Ausgabe 4/12 (pdf) - Cyty-Braunschweig
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<strong>Braunschweig</strong>er Journal 8<br />
Dorothea Erxleben: „Frauenzimmer“ wird<br />
Medizindoktorin<br />
Von Helmut Wenzel<br />
In einer Zeit des Umbruchs, in<br />
der ständig neue wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse gewonnen<br />
wurden, dennoch weiterhin<br />
mittelalterlicher Quacksalberei<br />
zugesprochen und beispielsweise<br />
noch Kot gegen<br />
Geisteskrankheiten verkauft<br />
wurde, legte Dorothea Christiana<br />
Erxleben als erste Frau in<br />
Deutschland, im Mai 1754 in<br />
Halle ihr medizinisches<br />
Staatsexamen ab.<br />
Die im November 1715 geborene<br />
Dorothea Leporin hatte<br />
bereits in der Quedlinburger<br />
Ratsschule mit ihrer Intelligenz<br />
und ihren Lateinkenntnissen<br />
geglänzt, und in der<br />
Praxis ihres Vaters Christian<br />
Leporin, Arzt in Aschersleben,<br />
hatte sie sich bemerkenswerte<br />
praktische und theoretische<br />
medizinische Fähigkeiten angeeignet.<br />
Dennoch wurde ihr<br />
der Zugang zu einer Universität<br />
verweigert. Dorotheas<br />
Vater wandte sich daraufhin<br />
an Friedrich den Großen, der<br />
1741 die Universität Halle<br />
verpflichtete, sie zur Promotion<br />
zuzulassen.<br />
Dorothea, inzwischen Ehefrau<br />
des Diakons J. Chr. Erxleben<br />
(1697 – 1759), konnte das<br />
königliche Privileg zunächst<br />
nicht in Anspruch nehmen. Sie<br />
erzog die vier Kinder ihres<br />
Mannes, bekam vier eigene<br />
Kinder und hatte 1747 die Praxis<br />
ihres Vaters übernommen.<br />
Das brachte ihr, die ohne Doktordiplom<br />
praktizierte, von<br />
den anderen Ärzten den Vorwurf<br />
„medicinischer Pfuschrey“<br />
ein. Daraufhin verfasste<br />
sie - selbstverständlich<br />
in lateinischer Sprache -<br />
ihre Dissertation und<br />
wurde 1755 an der Universität<br />
Halle mit<br />
großem Erfolg promoviert.<br />
Damit hatte sie<br />
sich gegen den enormen<br />
Widerstand aus dem<br />
Kreis ansässiger Ärzte<br />
durchgesetzt.<br />
Dorothea Christiana<br />
Erxleben war nicht nur<br />
die erste promovierte<br />
deutsche Ärztin, sondern<br />
auch die erste in<br />
Europa. Gerade siebenundvierzig<br />
Jahre alt, starb sie<br />
am 13. Juli 1762 an Brustkrebs.<br />
Erst viele Jahre später,<br />
1870 erhielt in Paris wieder<br />
eine Medizinerin, E.G. Anderson,<br />
den Doktorgrad.<br />
<strong>Ausgabe</strong> 4/20<strong>12</strong><br />
Über Leben und Werk Dorothea<br />
Christiana Erxlebens<br />
informiert das im Geburtshaus<br />
von Friedrich Klopstock in<br />
Quedlinburg (Schlossberg <strong>12</strong>)<br />
untergebrachte Museum.