15.12.2012 Aufrufe

Ausgabe 4/12 (pdf) - Cyty-Braunschweig

Ausgabe 4/12 (pdf) - Cyty-Braunschweig

Ausgabe 4/12 (pdf) - Cyty-Braunschweig

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Braunschweig</strong>er Journal 22<br />

Die am 1. November 1932 in<br />

Kraft getretene Polizeiverordnung<br />

erhielt für das Land<br />

Preußen die folgende badepolizeiliche<br />

Ergänzung:<br />

1. Das öffentliche Nacktbaden<br />

oder Baden in anstößiger<br />

Badekleidung ist verboten.<br />

2. Frauen dürfen nur öffentlich<br />

baden, falls sie einen Badeanzug<br />

tragen, der Brust und Leib<br />

an der Vorderseite des Oberkörpers<br />

vollständig bedeckt,<br />

unter den Armen fest anliegt<br />

sowie mit angeschnittenen<br />

Beinen und einem Zwickel<br />

versehen ist.<br />

3. Männer dürfen nur öffentlich<br />

baden, falls sie wenigstens<br />

eine Badehose tragen, die mit<br />

angeschnittenen Beinen und<br />

einem Zwickel versehen ist. In<br />

sogenannten Familienbädern<br />

haben Männer einen Badeanzug<br />

zu tragen.<br />

Vor achtzig Jahren plagten den<br />

Ihr Partner für Gesundheit & Pflege<br />

Sitz: <strong>Braunschweig</strong><br />

Reichskommissar des Ministers<br />

des Inneren, Dr. Bracht,<br />

Sorgen um die fehlende Sittlichkeit<br />

in den damaligen<br />

Badeanstalten. Er beanstandete<br />

die zu knapp bemessenen<br />

Badehosen der Herren und die<br />

aufreizenden Anzüge der<br />

Damen. Um diesem Treiben<br />

ein Ende setzen zu können,<br />

erließ er die Badepolizeiverordnung,<br />

die zunächst auf Verständnislosigkeit<br />

stieß. Für<br />

beide Geschlechter wurde der<br />

ominöse Zwickel vorgeschrieben,<br />

der dem damaligen „geschätzten“<br />

Mitbürgern weitgehend<br />

unbekannt war. Unbekanntes<br />

schützt bekanntlich<br />

nicht vor Strafe. Die preußische<br />

Staatsregierung erbarmte<br />

sich deshalb zum Wohle der<br />

Öffentlichkeit und lieferte die<br />

Erklärung:<br />

Ein Zwickel ist ein „Stoffeinsatz<br />

im Schritt, der für die<br />

Wir bieten Ihnen u.a.:<br />

Brückenpflege (Überleitungspflege)<br />

Ambulante pflegerische Versorgung:<br />

Maßnahmen der Grundpflege<br />

Maßnahmen der Behandlungspflege<br />

Verhinderungspflege<br />

Besondere Betreuungsleistungen:<br />

Alltagsbegleitung • Strukturhilfe<br />

Beratungsgespräche<br />

Case Management (Versorgungsmanagement)<br />

Koordination der Pflege • Antragstellungen • Behördengänge<br />

• finanzielle Grundlagen sichern • Wohnraum<br />

anpassen • Hilfeleistungssystem aufbauen • Vermittlung<br />

von Dienstleistungen • Gesprächsführung mit den Kostenträgern<br />

(Kranken- und/Pflegekasse, Sozialamt,…)<br />

Kontakt: Fallersleber Strasse 29 • 38100 <strong>Braunschweig</strong><br />

Mo. – Fr. 09.00 – <strong>12</strong>.30 Di. und Do. ebenfalls von 14.00 - 18.00<br />

Tel.: 0531-61837866 • www.lebendich-eg.de<br />

info@lebendich-eg.de<br />

Hinweise:<br />

Barrierefreier Zugang, Haltestelle Straßenbahn „Theaterwall“<br />

Zwickelverordnung<br />

Von Helmut Wenzel<br />

Badekleidung ebenso wie für<br />

die gewöhnliche notwendig<br />

erscheint.“ Meyers Konversationslexikon<br />

ergänzt:<br />

„Zwickel ist eine nach unten<br />

spitz zulaufende, dreiseitige,<br />

ebene oder gekrümmte Fläche,<br />

die von Bogen oder Geraden<br />

begrenzt ist.“ Den berufenen<br />

staatlichen „Zwickel-Kontrolleuren“<br />

wurde für ihr Aufgabengebiet<br />

ein besonderes Fingerspitzengefühl<br />

empfohlen.<br />

Der „notwendige Stoffeinsatz“<br />

überzeugte die<br />

„Preußen“ damals keinesfalls<br />

ausreichend, um ihr Schamgefühl<br />

amtlich geregelt zu wissen.<br />

Die Kritik an der Badeverordnung<br />

erweiterte sich auf<br />

die Vermutung, dass mit ihr<br />

die Bekleidungsindustrie<br />

angekurbelt werden sollte.<br />

Unter der Überschrift: „Jedem<br />

Preußen seinen Zwickel“<br />

schrieb die Presse: „Doch wir<br />

sollen zufrieden und glücklich<br />

sein, denn unter dem Reichskommissar<br />

Bracht ist Preußen<br />

zu einem Idyll geworden. Im<br />

Reich streitet man um die Verfassung,<br />

um Demokratie und<br />

Parlamentarismus. Im Reich<br />

<strong>Ausgabe</strong> 4/20<strong>12</strong><br />

Institut für Stadtgeschichte, Karmeliterkloster, Frankfurt/<br />

Main: Das preußische Badekostüm im Bild.<br />

hat man schwere außenpolitische<br />

Sorgen. Im Reich erheben<br />

wirtschaftliche und sozialpolitische<br />

Probleme drohend<br />

ihr Haupt. In Preußen dagegen<br />

dreht sich der Kampf der Meinungen<br />

um den Zwickel. Ein<br />

paradiesisches Land. Und die<br />

anderen Staaten rufen voller<br />

Neid: Zwickel-Brachts Sorgen<br />

möchten wir haben!“<br />

Die Badeverordnung war Teil<br />

des letzten Gesetzes, das von<br />

einer demokratischen Regierung<br />

in der Weimarer Republik<br />

erlassen wurde. Die Mode<br />

der „Goldenen Zwanziger<br />

Jahre“ hatte zu einer recht freizügigen<br />

Badebekleidung verführt,<br />

der der konservative<br />

preußische Staat entgegentreten<br />

wollte. Die Nationalsozialisten<br />

schafften den im Volksmund<br />

sogenannten Zwickelerlass<br />

1942 wieder ab und erlaubten<br />

sogar das Nacktbaden<br />

in der Öffentlichkeit. Sechs<br />

Jahre nach Kriegsende sang<br />

Cornelia Froboess frohgestimmt:<br />

„Pack die Badehose<br />

ein, nimm dein kleines<br />

Schwesterlein und dann nischt<br />

wie raus nach Wannsee.“

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!