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leseprobe - Hase und Igel

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Der Vesuv bricht aus (1)<br />

Wir schreiben den 24. August des Jahres 79<br />

n. Chr. An der Bucht von Neapel am Mittelmeer<br />

liegt die römische Stadt Pompeji. Direkt über<br />

100 Materialien für den Unterricht: Wulf Hein, Komm mit zu den Römern © <strong>Hase</strong> <strong>und</strong> <strong>Igel</strong> Verlag, Garching b. München<br />

der Stadt erhebt sich der Berg Vesuv. Er ist<br />

bekannt dafür, dass er manchmal Feuer auf die<br />

Felder regnen lässt. Erdbeben gibt es häufiger<br />

<strong>und</strong> die Menschen sind daran gewöhnt. Trotz<br />

der Gefahr durch den nahen Vulkan haben sie<br />

an seinen Hängen ihre Häuser gebaut <strong>und</strong><br />

bewirtschaften ihre Äcker, denn der Boden ist<br />

fruchtbar <strong>und</strong> die Gegend w<strong>und</strong>erschön. Auch<br />

an diesem Tag summt die Stadt vor Geschäftigkeit<br />

<strong>und</strong> Lebensfreude: Kinder spielen in den<br />

Straßen, Verkäufer preisen ihre Waren an,<br />

Hausfrauen kaufen ein. Niemand ahnt etwas<br />

von der Katastrophe, die in wenigen Augenblicken<br />

über die Gegend hereinbrechen wird: Der<br />

Vesuv bricht aus.<br />

Der Gelehrte Plinius der Jüngere hat das schreckliche Ereignis aus nächster Nähe erlebt<br />

<strong>und</strong> in einem Brief aufgeschrieben. Lest folgenden Bericht.<br />

„Bereits einige Tage zuvor hatte es ein Erdbeben<br />

gegeben – weniger furchterregend, als man<br />

es in Campania gewohnt war. In jener Nacht<br />

jedoch wurde es so stark, dass man glauben<br />

konnte, alles würde […] einstürzen. Ich erhob<br />

mich, um meine Mutter zu wecken. Wir setzten<br />

uns in den Hof des Hauses, der das Meer in<br />

geringem Abstand vom Haus trennte. Schon<br />

war die erste St<strong>und</strong>e des Tages <strong>und</strong> es war<br />

noch dämmrig. Die umliegenden Gebäude<br />

waren stark in Mitleidenschaft gezogen <strong>und</strong> wir<br />

hatten große Furcht, dass sie einstürzen könnten.<br />

Schließlich schien es uns ratsam, die Stadt<br />

zu verlassen. Zusammen mit einer großen Menschenmenge<br />

drängten wir in einem langen Zuge<br />

aus der Stadt.<br />

Nachdem wir die Häuser hinter uns gelassen<br />

hatten, blieben wir stehen. Wir mussten beängstigende<br />

Dinge sehen, denn die Wagen, die wir<br />

dabei hatten, rollten hin <strong>und</strong> her, obwohl sie auf<br />

einem ebenen Gelände standen. Außerdem<br />

sahen wir, dass das Meer zurückflutete <strong>und</strong><br />

durch das Erdbeben gleichsam zurückgetrieben<br />

wurde. Die Küste war vorgerückt <strong>und</strong> viele Meereslebewesen<br />

wurden auf dem trockenen Sand<br />

zurückgehalten.<br />

Auf der anderen Seite wurde eine furchterregende<br />

schwarze Wolke von Feuerschein in Zickzacklinien<br />

zerrissen <strong>und</strong> spaltete sich in Flam­<br />

mengebilde, die Blitzen ähnlich, aber größer<br />

waren. Nicht viel später sank jene Wolke auf<br />

die Erde herab, bedeckte das Meer, umgab<br />

Capri, verbarg das Vorgebirge von Misenum<br />

<strong>und</strong> entzog es unseren Augen. Daraufhin befahl<br />

meine Mutter mir, dass ich mich selbst in Sicherheit<br />

bringen sollte. Schon fiel Asche, jedoch nur<br />

wenig. Ich sah mich um: Der dichte Rauch, welcher<br />

sich wie ein Sturzbach über die Erde ergoss,<br />

bedrohte uns <strong>und</strong> kam auf uns zu. Wir hatten<br />

uns kaum hingesetzt, da wurde es dunkel. Es<br />

war nicht wie eine mondlose Nacht oder wie bei<br />

Bewölkung, sondern wie in geschlossenen Räumen,<br />

wenn das Licht ausgelöscht worden ist.<br />

Man hörte das Wehklagen der Frauen, das<br />

Jammern der Kinder <strong>und</strong> die Schreie der Männer.<br />

Die einen suchten ihre Eltern, die anderen<br />

suchten ihre Kinder, wieder andere riefen nach<br />

ihren Ehefrauen <strong>und</strong> versuchten, sie an ihren<br />

Stimmen zu erkennen; diese beklagten ihr Unglück,<br />

jene das Unglück ihrer [Angehörigen]; es<br />

gab Leute, die aus Furcht vor dem Tod um den<br />

Tod baten; viele erhoben die Hände zu den Göttern,<br />

manche erklärten, dass es überhaupt keine<br />

Götter mehr gäbe <strong>und</strong> dass jetzt die letzte<br />

<strong>und</strong> für die Welt ewige Nacht gekommen sei.<br />

Und es gab Leute, die durch ausgedachte <strong>und</strong><br />

erlogene Schreckensgeschichten die wahre Gefahr<br />

noch vergrößerten.

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