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Die Angst des Pflegepersonals in der Psychiatrie und

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Pflegenden verletzt wird, bleibt verborgen.<br />

4.3 Vorurteile <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

Wir werden geprägt durch die Sozialisation, <strong>und</strong> diese Prägung ist so stark, daß sie uns e<strong>in</strong> ganzes Leben<br />

lang begleitet. Im Rahmen <strong>der</strong> Sozialisation lernen wir die Werte <strong>und</strong> Normen <strong>der</strong> Gesellschaft, zum großen<br />

Teil ver<strong>in</strong>nerlichen wir diese. Auf diese Weise übernehmen wir auch Vorurteile. Vorurteile s<strong>in</strong>d vorgefaßte,<br />

meist negative Urteile, die auf ihren Wahrheitsgehalt nicht überprüft werden. Sie bee<strong>in</strong>flussen uns unter<br />

an<strong>der</strong>em beim Kategorisieren von Personen <strong>und</strong> Situationen.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Psychiatrie</strong> <strong>und</strong> mit ihr die psychisch Kranken s<strong>in</strong>d mit Vorurteilen überlastet. <strong>Die</strong> Ursachen dafür s<strong>in</strong>d<br />

manigfaltig. Für mich stehen zwei Aspekte im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, zum e<strong>in</strong>en das offensichtliche Bedürfnis <strong>der</strong><br />

Gesellschaft, sich von allem "Unnormalen" abzugrenzen, <strong>und</strong> es somit auszugrenzen, zum an<strong>der</strong>en die<br />

verheerende Geschichte <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong>. So kann das dadurch entstandene Bild <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> <strong>in</strong> uns se<strong>in</strong>,<br />

ohne uns bewußt zu se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> bedeutsamen Situationen kann es aber an die Oberfläche treten.<br />

Vorurteile entstehen aber auch aufgr<strong>und</strong> von Erfahrungen. E<strong>in</strong> Beispiel: Wenn ich wie<strong>der</strong>holt erlebt habe, daß<br />

immer dann, wenn ich mit e<strong>in</strong>er weiblichen Kolleg<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>er Akutstation Nachtdienst hatte, <strong>und</strong> kritische<br />

Situationen nicht mehr o<strong>der</strong> nur mit externer Unterstützung beherrschbar waren, kann dies dazu führen, daß<br />

ich zukünftig mit <strong>Angst</strong> reagiere, wenn ich wie<strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>er Krankenschwester zum Nachtdienst e<strong>in</strong>geteilt b<strong>in</strong>.<br />

Daraus kann dann auch das Vorurteil entstehen, daß es gefährlich ist, wenn nicht zwei Krankenpfleger auf<br />

e<strong>in</strong>er psychiatrischen Akutstation zum Nachtdienst e<strong>in</strong>geteilt s<strong>in</strong>d.<br />

Ich will noch auf die Persönlichkeit <strong>des</strong> e<strong>in</strong>zelnen unter E<strong>in</strong>beziehung se<strong>in</strong>es sozialen Umfel<strong>des</strong> e<strong>in</strong>gehen. Es<br />

ist mir wichtig, daß auch die Bedeutung dieser beiden Faktoren gesehen wird. So unterschiedlich wie<br />

Persönlichkeiten s<strong>in</strong>d, so unterschiedlich ist auch das Empf<strong>in</strong>den von <strong>Angst</strong>. So kann e<strong>in</strong>e Situation für den<br />

e<strong>in</strong>en massiv mit <strong>Angst</strong> besetzt se<strong>in</strong>, für den an<strong>der</strong>en ist sie im Rahmen <strong>des</strong> Normalen, löst ke<strong>in</strong>erlei<br />

bedeutsame Gefühle aus. <strong>Die</strong>se Unterschiede können auch bed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong> durch die Tagesform, das heißt die<br />

momentane psychische <strong>und</strong> physische Verfassung <strong>des</strong> Mitarbeiters. E<strong>in</strong>fluß nimmt sicherlich auch das soziale<br />

Umfeld. Für mich gew<strong>in</strong>nt es dann an Bedeutung, wenn es nicht dazu geeignet ist, die Entspannung <strong>und</strong><br />

Entlastung zu erbr<strong>in</strong>gen, die notwendig ist.<br />

4.4 "Öffentliche Me<strong>in</strong>ung"<br />

Wer hat nicht den heute nahezu klassischen <strong>Psychiatrie</strong>film "E<strong>in</strong>er flog über das Kuckucksnest" gesehen?<br />

Wer liest nicht fast tagtäglich zentimeterhohe Überschriften <strong>in</strong> <strong>der</strong> Boulevardpresse über "Irre" <strong>und</strong><br />

"Wahns<strong>in</strong>n"?<br />

Wer kennt nicht m<strong>in</strong><strong>des</strong>tens e<strong>in</strong>en Menschen, <strong>der</strong> "nur schlechte Erfahrungen" <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> gesammelt<br />

hat?<br />

Ähnlich dem Mechanismus <strong>der</strong> unbewußten Aufnahme <strong>und</strong> Bee<strong>in</strong>flussung durch Werbung ist es auch<br />

möglich, daß wir durch die öffentliche Me<strong>in</strong>ung nicht willentlich bee<strong>in</strong>flußt werden.<br />

<strong>Die</strong> öffentliche Me<strong>in</strong>ung wird von vielen Seiten, durch verschiedene Faktoren <strong>und</strong> aus unterschiedlichen<br />

Motivationen geprägt. Dom<strong>in</strong>ant ist sicherlich die Boulevardpresse, die, permanent unter<br />

Veröffentlichungsdruck stehend, ke<strong>in</strong>e Gelegenheit ausläßt, <strong>Psychiatrie</strong> <strong>und</strong> psychisch Kranke halbwahr bis<br />

falsch darzustellen. Zudem ist es <strong>in</strong> den letzten Jahren, bed<strong>in</strong>gt durch stärkeren Konkurrenzdruck, <strong>in</strong> fast allen<br />

Medien zu e<strong>in</strong>er Abnahme <strong>der</strong> Seriosität gekommen. Es zählen nur noch Auflagenhöhe <strong>und</strong> E<strong>in</strong>schaltquote,

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