprachen naturgemäss we<strong>der</strong> vertrauliche<br />
noch kursrelevante Informationen vermittelt, sodass die Abhaltung von Roadshows<br />
und Einzelgesprächen auch unter dem Aspekt <strong>der</strong> Geheimhaltungspflicht des Verwaltungsrats<br />
und <strong>der</strong> Geschäftsleitung nach Art. 717 Abs. 1 OR als unbedenklich<br />
erscheint.<br />
Es stellt sich weiter die Frage, ob Roadshows und Einzelgespräche im Rahmen<br />
von Sekundärplatzierungen auch unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebots nach<br />
Art. 717 Abs. 2 OR zulässig sind. Es könnte nämlich argumentiert werden, dass <strong>der</strong><br />
Verwaltungsrat das Gleichbehandlungsgebot verletzt, wenn er nur einzelnen veräusserungswilligen<br />
(Gross-)Aktionären anbietet, sie <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Veräusserung ihrer Beteiligung<br />
in dieser Weise zu unterstützen. Dem lässt sich entgegnen, dass das Gleichbehandlungsgebot<br />
lediglich eine relative Gleichbehandlung verlangt und eine Ungleichbehandlung<br />
von Gross- und Kleinaktionären dann gerechtfertigt ist, wenn dafür<br />
ein sachlicher Grund vorliegt, dieser im Interesse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> liegt, die Ungleichbehandlung<br />
mit dem Prinzip <strong>der</strong> schonenden Rechtsausübung im Einklang<br />
steht und überdies sichergestellt wird, dass die da<strong>bei</strong> vermittelte Information nicht<br />
zur Benachteiligung <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Aktionäre verwendet wird. 18<br />
Sofern <strong>der</strong>en Durchführung im Rahmen <strong>der</strong> Sekundärplatzierung (auch) im Interesse<br />
<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> liegt, sind spezielle Investorengespräche, Präsentationen und<br />
<strong>der</strong>gleichen durch das Management <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> auch unter dem Aspekt des<br />
Gleichbehandlungsgebots als zulässig zu erachten. 19 An das Interesse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
ist u.E. aufgrund <strong>der</strong> nur geringen (absoluten) Ungleichbehandlung kein allzu strenger<br />
Massstab anzulegen.<br />
b) Zulassung und <strong>Mitwirkung</strong> <strong>bei</strong> einer Due Diligence<br />
Je grösser das zu veräussernde Aktienpaket ist bzw. je gewichtiger <strong>der</strong> alte bzw. neue<br />
Investor ist, umso eher wird dieser im Vorfeld <strong>der</strong> Beteiligungsnahme auf Informationen<br />
und Gespräche mit dem Management drängen, die über das hinausgehen,<br />
18 Vgl. (mit Bezug auf PIPE-Transaktionen) GERHARD (FN 2), 286 ff.; (mit Bezug auf das sogenannte<br />
Soft Sounding <strong>bei</strong> potentiellen Investoren im Vorfeld einer Kapitalmarkttransaktion) PATRICK<br />
SCHLEIFFER/MARCEL TRANCHET/DAMIAN FISCHER, Soft Sounding, CapLaw 2/2009, 3; WATTER/<br />
DUBS (FN 2), 28 f. Vgl. auch BGE 117 II 312; GEORG KRNETA, Praxiskommentar Verwaltungsrat,<br />
Ein Handbuch für Verwaltungsräte, 2. Aufl., Bern 2005, Art. 717 N 1929; ROLF WATTER/KATJA<br />
ROTH PELLANDA, in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Rolf Watter (Hrsg.), Basler Kommentar<br />
OR II, 3. Aufl., Basel 2008, Art. 717 N 23. Allgemein zur Vorabinformation an Grossaktionäre<br />
PETER BÖCKLI, Schweizer Aktienrecht, 4. Aufl., Zürich 2009, § 13 N 700 ff.; KARIN EUGSTER/<br />
LARISSA MAROLDA MARTINEZ, Informationsasymmetrie im Vorfeld von Umstrukturierungen,<br />
GesKR 2007, 39 ff., 43 ff., je mit weiteren Hinweisen.<br />
19 Zur Frage <strong>der</strong> Tragung <strong>der</strong> Kosten solcher Investorenansprachen vgl. hinten, III.B.3.c).<br />
304
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
was <strong>Gesellschaft</strong>en in Einzelgesprächen o<strong>der</strong> auf Roadshows Investoren üblicherweise<br />
offen legen. Bei grösseren Transaktionen (und immer dann, wenn ein Marketing<br />
Dokument verwendet wird) wird auch die Investmentbank ein gewisses Mass an Due<br />
Diligence verlangen. Allenfalls werden für Zwecke einer solchen Due Diligence auch<br />
vertrauliche Informationen offengelegt werden, welche unter Umständen kursrelevant<br />
i.S.v. Art. 53 des Kotierungsreglements <strong>der</strong> SIX Swiss Exchange (KR) sein können 20<br />
bzw. insi<strong>der</strong>rechtlichen Charakter i.S.v. Art. 161 StGB haben können.<br />
<strong>Die</strong> Frage <strong>der</strong> Zulässigkeit einer Due Diligence aus aktienrechtlicher Sicht wird in<br />
<strong>der</strong> Literatur vor allem im Zusammenhang mit einer Beteiligungsnahme des neuen<br />
Investors über eine Kapitalerhöhung diskutiert. <strong>Die</strong> Gewährung einer Due Diligence<br />
erscheint unter dem Aspekt <strong>der</strong> Geheimhaltepflicht und des Gleichbehandlungsgebots<br />
des Verwaltungsrats dann als sachlich gerechtfertigt, wenn die Zufuhr zusätzlicher<br />
finanzieller Mittel im Interesse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> liegt, eine feste Absichtserklärung<br />
des Investors vorliegt und durch entsprechende Vertraulichkeit- und Standstill-<br />
Vereinbarungen mit den an <strong>der</strong> Transaktion Beteiligten sichergestellt ist, dass vertrauliche<br />
Informationen nicht an Dritte gelangen und <strong>der</strong> Empfänger <strong>der</strong> Informationen<br />
diese nicht ausnutzt, solange sie im Markt nicht offen gelegt ist. 21<br />
Soweit in <strong>der</strong> Literatur auch die Frage <strong>der</strong> Zulässigkeit einer Due Diligence unter<br />
<strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> im Rahmen einer Umplatzierung, d.h. ohne Mittelzufluss<br />
an die <strong>Gesellschaft</strong>, erörtert wird, wird die Gewährung einer solchen Due Diligence<br />
unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebots nur im Ausnahmefall als zulässig<br />
erachtet. So etwa, wenn es sich <strong>bei</strong>m Erwerber um einen strategischen Investor<br />
handelt und sein Einstieg vom Verwaltungsrat als im <strong>Gesellschaft</strong>sinteresse erfor<strong>der</strong>lich<br />
erachtet wird. 22<br />
Unseres Erachtens sollte eine <strong>Gesellschaft</strong> daher nur mit erheblicher Zurückhaltung<br />
eine Due Diligence zulassen. Beim Entscheid darüber hat <strong>der</strong> Verwaltungsrat<br />
einerseits das Interesse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> an <strong>der</strong> Transaktion gegenüber den Geheimhaltungsinteresse<br />
<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> abzuwägen und an<strong>der</strong>erseits zu beurteilen, ob die<br />
aus <strong>der</strong> Due Diligence resultierende Ungleichbehandlung <strong>der</strong> Aktionäre durch die für<br />
die <strong>Gesellschaft</strong> und die Gesamtheit <strong>der</strong> Aktionäre erwarteten Vorteile o<strong>der</strong> vermiedenen<br />
Nachteile aufgewogen wird. Bei diesem Entscheid ist dem Verwaltungsrat aber<br />
ein gewisses Ermessen zuzubilligen. Zu berücksichtigen sind da<strong>bei</strong> auch <strong>der</strong> Umfang<br />
und die Tiefe <strong>der</strong> Due Diligence Prüfung und die Art <strong>der</strong> offenzulegenden Informationen<br />
sowie die Massnahmen zu ihrem Schutz bzw. zur Vermeidung des Risikos ihres<br />
Missbrauchs. Eine Due Diligence dürfte aus unserer Sicht z.B. dann in Frage kom-<br />
20 Bei kursrelevanten Informationen kann es sich eigentlich nur um solche handeln, für welche ein<br />
Bekanntgabeaufschub gemäss Art. 54 KR besteht. Vgl. MARTIN LANZ/MICHAEL GRUBER, Due Diligence<br />
<strong>bei</strong> öffentlichen Übernahmeangeboten, GesKR 2007, 288 ff., 289.<br />
21 Vgl. GERHARD (FN 2), 299; WATTER/DUBS (FN 2), 28.<br />
22 Vgl. GERHARD (FN 5), 268.<br />
305
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF<br />
men, wenn die Initiative für die Beteiligung des neuen Investors von <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
selber ausgeht, etwa weil die Beteiligung eines bisherigen Grossaktionärs aus strategischen<br />
Gründen (z.B. infolge Beendigung <strong>der</strong> geschäftlichen Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen<br />
<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> und diesem Aktionär o<strong>der</strong> nach einem missglückten Übernahmeversuch)<br />
rasch und kursschonend auf einen neuen (Gross-)aktionär übertragen<br />
werden soll o<strong>der</strong> wenn die <strong>Gesellschaft</strong> durch die Platzierung eine wesentliche<br />
Verbreiterung <strong>der</strong> Aktionärsbasis erreichen kann.<br />
c) Prospekt<br />
We<strong>der</strong> nach dem Obligationenrecht (Art. 652a OR) noch nach dem Kotierungsreglement<br />
<strong>der</strong> SIX Swiss Exchange besteht eine Pflicht, im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />
Umplatzierung von bereits bestehenden und kotierten Aktien einen Prospekt zu<br />
erstellen. 23 <strong>Die</strong>s gilt nach herrschen<strong>der</strong> Auffassung auch für den Fall, dass die bestehenden<br />
kotierten Aktien im Rahmen einer (reinen) Sekundärplatzierung öffentlich<br />
platziert werden. 24 Allerdings wird in <strong>der</strong> Praxis auch <strong>bei</strong> reinen Sekundärplatzierungen<br />
(in <strong>der</strong> Form eines Marketed Offering) häufig auf freiwilliger Basis ein<br />
Prospekt erstellt und den möglichen Investoren abgegeben. 25<br />
Auch wenn ein solcher Prospekt regelmässig als vertrauliches Dokument gekennzeichnet<br />
ist, enthält er nach unserer Erfahrung we<strong>der</strong> vertrauliche noch kursrelevante<br />
Informationen. Solche werden in <strong>der</strong> Regel spätestens vor <strong>der</strong> Aushändigung an die<br />
potentiellen Investoren bzw. im Fall eines öffentlichen Angebots vor Publikation des<br />
Prospekts dem Markt kommuniziert. Unter dem Aspekt des Geheimhalteverbots kann<br />
eine <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> an <strong>der</strong> Erstellung des Prospekts deshalb in <strong>der</strong> Regel<br />
als unbedenklich eingestuft werden.<br />
Auch unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebots erscheint u.E. die <strong>Mitwirkung</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> am Prospekt als zulässig; dies sofern die <strong>Mitwirkung</strong> (auch) im Interesse<br />
<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> ist und ohne einen Prospekt eine aus Sicht <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
erfolgreiche, d.h. kursschonende Vermarktung des zu veräussernden Aktienpakets<br />
nicht o<strong>der</strong> nur schwer möglich wäre. 26<br />
23 Vgl. GERHARD (FN 5), 263; PATRICK SCHLEIFFER/DAMIAN FISCHER, Prospektfreie Platzierung, in:<br />
Kapitalmarkttransaktionen V, hrsg. von Thomas U. Reutter/Thomas Werlen, Zürich/Basel/Genf<br />
2010, II.2.b), je mit weiteren Hinweisen.<br />
24 Vgl. statt vieler DANIEL DAENIKER, Grenzüberschreitende Aktienplatzierungen schweizerischer<br />
Unternehmen, in: Neuere Entwicklungen im Kapitalmarktrecht, hrsg. von Rolf H. Weber, Zürich<br />
2000, 71 ff., 80; GERHARD (FN 5), 264; WALLER (FN 1), 103; DIETER ZOBL/STEFAN KRAMER,<br />
Schweizerisches Kapitalmarktrecht, Zürich 2004, N 1109, je mit weiteren Hinweisen.<br />
25 Vgl. GERHARD (FN 5), 264.<br />
26 Zur Frage <strong>der</strong> Risiken, welche die <strong>Gesellschaft</strong> im Fall <strong>der</strong> <strong>Mitwirkung</strong> am Prospekt eingeht, vgl.<br />
hinten III.B.3.b).<br />
306
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
3. Gewährleistungen, Haftungsfreistellung, <strong>Mitwirkung</strong> am Prospekt,<br />
Marktschutzvereinbarungen und Kostenübernahme durch die<br />
<strong>Gesellschaft</strong><br />
a) Gewährleistungen und Haftungsfreistellung <strong>der</strong> Banken<br />
Wie bereits erwähnt, zieht die <strong>Gesellschaft</strong> aus einer (reinen) Sekundärplatzierung<br />
keinen direkten finanziellen Vorteil. Es stellt sich daher die Frage, inwieweit die <strong>Gesellschaft</strong><br />
in einer solchen Situation gegenüber den involvierten Banken Gewährleistungen<br />
(namentlich hinsichtlich <strong>der</strong> Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Abschlüsse<br />
und gegebenenfalls Zwischenabschlüsse und ihrer kapitalmarktrechtlich bedeutsamen<br />
Offenlegungen sowie hinsichtlich des Prospektinhalts) abgeben kann und sich<br />
gültig verpflichten kann, diese Personen <strong>bei</strong> Verletzung <strong>der</strong> abgegebenen Gewährleistungen<br />
zu entschädigen und sie von allfälligen Drittansprüchen insbeson<strong>der</strong>e aus<br />
Prospekthaftung 27 freizustellen.<br />
In <strong>der</strong> Lehre wird diese Frage aus Sicht <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> vor allem vor dem Hintergrund<br />
von Art. 718a Abs. 1 OR diskutiert, wonach Vertretungsberechtigte nur Rechtsgeschäfte<br />
abschliessen können, die zweckkonform und im Interesse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
sind. 28 Demgemäss hält die wohl herrschende Auffassung dafür, dass die <strong>Gesellschaft</strong><br />
auch <strong>bei</strong> reinen Sekundärplatzierungen Gewährleistungen abgeben und Freistellungsverpflichtungen<br />
eingehen kann, sofern damit für die <strong>Gesellschaft</strong> voraussichtlich<br />
ein Nutzen verbunden ist. 29<br />
<strong>Die</strong> Frage des möglichen Nutzens für die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> einer (reinen) Sekundärplatzierung<br />
wird in <strong>der</strong> Lehre primär im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Erstkotierung <strong>der</strong> zu<br />
platzierenden Titel erörtert und bejaht. Der Nutzen für die <strong>Gesellschaft</strong> liegt dann<br />
regelmässig in <strong>der</strong> Eröffnung eines Markts mit erhöhter Liquidität, tieferen Kapitalkosten<br />
wegen <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Kotierung einhergehenden Kapitalmarktfähigkeit, höheren<br />
27 Zur Frage <strong>der</strong> Prospekthaftung <strong>bei</strong> freiwilligem Prospekt, vgl. hinten III.B.3.b).<br />
28<br />
WALLER (FN 1), 219; ROLF WATTER, in: Basler Kommentar OR II, hrsg. von Heinrich Honsell/<br />
Nedim Peter Vogt/Rolf Watter, 3. Aufl., Basel 2008, Art. 718a N 5. Nach herrschen<strong>der</strong> Ansicht<br />
bestimmt die Zweckgrenze von Art. 718a OR nicht nur die Vertretungsfähigkeit <strong>der</strong> Organe,<br />
son<strong>der</strong>n die Geschäftsfähigkeit <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong>.<br />
29 Vgl. WALLER (FN 1), 219; GERHARD (FN 5), 261; ROLF WATTER/THOMAS REUTTER, Rechtsprobleme<br />
<strong>bei</strong>m IPO, in: Rechtsfragen <strong>bei</strong>m Börsengang von Unternehmen, hrsg. von Rolf Watter, Zürich<br />
2002, 1 ff., 15.<br />
Dem entspricht die herrschende Meinung zu dieser Frage in Deutschland unter dem Aspekt <strong>der</strong><br />
Einlagerückgewähr. Vgl. etwa WOLF (FN 4), § 6 N 28 Fn. 39; HENDRIK HAAG, Übernahmevertrag<br />
<strong>bei</strong> Aktienemissionen, in: Unternehmensfinanzierung am Kapitalmarkt, hrsg. von Matthias<br />
Habersack/Peter O. Mülbert/Michael Schiltt, 2. Aufl., Köln 2008, 645 ff., 666; KONSTANTIN<br />
TECHNAU, Rechtsfragen <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Gestaltung von Übernahmeverträgen, AG 1998, 445 ff., 457 f.<br />
307
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF<br />
Umsätzen aufgrund <strong>der</strong> gesteigerten Publizität und eines damit indirekt höheren<br />
Bekanntheitsgrads <strong>der</strong> Produkte und/o<strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstleistungen <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong>. 30<br />
Sind die Aktien hingegen bereits kotiert, dürfte u.E. <strong>bei</strong> einer Sekundärplatzierung<br />
bereits kotierter Aktien <strong>der</strong> mögliche zusätzliche Nutzen für die <strong>Gesellschaft</strong> (z.B.<br />
erhöhter Free Float) meist zu gering sein, als dadurch eine weitgehende Risikoübernahme<br />
<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> durch Gewährleistungen o<strong>der</strong> Haftungsfreistellungen als<br />
gerechtfertigt erscheint. Auch unter dem Aspekt des Gleichbehandlungsgebots (es profitiert<br />
in finanzieller Hinsicht einzig <strong>der</strong> veräussernde Aktionär, indem er durch eine<br />
solche Übernahme sein eigenes Risiko reduzieren kann und attraktivere Konditionen<br />
von den übernehmenden Banken erhält) dürfte eine solche Risikoübernahme durch<br />
die <strong>Gesellschaft</strong> zugunsten des verkaufenden Aktionärs im Regelfall nicht durch Vorteile<br />
für die <strong>Gesellschaft</strong> aufgewogen werden.<br />
Unter beson<strong>der</strong>en Umständen kann die Risikoübernahme allerdings trotzdem gerechtfertigt<br />
werden, etwa wenn durch die breite Platzierung eines grossen Aktienpakets<br />
auf einen Schlag <strong>bei</strong> einem bisher wenig liquiden Titel <strong>der</strong> Free Float und damit<br />
die Liquidität <strong>der</strong> Aktie auf einen Schlag signifikant erhöht werden kann. 31 Auch<br />
an<strong>der</strong>e beson<strong>der</strong>e Konstellationen sind denkbar, in denen eine solche Risikoübernahme<br />
gerechtfertigt werden kann. Bei <strong>der</strong> Beurteilung ist das Interesse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
am Geschäft bzw. <strong>der</strong> erwartete Nutzen (o<strong>der</strong> die Abwendung von befürchteten<br />
Nachteilen) abzuwägen gegen das Risiko, das die <strong>Gesellschaft</strong> übernimmt. Da<strong>bei</strong><br />
ist von Bedeutung, in welchem Ausmass die <strong>Gesellschaft</strong> Gewährleistungen abgibt<br />
o<strong>der</strong> Haftungsrisiken übernimmt. Für den «Normalfall» von Blocktrades kleinerer bis<br />
mittlerer Volumen in einem liquiden Titel dürften Gewährleistungen und Haftungsübernahmen<br />
in <strong>der</strong> Regel nicht opportun sein. In diesen Fällen werden Platzierungen<br />
nach <strong>der</strong> Marktpraxis denn auch meist «undocumented» durchgeführt.<br />
Zum gleichen Ergebnis führt u.E. die Beurteilung nach Art. 678 Abs. 2 OR, welcher<br />
die Rückerstattung verdeckter Gewinnausschüttungen verlangt und Art. 680<br />
Abs. 2 OR, welcher das Verbot <strong>der</strong> Einlagerückgewähr vorsieht. In <strong>der</strong> Risikoübernahme<br />
ohne angemessene Gegenleistung liegt gegebenenfalls eine verdeckte Gewinnausschüttung<br />
bzw. – falls in das geschützte Kapital eingegriffen wird – eine verpönte<br />
Rückgewähr.<br />
In Betracht käme allenfalls eine Vergütung des verkaufenden Aktionärs an die <strong>Gesellschaft</strong><br />
für die Übernahme des Risikos und <strong>der</strong>en Aufwand <strong>bei</strong> <strong>der</strong> <strong>Mitwirkung</strong> am<br />
Prospekt. Da die <strong>Gesellschaft</strong> eigentlich von allen Beteiligten <strong>der</strong> «günstigste» Risikoträger<br />
ist, d.h. am besten in <strong>der</strong> Lage ist, Unrichtigkeiten im Prospekt zu vermeiden,<br />
und sie dem verkaufenden Aktionär einen Vorteil verschafft, wäre eine solche Lösung<br />
30 Ausführlich hierzu WALLER (FN 1), 220; GERHARD (FN 5), 261; WATTER/REUTTER (FN 29), 15 f.<br />
31 Gl.M. GERHARD (FN 5), 261; etwas weniger zurückhaltend DAENIKER (FN 16), 185 FN 83; WALLER<br />
308<br />
(FN 1), 219.
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
ökonomisch sinnvoll. <strong>Die</strong> Schwierigkeit dürfte allerdings in <strong>der</strong> Bestimmung <strong>der</strong><br />
angemessenen Höhe einer solchen Vergütung liegen. 32<br />
Der Bestand von Gewährleistungen und Freistellungen vor den Art. 718a und 678<br />
Abs. 2 OR kann begünstigt werden, indem sich die <strong>Gesellschaft</strong> Rechte einräumen<br />
lässt, welche ihr die aus <strong>der</strong> Transaktion erhofften Vorteile sichern sollen. 33<br />
b) (Mit-)Übernahme des Risikos <strong>der</strong> Prospekthaftung<br />
Unrichtige o<strong>der</strong> irreführende Angaben in einem Prospekt können in <strong>der</strong> Schweiz<br />
nach allgemeiner Auffassung auch <strong>bei</strong> einem freiwillig erstellten Prospekt zu einer<br />
Prospekthaftung (Art. 752 OR) für alle diejenigen Personen führen, welche an <strong>der</strong><br />
Erstellung o<strong>der</strong> dem Vertrieb des Prospekts absichtlich o<strong>der</strong> fahrlässig mitgewirkt<br />
haben. 34 Dementsprechend stellt sich in diesem Kontext die Frage, inwieweit die<br />
<strong>Gesellschaft</strong> im Fall einer reinen Sekundärplatzierung am betreffenden Prospekt<br />
mitwirken soll und sich damit <strong>der</strong> Prospekthaftung aussetzt.<br />
Unserers Erachtens müssen ähnliche Überlegungen gelten wie <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong><br />
Zulässigkeit <strong>der</strong> Übernahme von Gewährleistungen und Risiken, wo<strong>bei</strong> aber ein gelockerter<br />
Massstab anzulegen ist. Entscheidend ist, dass die <strong>Mitwirkung</strong> (auch) im<br />
Interesse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> liegt. <strong>Die</strong>s wird in vielen Fällen zu bejahen sein. Es liegt<br />
auch <strong>bei</strong> einer Sekundärplatzierung im natürlichen Interesse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong>, auf den<br />
Prospektinhalt Einfluss zu nehmen und Unrichtigkeiten zu vermeiden, denn ein<br />
Prospekt wird (auch <strong>bei</strong> einer Sekundärplatzierung) unweigerlich mit <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
in Verbindung gebracht werden.<br />
c) Marktschutzvereinbarungen<br />
<strong>Die</strong> Zulässigkeit des Eingehens von Marktschutzverpflichtungen durch die <strong>Gesellschaft</strong><br />
im Rahmen von Sekundärplatzierungen in dem Sinne, dass sich die <strong>Gesellschaft</strong><br />
während einer bestimmten Dauer verpflichtet, keine (zuvor gehaltenen) eigenen<br />
Aktien zu veräussern, ist u.E. ebenfalls unter dem Aspekt eines massgeblichen<br />
Eigeninteresses <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> zu beurteilen. Was die Zusage betrifft, für eine bestimmte<br />
Zeit auf Kapitalerhöhungen zu verzichten, so dürfte sie wenigstens soweit<br />
ungültig sein, als in die zwingenden Kompetenzen <strong>der</strong> Generalversammlung <strong>der</strong><br />
32 Uns sind keine Fälle von Sekundärplatzierungen bekannt, <strong>bei</strong> welchen eine solche Haftungsvergütung<br />
vereinbart wurde.<br />
33 Dazu hinten <strong>bei</strong> III.4.<br />
34 Vgl. DANIEL DAENIKER/STEFAN WALLER, Kapitalmarktbezogene Informationspflichten und Haftung,<br />
in: Verantwortlichkeit im Unternehmensrecht, hrsg. von Rolf H. Weber, Zürich 2003,<br />
55 ff., 88; GERHARD (FN 2), 298; GERHARD (FN 5), 264; SCHLEIFFER/FISCHER (FN 23), IV.3.<br />
309
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF<br />
<strong>Gesellschaft</strong> eingegriffen wird. 35 Eine rechtlich verbindliche Zusage lässt sich somit<br />
allenfalls im Rahmen eines genehmigten Aktienkapitals abgeben. Soweit eine Veräusserung<br />
von Eigenbeständen erfasst ist, diese das übliche zeitliche Mass nicht überschreitet<br />
und die (üblichen) Ausnahmen <strong>der</strong> Bedienung von Mitar<strong>bei</strong>teroptionen<br />
und eigenkapitalbezogenen Rechten vorbehält, dürften u.E. dagegen regelmässig<br />
rechtfertigende Eigeninteressen <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> zu bejahen sein. Mit Halteverpflichtungen<br />
wird ja gerade das Interesse an einer Vermeidung eines zusätzlichen Verkaufsdrucks<br />
im Titel und damit ein typisches <strong>Gesellschaft</strong>s- und Aktionärsinteresse 36<br />
verfolgt. <strong>Die</strong> <strong>Gesellschaft</strong> unterstützt die Platzierung damit nur indirekt und ihre<br />
Massnahme kommt allen Aktionären zugute.<br />
d) Kostentragung<br />
Da <strong>bei</strong> einer Sekundärplatzierung lediglich die veräussernden Aktionäre finanziell<br />
von <strong>der</strong> Platzierung profitieren, stellt sich weiter die Frage, inwieweit die <strong>Gesellschaft</strong><br />
Kosten im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Platzierung übernehmen kann. In Betracht fallen<br />
in erster Linie die Kosten für die Roadshow, Due Diligence sowie die Erstellung des<br />
Prospekts und weitere Drittauslagen (z.B. Kosten für die Anwälte und weitere Berater<br />
<strong>der</strong> involvierten Parteien). Denkbar wäre auch, dass die <strong>Gesellschaft</strong> angehalten wird,<br />
von dem veräussernden Aktionär und/o<strong>der</strong> dem Erwerber die anfallenden Verkaufskommissionen<br />
<strong>der</strong> Bank und die Steuern zu übernehmen.<br />
Davon ausgehend, dass eine Sekundärplatzierung mit gleichzeitiger erstmaliger Kotierung<br />
auch für die <strong>Gesellschaft</strong> mit Nutzen und Vorteilen verbunden ist, erachtet die<br />
herrschende Lehre unter dem Aspekt von Art. 718a Abs. 1 OR eine Verpflichtung <strong>der</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong>, die Kosten im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Platzierung (wie etwa die Kosten<br />
<strong>der</strong> Prospekterstellung, <strong>der</strong> Kotierung <strong>der</strong> Aktien sowie für Auslagen hinsichtlich <strong>der</strong><br />
Vermarktung) zu übernehmen, als zulässig. 37 Als unzulässig wird hingegen erachtet,<br />
dass die <strong>Gesellschaft</strong> auch die Verkaufskommissionen <strong>der</strong> Banken für die Platzierung<br />
<strong>der</strong> Aktien und/o<strong>der</strong> die anfallenden Umsatzabgaben übernimmt. 38<br />
Ferner stellt sich auch in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Deckung von<br />
Kosten durch die <strong>Gesellschaft</strong> einen Fall von Art. 678 Abs. 2 OR darstellt. <strong>Die</strong>se Bestimmung<br />
regelt die Rückerstattung «an<strong>der</strong>er Leistungen <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong>», womit<br />
35<br />
PATRICK SCHLEIFFER, Kursstsabilisierung – ausgewählte Aspekte, in: Kapitalmarkttransaktionen<br />
III, hrsg. von Thomas U. Reutter und Thomas Werlen, Zürich 2008, 99 ff.; 121 m.w.H. und<br />
WALLER, (FN 1), 235 Fn. 1111.<br />
36 Vgl. WALLER (FN 1), 235.<br />
37<br />
FELIX HUBER/PETER HODEL/CHRISTOPHER STAUB GIEROW, Praxiskommentar zum Kotierungsrecht<br />
<strong>der</strong> SWX Swiss Exchange, Zürich/Basel/Genf 2004, Art. 28 N 13; WALLER (FN 1), 242 f.;<br />
GERHARD (FN 5), 262; WATTER/REUTTER (FN 29), 13 f.<br />
38<br />
HUBER/HODEL/STAUB GIEROW (FN 37), Art. 28 N 13; GERHARD (FN 5), 262; WALLER (FN 1), 243;<br />
WATTER/REUTTER (FN 29), 16.<br />
310
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
verdeckte Gewinnausschüttungen gemeint sind, d.h. geschäftsmässig nicht gerechtfertigte<br />
Zuwendungen finanzieller Vorteile in an<strong>der</strong>er Form als durch formelle Ausschüttung.<br />
39 Damit eine Rückerstattungspflicht greift, muss gemäss Art. 678 Abs. 2<br />
OR allerdings ein offensichtliches Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung<br />
bestehen. Wie im Kontext von Art. 718a Abs. 1 OR argumentiert die herrschende<br />
Lehre damit, dass <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Entrichtung von Kosten durch die <strong>Gesellschaft</strong> im Zusammenhang<br />
mit einer Sekundärplatzierung keine von Art. 678 Abs. 2 OR erfasste<br />
Leistung vorliegt, soweit diese Sekundärplatzierung <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> einen Nutzen<br />
bringt, <strong>der</strong> in einem vernünftigen Verhältnis zu den übernommenen Kosten steht. 40<br />
Soweit es sich <strong>bei</strong> den zu platzierenden Aktien um bereits kotierte Aktien handelt,<br />
dürften die gleichen Bedenken greifen wie <strong>bei</strong> Gewährleistungen und Freistellungen<br />
durch die <strong>Gesellschaft</strong>. 41 Auch hier dürfte eine Übernahme <strong>der</strong> im Zusammenhang<br />
mit <strong>der</strong> Informationsvermittlung und Vermarktung angefallenen Kosten durch die<br />
<strong>Gesellschaft</strong> nur im Ausnahmefall zulässig sein.<br />
4. Gegenleistungen für die <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong><br />
<strong>Die</strong> <strong>Gesellschaft</strong> versucht sich zuweilen im Gegenzug für ihre Unterstützung <strong>der</strong><br />
Transaktion die von ihr selbst verfolgten eigenen Interessen vertraglich abzusichern.<br />
Solche Pflichten <strong>der</strong> übernehmenden Banken und des verkaufenden Aktionärs vermögen<br />
unter Umständen die Risikoübernahme <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> zu rechtfertigen bzw.<br />
sie sind <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Abwägung <strong>der</strong> Interessen und damit <strong>der</strong> Frage, ob eine unzulässige<br />
Vorteilszuwendung vorliegt, zu berücksichtigen.<br />
Bei einem lediglich teilweisen Ausstieg lässt sich die <strong>Gesellschaft</strong> unter Umständen<br />
eine Haltepflicht (Lock-up) für die vom verkaufenden Aktionär behaltenen Aktien<br />
einräumen bzw. sie wird Mitberechtigte einer solchen Klausel im Übernahmevertrag.<br />
42 Dadurch kann ein kurzfristiger (zusätzlicher) Angebotsüberhang im Titel und<br />
damit ein Kursdruck vermieden o<strong>der</strong> gemil<strong>der</strong>t werden.<br />
Zur Verfolgung des Ziels einer Verbreiterung <strong>der</strong> Aktionärsbasis und damit einer<br />
Erhöhung <strong>der</strong> Liquidität <strong>der</strong> Aktie lässt sich eine <strong>Gesellschaft</strong> zuweilen ein Mitspracherecht<br />
<strong>bei</strong> <strong>der</strong> Platzierung einräumen. Damit begibt sich <strong>der</strong> Verwaltungsrat <strong>der</strong><br />
<strong>Gesellschaft</strong> allerdings unter Umständen auf rechtlich heikles Terrain. Eine allgemeine<br />
Neutralitätspflicht des Verwaltungsrates hinsichtlich <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Zusammen-<br />
39<br />
WALLER (FN 1), 243 f.; GERHARD (FN 5), 262; WATTER/REUTTER (FN 29), 15 f.; vgl. ferner PETER<br />
KURER, in: Basler Kommentar OR II, hrsg. von Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/Rolf Watter,<br />
3. Aufl., Basel 2008, Art. 678 N 12 ff.<br />
40 Vgl. GERHARD (FN 5), 261 f.; WALLER (FN 1), 243 f.; WATTER/REUTTER (FN 29), 15 f.<br />
41 Vgl. vorne, III.B.3.a).<br />
42 In einem solchen Szenario wird die übernehmende Bank ihrerseits typischerweise auf einem<br />
Lock-up bestehen und sie wird es nicht schätzen, ihr Zustimmungsrecht zu Verkäufen während<br />
<strong>der</strong> Haltefrist mit <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> zu teilen.<br />
311
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF<br />
setzung des Aktionariats ist u.E. zwar abzulehnen 43 , doch geht es nicht an, dass <strong>der</strong><br />
Verwaltungsrat sich ein ihm genehmes Aktionariat zusammenstellt. Falls allfällige<br />
Mitsprachrechte <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Zuteilung <strong>der</strong> zu veräussernden Aktien an die Investoren<br />
nach objektiven, sachlichen Kriterien und im <strong>Gesellschaft</strong>sinteresse ausgeübt werden,<br />
ist ihre Zulässigkeit u.E. zu bejahen. Jedenfalls unbedenklich sind objektive, zahlenmässige<br />
Limiten <strong>der</strong> Zuteilung an einzelne Investoren. Anzufügen ist, dass die von<br />
<strong>der</strong> Schweizerischen Bankiervereinigung erlassenen Zuteilungsrichtlinien für den<br />
Emissionsmarkt für nicht-öffentliche Platzierungen, wie es Blocktrades typischerweise<br />
sind, nicht zur Anwendung kommen.<br />
C. Börsen- und insi<strong>der</strong>rechtliche Aspekte<br />
1. Ad hoc-Publizität<br />
Gemäss Art. 53 Abs. 1 KR hat ein Emittent den Markt über kursrelevante Tatsachen<br />
zu informieren, welche in seinem Tätigkeitsbereich eingetreten sind.<br />
<strong>Die</strong> Tatsache allein, dass ein Aktionär eine Sekundärplatzierung plant, kann u.E.<br />
allerdings nicht als eine im Tätigkeitsbereich <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> eingetretene Tatsache<br />
angesehen werden, weshalb die <strong>Gesellschaft</strong>, selbst wenn sie von <strong>der</strong> geplanten Platzierung<br />
Kenntnis hat, nicht verpflichtet ist, gestützt auf die Vorschriften über die Ad<br />
Hoc-Publizität <strong>der</strong> SIX Swiss Exchange den Markt über die geplante Sekundärplatzierung<br />
zu informieren. 44<br />
Eine Informationspflicht <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> dürfte jedoch dann vorliegen, wenn die<br />
<strong>Gesellschaft</strong> in den Platzierungsprozess eingebunden wird und an <strong>der</strong> Platzierung<br />
mitwirkt. Der Umstand, dass die <strong>Gesellschaft</strong> an einer Sekundärplatzierung mitwirkt,<br />
dürfte da<strong>bei</strong> (weil eine grössere Zahl von zu platzierenden Aktien involviert sind)<br />
eine kursrelevante Tatsache i.S.v. Art. 53 KR darstellen. Allerdings darf sich die <strong>Gesellschaft</strong><br />
da<strong>bei</strong> auf die Regeln des Bekanntgabeaufschubs nach Art. 54 KR berufen: <strong>Die</strong><br />
Durchführung <strong>der</strong> Platzierung ist in einem solchen Fall mit <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> abgesprochen<br />
und beruht somit (auch) auf einem Plan o<strong>der</strong> Entschluss <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong>.<br />
<strong>Die</strong> vorzeitige Verbreitung dieser Tatsache ist ausserdem geeignet, berechtigte Gesell-<br />
43 Dass eine Einflussnahme des Verwaltungsrats auf die Zusammensetzung des Aktionariats im<br />
Aktienrecht keinen Fremdkörper darstellt, ergibt sich auch aus den Vorschriften zur Vinkulierung<br />
(Art. 685a ff. OR). Vgl. dazu BÖCKLI (FN 18), § 13 N 692 f.; WATTER/ROTH PELLANDA<br />
(FN 18), Art. 717 N 29; für das deutsche Recht vgl. SCHIESSL (FN 3), 386 f., je mit weiteren Hinweisen.<br />
44 Gl.M. GERHARD (FN 5), 270; dies im Unterschied zur klassischen PIPE-Transaktion mit Zufuhr<br />
neuen Mittel an die <strong>Gesellschaft</strong>: GERHARD (FN 2), 302. Für die Regelung in Deutschland vgl.<br />
WOLF (FN 4), § 6 N 63. Vgl. auch LARISSA MAROLDA MARTINEZ, Information <strong>der</strong> Aktionäre nach<br />
schweizerischem Aktien- und Kapitalmarktrecht, Diss., Zürich 2006, 307 f.<br />
312
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
schaftsinteressen (z.B. an einer kursschonenden Platzierung <strong>der</strong> Aktien) zu beeinträchtigen.<br />
<strong>Die</strong> entsprechende Ad-hoc Meldung ist spätestens im Zeitpunkt des Beginns<br />
des Bookbuilding zu publizieren. 45<br />
Ferner stellt sich die Frage, ob die <strong>Gesellschaft</strong> auch unter dem Gesichtswinkel <strong>der</strong><br />
Ad hoc-Publizität im Rahmen einer Due Diligence vertrauliche, kursrelevante Tatsachen<br />
i.S.v. Art. 53 KR an potentielle Investoren offenlegen darf. Soweit solche<br />
Tatsachen rechtmässig einem Bekanntgabeaufschub unterliegen und die <strong>Gesellschaft</strong><br />
die Vertraulichkeit dieser Tatsachen während <strong>der</strong> Dauer des Bekanntgabeaufschubs<br />
gewährleistet (insbeson<strong>der</strong>e muss sichergestellt sein, dass die potentiellen Investoren<br />
und weitere in <strong>der</strong> Due Diligence involvierten Parteien diese Information vertraulich<br />
behandeln, was durch entsprechende Geheimhaltungs- und Stillhaltevereinbarungen zu<br />
erfolgen hat), erscheint eine solche Offenlegung unter dem Aspekt <strong>der</strong> Vorschriften<br />
über die Ad hoc-Publizität als zulässig. 46<br />
2. Insi<strong>der</strong>rechtliche Aspekte<br />
In Konkretisierung <strong>der</strong> Parömie «Niemand kann sein eigener Insi<strong>der</strong> sein» macht sich<br />
nach allgemeiner Auffassung ein Investor nicht nach Art. 161 StGB strafbar, solange<br />
sein Transaktionsentsscheid auf eigenen Überlegungen basiert und nicht auf fremdgeschaffenen<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Insi<strong>der</strong>informationen 47 beruht, die ausserhalb seiner eigenen<br />
Transaktionsüberlegungen liegen. 48 Bezogen auf eine Sekundärplatzierung<br />
45 Vgl. GERHARD (FN 2), 300, wonach die Due Diligence als Teilstufe eines mehrstufigen Entscheidungsprozesses<br />
per se wohl keine Ad hoc-Publizitätspflicht auslöse, wenn <strong>der</strong> Emittent im<br />
Rahmen des Bekanntgabeaufschubs die nötigen, zumutbaren Vorkehrungen für die Geheimhaltung<br />
getroffen habe.<br />
46 Gl.M. LANZ/GRUBER (FN 20), 289 f.; SCHLEIFFER/TRANCHET/FISCHER (FN 18), 3.<br />
47 <strong>Die</strong> ersatzlose Streichung von Ziffer 3 von Art. 161 StGB führt u.E. dazu, dass jede Tatsache, die<br />
den Kurs von in <strong>der</strong> Schweiz börslich gehandelten Effekten in voraussehbarer Weise erheblich<br />
beeinflussen wird, als Insi<strong>der</strong>tatsache bzw. vertrauliche Tatsache im Sinn von Art. 161 StGB gilt.<br />
Der Begriff <strong>der</strong> Insi<strong>der</strong>information dürfte in etwa dem Begriff <strong>der</strong> kursrelevanten Tatsache i.S.v.<br />
Art. 53 KR entsprechen. Vgl. STEFAN TRECHSEL/MARC JEAN-RICHARD, Kommentar zu Art. 161<br />
StGB, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, hrsg. von Stefan Trechsel et al., Zürich/St.<br />
Gallen 2008, Art. 161 N 13; Botschaft des Bundesrats vom 8. Dezember 2006 (BBl 2007<br />
439 ff.), 445; kritisch DANIEL DAENIKER/CLAUDE LAMBERT, Kann ein Manager überhaupt noch<br />
Aktien seiner <strong>Gesellschaft</strong> erwerben?, GesKR 2008, 359 ff., 361. Im Rahmen <strong>der</strong> Revision des<br />
BEHG soll u.a. das Insi<strong>der</strong>handelsverbot neu geregelt und im BEHG verankert werden (Art. 44a<br />
E-BEHG). Vgl. Erläutern<strong>der</strong> Bericht des EFD zur Än<strong>der</strong>ung des Bundesgesetzes über die Börsen<br />
und den Effektenhandel (Börsendelikte und Marktmissbrauch) vom 13. Januar 2010, 8 f., 11,<br />
17, 28 f. und 36 ff. (abrufbar unter: , zuletzt besucht am 31.05.2010).<br />
48<br />
CHRISTOPH B. BÜHLER/DANIEL HÄRING <strong>Die</strong> selbstgeschaffene Insi<strong>der</strong>information, GesKR 2009,<br />
453 ff., 457, unter Hinweis auf den Entwurf <strong>der</strong> betreffenden Expertenkommission zu einem<br />
neuen Art. 44a Abs. 4 BEHG. Ähnlich auch CHRISTOPH PETER, Basler Kommentar zum Strafrecht,<br />
313
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF<br />
bedeutet dies, dass <strong>der</strong>en Parteien keine Insi<strong>der</strong>information ausnützen, wenn sie<br />
lediglich aufgrund ihrer selbstgeschaffenen Informationen handeln und ihre darauf<br />
basierenden Transaktionsentscheide plankonform umsetzen. 49<br />
Der Verkäufer in einem Blocktrade ist häufig Insi<strong>der</strong>, z.B. weil er im Verwaltungsrat<br />
vertreten ist. Fällt <strong>der</strong> Verkäufer seinen Verkaufsentscheid gestützt auf kursrelevante<br />
vertrauliche Insi<strong>der</strong>informationen, so liegt ein tatbestandsmässiges Verhalten im<br />
Sinne des Art. 161 Ziff. 1 StGB vor. Da<strong>bei</strong> ist es unbehelflich, wenn die kursrelevante<br />
Information (etwa im Rahmen <strong>der</strong> Due Diligence) auch <strong>der</strong> Bank zur Verfügung<br />
steht. Das Ausnützen liegt in <strong>der</strong> Platzierung im Markt im Wissen um die vertrauliche<br />
Information und dessen Kursrelevanz. Das Verhalten <strong>der</strong> Bank kann in einem solchen<br />
Fall als Gehilfenschaft o<strong>der</strong> selbstständig (als Tippnehmer) tatbestandsmässig<br />
sein. Einem Vorwurf eines Insi<strong>der</strong>delikts und den damit verbundenen Reputationsschäden<br />
kann begegnet werden, indem die <strong>Gesellschaft</strong> kurz vor o<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Publikation<br />
<strong>der</strong> Transaktion (d.h. <strong>bei</strong> Beginn des Bookbuilding) die vertraulichen Informationen<br />
dem Markt mitteilt. Ein solches Vorgehen kann sich auch etwa dann empfehlen,<br />
wenn die letzte (Zwischen-)berichterstattung <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> einige Zeit zurückliegt.<br />
Durch eine ausserordentliche Bekanntmachung wird <strong>der</strong> Wissensstand <strong>der</strong><br />
übrigen Marktteilnehmer an den Stand des Insi<strong>der</strong>wissens angeglichen.<br />
Erlangt ein Investor im Rahmen einer Due Diligence von <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> (aus seiner<br />
Sicht fremdgeschaffene) Insi<strong>der</strong>informationen, darf er seinen Entscheid über den<br />
Erwerb des Aktienpakets nicht aufgrund solcher Insi<strong>der</strong>informationen fällen. Führen<br />
diese Information dazu, dass er seinen ursprünglichen Plan anpasst und z.B. als Folge<br />
davon mehr Aktien als ursprünglich beabsichtigt erwirbt, handelt er (als Tippee<br />
i.S.v. Art. 161 Ziff. 1 StGB o<strong>der</strong> als unechter Insi<strong>der</strong> 50 i.S.v. Art. 161 Ziff. 1 StGB) tatbestandsmässig,<br />
weil die Tathandlung sich nicht mehr (nur) auf selbstgeschaffene,<br />
son<strong>der</strong>n (auch) auf aus <strong>der</strong> Due Diligence erlangte Informationen stützt. Nimmt <strong>der</strong><br />
potentielle Investor hingegen aufgrund <strong>der</strong> negativen Resultate seiner Due Diligence<br />
vom geplanten Beteiligungserwerb gänzlich Abstand, führen diese Informationen<br />
nicht zu einem direkten Vermögensvorteil, son<strong>der</strong>n es wird lediglich ein geplanter<br />
Vermögensnachteil nicht realisiert. <strong>Die</strong>s bleibt nach herrschen<strong>der</strong> Auffassung unter<br />
insi<strong>der</strong>rechtlichen Gesichtspunkten straflos, entsprechend dem Grundsatz, dass<br />
hrsg. von Marcel Alexan<strong>der</strong> Niggli/Hans Wiprächtiger, Art. 111–392 StGB, 2. Aufl., Basel 2007,<br />
Art. 161 N 12.<br />
49<br />
BÜHLER/HÄRING (FN 48), 458.<br />
50 In <strong>der</strong> Lehre ist umstritten, ob <strong>der</strong> durch einen Geheimhaltungs- und Stillhaltevertrag eingebundene<br />
(Gross-)Aktionär als unechter Insi<strong>der</strong> i.S.v. Art. 161 Ziff. 1 StGB gilt. Zum Meinungsstand<br />
vgl. PETER BÖCKLI/CHRISTOPH B. BÜHLER, Vorabinformationen an Grossaktionäre: Möglichkeiten<br />
und Grenzen nach <strong>Gesellschaft</strong>s- und Kapitalmarktrecht, SZW 2005, 101 ff., 111; TRECHSEL/<br />
JEAN-RICHARD (FN 47), Art. 161 N 3.<br />
314
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
Art. 161 StGB nicht durch Unterlassen bzw. Verzicht auf eine Transaktion begangen<br />
werden kann. 51<br />
Aus Sicht <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> bzw. des Managements ist ferner sicherzustellen, dass<br />
Insi<strong>der</strong>tatsachen, welche im Rahmen einer Due Diligence potentiellen Investoren<br />
vermittelt werden, nicht ausgenutzt werden. <strong>Die</strong>se Verpflichtung ergibt sich unter<br />
dem Aspekt des Insi<strong>der</strong>strafrechts aus Art. 161 Ziff. 1 StGB, welcher auch das Zurkenntnisbringen<br />
von Insi<strong>der</strong>tatsachen gegenüber Dritten unter Strafe stellt. 52 Entsprechend<br />
kann aus Sicht <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> die Weitergabe von solchen Informationen nur<br />
aufgrund einer Vertraulichkeit- und Standstill-Vereinbarung mit den betreffenden Investoren<br />
(o<strong>der</strong> den betreffenden Banken) erfolgen. 53<br />
3. Marktaufsichtsrechtliche Aspekte<br />
Gemäss dem FINMA-RS 2008/38 Marktverhaltensregeln 54 ist das Ausnützen <strong>der</strong><br />
Kenntnis von vertraulichen preissensitiven Informationen für Effektengeschäfte nicht<br />
zulässig (sogenannter Informationsmissbrauch). Als Informationsmissbrauch gelten<br />
auch die ungerechfertigte Weitergabe von vertraulichen, preissensitiven Informationen<br />
o<strong>der</strong> darauf gestützte Hinweise o<strong>der</strong> Empfehlungen, Effektengeschäfte zu tätigen. 55<br />
<strong>Die</strong> Weitergabe von preissensitiven Informationen durch die <strong>Gesellschaft</strong> an potentielle<br />
Investoren im Vorfeld einer Platzierung ist, sofern eine solche Weitergabe<br />
(auch) im Interesse <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> liegt 56 , als gerechtfertigt bzw. zulässig zu erachten.<br />
57 Allerdings ist auch hier sicherzustellen, dass die Weitergabe <strong>der</strong> Information<br />
nur aufgrund einer Vertraulichkeit- und Standstill-Vereinbarung mit den betreffenden<br />
Investoren (o<strong>der</strong> den betreffenden Banken) erfolgt.<br />
51<br />
BÜHLER/HÄRING (FN 48), 458; GERHARD (FN 2), 300; TRECHSEL/JEAN-RICHARD (FN 47), Art. 161<br />
N 19.<br />
52 Art. 161 Ziff. 1 StGB verbietet dem Insi<strong>der</strong>, eine vertrauliche kursrelevante Tatsache einem Dritten<br />
als Tipp zur Kenntnis zu bringen, um diesem ein Ausnutzen zu ermöglichen. Vgl. BÜHLER/<br />
HÄRING (FN 48), 454; PETER (FN 48), Art. 161 N 29; TRECHSEL/JEAN-RICHARD (FN 47), Art. 161<br />
N 20.<br />
53 Vgl. GERHARD (FN 2), 300; SCHLEIFFER/TRANCHET/FISCHER (FN 18), 2 f.<br />
54 Das Rundschreiben richtet sich an alle nach dem BEHG regulierten Effektenhändler. <strong>Die</strong> nicht<br />
regulierten Marktteilnehmer sind von diesem Rundschreiben jedoch insofern betroffen, als <strong>der</strong> in<br />
die Transaktion involvierte Effektenhändler (als formeller Adressat des Rundschreibens) die<br />
Hintergründe abzuklären und sich gegebenenfalls <strong>der</strong> <strong>Mitwirkung</strong> an <strong>der</strong> Transaktion des Kunden<br />
zu enthalten hat, sollten offensichtliche Anzeichen bestehen, dass die betreffende Transaktion<br />
mit den Anfor<strong>der</strong>ungen des Rundschreibens nicht zu vereinbaren ist. Vgl. Rz. 4 f. FINMA-<br />
RS 2008/38.<br />
55 Rz. 10 und 12 FINMA-RS 2008/38.<br />
56 Vgl. vorne III.B.2.b).<br />
57 Vgl. SCHLEIFFER/TRANCHET/FISCHER (FN 18), 4.<br />
315
PATRICK SCHLEIFFER / MATTHIAS WOLF<br />
4. Offenlegungsrechtliche Aspekte<br />
Wirkt die <strong>Gesellschaft</strong> im Platzierungsprozess mit, stellt sich die Frage, ob diese <strong>Mitwirkung</strong><br />
<strong>der</strong>art intensiv ist, dass zwischen <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> und den veräussernden<br />
Aktionären und/o<strong>der</strong> den erwerbenden Investoren ein Handeln in gemeinsamer Absprache<br />
i.S.v. Art. 20 BEHG vorliegt. 58 Gemäss Art. 20 Abs. 1 BEHG i.V.m. Art. 10<br />
BEHV-FINMA handelt in gemeinsamer Absprache o<strong>der</strong> als organisierte Gruppe, wer<br />
seine Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb o<strong>der</strong> die Veräusserung von Beteiligungspapieren<br />
o<strong>der</strong> in Ausübung von Stimmrechten mit Dritten durch Vertrag o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e organisierte Vorkehren abstimmt.<br />
Damit ein Zusammenwirken von Personen zu einer Abstimmung <strong>der</strong> Verhaltensweise<br />
i.S.v. Art. 10 BEHV führt, bedarf es nach allgemeiner Auffassung einer gewissen<br />
Intensität und Organisiertheit <strong>der</strong> Verhaltensweise im Hinblick auf den Erwerb o<strong>der</strong><br />
die Veräusserung von Beteiligungspapieren o<strong>der</strong> die Ausübung von Stimmrechten.<br />
Massgeblich ist, ob eine Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel durch den Einsatz<br />
gemeinsamer Mittel und Kräfte vereinbart ist und die Gruppenmitglie<strong>der</strong> ihre eigene<br />
Entscheidungsfreiheit hinsichtlich Erwerbs- bzw. Veräusserungstransaktionen o<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Ausübung <strong>der</strong> Stimmrechte zugunsten und im Interesse <strong>der</strong> Gruppe aufgeben.<br />
Nicht verlangt wird hingegen eine Mindestdauer <strong>der</strong> Abstimmung <strong>der</strong> Verhaltensweise.<br />
59<br />
Dass die <strong>Gesellschaft</strong> den Verkäufer (und gegebenenfalls den o<strong>der</strong> die Käufer) im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Sekundärplatzierung durch Informationsvermittlung und <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Vermarktung<br />
unterstützt und da<strong>bei</strong> allenfalls auch Gewährleistungen, Risiken und Kosten<br />
übernimmt, ist u.E. aus offenlegungsrechtlicher Sicht unbedenklich. <strong>Die</strong>s bedeutet,<br />
dass ein solches Verhalten nicht zu einer Qualifikation als Gruppe im Sinne des<br />
Offenlegungsrechts führt. Es findet in einem solchen Fall keine Unterordnung <strong>der</strong><br />
Parteiinteressen unter offenlegungsrelevante Gruppeninteressen statt und die Parteien<br />
bleiben frei in ihrer Entscheidung, Aktien zu veräussern bzw. zu erwerben o<strong>der</strong><br />
die Transaktion bleiben zu lassen.<br />
58 Davon ist die Frage zu unterscheiden, unter welchen Umständen mehrere verkaufende Aktionäre<br />
bzw. mehrere erwerbende Investoren untereinan<strong>der</strong> offenlegungsrechtlich eine Gruppe im Hinblick<br />
auf den Verkauf bzw. Erwerb bilden. Vgl. hierzu URS SCHENKER, Schweizerisches Übernahmerecht,<br />
Bern 2009, 134 ff.; PATRICK SCHLEIFFER, Offenlegungs- und übernahmerechtliche Aspekte<br />
<strong>bei</strong> Kapitalmarkttransaktionen, in: Kapitalmarkttransaktionen, hrsg. von Thomas U. Reutter/<br />
Rolf Watter/Thomas Werlen, Zürich/Basel/Genf 2006, 125 ff., 159, je mit weiteren Hinweisen;<br />
spezifisch in Bezug auf Lock-up Vereinbarungen zwischen den Aktionären SAMUEL STADELMANN/<br />
CHRISTIAN WIDMER, Erleichterte Erfüllung <strong>der</strong> Offenlegungspflichten im Prospekt, GesKR 2008,<br />
153 ff., 159 ff.<br />
59 Vgl. SCHENKER (FN 58), 122 ff.; SCHLEIFFER (FN 58), 135 f.; WATTER/DUBS (FN 2), 33 f., je mit<br />
weiteren Hinweisen.<br />
316
<strong>Die</strong> <strong>Mitwirkung</strong> <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> Sekundärplatzierungen<br />
Ebenso wenig den Tatbestand einer offenlegungsrechtlichen Gruppe dürfte das<br />
Eingehen einer Lock up-Verpflichtung 60 des veräussernden Aktionärs (soweit dieser<br />
nach Platzierung noch Aktien an <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> hält), <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> selbst bzw.<br />
eines Erwerbers gegenüber <strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> o<strong>der</strong> ein Mitspracherecht bzw. Vetorecht<br />
<strong>der</strong> <strong>Gesellschaft</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Platzierung <strong>der</strong> Aktien erfüllen. Auch in diesem Fall werden<br />
keine Einzelinteressen einem Gruppeninteresse untergeordnet. Dem Verkäufer dürfte<br />
es auch in einem solchen Fall um eine Optimierung seines Erlöses und eine Minimierung<br />
<strong>der</strong> Risiken gehen, während die <strong>Gesellschaft</strong> durch ihre Unterstützung des<br />
Platzierungsprozesses eine möglichst kursschonende Platzierung o<strong>der</strong> eine Verbreiterung<br />
o<strong>der</strong> Stabilisierung des Aktionärskreises anstreben wird. Der Erwerber wie<strong>der</strong>um<br />
möchte zu einem möglichst günstigen Preis unter Minimierung <strong>der</strong> Risiken<br />
einsteigen.<br />
Ein Handeln in gemeinsamer Absprache ist allerdings dann anzunehmen, wenn die<br />
<strong>Gesellschaft</strong> und <strong>der</strong> Erwerber im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Sekundärplatzierung Abmachungen<br />
treffen, die insbeson<strong>der</strong>e die Ausübung des Stimmrechts betreffen o<strong>der</strong><br />
das gemeinsame Zusammenleben während <strong>der</strong> Beteiligungsnahme im Rahmen einer<br />
Investorenvereinbarung mit gegenseitigen Rechten und Pflichten regeln. 61<br />
60 Zur selbstständigen Offenlegungspflicht von Lock up-Verpflichtungen vgl. SCHENKER (FN 58),<br />
136 f.; SCHLEIFFER (FN 58), 155 ff., STADELMANN/WIDMER (FN 58), 159 ff.<br />
61 WATTER /DUBS (FN 2), 34. Vgl. auch SCHENKER URS (FN 58), 138.<br />
317