Campuls Sommersemster 2018/2
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07 | Politik<br />
Einem -ismus auf der Spur:<br />
Über den Dataismus<br />
Datawiebitte? Keine Sorge, der Begriff<br />
steht nicht im Duden. Versteckt ist<br />
auch kein Rechtschreibfehler, gemeint<br />
ist nicht der Dadaismus. Es lohnt sich Wohl kaum. Denn eines lässt sich wahrscheinlich mit<br />
also eine nähere Betrachtung. Was ist Sicherheit sagen: Egal wohin wir klicken, wir generieren<br />
dabei Daten. Wollte man die gesamte Datenmenge<br />
Dataismus? Sind wir alle Dataisten?<br />
Oder haben wir einfach nur nicht mehr dieser Welt auf DVD brennen, so benötigte man laut<br />
alle Daten im Schrank?<br />
Wikipedia einen Stapel DVDs, der von der Erde zum Mond<br />
und wieder zurück reichen würde.<br />
Den Begriff des Dataismus hat der Autor Yuval Noah Harari in seinem Buch<br />
„Homo Deus“ geprägt. Hier fragt er sich, was mit unserem Planeten passieren<br />
wird, wenn die neuen Technologien dem Menschen gottgleiche Fähigkeiten verleihen.<br />
Unter Dataismus versteht er den Glauben an die selbstgesteuerte Datenverarbeitung.<br />
Während Vertrauen, Hoffnung und Glaube einst noch dem Übermenschlichen<br />
geschenkt wurden – Göttern, Gott oder auch Magie –, sind es<br />
heute die Menschen selbst, die das ersetzen. Die Menschen mitsamt ihrer unvergleichlichen<br />
Expertise in der Datenschaffung und -verarbeitung.<br />
Hat er recht? Schließlich suchen wir bei Google nach dem richtigen Weg.<br />
Wir fragen Wikipedia nach den richtigen Antworten. Wir erzählen Facebook, was<br />
uns richtig nervt. Freiwillig! Unstreitig muss also festgestellt werden, dass<br />
wir sie ein bisschen lieben, die Sache mit der Datenverarbeitung. Es ist<br />
schnell, bequem und leicht. Und „Big Data“ dient doch irgendwo auch der Terrorismusbekämpfung!<br />
George Orwell macht uns kaum noch Angst.<br />
Doch hat das etwas mit Glauben zu tun? Der Versuch einer Analyse ergibt,<br />
dass auf der anderen Seite eine kaum noch bremsbare Datensammelwut herrscht.<br />
Gezählt werden nicht mehr nur noch Likes oder der Kalorienverbrauch an einem<br />
Tag. Datenmengen, die zu groß für einfache Verarbeitungsprogramme sind, fallen<br />
unter den Begriff „Big Data“, worunter man zum Beispiel die Aufzeichnungen<br />
diverser Überwachungssysteme, jegliche elektronische Kommunikation oder auch<br />
datenbasierte Werbung versteht. Das „Human Brain Project“ als höchstgefördertes<br />
Forschungsprojekt der Europäischen Kommission soll das gesamte menschliche<br />
Gehirn mittels computerbasierter Modelle simulieren. Sinn und Zweck<br />
dahinter ist die Erforschung unseres Hirns. Das Ziel wird die Heilung sämtlicher<br />
Erkrankungen sein, für die Menschen kaum noch gebraucht werden. Und<br />
nicht zuletzt könnte so, durch modernste Datenanalyse, künstliche Intelligenz<br />
geschaffen werden.<br />
Während der Humanismus einst noch den Menschen in seiner Persönlichkeitsentfaltung<br />
zu optimieren versuchte, könnte der Dataismus dessen Nachfolger<br />
sein. Gesucht wird nicht mehr nach dem menschlichen Ideal. Darüber hinaus<br />
entzieht sich das Verständnis von Vollkommenheit und Schöpfung<br />
langsam jeder Art von Glauben an einen übermenschlichen Einfluss.<br />
Viel mehr das Gegenteil ist der Fall.<br />
Ob wir uns in Zukunft jedoch als Dataisten beschreiben<br />
müssen, wird die Zeit zeigen. Auch, in wie weit der Dataismus<br />
religiöse Tendenzen aufweist. Doch die Dateneingabe in ein intelligentes<br />
System gleicht schon heute fast einem Opfergaberitual.<br />
Und „Sharing is Caring“ hätte<br />
sicherlich auch Jesus in seinen Facebookstatus<br />
geschrieben.<br />
Text von Saskia Volknant