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Die Angst des Pflegepersonals in der Psychiatrie und

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<strong>Die</strong> <strong>Angst</strong> <strong>des</strong> <strong>Pflegepersonals</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> <strong>und</strong> Interventionsmöglichkeiten <strong>der</strong> Pflegedienstleitung<br />

Autor Hans Utz e-mail: Johann.Utz@pflege-i.med.uni-muenchen.de<br />

Institut Bildungszentrum für Pflegeberufe Frankfurter R<strong>in</strong>g 105a, 80807 München<br />

Erschienen 4/93<br />

Sonstiges Managementsem<strong>in</strong>ar zur Pflegedienstleitung - Betreuer:Hans Wagner, Dipl. Psych.<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

1.0 Intention<br />

2.0 Aufbau <strong>der</strong> Arbeit<br />

3.0 Begriffsbestimmung <strong>Angst</strong><br />

4.0 Mögliche Ursachen von <strong>Angst</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong><br />

4.1 Psychiatrische Krankheitsbil<strong>der</strong><br />

4.2 Gewalt <strong>und</strong> Aggression <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong><br />

4.3 Vorurteile <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

4.4 "Öffentliche Me<strong>in</strong>ung"<br />

4.5 Forensische <strong>Psychiatrie</strong><br />

4.6 Krankenpflegeausbildung<br />

5.0 <strong>Die</strong> Befragung<br />

5.1 Thesen<br />

5.2 Ansatz <strong>der</strong> Befragung<br />

5.3 Beschreibung <strong>der</strong> erhobenen Daten<br />

5.4 Analyse <strong>der</strong> Daten<br />

5.5 Fazit<br />

6.0 Ziel<br />

7.0 Schritte <strong>und</strong> Maßnahmen<br />

7.1 Gespräch<br />

7.2 Stationsleiterbesprechung<br />

7.3 Teambesprechung<br />

7.4 Fallbesprechung<br />

7.5 Innerbetriebliche Fortbildung<br />

7.6 Bal<strong>in</strong>t-Gruppen<br />

7.7 Supervision<br />

7.8 Öffentlichkeitsarbeit<br />

7.9 Pflegesystem


7.10 Praktische Abwehrtechniken physischer Gewalt<br />

8.0 Zusammenfassung <strong>und</strong> Stellungnahme<br />

9.0 Anhang<br />

9.1 Literaturverzeichnis<br />

9.2 Fragenkatalog<br />

1.0 Intention<br />

<strong>Angst</strong> ist e<strong>in</strong> Gefühl, das wir alle kennen. Sie gehört zu unserem Leben, wie viele an<strong>der</strong>e Gefühle auch, so<br />

zum Beispiel Wut, Ärger, Trauer, Ekel. In <strong>der</strong> Krankenpflege s<strong>in</strong>d wir überproportional häufig mit diesen<br />

Gefühlen konfrontiert. <strong>Angst</strong>, damit me<strong>in</strong>e ich die <strong>Angst</strong> vor dem Patienten <strong>und</strong> im Umgang mit dem<br />

Patienten, ist e<strong>in</strong> für die <strong>Psychiatrie</strong> spezielles Phänomen. Gefühle bestimmen maßgeblich unser Tun <strong>und</strong><br />

Unterlassen, wir tragen sie ständig <strong>in</strong> uns. In spezifischen Situationen treten sie an die Oberfläche, kommen <strong>in</strong><br />

unser Bewußtse<strong>in</strong>, <strong>und</strong> dann wird bedeutsam, was diese Gefühle mit uns machen, beziehungsweise was wir<br />

mit uns machen lassen.<br />

Da die <strong>Angst</strong> also durchaus normal ist, sollte man doch annehmen können, daß <strong>der</strong> Umgang mit ihr<br />

gewöhnlich ist, das heißt, wir sollten gewohnt se<strong>in</strong>, mit ihr umzugehen.<br />

<strong>Angst</strong> ist <strong>in</strong> allen Lebensbereichen anzutreffen, <strong>und</strong> so ist es nur konsequent, daß sie auch <strong>in</strong> unserer<br />

Arbeitswelt vorhanden ist. In <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> spielt <strong>Angst</strong> e<strong>in</strong>e große Rolle. Zum e<strong>in</strong>en auf Seiten <strong>der</strong><br />

Patienten. Oft f<strong>in</strong>den wir hier pathologische <strong>Angst</strong> vor, als Krankheit, als Symptom e<strong>in</strong>er Erkrankung, mit dem<br />

psychiatrisch geschultes Personal gut umgehen kann, wohl <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>des</strong>halb, weil das dazu notwendige<br />

Wissen gelernt wurde. Zum an<strong>der</strong>en gibt es die <strong>Angst</strong> <strong>der</strong> Pflegenden vor den Patienten. Vor allem im<br />

Zusammenhang mit Zwangsunterbr<strong>in</strong>gung <strong>und</strong> <strong>der</strong> damit verb<strong>und</strong>enen Zwangsbehandlung <strong>in</strong> psychiatrischen<br />

Akutsituationen, weil dabei die Aggressivität <strong>der</strong> Patienten e<strong>in</strong>e bedeutende Rolle spielt. Auch bei dieser<br />

<strong>Angst</strong> s<strong>in</strong>d zur adäquaten Bewältigung gelernte Fähigkeiten <strong>in</strong> gleichem Umfang notwendig wie im Umgang<br />

mit <strong>der</strong> pathologischen <strong>Angst</strong> <strong>der</strong> Patienten.<br />

Während me<strong>in</strong>er langjährigen Tätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> psychiatrischen Krankenpflege habe ich größtenteils die<br />

Erfahrung gemacht, daß Pflegepersonal auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite mit <strong>der</strong> pathologischen <strong>Angst</strong> <strong>der</strong> Patienten gut<br />

umgehen kann, <strong>der</strong> Umgang mit <strong>der</strong> eigenen <strong>Angst</strong> dagegen problembehaftet war. Ich habe es selten erlebt,<br />

daß <strong>Angst</strong> im Team e<strong>in</strong> Thema war. Vielmehr habe ich erlebt, daß <strong>Angst</strong> tabuisiert wurde, mit ungeeigneten<br />

Strategien bewältigt, verdrängt o<strong>der</strong> verleugnet wurde.<br />

Aufgr<strong>und</strong> dieser Erlebnisse <strong>und</strong> Erfahrungen habe ich diese Thematik für me<strong>in</strong>e Facharbeit gewählt, um<br />

genauer <strong>und</strong> gezielt h<strong>in</strong>zuschauen, wie Pflegende <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> mit ihrer eigenen <strong>Angst</strong> umgehen o<strong>der</strong><br />

sie umgehen, <strong>und</strong> welche Rolle <strong>der</strong> Pflegedienstleitung zukommen kann, welche Interventionsmöglichkeiten<br />

sie hat, um e<strong>in</strong>en adäquten Umgang mit <strong>Angst</strong> zu ermöglichen.<br />

Bedanken möchte ich mich bei me<strong>in</strong>em Betreuer Hans Wagner, <strong>der</strong> mir wertvolle Anregungen gegeben hat,<br />

sowie bei allen Kolleg<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Kollegen, die <strong>in</strong> Gesprächen <strong>und</strong> Diskussionen sich mit mir <strong>und</strong> dem Thema<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt haben.<br />

2.0 Aufbau <strong>der</strong> Arbeit<br />

Im Mittelpunkt <strong>der</strong> Arbeit steht e<strong>in</strong>e von mir durchgeführte Befragung von Pflegenden zum Thema <strong>Angst</strong>. Ich<br />

habe mit fünf Krankenschwestern <strong>und</strong> fünf Krankenpflegern <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em psychiatrischen Großkrankenhaus


strukturierte Gespräche geführt, die im Durchschnitt je 45 M<strong>in</strong>uten dauerten. Der den Interviews zugr<strong>und</strong>e<br />

liegende Fragenkatalog ist <strong>der</strong> Anlage beigefügt. <strong>Die</strong> Auswahl <strong>der</strong> Gesprächspartner war beliebig, lediglich<br />

gab es die E<strong>in</strong>schränkung, daß die Pflegenden <strong>in</strong> den Bereichen Akutpsychiatrie (8) <strong>und</strong> Forensik (2) tätig<br />

s<strong>in</strong>d. <strong>Die</strong> Gesprächsbereitschaft war groß, es war überhaupt ke<strong>in</strong> Problem, <strong>in</strong>teressierte Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong><br />

Mitarbeiter zu f<strong>in</strong>den, die sich auf das Gespräch e<strong>in</strong>lassen wollten. Ich habe die Gespräche protokolliert,<br />

anschließend beschrieben, ausgewertet <strong>und</strong> analysiert.<br />

Vorweg stelle ich, nach <strong>der</strong> Begriffsbestimmung, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em theoretischen Teil die möglichen Ursachen <strong>der</strong><br />

<strong>Angst</strong> <strong>der</strong> Pflegenden <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> dar, <strong>der</strong> sich im Wesentlichen auf Literatur stützt, aber auch eigene<br />

Erfahrungen enthält.<br />

3.0 Begriffsbestimmung <strong>Angst</strong><br />

Bevor ich <strong>in</strong> die Thematik e<strong>in</strong>steigen kann, ist es unerläßlich, den Begriff <strong>Angst</strong> zu beschreiben <strong>und</strong> zu<br />

bestimmen. In <strong>der</strong> Literatur f<strong>in</strong>den sich unterschiedliche Def<strong>in</strong>itionen von <strong>Angst</strong>, bed<strong>in</strong>gt durch die<br />

unterschiedlichen Ansätze <strong>der</strong> Autoren.<br />

Das Wörterbuch <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> <strong>und</strong> kl<strong>in</strong>ischen Psychologie beschreibt <strong>Angst</strong> als e<strong>in</strong>en "Affektzustand, bei<br />

dem e<strong>in</strong>e Gefahr erwartet wird, auf die sich die Psyche bereits vorbereitet hat. <strong>Angst</strong> stellt e<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

menschlichsten <strong>und</strong> häufigsten Ersche<strong>in</strong>ungen <strong>des</strong> normalen <strong>und</strong> abnormen psychischen Lebens dar. <strong>Angst</strong><br />

wird begrifflich nicht immer scharf von Furcht <strong>und</strong> Schreck unterschieden. Daher kann mit <strong>Angst</strong> geme<strong>in</strong>t se<strong>in</strong>,<br />

die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>fühlbarer Weise auf e<strong>in</strong>en Gegenstand richtet (Objektangst, Realangst, Furcht) o<strong>der</strong> unbestimmt<br />

bleibt (objektlose o<strong>der</strong> frei flottierende <strong>Angst</strong>)".<br />

Für Dörner ist <strong>Angst</strong> e<strong>in</strong> "wichtiges Gr<strong>und</strong>gefühl, das immer wie<strong>der</strong> auftaucht, <strong>und</strong> vor vielen an<strong>der</strong>en<br />

unerlaubten Gefühlen steht". Er versteht <strong>Angst</strong> als die Besorgnis <strong>und</strong> Erregung <strong>in</strong> Situationen, die objektiv<br />

<strong>und</strong> / o<strong>der</strong> subjektiv als meist noch <strong>und</strong>eutliche Bedrohung zu sehen s<strong>in</strong>d, z.B. Bedrohung <strong>der</strong> Selbstachtung,<br />

<strong>der</strong> Selbstwahrnehmung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> körperlichen Unversehrtheit. <strong>Angst</strong> ist e<strong>in</strong>e Energie, e<strong>in</strong>e bestimmte<br />

Aufmerksamkeitsmenge für Gefahren, <strong>und</strong> damit auch e<strong>in</strong>e Auffor<strong>der</strong>ung zum Handeln.<br />

Ammon erklärt <strong>Angst</strong> als "e<strong>in</strong>e zentrale Ich-Funktion, die zur Bewältigung von Realität unbed<strong>in</strong>gt erfor<strong>der</strong>lich<br />

ist. Im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Regulationsfunktion ermöglicht die <strong>Angst</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em mittleren Bereich <strong>der</strong> Intensität<br />

Kreativität, das heißt, Verän<strong>der</strong>ung <strong>und</strong> flexible Zuordnung <strong>des</strong> gesamten Ich-Struktur-Musters. <strong>Die</strong><br />

konstruktive <strong>Angst</strong> macht den Menschen zum Menschen, sie wirft ihn auf sich selbst zurück, sie macht ihn<br />

echt, er kann <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zustand konstruktiver <strong>Angst</strong>, die ihn nicht völlig überflutet <strong>und</strong> zur Des<strong>in</strong>tegration führt,<br />

zu e<strong>in</strong>er Bereicherung se<strong>in</strong>er Identität gelangen".<br />

Riemann betrachtet die "<strong>Angst</strong> unter e<strong>in</strong>em Doppelaspekt: e<strong>in</strong>erseits kann <strong>Angst</strong> uns aktiv machen,<br />

an<strong>der</strong>erseits kann sie uns lähmen. <strong>Angst</strong> ist immer e<strong>in</strong> Signal <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Warnung bei Gefahren, <strong>und</strong> sie enthält<br />

gleichzeitig e<strong>in</strong>en Auffor<strong>der</strong>ungscharakter, nämlich den Impuls, sie zu überw<strong>in</strong>den".<br />

Nach me<strong>in</strong>em Empf<strong>in</strong>den ist <strong>Angst</strong> e<strong>in</strong> Gefühl <strong>der</strong> Enge, Beklemmung <strong>und</strong> Bedrohung, also e<strong>in</strong><br />

unangenehmer, angespannter Zustand, beziehungsweise e<strong>in</strong>e negative Erwartungshaltung, die die willens-<br />

o<strong>der</strong> verstan<strong>des</strong>mäßige Steuerung m<strong>in</strong><strong>der</strong>n o<strong>der</strong> aufheben kann, <strong>in</strong> jedem Fall aber bee<strong>in</strong>flußt.<br />

4.0 Mögliche Ursachen von <strong>Angst</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong>


Von den vielen möglichen Ursachen, die <strong>Angst</strong> beim Pflegepersonal <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> bed<strong>in</strong>gen, greife ich<br />

diejenigen heraus, die me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach wichtig s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel, natürlich unterschiedlich stark<br />

ausgeprägt, auf alle psychiatrischen Kl<strong>in</strong>iken <strong>und</strong> die dar<strong>in</strong> Beschäftigten zutreffen.<br />

4.1 Psychiatrische Krankheitsbil<strong>der</strong><br />

Für das Erleben von <strong>Angst</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> s<strong>in</strong>d die psychiatrischen Krankheitsbil<strong>der</strong> von zentraler<br />

Bedeutung. Bei fast allen psychischen Erkrankungen spielen Aggression <strong>und</strong> Gewalt, <strong>in</strong> welcher Form auch<br />

immer, e<strong>in</strong>e Rolle. Um die <strong>Angst</strong> <strong>des</strong> <strong>Pflegepersonals</strong> verstehen <strong>und</strong> möglicherweise nachvollziehen zu<br />

können, ersche<strong>in</strong>t es mir wichtig, die relevanten Krankheitsbil<strong>der</strong> kurz zu beschreiben.<br />

<strong>Die</strong> mo<strong>der</strong>ne <strong>Psychiatrie</strong> ist, was ich sehr positiv f<strong>in</strong>de, dazu übergegangen, die Patienten nicht mehr<br />

ausschließlich mit Diagnosen zu versehen, weil die dadurch entstehenden Auswirkungen eher nachteilig für<br />

die Patienten s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n die gezeigten Symptome zu benennen <strong>und</strong> zu beschreiben, das heißt, dem<br />

Patienten e<strong>in</strong> Syndrom zuzuordnen. Für die Pflege ist es von untergeordneter Bedeutung, ob e<strong>in</strong> manisches<br />

Syndrom im Rahmen e<strong>in</strong>er Schizophrenie o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er schizoaffektiven Psychose auftritt. <strong>Die</strong> pflegerische<br />

Behandlung ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel dieselbe. Für den Patienten ist es allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> großer Unterschied, ob er den<br />

Stempel "Schizophrenie" aufgedrückt bekommt o<strong>der</strong> "schizoaffektive Psychose". <strong>Die</strong> nun folgenden<br />

Symptome halte ich für bedeutsam.<br />

Wahn kommt bei verschiedenen psychischen Krankheiten vor, am häufigsten bei schizophrenen Psychosen,<br />

<strong>des</strong> weiteren bei akuten organischen Psychosen. Wahn ist per def<strong>in</strong>itionem e<strong>in</strong>e objektive falsche<br />

Überzeugung, die mit absoluter Gewißheit festgehalten wird, <strong>und</strong> durch gegenteilige Evidenz nicht korrigierbar<br />

ist. Der Wahn kann verschiedene Themen haben.<br />

Im Beziehungswahn bezieht <strong>der</strong> Kranke D<strong>in</strong>ge auf sich, zum Beispiel Ansagen im Radio o<strong>der</strong> Fernsehen,<br />

Artikel <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeitung, aber auch Äußerungen <strong>des</strong> Personals, Blicke, Gesten, Handlungen.<br />

Im Bee<strong>in</strong>trächtigungswahn sieht <strong>der</strong> Kranke das, was um ihn herum geschieht, nicht nur auf sich bezogen,<br />

son<strong>der</strong>n gegen sich gerichtet. Er glaubt, man wolle ihn beleidigen, herabsetzen, schädigen o<strong>der</strong> gar<br />

vernichten.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Steigerung <strong>des</strong> Bee<strong>in</strong>trächtigungswahns ist <strong>der</strong> Verfolgungswahn. In ihm werden harmlose<br />

Ereignisse <strong>in</strong> <strong>der</strong> Umwelt als Anzeichen von Bedrohung <strong>und</strong> Verfolgung empf<strong>und</strong>en. <strong>Die</strong>sen Empf<strong>in</strong>dungen,<br />

<strong>der</strong> sogenannten Wahnspannung, folgt dann e<strong>in</strong>e konkrete Deutung, zum Beispiel, er werde als Mör<strong>der</strong><br />

gesucht, er werde von Terroristen verfolgt, man trachte ihm nach dem Leben, wolle ihn vergiften.<br />

E<strong>in</strong> typisches Symptom <strong>der</strong> manischen Erregung ist <strong>der</strong> Größenwahn. In ihm überschätzt <strong>der</strong> Patient se<strong>in</strong>e<br />

eigene Person <strong>und</strong> Bedeutung, se<strong>in</strong>e Fähigkeiten <strong>und</strong> Leistungen. Er fühlt sich berufen <strong>und</strong> ausersehen, hält<br />

sich für Gott, den Welterlöser. Auch die Umgebung kann <strong>in</strong> den Wahn mite<strong>in</strong>bezogen werden.<br />

Im psychotischen Erleben s<strong>in</strong>d Wahn <strong>und</strong> Halluz<strong>in</strong>ation eng mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en. <strong>Die</strong> enge Beziehung <strong>der</strong><br />

Halluz<strong>in</strong>ation zum Wahn besteht dar<strong>in</strong>, daß auch hier <strong>der</strong> Patient fest <strong>und</strong> unkorrigierbar von <strong>der</strong> Realität<br />

<strong>des</strong>sen, was er erlebt, überzeugt ist. Halluz<strong>in</strong>ationen s<strong>in</strong>d S<strong>in</strong>nestäuschungen <strong>und</strong> Trugwahrnehmungen <strong>und</strong><br />

unterscheiden sich von <strong>der</strong> normalen Wahrnehmung dadurch, daß sie nicht durch e<strong>in</strong>en äußeren S<strong>in</strong>nesreiz<br />

hervorgerufen werden. Halluz<strong>in</strong>ationen gibt es auf allen S<strong>in</strong>nesgebieten. Am bedeutsamsten s<strong>in</strong>d die<br />

akustischen <strong>und</strong> optischen Halluz<strong>in</strong>ationen.


Bei akustischen Halluz<strong>in</strong>ationen hört <strong>der</strong> Kranke Stimmen o<strong>der</strong> Geräusche, die das eigene Tun begleiten, das<br />

heißt kommentieren, o<strong>der</strong> aber bestimmen. <strong>Die</strong>se imperativen Stimmen s<strong>in</strong>d von herausragen<strong>der</strong> Bedeutung,<br />

weil <strong>der</strong> Kranke <strong>der</strong>en Befehl oftmals ausführt. So können ihm Stimmen befehlen, jemanden zu schlagen o<strong>der</strong><br />

gar zu töten, aber auch sich selber schwer zu schädigen.<br />

Optische Halluz<strong>in</strong>ationen s<strong>in</strong>d für das Delir charakteristisch. Dabei handelt es sich um das halluz<strong>in</strong>atorische<br />

Sehen von Umweltobjekten, häufig kle<strong>in</strong>en, sich lebhaft bewegenden Tieren.<br />

Bee<strong>in</strong>druckend s<strong>in</strong>d auch katatone Symptome. Damit s<strong>in</strong>d Störungen <strong>der</strong> Motorik <strong>und</strong> <strong>des</strong> Antriebs geme<strong>in</strong>t.<br />

Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> steht die psychomotorische Unruhe <strong>und</strong> Erregung. <strong>Die</strong> Patienten s<strong>in</strong>d ständig <strong>in</strong> Bewegung,<br />

werden aggressiv, zerstören was ihnen <strong>in</strong> die Hände kommt, <strong>und</strong> greifen Mitpatienten <strong>und</strong> Personal an. Es ist<br />

mir noch wichtig zu sagen, daß die gezeigten Symptome ausschließlich Ausdruck e<strong>in</strong>er psychischen<br />

Erkrankung s<strong>in</strong>d, das heißt, sie s<strong>in</strong>d vom Patienten nicht willentlich bee<strong>in</strong>flußbar.<br />

Neben den psychotischen Erkrankungen gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> e<strong>in</strong>e ständig steigende Zahl von<br />

Abhängigkeitskranken. Gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aufnahmesituation s<strong>in</strong>d diese Patienten oft alkoholisiert, dadurch<br />

gereizt, rechthaberisch, krankheitsune<strong>in</strong>sichtig, <strong>und</strong> verstehen oft nicht, daß sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em psychiatrischen<br />

Fachkrankenhaus behandelt werden müssen. Daraus resultieren dann verbale <strong>und</strong> auch körperliche<br />

Aggressionen gegenüber dem Pflegepersonal, das die <strong>und</strong>ankbare Aufgabe hat, sich den oft unerfüllbaren<br />

Wünschen <strong>der</strong> Patienten <strong>in</strong> den Weg stellen zu müssen.<br />

4.2 Gewalt <strong>und</strong> Aggression <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong><br />

"Gewalt gehört nun e<strong>in</strong>mal zur psychiatrischen Arbeit" ist e<strong>in</strong>e vorherrschende Me<strong>in</strong>ung. Tatsächlich kommen<br />

Aggression <strong>und</strong> Gewalt wohl m<strong>in</strong><strong>des</strong>tens e<strong>in</strong>mal pro Tag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er durchschnittlichen Psychiatrischen Kl<strong>in</strong>ik vor.<br />

Und mit Sicherheit werden nicht alle Fälle bekanntgemacht.<br />

Gewalt <strong>und</strong> Aggression gibt es <strong>in</strong> unterschiedlichen Formen <strong>und</strong> Ausprägungen. Von überragen<strong>der</strong><br />

Bedeutung für das Erleben von <strong>Angst</strong> ist nach me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung die körperliche Aggression, das heißt, e<strong>in</strong><br />

Patient greift e<strong>in</strong>en Pflegenden körperlich an. Aber auch verbale Aggression bee<strong>in</strong>flußt unser Erleben <strong>und</strong><br />

unser Tun. Wie stark die Bee<strong>in</strong>flussung ist, hängt von <strong>der</strong> subjektiven Beurteilung <strong>des</strong> Betroffenen ab. Je<strong>der</strong><br />

erlebt Aggression <strong>und</strong> Gewalt an<strong>der</strong>s.<br />

Nico Oud hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Studie 1991 gezeigt, daß 20 Prozent <strong>der</strong> Pflegenden durchschnittlich e<strong>in</strong>mal pro<br />

Woche mit e<strong>in</strong>er für sie schwierigen Situation von Aggression konfrontiert werden. Er hat ermittelt, daß 10<br />

Prozent <strong>der</strong> Pflegekräfte durchschnittlich e<strong>in</strong>mal pro Monat körperlich angegriffen werden.<br />

Viele psychiatrische Kl<strong>in</strong>iken dokumentieren sogenannte beson<strong>der</strong>e Vorkommnisse. Damit s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

Suizide, Suizidversuche, Entweichungen <strong>und</strong> Tätlichkeiten geme<strong>in</strong>t. Tätlichkeiten sowohl zwischen Patienten,<br />

als auch zwischen Patient <strong>und</strong> Personal. Ich habe mir von e<strong>in</strong>er typischen psychiatrischen Aufnahmestation,<br />

25 Betten, gemischtgeschlechtliche Belegung, regionaler Versorgungsauftrag, 15 Planstellen im<br />

Pflegebereich, je zur Hälfte mit Krankenschwestern <strong>und</strong> Krankenpflegern besetzt, die Dokumentation <strong>der</strong><br />

beson<strong>der</strong>en Vorfälle angeschaut. In dem Zeitraum von März 1993 bis Mai 1994 erfolgten 43 Tätlichkeiten von<br />

Patienten gegenüber dem Pflegepersonal. <strong>Die</strong> Verletzungen reichten von Ohrfeigen <strong>und</strong> Kratzw<strong>und</strong>en über<br />

Bißverletzungen <strong>und</strong> Würgemalen bis h<strong>in</strong> zu Augenverätzung, Kapselanriß im Kniegelenk <strong>und</strong> Bän<strong>der</strong>riß im<br />

Sprunggelenk. In sieben Fällen mußte aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Schwere <strong>der</strong> Verletzung e<strong>in</strong>e ärztliche Behandlung<br />

erfolgen. Dokumentiert s<strong>in</strong>d natürlich nur die äußeren, die sichtbaren Verletzungen. Was aber im Inneren <strong>der</strong>


Pflegenden verletzt wird, bleibt verborgen.<br />

4.3 Vorurteile <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

Wir werden geprägt durch die Sozialisation, <strong>und</strong> diese Prägung ist so stark, daß sie uns e<strong>in</strong> ganzes Leben<br />

lang begleitet. Im Rahmen <strong>der</strong> Sozialisation lernen wir die Werte <strong>und</strong> Normen <strong>der</strong> Gesellschaft, zum großen<br />

Teil ver<strong>in</strong>nerlichen wir diese. Auf diese Weise übernehmen wir auch Vorurteile. Vorurteile s<strong>in</strong>d vorgefaßte,<br />

meist negative Urteile, die auf ihren Wahrheitsgehalt nicht überprüft werden. Sie bee<strong>in</strong>flussen uns unter<br />

an<strong>der</strong>em beim Kategorisieren von Personen <strong>und</strong> Situationen.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Psychiatrie</strong> <strong>und</strong> mit ihr die psychisch Kranken s<strong>in</strong>d mit Vorurteilen überlastet. <strong>Die</strong> Ursachen dafür s<strong>in</strong>d<br />

manigfaltig. Für mich stehen zwei Aspekte im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>, zum e<strong>in</strong>en das offensichtliche Bedürfnis <strong>der</strong><br />

Gesellschaft, sich von allem "Unnormalen" abzugrenzen, <strong>und</strong> es somit auszugrenzen, zum an<strong>der</strong>en die<br />

verheerende Geschichte <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong>. So kann das dadurch entstandene Bild <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> <strong>in</strong> uns se<strong>in</strong>,<br />

ohne uns bewußt zu se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> bedeutsamen Situationen kann es aber an die Oberfläche treten.<br />

Vorurteile entstehen aber auch aufgr<strong>und</strong> von Erfahrungen. E<strong>in</strong> Beispiel: Wenn ich wie<strong>der</strong>holt erlebt habe, daß<br />

immer dann, wenn ich mit e<strong>in</strong>er weiblichen Kolleg<strong>in</strong> auf e<strong>in</strong>er Akutstation Nachtdienst hatte, <strong>und</strong> kritische<br />

Situationen nicht mehr o<strong>der</strong> nur mit externer Unterstützung beherrschbar waren, kann dies dazu führen, daß<br />

ich zukünftig mit <strong>Angst</strong> reagiere, wenn ich wie<strong>der</strong> mit e<strong>in</strong>er Krankenschwester zum Nachtdienst e<strong>in</strong>geteilt b<strong>in</strong>.<br />

Daraus kann dann auch das Vorurteil entstehen, daß es gefährlich ist, wenn nicht zwei Krankenpfleger auf<br />

e<strong>in</strong>er psychiatrischen Akutstation zum Nachtdienst e<strong>in</strong>geteilt s<strong>in</strong>d.<br />

Ich will noch auf die Persönlichkeit <strong>des</strong> e<strong>in</strong>zelnen unter E<strong>in</strong>beziehung se<strong>in</strong>es sozialen Umfel<strong>des</strong> e<strong>in</strong>gehen. Es<br />

ist mir wichtig, daß auch die Bedeutung dieser beiden Faktoren gesehen wird. So unterschiedlich wie<br />

Persönlichkeiten s<strong>in</strong>d, so unterschiedlich ist auch das Empf<strong>in</strong>den von <strong>Angst</strong>. So kann e<strong>in</strong>e Situation für den<br />

e<strong>in</strong>en massiv mit <strong>Angst</strong> besetzt se<strong>in</strong>, für den an<strong>der</strong>en ist sie im Rahmen <strong>des</strong> Normalen, löst ke<strong>in</strong>erlei<br />

bedeutsame Gefühle aus. <strong>Die</strong>se Unterschiede können auch bed<strong>in</strong>gt se<strong>in</strong> durch die Tagesform, das heißt die<br />

momentane psychische <strong>und</strong> physische Verfassung <strong>des</strong> Mitarbeiters. E<strong>in</strong>fluß nimmt sicherlich auch das soziale<br />

Umfeld. Für mich gew<strong>in</strong>nt es dann an Bedeutung, wenn es nicht dazu geeignet ist, die Entspannung <strong>und</strong><br />

Entlastung zu erbr<strong>in</strong>gen, die notwendig ist.<br />

4.4 "Öffentliche Me<strong>in</strong>ung"<br />

Wer hat nicht den heute nahezu klassischen <strong>Psychiatrie</strong>film "E<strong>in</strong>er flog über das Kuckucksnest" gesehen?<br />

Wer liest nicht fast tagtäglich zentimeterhohe Überschriften <strong>in</strong> <strong>der</strong> Boulevardpresse über "Irre" <strong>und</strong><br />

"Wahns<strong>in</strong>n"?<br />

Wer kennt nicht m<strong>in</strong><strong>des</strong>tens e<strong>in</strong>en Menschen, <strong>der</strong> "nur schlechte Erfahrungen" <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> gesammelt<br />

hat?<br />

Ähnlich dem Mechanismus <strong>der</strong> unbewußten Aufnahme <strong>und</strong> Bee<strong>in</strong>flussung durch Werbung ist es auch<br />

möglich, daß wir durch die öffentliche Me<strong>in</strong>ung nicht willentlich bee<strong>in</strong>flußt werden.<br />

<strong>Die</strong> öffentliche Me<strong>in</strong>ung wird von vielen Seiten, durch verschiedene Faktoren <strong>und</strong> aus unterschiedlichen<br />

Motivationen geprägt. Dom<strong>in</strong>ant ist sicherlich die Boulevardpresse, die, permanent unter<br />

Veröffentlichungsdruck stehend, ke<strong>in</strong>e Gelegenheit ausläßt, <strong>Psychiatrie</strong> <strong>und</strong> psychisch Kranke halbwahr bis<br />

falsch darzustellen. Zudem ist es <strong>in</strong> den letzten Jahren, bed<strong>in</strong>gt durch stärkeren Konkurrenzdruck, <strong>in</strong> fast allen<br />

Medien zu e<strong>in</strong>er Abnahme <strong>der</strong> Seriosität gekommen. Es zählen nur noch Auflagenhöhe <strong>und</strong> E<strong>in</strong>schaltquote,


<strong>und</strong> die gilt es mit allen Mitteln hochzutreiben. E<strong>in</strong>e reißerische Berichterstattung ist e<strong>in</strong> dazu geeignetes<br />

Mittel. So bleiben auch die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> Tätigen davon nicht verschont.<br />

Es ist aber m<strong>in</strong><strong>des</strong>tens von genauso großer Bedeutung, wie die Pflegenden <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> ihren Beruf<br />

nach außen darstellen. So wie es vor 30 Jahren nicht unüblich war, daß e<strong>in</strong> verbeamteter Krankenpfleger<br />

e<strong>in</strong>er psychiatrischen Kl<strong>in</strong>ik als Beruf "Beamter beim Bezirk" angab, ist es auch heute für manche Mitarbeiter<br />

noch schwierig, ihren Beruf <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Tätigkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit differenziert<br />

darzustellen.<br />

So gelten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Öffentlichkeit, um die krassesten Attribute zu nennen, schizophren Kranke als<br />

unberechenbar, <strong>und</strong>urchschaubar, unheilbar, gewalttätig, allgeme<strong>in</strong>gefährlich. E<strong>in</strong> <strong>der</strong>art falsches Bild zu<br />

revidieren <strong>und</strong> zu korrigieren, erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e hohe Kompetenz, nicht nur an Fachwissen, auch im sozialen <strong>und</strong><br />

kommunikativen Bereich, kostet Kraft, mitunter Mut, <strong>und</strong> ist zudem e<strong>in</strong>e sehr zeitraubende Angelegenheit.<br />

Auch s<strong>in</strong>d viele Pflegedienstleitungen zurückhaltend, wenn es um öffentliche Darstellung <strong>der</strong> psychiatrischen<br />

Krankenpflege geht. Es wird immer noch diskutiert, ob <strong>und</strong> <strong>in</strong>wieweit die Pflegedienstleitung für die<br />

Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.<br />

4.5 Forensische <strong>Psychiatrie</strong><br />

E<strong>in</strong>e Son<strong>der</strong>rolle <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> spielt die forensische <strong>Psychiatrie</strong>. Sie befaßt sich <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie mit<br />

<strong>der</strong> Rehabilitation von psychisch kranken Rechtsbrechern. Zudem hat sie die Aufgabe zu prüfen, ob aufgr<strong>und</strong><br />

psychischer Störungen <strong>des</strong> Patienten die Schuldfähigkeit für e<strong>in</strong>en bestimmten Zeitpunkt aufgehoben,<br />

beziehungsweise e<strong>in</strong>geschränkt war.<br />

Der gr<strong>und</strong>legende Unterschied zur allgeme<strong>in</strong>en <strong>Psychiatrie</strong> besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Rechtsgr<strong>und</strong>lage für den Aufenthalt<br />

<strong>der</strong> Patienten, die im Strafgesetzbuch (StGB) <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Strafprozeßordnung (StPO) festgelegt ist. <strong>Die</strong> zwei<br />

bedeutsamen Rechtsbestimmungen lauten:<br />

§ 63 StGB: Hat jemand e<strong>in</strong>e rechtswidrige Tat im Zustand <strong>der</strong> Schuldunfähigkeit (§ 20) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ten<br />

Schuldfähigkeit (§ 21) begangen, so ordnet das Gericht die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em psychiatrischen<br />

Krankenhaus an, wenn die Gesamtwürdigung <strong>des</strong> Täters <strong>und</strong> <strong>der</strong> Tat ergibt, daß von ihm <strong>in</strong>folge se<strong>in</strong>es<br />

Zustan<strong>des</strong> erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> er <strong>des</strong>halb für die Allgeme<strong>in</strong>heit gefährlich ist.<br />

§ 64 StGB: Hat jemand den Hang, alkoholische Getränke o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e berauschende Mittel im Übermaß zu<br />

sich zu nehmen, <strong>und</strong> wird er wegen e<strong>in</strong>er rechtswidrigen Tat, die er im Rausch begangen hat o<strong>der</strong> die auf<br />

se<strong>in</strong>en Hang zurückgeht, verurteilt o<strong>der</strong> nur <strong>des</strong>halb nicht verurteilt, weil se<strong>in</strong>e Schuldunfähigkeit erwiesen<br />

o<strong>der</strong> nicht auszuschließen ist, so ordnet das Gericht die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Erziehungsanstalt an, wenn<br />

Gefahr besteht, daß er <strong>in</strong>folge se<strong>in</strong>es Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.<br />

Neben diesen beiden Rechtsbestimmungen gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> StPO noch die Paragraphen 126 a (E<strong>in</strong>stweilige<br />

Unterbr<strong>in</strong>gung) <strong>und</strong> 81 (Unterbr<strong>in</strong>gung zur Beobachtung <strong>des</strong> Beschuldigten), die aber nur e<strong>in</strong>e untergeordnete<br />

Rolle spielen, <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb ke<strong>in</strong>er näheren Erläuterung bedürfen.<br />

Alle<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Wortlaut <strong>der</strong> Paragraphen zeigt, welche Patienten sich dah<strong>in</strong>ter verbergen können. So ist es<br />

me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach nur zu verständlich, daß <strong>der</strong> Vorstellungskraft ke<strong>in</strong>e Grenzen gesetzt s<strong>in</strong>d, wenn von<br />

Allgeme<strong>in</strong>gefährlichkeit <strong>und</strong> von erheblichen rechtswidrigen Taten die Rede ist. Forensische <strong>Psychiatrie</strong><br />

taucht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit immer dann auf, wenn e<strong>in</strong> spektakuläres Verbrechen verübt wird, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Täter<br />

möglicherweise psychisch krank ist.


In <strong>der</strong> forensischen <strong>Psychiatrie</strong> ist das Pflegepersonal oft nur Wachpersonal, <strong>und</strong> fühlt sich dementsprechend<br />

primär für die Sicherheit <strong>der</strong> Patienten verantwortlich. Das heißt aber auch, e<strong>in</strong>e Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit den<br />

Patienten erfolgt nur an den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, <strong>in</strong>haltlich wird nicht gearbeitet. Unter <strong>in</strong>haltlicher Arbeit<br />

verstehe ich den Aufbau e<strong>in</strong>er tragfähigen Beziehung zum Patienten, <strong>und</strong> die Schaffung e<strong>in</strong>es<br />

therapeutischen Milieus auf <strong>der</strong> Station.<br />

4.6 Krankenpflegeausbildung<br />

Wie ich bereits am Anfang geschrieben habe, gehe ich davon aus, daß <strong>der</strong> Umgang mit <strong>Angst</strong> (<strong>und</strong> auch<br />

an<strong>der</strong>en Gefühlen) gelernt werden muß. <strong>Die</strong>s sollte selbstverständlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildung geschehen. Es bietet<br />

sich also an, die Inhalte <strong>der</strong> Krankenpflegeausbildung genauer zu betrachten.<br />

Als geeignetes Mittel stehen hierzu die "Lehrpläne für die Berufsfachschule für Krankenpflege" zur Verfügung.<br />

<strong>Die</strong>se wurden vom Bayerischen Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst 1992 zur<br />

verb<strong>in</strong>dlichen Erprobung erlassen. <strong>Die</strong>se Erprobung soll m<strong>in</strong><strong>des</strong>tens vier Schuljahre dauern, dann soll die<br />

endgültige E<strong>in</strong>führung kommen. Ich habe die Lehrpläne dah<strong>in</strong>gehend überprüft, welche <strong>der</strong> angegebenen<br />

Unterrichts<strong>in</strong>halte geeignet s<strong>in</strong>d, die soziale <strong>und</strong> kommunikative Kompetenz <strong>der</strong> Krankenpflegeschüler<strong>in</strong>nen<br />

<strong>und</strong> -schüler zu för<strong>der</strong>n, sie <strong>in</strong> die Lage zu versetzen, mit <strong>und</strong> an Gefühlen zu arbeiten,<br />

Bewältigungsstrategien zu lernen.<br />

Der theoretische <strong>und</strong> praktische Unterricht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krankenpflegeausbildung umfaßt 1600 St<strong>und</strong>en, davon s<strong>in</strong>d<br />

100 St<strong>und</strong>en für die Gr<strong>und</strong>lagen <strong>der</strong> Psychologie, Soziologie <strong>und</strong> Pädagogik vorgesehen. Von diesen 100<br />

St<strong>und</strong>en befassen sich mit <strong>der</strong> oben genannten Thematik 36 St<strong>und</strong>en, davon 10 St<strong>und</strong>en "E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die<br />

Bedeutung von Lebensereignissen <strong>und</strong> Lebenskrisen für Lebenslauf <strong>und</strong> Konfliktbewältigung" <strong>und</strong> 26 St<strong>und</strong>en<br />

"Interaktion <strong>und</strong> Kommunikation".<br />

<strong>Die</strong> praktische Ausbildung umfaßt 3000 St<strong>und</strong>en, davon 400 St<strong>und</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong>, K<strong>in</strong><strong>der</strong>krankenpflege<br />

<strong>und</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>heilk<strong>und</strong>e, sowie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>dekrankenpflege. Das heißt, daß <strong>der</strong> praktische E<strong>in</strong>satz <strong>der</strong><br />

Krankenpflegeschüler<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -schüler 4 Wochen beträgt, wobei es mittlerweile immer mehr<br />

Krankenpflegeschulen gibt, die diese Zeit bis h<strong>in</strong> zu 8 Wochen verlängern.<br />

5.0 <strong>Die</strong> Befragung<br />

<strong>Die</strong> von mir gewählte Form <strong>der</strong> Datenerhebung, e<strong>in</strong> strukturiertes Interview, hat sich ergeben, weil ich aktuelle<br />

Daten als Kernstück für diese Arbeit ansehe, <strong>und</strong> e<strong>in</strong> herkömmlicher Fragebogen, <strong>der</strong> anonym ausgefüllt<br />

werden kann, mir für dieses Thema nicht geeignet schien.<br />

5.1 Thesen<br />

� Tabuisierte <strong>Angst</strong> hat e<strong>in</strong>schneidende negative Auswirkungen auf den E<strong>in</strong>zelnen,<br />

das Team <strong>und</strong> dabei vor allem auf die Pflege <strong>der</strong> Patienten.<br />

� <strong>Angst</strong> kann, um abgewehrt zu werden, <strong>in</strong> ihr Gegenteil, das Ausüben von Macht,<br />

verkehrt werden.<br />

� Je ger<strong>in</strong>ger das Wissen <strong>und</strong> je schlechter die Informationen über e<strong>in</strong>en Patienten<br />

s<strong>in</strong>d, <strong>des</strong>to wahrsche<strong>in</strong>licher ist das Auftreten von diffusen Ängsten.


� Teams verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n die <strong>in</strong>haltliche Diskussion über <strong>Angst</strong>, <strong>in</strong>dem sie sich<br />

ausschließlich mit den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen.<br />

� <strong>Die</strong> Krankenpflegeausbildung vermittelt nicht die notwendige soziale <strong>und</strong><br />

kommunikative Kompetenz, die erfor<strong>der</strong>lich ist, um mit <strong>Angst</strong> adäquat umzugehen.<br />

5.2 Ansatz <strong>der</strong> Befragung<br />

<strong>Die</strong> Interviews habe ich mit dem Charakter e<strong>in</strong>es vertrauensvollen Gespräches geführt, weil ich glaube, nur<br />

auf diesem Weg ist es möglich, Antworten auf Fragen zu erhalten, die sehr persönlich s<strong>in</strong>d, zum Teil sogar<br />

<strong>in</strong>tim. Bei <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Fragen habe ich versucht, soweit möglich, Bezug auf die Thesen zu nehmen, um<br />

Überprüfen zu können, ob diese noch zutreffend s<strong>in</strong>d, o<strong>der</strong> zu revidieren s<strong>in</strong>d.<br />

In <strong>der</strong> Auswahl <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik steckt e<strong>in</strong> weiterer Aspekt. <strong>Die</strong> Kl<strong>in</strong>ik, die ich für die Befragung ausgewählt habe, gilt<br />

als liberal, sie hat ke<strong>in</strong>e starren hierarchischen Strukturen, die Leitungen s<strong>in</strong>d offen <strong>und</strong> aufgeschlossen, auf<br />

allen Ebenen wird e<strong>in</strong> kooperativer Führungsstil praktiziert, im Umgang mit den Patienten steht <strong>der</strong><br />

sozialpsychiatrische Gedanke im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong>. Regelmäßige Teambesprechungen s<strong>in</strong>d ebenso etabliert wie<br />

Leitungsbesprechungen, es gibt e<strong>in</strong>e Stabsstelle für Innerbetriebliche Fortbildung, sowie e<strong>in</strong>e<br />

Weiterbildungsstätte für Psychiatrische Fachkrankenpflege. Für mich war es <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

<strong>in</strong>teressant zu erfahren, <strong>in</strong>wieweit <strong>der</strong>art günstige äußere Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluß nehmen können auf den<br />

Umgang mit <strong>Angst</strong>.<br />

5.3 Beschreibung <strong>der</strong> erhobenen Daten<br />

Me<strong>in</strong>e Gesprächspartner (im folgenden MA für Mitarbeiter genannt), waren fünf Krankenschwestern <strong>und</strong> fünf<br />

Krankenpfleger. Das Durchschnittsalter war 30 Jahre (von 21 bis 40 Jahre), alle MA waren 3-jährig<br />

exam<strong>in</strong>ierte Krankenpflegekräfte, fünf davon mit 2-jähriger Zusatzausbildung <strong>in</strong> Fachkrankenpflege für<br />

<strong>Psychiatrie</strong>. <strong>Die</strong> durchschnittlich Berufserfahrung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> betrug 5,9 Jahre (von 2 bis 14 Jahren).<br />

Acht MA waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Akutpsychiatrie, zwei <strong>in</strong> <strong>der</strong> Forensischen <strong>Psychiatrie</strong> tätig.<br />

Ich beschreibe nun anhand <strong>des</strong> Fragenkatalogs die von mir erhobenen Daten.<br />

Je<strong>der</strong> versteht <strong>und</strong> erlebt <strong>Angst</strong> an<strong>der</strong>s. Was verstehen Sie unter <strong>Angst</strong> <strong>und</strong> wie<br />

erleben Sie <strong>Angst</strong> (kognitive, emotionale <strong>und</strong> vegetative Ebene)?<br />

<strong>Angst</strong> wird nahezu übere<strong>in</strong>stimmend als Ausnahmezustand beschrieben, <strong>der</strong> <strong>in</strong> schwer beherrschbaren<br />

Situationen auftritt, bei gespannten Patienten, aber auch <strong>in</strong> Sorge um den suizidalen Patienten. Im<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> steht e<strong>in</strong> Gefühl <strong>der</strong> Unsicherheit, ob <strong>und</strong> wie gehandelt werden soll, <strong>der</strong> Hilflosigkeit, wie<br />

reagiert werden soll, aber auch <strong>der</strong> Bedrohung bis h<strong>in</strong> zur Lebensbedrohung.<br />

Auf <strong>der</strong> vegetativen Ebene werden Schweißausbrüche, Unruhe, Herzklopfen, Aufregung <strong>und</strong> Zittern genannt.<br />

Ist <strong>Angst</strong> e<strong>in</strong> Thema das Sie beschäftigt? Wie oft beschäftigt Sie <strong>Angst</strong>? Gibt es für<br />

Sie spezifische Situationen, die mit <strong>Angst</strong> besetzt s<strong>in</strong>d?<br />

Von den 10 Befragten äußert 1 MA, daß ihn <strong>Angst</strong> nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit, son<strong>der</strong>n lediglich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Freizeit<br />

beschäftige. 3 MA geben an, <strong>Angst</strong> ziehe sich bei ihnen durch die ganze Arbeit, bei 6 MA ist die <strong>Angst</strong> immer<br />

dann Thema, wenn sich Zwischenfälle ereignen o<strong>der</strong> ereignet haben, wie die mechanische Beschränkung<br />

e<strong>in</strong>es Patienten, Gewalttätigkeiten gegenüber dem Pflegepersonal, Aufnahmesituationen mit bekannt


aggressiven Patienten, aber auch bei gestörter o<strong>der</strong> nicht vorhandener Beziehung zum Patienten, zum<br />

Beispiel nach längerer Abwesenheit von <strong>der</strong> Station durch Urlaub o<strong>der</strong> Erkrankung.<br />

Wann hatten Sie das letzte Mal <strong>Angst</strong> mit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>gangs beschriebenen<br />

Symptomatik? Beschreiben Sie bitte die Situation <strong>und</strong> die anschließenden<br />

Reaktionen (eigene, Team, Institution).<br />

Ich möchte die Beschreibungen hier e<strong>in</strong>zeln <strong>und</strong> auszugsweise wie<strong>der</strong>geben:<br />

* "...nach e<strong>in</strong>er Tätlichkeit e<strong>in</strong>es Patienten, es gab e<strong>in</strong>e Schlägerei auf Station. Mir wurde die <strong>Angst</strong> erst später<br />

bewußt, ich machte mir Vorwürfe, falsch reagiert zu haben. Ich hatte große <strong>Angst</strong> vor <strong>der</strong> Rückkehr auf die<br />

Station. Mir hat die gute Zusammenarbeit mit den Ärzten geholfen..."<br />

* "...Gewaltandrohung e<strong>in</strong>es Patienten im Nachtdienst. <strong>Angst</strong> hatte ich, weil ich mit e<strong>in</strong>er Krankenschwester<br />

Nachtdienst hatte, <strong>und</strong> Schwestern <strong>in</strong> Extremsituationen physisch nicht so leistungsfähig s<strong>in</strong>d wie<br />

Krankenpfleger..."<br />

* "...letzte Woche im Nachtdienst. E<strong>in</strong> bekannt aggressiver Patient wurde aufgenommen, <strong>und</strong> nicht fixiert..."<br />

* "...vor acht Wochen bei <strong>der</strong> Fixierung e<strong>in</strong>es Patienten. Reaktionen kamen erst viel später, ich hatte<br />

permanent e<strong>in</strong> schlechtes Gefühl, überlegte, die Station zu wechseln, mich auf e<strong>in</strong>e offene Station versetzen<br />

zu lassen..."<br />

* "...vor zwei Wochen bei e<strong>in</strong>em paranoiden Patienten, <strong>der</strong> die Medikation verweigerte. Es war später<br />

Nachmittag, wir waren nur zu zweit im <strong>Die</strong>nst, <strong>der</strong> Patient bekam e<strong>in</strong>en schweren Erregungszustand..."<br />

* "...vor fünf Wochen von e<strong>in</strong>em paranoiden Patienten angegriffen. Es war e<strong>in</strong>e schwere Schlägerei, ich hatte<br />

To<strong>des</strong>angst. Anschließend war ich zwei Tage psychisch total down, habe schlecht geschlafen, hatte <strong>Angst</strong>,<br />

wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> den <strong>Die</strong>nst zu gehen. Pflegepersonal ist oft wie Freiwild. Und seitens <strong>der</strong> PDL gibt es ke<strong>in</strong>e<br />

Reaktionen. Es hat mir geholfen, daß es mit e<strong>in</strong>zelnen Teammitglie<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>fühlsame Gespräche gegeben<br />

hat..."<br />

* "...mit e<strong>in</strong>em unerfahren Kollegen alle<strong>in</strong>e im <strong>Die</strong>nst. E<strong>in</strong> Patient hatte e<strong>in</strong>en Erregungszustand, war<br />

körperlich aggressiv. Wir haben anschließend darüber geredet..."<br />

* "...wurde von e<strong>in</strong>em Ex-Patienten verfolgt <strong>und</strong> belästigt, er hat mich mit Umbr<strong>in</strong>gen bedroht. E<strong>in</strong>es Tages ist<br />

es ihm gelungen, <strong>in</strong> me<strong>in</strong> Zimmer im Personalwohnheim e<strong>in</strong>zudr<strong>in</strong>gen, er wollte mich mit e<strong>in</strong>em Gürtel<br />

erwürgen. Ich konnte gerade noch aus dem Zimmer fliehen <strong>und</strong> die Polizei verständigen..."<br />

* "...vor sechs Wochen. E<strong>in</strong> paranoi<strong>der</strong> Patient hat mich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Wahn mite<strong>in</strong>bezogen. Ich war mit e<strong>in</strong>er<br />

Krankenschwester alle<strong>in</strong>e im <strong>Die</strong>nst, <strong>der</strong> Patient stand kurz vor e<strong>in</strong>em Erregungszustand. Es ist noch e<strong>in</strong>mal<br />

glimpflich ausgegangen, wir haben die ganze Situation dann besprochen..."<br />

Was tun Sie gegen <strong>Angst</strong>?<br />

Zwei MA geben an, nichts gegen <strong>Angst</strong> zu tun. Sechs MA berichten übere<strong>in</strong>stimmend, sie würden sowohl mit


dem Patienten als auch mit dem Team darüber reden, <strong>in</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Fällen die Betreuung <strong>des</strong> Patienten an<br />

e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Teammitglied abgeben. Als Konsequenz <strong>der</strong> <strong>Angst</strong> ke<strong>in</strong>en <strong>in</strong>tensiven Kontakt zum Patienten zu<br />

haben, mehr Distanz zu schaffen, wird von vier MA geäußert. Folgende Strategien werden je e<strong>in</strong>mal genannt:<br />

Versetzungsantrag auf e<strong>in</strong>e offene Station, Sport, Bewußtmachung <strong>der</strong> <strong>Angst</strong>, Selbstsicherheit tra<strong>in</strong>ieren.<br />

An<strong>der</strong>e Aussagen s<strong>in</strong>d: "ich muß nicht immer an vor<strong>der</strong>ster Front se<strong>in</strong>", "da muß ich durch, es ist me<strong>in</strong>e<br />

Arbeit", "ich kann doch me<strong>in</strong>e Kollegen nicht im Stich lassen".<br />

Wird im Team über <strong>Angst</strong> gesprochen?<br />

In zwei Fällen wird die Frage bejaht, <strong>in</strong> den übrigen acht Fällen verne<strong>in</strong>t. In den Teams, <strong>in</strong> denen nicht über<br />

<strong>Angst</strong> gesprochen wird, wird über Sicherheit gesprochen. Das be<strong>in</strong>haltet Diskussionen über<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, zum Beispiel Alarmsysteme, aber auch personelle Besetzungen, konkret, ob es<br />

verantwortet werden kann, wenn Krankenschwestern Nachtdienst machen.<br />

Haben Sie sich wegen e<strong>in</strong>er <strong>Angst</strong>problematik schon e<strong>in</strong>mal an e<strong>in</strong>en Kollegen,<br />

Vorgesetzten o<strong>der</strong> an die Institution gewendet?<br />

Von den 10 Befragten haben sich 6 schon m<strong>in</strong><strong>des</strong>tens e<strong>in</strong>mal wegen e<strong>in</strong>er <strong>Angst</strong>problematik an e<strong>in</strong>en<br />

Kollegen gewendet, <strong>in</strong> ke<strong>in</strong>em Fall an e<strong>in</strong>en Vorgesetzten o<strong>der</strong> an die Institution. In den meisten Fällen g<strong>in</strong>g<br />

es um Personalbesetzungen, speziell um weibliche Mitarbeiter im Nachtdienst.<br />

Haben Sie negative Auswirkungen auf die Patienten erlebt, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Angst</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Pflegepersonals</strong> begründet se<strong>in</strong> könnten?<br />

Am häufigsten, <strong>in</strong>sgesamt siebenmal, wird die präventive mechanische Beschränkung (Fixierung) von<br />

Patienten angesprochen, das heißt, obwohl es mediz<strong>in</strong>isch nicht notwendig ist, werden Patienten fixiert, um<br />

eventuelle Gewalttätigkeiten zu vermeiden. Als weitere Auswirkungen werden beschrieben: mehr Distanz zum<br />

Patienten, e<strong>in</strong>e restriktive Behandlung <strong>der</strong> Patienten, For<strong>der</strong>ung nach e<strong>in</strong>er höheren Dosis <strong>der</strong><br />

Psychopharmaka. E<strong>in</strong> MA wollte sich zu dieser Frage nicht äußern.<br />

Wurden Sie schon e<strong>in</strong>mal von e<strong>in</strong>em Patienten physisch verletzt? Wie waren die<br />

Reaktionen von Team <strong>und</strong> Vorgesetzten?<br />

Alle Befragten wurden schon e<strong>in</strong>mal von e<strong>in</strong>em Patienten körperlich verletzt, die Schweregrade s<strong>in</strong>d sehr<br />

unterschiedlich ausgeprägt, sie reichen von e<strong>in</strong>er Ohrfeige bis zu e<strong>in</strong>er Stichverletzung. Bewußt<br />

wahrgenommene Reaktionen auf diese Vorfälle gab es im Team <strong>in</strong> drei Fällen, bei den Vorgesetzten <strong>in</strong><br />

ke<strong>in</strong>em Fall.<br />

Wie g<strong>in</strong>g es Ihnen dabei, <strong>und</strong> was hat sich dadurch bei Ihnen verän<strong>der</strong>t?<br />

Drei MA berichten über Selbstvorwürfe, etwas falsch gemacht zu haben, zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t teilweise schuld zu se<strong>in</strong>,<br />

daß es zu den Gewalttätigkeiten kommen konnte, e<strong>in</strong> MA hat sich überlegt, den Patienten, <strong>der</strong> ihn verletzte,<br />

anzuzeigen, dies aber unterlassen, "weil das Haus das wohl nicht so gerne sieht". Fast übere<strong>in</strong>stimmend wird<br />

berichtet, die Tätlichkeiten schlimm erlebt zu haben, geschockt gewesen zu se<strong>in</strong>, sich als Person angegriffen<br />

gefühlt zu haben. <strong>Die</strong> Arbeitsweise ist vorsichtiger geworden. E<strong>in</strong> MA erzählt, auf se<strong>in</strong>er Station hätten sich


schon mehrere Mitarbeiter mit Reizgasspray bewaffnet.<br />

Was verstehen Sie unter Supervision <strong>und</strong> was halten Sie davon?<br />

Supervision kann von allen Befragten erklärt werden, es ist ausnahmslos e<strong>in</strong>e hohe Bereitschaft vorhanden,<br />

an e<strong>in</strong>er Supervision teizunehmen, wobei zwei MA die unbed<strong>in</strong>gte E<strong>in</strong>schränkung machen, diese müßte<br />

kostenfrei <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstzeit angeboten werden.<br />

Nehmen Sie an e<strong>in</strong>er Supervision o<strong>der</strong> Bal<strong>in</strong>t-Gruppe teil?<br />

Drei <strong>der</strong> Befragten nehmen regelmäßig an e<strong>in</strong>er Supervision teil.<br />

Bitte beurteilen Sie das Fortbildungsangebot zur besprochenen Thematik.<br />

Übere<strong>in</strong>stimmend wird ausgesagt, daß das Fortbildungsangebot zur Thematik sehr bescheiden ist. Im Jahr<br />

1994 war e<strong>in</strong>e Veranstaltung, das ist deutlich mehr als <strong>in</strong> den vergangenen Jahren. Von allen MA wurde <strong>der</strong><br />

Wunsch nach mehr Fortbildung zu diesem Problembereich geäußert.<br />

Können Sie <strong>in</strong> Problemsituationen auf <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krankenpflegeausbildung erworbenes<br />

Wissen zurückgreifen?<br />

<strong>Die</strong> Krankenpflegeausbildung wird <strong>in</strong> diesem Zusammenhang als wenig hilfreich beschrieben, ke<strong>in</strong>em<br />

Befragten s<strong>in</strong>d Unterrichts<strong>in</strong>halte er<strong>in</strong>nerlich, die ihm bei <strong>der</strong> Bewältigung e<strong>in</strong>er <strong>Angst</strong>problematik behilflich<br />

se<strong>in</strong> könnten.<br />

5.4 Analyse <strong>der</strong> Daten<br />

Bei <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> Daten nehme ich Bezug auf die unter 5.1 aufgestellten Thesen.<br />

� Tabuisierte <strong>Angst</strong> hat e<strong>in</strong>schneidende negative Auswirkungen auf den E<strong>in</strong>zelnen, das Team <strong>und</strong> dabei<br />

vor allem auf die Pflege <strong>der</strong> Patienten.<br />

<strong>Die</strong> Auswirkungen auf den e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiter s<strong>in</strong>d, wie nicht an<strong>der</strong>s zu erwarten, sehr verschieden. Auf <strong>der</strong><br />

körperlichen Ebene er<strong>in</strong>nert die beschriebene Symptomatik an das Erleben von Streß, weil natürlich <strong>Angst</strong><br />

immer mit Streß verb<strong>und</strong>en ist. Allerd<strong>in</strong>gs treten diese Begleitersche<strong>in</strong>ungen nur <strong>in</strong> Extremsituationen auf.<br />

Gravierend f<strong>in</strong>de ich auf <strong>der</strong> kognitiven Seite die wie<strong>der</strong>holt geäußerten Selbstvorwürfe, nicht alles getan zu<br />

haben, um e<strong>in</strong>e Tätlichkeit zu vermeiden, falsch reagiert zu haben, zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t e<strong>in</strong>e Teilschuld zu haben. Hier<br />

glaube ich fehlt das f<strong>und</strong>ierte Wissen um psychiatrische Erkrankungen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Symptome. Natürlich mag<br />

es E<strong>in</strong>zelfälle geben, <strong>in</strong> denen Pflegepersonal Patienten provoziert, <strong>und</strong> es dann zu Tätlichkeiten kommt.<br />

<strong>Die</strong>se Mitarbeiter setzen sich aber nicht so differenziert mit ihrem Verhalten ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, um ihren eigenen<br />

Anteil bei <strong>der</strong>artigen Vorfällen zu sehen. Pflegende, die sich Selbstvorwürfe machen, s<strong>in</strong>d eher Mitarbeiter, die<br />

e<strong>in</strong>en zum Teil unrealistisch hohen Anspruch an sich selbst stellen, <strong>und</strong> ihre Möglichkeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Behandlung<br />

von Patienten überschätzen.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Bewältigungsstrategie ist das sich nicht E<strong>in</strong>lassen auf e<strong>in</strong>e Beziehung zum Patienten. Der<br />

Patient wird als Arbeitsobjekt gesehen. Gerade nach Auftreten von Aggression <strong>und</strong> Gewalt ist es für viele


Pflegende notwendig, dem Patienten gegenüber e<strong>in</strong>e Distanz zu wahren, nicht nur räumlich, son<strong>der</strong>n auch<br />

auf <strong>der</strong> Beziehungsebene. Obwohl gesehen wird, daß dies e<strong>in</strong> Schritt <strong>in</strong> die falsche Richtung ist, die <strong>Angst</strong><br />

eher zunimmt als abnimmt, fällt es schwer, ihn zu unterlassen.<br />

E<strong>in</strong>e Form <strong>der</strong> <strong>Angst</strong>abwehr wurde <strong>in</strong> den Interviews nicht angesprochen, ich halte sie aber für so wichtig, daß<br />

ich sie <strong>in</strong> diesem Zusammenhang beschreiben will. <strong>Die</strong> These lautet:<br />

Pflegende wehren <strong>Angst</strong> ab, <strong>in</strong>dem sie sich mit den Patienten verbünden.<br />

Daß sich Pflegepersonal mit den Patienten verbündet, um so <strong>Angst</strong> abzuwehren, ist e<strong>in</strong>e mit gravierenden<br />

Auswirkungen verb<strong>und</strong>ene Art <strong>der</strong> Abwehr. <strong>Die</strong>se Form <strong>des</strong> Umgangs mit <strong>Angst</strong> sprengt jeden<br />

therapeutischen Rahmen, beh<strong>in</strong><strong>der</strong>t die Arbeit mit den Patienten bis h<strong>in</strong> zur Unmöglichkeit, den Patienten <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> therapeutisches Konzept e<strong>in</strong>zub<strong>in</strong>den. Es gibt verschiedene Stufen <strong>und</strong> Ausprägungen dieses Verhaltens.<br />

Der am häufigsten praktizierte Weg, angstauslösende Situationen zu vermeiden, ist, Konflikte, die<br />

therapeutisch s<strong>in</strong>nvoll <strong>und</strong> notwendig s<strong>in</strong>d, zu ignorieren, ihnen auszuweichen. Das heißt, das Handeln dieser<br />

Mitarbeiter wird geleitet von dem Ziel, Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen mit den Patienten, zu welchem Preis auch<br />

immer, zu vermeiden. So kann es se<strong>in</strong>, daß e<strong>in</strong> Konflikt bewußt als Mißverständnis heruntergespielt wird,<br />

medikamentöse Verordnungen nicht konsequent durchgeführt werden, erwünschte Verhaltensweisen nicht<br />

e<strong>in</strong>gefor<strong>der</strong>t werden, es kann aber auch im Extremfall bis h<strong>in</strong> zur Fluchthilfe bei forensischen Patienten<br />

gehen. Konfliktscheue Mitarbeiter pflegen oftmals e<strong>in</strong>en zuvorkommenden, netten Umgang mit den Patienten,<br />

was für sie zudem den nicht unangnehmen Nebeneffekt hat, bei den Patienten beliebt zu se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong>s führt zu<br />

e<strong>in</strong>er Verstärkung <strong>des</strong> Verhaltens <strong>und</strong> macht e<strong>in</strong>e Verhaltensän<strong>der</strong>ung noch schwieriger. Wobei übersehen<br />

wird, daß gerade dieses Verhalten ursächlich se<strong>in</strong> kann, wenn es zur Eskalation von Gewalt kommt, weil, zum<br />

Beispiel, e<strong>in</strong> Patient nicht die ihm verordnete, <strong>und</strong> von ihm benötigte Medikation erhalten hat <strong>und</strong> <strong>des</strong>halb<br />

vollständig dekompensiert. Daß e<strong>in</strong>e solche antitherapeutische Arbeitsweise von e<strong>in</strong>zelnen auch regelmäßig<br />

Konflikte <strong>und</strong> Spannungen im therapeutischen Team erzeugt, Ärger, Wut <strong>und</strong> Frustration bei den an<strong>der</strong>en<br />

Mitarbeitern auslöst, zeigt, wie vielschichtig die Folgen se<strong>in</strong> können.<br />

E<strong>in</strong>e weitere Auswirkung <strong>des</strong> Umgehens von <strong>Angst</strong> kann dadurch zum Ausdruck kommen, daß e<strong>in</strong> Team e<strong>in</strong>e<br />

strenge, unflexible Stationsordnung hat, die geprägt ist von vielen, oft uns<strong>in</strong>nigen Kontrollen <strong>und</strong> ritualisierten<br />

Handlungsabläufen. <strong>Die</strong>se Teams leisten viel präventive Arbeit, Patienten werden mehr als notwendig<br />

reglementiert, die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung wird, ähnlich wie bei <strong>der</strong> Sicherheit, nur an den äußeren Bed<strong>in</strong>gungen<br />

geführt. E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>haltliche Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Arbeit f<strong>in</strong>det nicht statt. In solchen Teams besteht ke<strong>in</strong><br />

Wunsch nach Supervision, sie wird als überflüssig <strong>und</strong> wenig hilfreich abgewertet, ohne sich damit f<strong>und</strong>ierter<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>gesetzt zu haben. Im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stehen For<strong>der</strong>ungen nach sicheren Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, zum<br />

Beispiel e<strong>in</strong> überzogenes Alarmsystem, Videoüberwachungsanlagen, o<strong>der</strong>, wie ich es kürzlich erlebt habe,<br />

Reizgasspray zur Abwehr gewalttätiger Patienten.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Angst</strong> <strong>der</strong> Pflegenden hat drastische Auswirkungen auf die Behandlung <strong>und</strong> den Umgang mit den<br />

Patienten. <strong>Die</strong> mediz<strong>in</strong>isch nicht notwendige, aber pflegerisch für nötig erachtete mechanische Beschränkung<br />

e<strong>in</strong>es Patienten stelle ich an die erste Stelle, weil ich diese präventiven Fixierungen für die schlimmste Art <strong>der</strong><br />

eigenen <strong>Angst</strong>abwehr halte. <strong>Die</strong> Ausgangssituationen s<strong>in</strong>d oft wie folgende: e<strong>in</strong> hochpsychotischer Patient<br />

wird nachts auf e<strong>in</strong>er Zugangsstation aufgenommen, vielleicht kommt er auch noch <strong>in</strong> Polizeibegleitung, auf<br />

<strong>der</strong> Station haben zwei Pflegekräfte <strong>Die</strong>nst. Der E<strong>in</strong>weisungsgr<strong>und</strong> ist dramatisch, Gewalt <strong>und</strong> Aggression<br />

spielen dabei e<strong>in</strong>e Rolle, <strong>und</strong> so entschließt man sich, auf Drängen <strong>des</strong> <strong>Pflegepersonals</strong>, den Patienten


mechanisch zu beschränken, zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t bis die personell stärker besetzte Tagschicht zum <strong>Die</strong>nst kommt.<br />

Natürlich gibt es Rechtsbestimmungen, die die Kriterien für e<strong>in</strong>e <strong>der</strong>art freiheitse<strong>in</strong>schränkende Maßnahme<br />

regeln, doch wird sich subjektives Ermessen nie <strong>in</strong> Paragraphen fassen lassen.<br />

Der nächste Punkt ist die medikamentöse Behandlung <strong>der</strong> Patienten. Selbstverständlich ist <strong>der</strong> Arzt <strong>der</strong>jenige,<br />

<strong>der</strong> über Art <strong>und</strong> Umfang <strong>der</strong> psychopharmakologischen Therapie bestimmt. Doch welcher Arzt wird sich <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Praxis verschließen können, wenn das Pflegepersonal für e<strong>in</strong>en Patienten e<strong>in</strong>e höhere Dosis e<strong>in</strong>es<br />

Psychopharmakons for<strong>der</strong>t. Oft ist es nur e<strong>in</strong>e Frage <strong>der</strong> Vehemenz, mit <strong>der</strong> diese For<strong>der</strong>ungen erfolgen, o<strong>der</strong><br />

Pflegende setzen den Arzt mit Drohungen über mögliche Konsequenzen, falls e<strong>in</strong> Pflegen<strong>der</strong> o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Patient<br />

verletzt werden sollte, unter Druck. Natürlich hat das Pflegepersonal mehr Informationen über den Patienten,<br />

alle<strong>in</strong>e schon durch die Tatsache, daß <strong>der</strong> Kontakt Arzt zum Patient oft auf die Visite <strong>und</strong> wenige<br />

E<strong>in</strong>zelgespräche beschränkt ist, das Pflegepersonal den Patienten über 24 St<strong>und</strong>en betreut. Der Arzt ist somit<br />

auf die Beobachtungen <strong>des</strong> <strong>Pflegepersonals</strong> angewiesen. Sicherlich gibt es auch Patienten, die sich dem Arzt<br />

gegenüber ganz an<strong>der</strong>s verhalten als den Pflegenden gegenüber, <strong>und</strong> so muß im E<strong>in</strong>zelfall h<strong>in</strong>terfragt<br />

werden, welche Ursachen <strong>und</strong> Begründungen h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>er For<strong>der</strong>ung <strong>des</strong> <strong>Pflegepersonals</strong> nach e<strong>in</strong>er höheren<br />

Medikamentendosis stehen.<br />

� <strong>Angst</strong> kann, um abgewehrt zu werden, <strong>in</strong> ihr Gegenteil, das Ausüben von<br />

Macht, verkehrt werden.<br />

Macht kann e<strong>in</strong>e Form <strong>der</strong> <strong>Angst</strong>abwehr se<strong>in</strong>, die die <strong>Angst</strong> <strong>in</strong> ihr Gegenteil, die Machtausübung verkehrt.<br />

Durch diese Machtausübung wird die durch die <strong>Angst</strong> bed<strong>in</strong>gte Aktionshemmung durchbrochen, <strong>und</strong> es<br />

besteht die Möglichkeit <strong>der</strong> aktiven Handlung. Der Umgang mit Macht ist e<strong>in</strong> Problem <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong>. In<br />

ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Bereich <strong>der</strong> Pflege, vielleicht mit Ausnahme <strong>der</strong> Geriatrie, verfügen die Pflegenden über so<br />

viel Macht über die ihnen anvertrauten Patienten. <strong>Die</strong>s ist zum e<strong>in</strong>en <strong>in</strong> den psychiatrischen Erkrankungen,<br />

zum an<strong>der</strong>en an den daraus hergeleiteten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen begründet. <strong>Die</strong> Insignien <strong>der</strong> Macht s<strong>in</strong>d oft<br />

unschwer zu erkennen, zum Beispiel <strong>der</strong> Schlüssel. Vor allem auf geschlossenen Stationen herrscht e<strong>in</strong><br />

permanentes Auf- <strong>und</strong> Absperren. <strong>Die</strong>s hat zum Teil auch demonstrativen Charakter, den Patienten soll<br />

bedeutet werden, wo se<strong>in</strong>e Grenzen liegen. E<strong>in</strong> weiteres Zeichen <strong>der</strong> Macht, aber auch <strong>des</strong> Schutzes ist <strong>der</strong><br />

weiße Kittel. In <strong>der</strong> Akutpsychiatrie erfüllt er nach me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung e<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>e Funktion. Obwohl aus dem<br />

Hygieneverständnis heraus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel nicht notwendig, wird daran festgehalten, diese <strong>Die</strong>nstkleidung zu<br />

tragen, wohl aus dem Bedürfnis heraus, sich optisch von den Patienten abzuheben, auch so etwas wie<br />

Autorität auszudrücken. Zudem schafft e<strong>in</strong> weißer Kittel Distanz, verteilt klar die Rollen. Aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong><br />

Spielraumes, den <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne hat, liegt es <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Macht, wie er mit se<strong>in</strong>er Macht umgeht, wie er sie<br />

e<strong>in</strong>setzt.<br />

� Je ger<strong>in</strong>ger das Wissen, <strong>und</strong> je schlechter die Informationen über e<strong>in</strong>en<br />

Patienten s<strong>in</strong>d, <strong>des</strong>to wahrsche<strong>in</strong>licher ist das Auftreten von diffusen Ängsten.<br />

<strong>Die</strong> Befragung hat diese These sowohl bestätigt, als auch wi<strong>der</strong>legt. Bestätigt, weil <strong>Angst</strong> häufig <strong>in</strong><br />

Aufnahmesituationen auftritt, <strong>und</strong> zu diesem Zeitpunkt das Wissen über den Patienten <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Erkrankung<br />

sehr ger<strong>in</strong>g ist, vieles nur vermutet werden kann, die E<strong>in</strong>schätzung auch von Vorerfahrungen abhängig macht.<br />

Auch das Auftreten von <strong>Angst</strong> nach e<strong>in</strong>er längeren Abwesenheit von <strong>der</strong> Station sehe ich <strong>in</strong> diesem<br />

Zusammenhang, wobei dann eher e<strong>in</strong>e ungewisse <strong>Angst</strong>, e<strong>in</strong>e Unsicherheit im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> steht.


Wi<strong>der</strong>legt wird die These durch die Tatsache, daß <strong>Angst</strong> oftmals auftritt, wenn Patienten sehr wohl bekannt<br />

s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> zwar als aggressiv <strong>und</strong> gewalttätig. Auf Patienten, die <strong>in</strong> vorherigen Aufenthalten, egal ob auf <strong>der</strong><br />

eigenen Station o<strong>der</strong> auf e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en, aggressives Verhalten zeigten, dabei auch Pflegepersonal verletzten,<br />

reagieren Pflegende häufig übervorsichtig <strong>und</strong> mit <strong>Angst</strong>. <strong>Die</strong>s kann zu e<strong>in</strong>er Stigmatisierung von bestimmten<br />

Patienten führen. Ich habe es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis erlebt, daß diese Patienten gr<strong>und</strong>sätzlich <strong>in</strong> geschlossene<br />

Stationen aufgenommen wurden, obwohl dies nicht <strong>in</strong> allen Fällen notwendig gewesen wäre. Das heißt, die<br />

Vorgeschichte <strong>der</strong> Patienten wurde höher bewertet als die momentane psychische Verfassung.<br />

� Teams verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n die <strong>in</strong>haltliche Diskussion über <strong>Angst</strong>, <strong>in</strong>dem sie sich<br />

ausschließlich mit den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen.<br />

Viele Teams grenzen <strong>Angst</strong> aus, scheuen sich also davor, <strong>Angst</strong> zu thematisieren, zum Beispiel <strong>in</strong><br />

Teambesprechungen. Je nach Fachbereich beschäftigen sich die Teams stellvertretend für die<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>Angst</strong> mit an<strong>der</strong>en, für sie leichter zu behandelnden Problemen.<br />

In <strong>der</strong> forensischen <strong>Psychiatrie</strong> ist Sicherheit das zentrale Thema. Sicherheit ist <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>ste geme<strong>in</strong>same<br />

Nenner, <strong>der</strong> alles überdeckt, <strong>der</strong> den e<strong>in</strong>zelnen nicht schmerzt, ihn nicht zw<strong>in</strong>gt, se<strong>in</strong>e Arbeit zu h<strong>in</strong>terfragen.<br />

Mit Sicherheit läßt sich vortrefflich argumentieren. Oft wird bestritten, Sicherheit, <strong>und</strong> das starke Bedürfnis<br />

danach, habe etwas mit <strong>Angst</strong> zu tun. Aber was soll Sicherheit bewirken, wenn nicht die Abwehr von <strong>Angst</strong>?<br />

Was für die Forensik die Sicherheit, ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Akutpsychiatrie für viele Teams die Medikation. Sie wird als das<br />

zentrale Instrument für den Umgang mit den Patienten gesehen. <strong>Die</strong> dah<strong>in</strong>terstehende Formel ist denkbar<br />

e<strong>in</strong>fach: geht es dem Patienten gut, stimmt die Medikation, geht es ihm schlecht, ist er aggressiv <strong>und</strong><br />

gewalttätig, muß die Medikation verän<strong>der</strong>t werden. Daß <strong>der</strong> Behandlungsprozeß e<strong>in</strong>es Patienten von<br />

verschiedensten Faktoren abhängig ist, wird nicht immer gesehen. Ich b<strong>in</strong> <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, daß viele Pflegende<br />

die Bedeutsamkeit <strong>der</strong> Psychopharmaka überschätzen, vielleicht auch <strong>des</strong>halb, weil immer noch sehr<br />

mediz<strong>in</strong>orientiert gedacht <strong>und</strong> auch gehandelt wird. Nur wenigen Teams ist klar, daß pflegerischtherapeutische<br />

Arbeit, das heißt, Beziehungspflege mit den Patienten, effektiver <strong>und</strong> auch langfristig s<strong>in</strong>nvoller<br />

ist, nicht nur, weil dadurch zum Teil die Verabreichung von Psychopharmaka <strong>und</strong> <strong>der</strong>en massiven<br />

Nebenwirkungen reduziert werden kann, son<strong>der</strong>n auch weil ich glaube, daß e<strong>in</strong>e qualifizierte pflegerische<br />

Arbeit mehr Bestätigung <strong>und</strong> Zufriedenheit mit sich br<strong>in</strong>gt, <strong>und</strong> auch berufspolitisch bedeutsam ist.<br />

� <strong>Die</strong> Krankenpflegeausbildung vermittelt nicht die notwendige soziale <strong>und</strong><br />

kommunikative Kompetenz, die erfor<strong>der</strong>lich ist, um mit <strong>Angst</strong> adäquat<br />

umzugehen.<br />

<strong>Die</strong>se These hat sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Befragung voll bestätigt. Ke<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Befragten hat sich <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

positiv über die Ausbildungs<strong>in</strong>halte geäußert. Auch <strong>der</strong> von mir unter 4.6 beschriebene Lehrplan spricht e<strong>in</strong>e<br />

deutliche Sprache. Es bleibt zu hoffen, daß die e<strong>in</strong>zelnen Krankenpflegeschulen von ihrem Spielraum<br />

Gebrauch machen, <strong>und</strong> die St<strong>und</strong>enzahlen <strong>der</strong> für diese Problematik relevanten Unterrichtsfächer deutlich<br />

erhöhen.<br />

5.5 Fazit<br />

Es hat mich überrascht, daß <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em so offen geführten Krankenhaus <strong>der</strong> Umgang mit <strong>Angst</strong> problematisch


ist <strong>und</strong> <strong>Angst</strong> nur auf wenigen Stationen thematisiert wird. Ich sehe aber Zeichen <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung, Schritte<br />

h<strong>in</strong> zur Enttabuisierung. Me<strong>in</strong>e Gesprächspartner habe ich als sehr engagierte Kollegen erlebt, die sich mit<br />

<strong>der</strong> Problematik professionell ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen, o<strong>der</strong> es zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t versuchen. Sie waren <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, offen<br />

über <strong>Angst</strong> zu sprechen, sich diese <strong>Angst</strong> e<strong>in</strong>zugestehen, sie zu akzeptieren. <strong>Die</strong> Unterstützung seitens <strong>der</strong><br />

Leitung ist vorhanden, allerd<strong>in</strong>gs für den e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiter nicht immer erkennbar. <strong>Die</strong> Kommunikation<br />

unter den Mitarbeitern auf e<strong>in</strong>er Station funktioniert zum Teil gut, läßt aber auf <strong>der</strong> Ebene Stationsleitung <strong>und</strong><br />

Pflegedienstleitung nach. Der Wunsch nach professioneller Unterstützung ist deutlich, wird aber nicht<br />

nachdrücklich geäußert.<br />

Es steht fest, daß <strong>Angst</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> psychiatrischen Krankenpflege immer e<strong>in</strong>e Rolle spielen wird, wie groß diese<br />

Rolle ist, hängt von <strong>der</strong> Kompetenz <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiter auf den Stationen <strong>und</strong> den leitenden<br />

Pflegekräften ab.<br />

6.0 Ziel<br />

Das Ziel ist, die <strong>Angst</strong> <strong>der</strong> Pflegenden <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> zu enttabuisieren, sie öffentlich zu machen, e<strong>in</strong>en<br />

adäquaten Umgang mit ihr zu lernen.<br />

<strong>Die</strong> Pflegenden sollen wissen, daß <strong>Angst</strong> im Umgang mit psychisch Kranken auftreten kann, daß es aber<br />

Möglichkeiten gibt, damit professionell umzugehen. Sie sollen über die notwendigen Kompetenzen im<br />

sozialen <strong>und</strong> kommunikativen Bereich verfügen.<br />

<strong>Angst</strong> darf nicht als Zeichen von Unerfahrenheit o<strong>der</strong> gar Schwäche <strong>in</strong>terpretiert werden, son<strong>der</strong>n muß als<br />

Ausdruck e<strong>in</strong>er differenzierten Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Berufsausübung gesehen werden.<br />

<strong>Die</strong> Pflegedienstleitung soll die <strong>Angst</strong> ihrer Mitarbeiter erkennen <strong>und</strong> ernst nehmen. Sie muß die<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen schaffen, aber auch die <strong>in</strong>haltlichen Vorgaben setzen, damit Bewältigungsstrategien<br />

gelernt werden können, aber auch angstauslösende Situationen reduziert werden können.<br />

Hilfen für die Mitarbeiter, vom Gespräch bis zur Supervision sollen Standard se<strong>in</strong>.<br />

<strong>Die</strong> psychiatrische Krankenpflege soll <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit dargestellt werden wie sie ist, e<strong>in</strong>e anspruchsvolle<br />

Arbeit, die e<strong>in</strong>e hohe Kompetenz voraussetzt, vor allem <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beziehungsgestaltung.<br />

7.0 Schritte <strong>und</strong> Maßnahmen<br />

Um diese Ziele zu erreichen, s<strong>in</strong>d mehrere Schritte <strong>und</strong> Maßnahmen notwendig. Mir ist es wichtig, daß sich<br />

die Verantwortlichen darüber im Klaren s<strong>in</strong>d, daß diese Schritte e<strong>in</strong>er gewissen Reihenfolge bedürfen, daß<br />

immer erst die Voraussetzungen <strong>in</strong>dividuell analysiert werden müssen, daß es ke<strong>in</strong> Patentrezept gibt. Im<br />

Idealfall greifen die e<strong>in</strong>zelnen Schritte <strong>in</strong>e<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, verzahnen sich, <strong>und</strong> erreichen so maximale Effizienz.<br />

7.1 Gespräch<br />

Dreh- <strong>und</strong> Angelpunkt im Umgang mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ist die Kommunikation. Gelungene Kommunikation ist ke<strong>in</strong>e<br />

Selbstverständlichkeit, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e Fähigkeit, die gelernt werden muß. Gerade im Umgang mit e<strong>in</strong>em so<br />

sensiblen Thema wie <strong>Angst</strong> ist es erfor<strong>der</strong>lich, daß hohe kommunikative Kompetenzen vorhanden s<strong>in</strong>d. Es<br />

muß also Ziel se<strong>in</strong>, die Mitarbeiter auf Station <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesprächsführung aus- bzw. weiterzubilden. Damit will<br />

ich natürlich nicht zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen, daß primär strukturierte Gespräche zwischen den Mitarbeitern<br />

stattf<strong>in</strong>den sollen. Aber <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weiterbildung wird Wissen über Kommunikation <strong>und</strong> Kommunikationstechnik<br />

vermittelt, das im Stationsalltag notwendig ist, um problematische Prozesse bei Kollegen zu erkennen <strong>und</strong>


damit umgehen zu können. Aber die Pflegedienstleitung hat noch an<strong>der</strong>e Möglichkeiten,<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für Gespräche zu schaffen. Es besteht die Möglichkeit, die Übergabezeiten so zu<br />

gestalten, daß neben <strong>der</strong> Information über die Patienten <strong>und</strong> organisatorische Belange <strong>der</strong> Station Zeit<br />

vorhanden o<strong>der</strong> gar geplant ist, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich die Pflegenden untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> austauschen können. Auch die<br />

Pflegedienstleitung soll sich gesprächsbereit zeigen, von sich aus das Thema <strong>Angst</strong> ansprechen, auf<br />

Verän<strong>der</strong>ungen bei den Mitarbeitern achten, <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e überlegte Personale<strong>in</strong>satzplanung machen.<br />

7.2 Stationsleiterbesprechung<br />

<strong>Die</strong> Stationsleiterbesprechung ist <strong>in</strong> nahezu allen Kl<strong>in</strong>iken etabliert <strong>und</strong> <strong>in</strong>stitutionalisiert. <strong>Die</strong> Stationsleitungen<br />

s<strong>in</strong>d die wichtigsten Mitarbeiter <strong>der</strong> PDL. Sie s<strong>in</strong>d die Verb<strong>in</strong>dung zu den Mitarbeitern auf den Stationen. <strong>Die</strong><br />

Stationsleiterbesprechung dient dazu, sowohl die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen als auch die <strong>in</strong>haltliche Arbeit <strong>des</strong><br />

Pflegedienstes festzulegen. <strong>Die</strong> Pflegedienstleitung nimmt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel über dieses Gremium direkten E<strong>in</strong>fluß<br />

auf die Pflege. Neben den bekannten Funktionen, die diese Besprechung hat, ist es mir wichtig, darzustellen,<br />

welche beson<strong>der</strong>en Möglichkeiten dieses Forum hat, wenn <strong>Angst</strong> enttabuisiert werden soll.<br />

<strong>Die</strong> Pflegedienstleitung kann, quasi exemplarisch, den Stationsleitungen vorführen, wie die Thematik<br />

angegangen werden kann, <strong>in</strong>dem sie die <strong>Angst</strong> <strong>der</strong> Pflegenden zum Thema e<strong>in</strong>er Stationsleiterbesprechung<br />

macht. Durch e<strong>in</strong> solches Vormachen kann den Stationsleitungen <strong>Angst</strong> <strong>und</strong> Unsicherheit genommen werden,<br />

<strong>und</strong> sie können motiviert werden, <strong>in</strong> ihren Teambesprechungen die Problematik anzusprechen. Neben dem<br />

Vormachen bietet sich auch die Möglichkeit an, <strong>in</strong> Rollenspielen die Situation zu üben.<br />

7.3 Teambesprechung<br />

E<strong>in</strong> wichtiges, wenn nicht gar das wichtigste Forum auf e<strong>in</strong>er Station ist die Teambesprechung. Aufgr<strong>und</strong> ihrer<br />

Bedeutung ist es s<strong>in</strong>nvoll, wenn sie <strong>in</strong>stitutionalisiert ist. Sie soll während <strong>der</strong> <strong>Die</strong>nstzeit stattf<strong>in</strong>den, damit wird<br />

die Anwesenheit für alle Mitarbeiter obligatorisch. Der Zeitabstand zwischen zwei Besprechungen soll nicht<br />

länger als vier Wochen se<strong>in</strong>, auf Akutstationen halte ich zwei Wochen für notwendig. Teambesprechungen<br />

befassen sich mit allen Belangen <strong>der</strong> Station, dies reicht von den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen über organisatorische<br />

Angelegenheiten bis h<strong>in</strong> zur <strong>in</strong>haltlichen Arbeit.<br />

<strong>Die</strong> Pflegedienstleitung hat die Möglichkeit, entwe<strong>der</strong> selbst o<strong>der</strong> über die Stationsleitung E<strong>in</strong>fluß auf die<br />

Ausgestaltung <strong>der</strong> Besprechungen zu nehmen. So kann die Teambesprechung e<strong>in</strong> Medium se<strong>in</strong>, um über die<br />

<strong>Angst</strong> <strong>der</strong> Pflegenden zu sprechen. <strong>Die</strong> Teambesprechung bietet e<strong>in</strong>en geschützten Rahmen <strong>in</strong> vertrauter<br />

Umgebung, das heißt für mich auch, daß die Hemmschwelle sich mitzuteilen niedrig ist. Voraussetzungen<br />

s<strong>in</strong>d neben e<strong>in</strong>em vertrauensvollen Umgang mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, Offenheit, Ehrlichkeit <strong>und</strong> Echtheit. Auch setze ich<br />

gegenseitige Akzeptanz <strong>und</strong> kollegiale Wertschätzung voraus, o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t die Bereitschaft dazu. <strong>Die</strong>se<br />

Bereitschaft zu schaffen ist e<strong>in</strong>e Aufgabe <strong>der</strong> Leitenden. <strong>Die</strong> Pflegedienstleitung muß <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit<br />

<strong>der</strong> Stationsleitung e<strong>in</strong> Klima, e<strong>in</strong>e Athmosphäre schaffen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gefühle Raum haben. Wenn dieser Schritt<br />

getan ist, <strong>und</strong> <strong>Angst</strong> im Team e<strong>in</strong> Thema ist, über das man reden kann <strong>und</strong> darf, kann die<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> <strong>Angst</strong> beg<strong>in</strong>nen. Ähnlich dem Mechanismus von Selbsthilfegruppen kommt auch<br />

hier die soziale Verstärkung zum Tragen. Wenn die Mitarbeiter erkennen, daß sie mit ihrer <strong>Angst</strong> nicht alle<strong>in</strong>e<br />

stehen, daß an<strong>der</strong>e genauso o<strong>der</strong> ähnlich empf<strong>in</strong>den, daß ihre <strong>Angst</strong> ernstgenommen wird, daß ihre <strong>Angst</strong><br />

verstanden wird, läßt sich das Tabu auf Dauer durchbrechen. So kann e<strong>in</strong> normaler Zugang <strong>und</strong> Umgang mit<br />

<strong>Angst</strong> gef<strong>und</strong>en werden.<br />

7.4 Fallbesprechung


E<strong>in</strong> pragmatisches Mittel im Umgang mit <strong>Angst</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Öffentlichmachung ist die Fallbesprechung o<strong>der</strong><br />

Kasuistik. Darunter verstehe ich die ausführliche Vorstellung e<strong>in</strong>es Patienten. S<strong>in</strong>nvoll ist die Beteiligung aller<br />

an <strong>der</strong> Behandlung <strong>des</strong> Patienten beteiligten Berufsgruppen.<br />

Manchmal werden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kasuistik seltene Krankheitsbil<strong>der</strong> besprochen, meist jedoch Patienten, die<br />

therapeutisch problematisch s<strong>in</strong>d. Es bietet sich an, <strong>in</strong> regelmäßigen Abständen Patienten mit e<strong>in</strong>em<br />

problematischen Umgang mit Aggression <strong>und</strong> Gewalt o<strong>der</strong> sonstigen angsterzeugenden Symptomen für die<br />

Fallbesprechung auszuwählen. Es ist legitim, daß die Initiative dazu vom Pflegepersonal ausgeht. Auch hier<br />

gilt es wie<strong>der</strong>, als Pflegedienstleitung über die Stationsleitung o<strong>der</strong> direkt zu <strong>in</strong>tervenieren.<br />

In <strong>der</strong> Fallbesprechung besteht dann die Möglichkeit, den e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeitern <strong>in</strong> <strong>der</strong> konkreten Situation mit<br />

dem konkreten Patienten Zeit zu geben, um über ihre <strong>Angst</strong> zu reden. Me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach ist es leichter,<br />

über <strong>Angst</strong> zu reden, wenn man diese konkret festmachen kann, <strong>in</strong> diesem Fall an e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Patienten. <strong>Die</strong>s kann man dann zum Anlaß nehmen, generell über <strong>Angst</strong> zu sprechen, <strong>Angst</strong> zum Thema zu<br />

machen.<br />

Auch hier kann, ähnlich wie bei <strong>der</strong> Teambesprechung, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Mitarbeiter erfahren, daß <strong>Angst</strong> nicht<br />

ausschließlich se<strong>in</strong> persönliches Problem ist, son<strong>der</strong>n daß auch noch an<strong>der</strong>e Mitarbeiter betroffen s<strong>in</strong>d. An<br />

e<strong>in</strong>em konkreten Fall lassen sich konkrete Strategien erarbeiten, die dann unter Umständen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er ähnlich<br />

gelagerten Situation wie<strong>der</strong> zur Anwendung kommen können. So kann <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Mitarbeiter<br />

Bewältigungsmöglichkeiten lernen.<br />

7.5 Innerbetriebliche Fortbildung<br />

Mit <strong>der</strong> <strong>in</strong>nerbetrieblichen Fortbildung (IBF) hat die Pflegedienstleitung e<strong>in</strong> Instrument <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand, mit dem sie<br />

Wissensstand <strong>und</strong> Qualifikation ihrer Mitarbeiter steuern <strong>und</strong> bee<strong>in</strong>flussen kann. <strong>Die</strong> IBF ist das passende<br />

Medium, um <strong>Angst</strong> zu thematisieren <strong>und</strong> damit zu enttabuisieren. Auch ist, im Unterschied zu an<strong>der</strong>en, noch<br />

folgenden Möglichkeiten, die Hemmschwelle zur Teilnahme eher niedrig. Es gibt bereits Kl<strong>in</strong>iken, bei denen<br />

die Teilnahme an <strong>der</strong> IBF verb<strong>in</strong>dlich ist.<br />

Ich habe während me<strong>in</strong>es Praktikums <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bezirkskrankenhaus mit annähernd 400 Mitarbeitern im<br />

Pflegedienst erlebt, daß an e<strong>in</strong>er IBF-Veranstaltung mit dem Thema "Gewalt, Aggression <strong>und</strong> <strong>Angst</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Psychiatrie</strong>" über 60 Pflegende teilnahmen, während die durchschnittliche Teilnehmerzahl bei den sonstigen<br />

Veranstaltungen bei 25 Mitarbeitern liegt. Aufgr<strong>und</strong> von M<strong>und</strong>propaganda wurde die gleiche<br />

Fortbildungsveranstaltung drei Monate später <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em benachbarten Bezirkskrankenhaus abgehalten, <strong>und</strong> es<br />

waren über 70 Teilnehmer. <strong>Die</strong>s werte ich als deutliches Zeichen, daß e<strong>in</strong> enormer Bedarf <strong>und</strong> Wunsch,<br />

sowohl an Informationen <strong>und</strong> Wissen als auch nach Hilfestellungen vorliegt. Auch bietet sich die IBF zu e<strong>in</strong>em<br />

Erfahrungsaustausch für die Mitarbeiter untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> an, z.B. im Rahmen von themenbezogener<br />

Gruppenarbeit. So ist nach me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung die IBF das Mittel, das die Pflegedienstleitung zur Verfügung hat,<br />

<strong>und</strong> dementsprechend e<strong>in</strong>setzen muß, um den entscheidenden Schritt zu tun, <strong>und</strong> die <strong>Angst</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Pflegepersonals</strong> über die Station h<strong>in</strong>aus öffentlich zu machen, <strong>und</strong> das <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rahmen, <strong>der</strong> die dazu<br />

notwendigen Erfor<strong>der</strong>nisse erfüllt.<br />

7.6 Bal<strong>in</strong>t-Gruppen<br />

Bal<strong>in</strong>t-Gruppen sollen therapeutisch tätigen Menschen helfen, das besser zu verstehen, was sich zwischen<br />

ihnen <strong>und</strong> den von ihnen betreuten Menschen abspielt. Sie sollen dabei lernen, daraus Schlüsse zu ziehen,<br />

die die Arbeit effizienter <strong>und</strong> leichter machen. Es gibt ke<strong>in</strong>e klare Def<strong>in</strong>ition <strong>des</strong> Begriffs Bal<strong>in</strong>t-Gruppe. Ich


möchte <strong>des</strong>halb beispielhaft darstellen, wie Bal<strong>in</strong>t-Gruppen arbeiten.<br />

Das gesamte therapeutische Team e<strong>in</strong>er psychiatrischen Station trifft sich regelmäßig wöchentlich für zwei<br />

St<strong>und</strong>en. Zum Team gehören neben dem Pflegepersonal die Ärzte, <strong>der</strong> Psychologe, <strong>der</strong> Sozialarbeiter, <strong>der</strong><br />

Ergotherapeut. Das Gespräch leitet e<strong>in</strong> Psychiater o<strong>der</strong> Psychologe. <strong>Die</strong> ideale Gruppenstärke beträgt 10 bis<br />

12 Mitarbeiter. Der Bal<strong>in</strong>t-Gruppenleiter soll nicht dem Team angehören, son<strong>der</strong>n den Teammitglie<strong>der</strong>n eher<br />

fremd, zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t aber neutral gegenüberstehen. Das Gespräch soll sich möglichst spontan entwickeln, <strong>in</strong>dem<br />

e<strong>in</strong> Gruppenmitglied über e<strong>in</strong>en Patienten berichtet, <strong>des</strong>sen Krankheitsverhalten ihm Probleme macht, auf<br />

den er mit unerklärlichen Gefühlen <strong>und</strong> Verhaltensweisen reagiert. Es werden die verschiedenen Me<strong>in</strong>ungen<br />

über den Patienten zusammengetragen. Das Gespräch konzentriert sich mehr <strong>und</strong> mehr auf die<br />

verschiedenen Gefühle <strong>und</strong> Reaktionen, die <strong>der</strong> Patient bei den e<strong>in</strong>zelnen Teammitglie<strong>der</strong>n auslöst. Es<br />

werden Gefühle <strong>und</strong> Reaktionen von <strong>Angst</strong>, Aggression, Ärger, Wut <strong>und</strong> an<strong>der</strong>en Beziehungsaspekten<br />

zwischen Patient <strong>und</strong> Teammitglie<strong>der</strong>n berichtet, <strong>und</strong> dabei wird zwangsläufig aufgezeigt, welche beson<strong>der</strong>en<br />

Beziehungen zwischen den Teammitglie<strong>der</strong>n selbst bestehen.<br />

Ausgehend von <strong>der</strong> Krankheit e<strong>in</strong>es Patienten <strong>und</strong> den Problemen bei <strong>der</strong> Behandlung erweitert sich das<br />

Thema auf die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Patient <strong>und</strong> Therapeut e<strong>in</strong>erseits <strong>und</strong> zwischen den<br />

Teammitglie<strong>der</strong>n selbst an<strong>der</strong>erseits. Das bedeutet die Chance zu erkennen, welche Auswirkungen erlaubte<br />

o<strong>der</strong> nicht erlaubte Gefühle haben, <strong>in</strong>wieweit persönliche E<strong>in</strong>stellungen die Arbeit mit den Patienten<br />

bee<strong>in</strong>flußt.<br />

7.7 Supervision<br />

Als Mittel <strong>der</strong> ersten Wahl, wenn es um professionelle Verän<strong>der</strong>ungen <strong>des</strong> eigenen Erlebens, nicht nur im<br />

problematischen Umgang mit <strong>Angst</strong>, sehe ich die Supervision. Sie sollte Standard <strong>in</strong> je<strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik se<strong>in</strong>.<br />

Supervision ist e<strong>in</strong> wichtiger Bestandteil <strong>des</strong> Lernprozesses im H<strong>in</strong>blick auf die Entwicklung e<strong>in</strong>er beruflichen<br />

Identität <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Berufsethik. Außerdem ist sie bedeutsam für e<strong>in</strong> verantwortungsvolles pflegerisches<br />

Handeln.<br />

Supervision ist e<strong>in</strong>e methodisch angelegte berufsbezogene Reflexion <strong>und</strong> Beratung, die problemorientiertes<br />

Lernen ermöglicht, vor allem <strong>in</strong> Berufen, wie <strong>in</strong> <strong>der</strong> psychiatrischen Krankenpflege, <strong>in</strong> denen die Tätigkeit <strong>in</strong><br />

beson<strong>der</strong>er Weise auf menschliches Erleben, Verhalten <strong>und</strong> Lernen abzielt. <strong>Die</strong> <strong>in</strong> diesem Arbeitsbereich<br />

auftretenden Probleme hängen oft mit <strong>der</strong> zentralen Bedeutung <strong>der</strong> Beziehungen zusammen, die diese<br />

Menschen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> e<strong>in</strong>gehen, bzw. e<strong>in</strong>gehen müssen. Der Krankenpflegeprozeß <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> ist e<strong>in</strong><br />

Beziehungs- <strong>und</strong> Problemlösungsprozeß, das heißt, das Medium <strong>des</strong> beruflichen Handels ist auch die<br />

Pflegeperson.<br />

In <strong>der</strong> Supervision geht es um die vertiefte Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung, um die Reflexion von persönlichen,<br />

<strong>in</strong>stitutionellen <strong>und</strong> sozialpolitischen Beziehungen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Verbesserung bzw. Verän<strong>der</strong>ung durch<br />

berufliche Intervention <strong>der</strong> Betroffenen.<br />

Es gibt verschiedene Ansatzmöglichkeiten <strong>der</strong> Supervision, die sich nach den Bedürfnissen <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

richten soll. So muß mit dem Team entschieden werden, ob die Supervision patientenorientiert o<strong>der</strong><br />

teamorientiert se<strong>in</strong> soll, o<strong>der</strong> ob e<strong>in</strong>e Gruppensupervision notwendig ist. Egal welche Form gewählt wird,<br />

wichtig ist, daß die betroffenen Mitarbeiter gut vorbereitet werden, denn e<strong>in</strong> nicht selten zu beobachten<strong>der</strong><br />

Fehler ist es, wenn Mitarbeiter glauben, o<strong>der</strong> es ihnen gar vermittelt wurde, Supervision erledige alle


Probleme von selbst, <strong>und</strong> das nach e<strong>in</strong> paar St<strong>und</strong>en. Daß <strong>der</strong>art e<strong>in</strong>gestellte Mitarbeiter die<br />

Supervisionsgruppe nach wenigen Sitzungen enttäuscht verlassen, ist e<strong>in</strong>e fatale Konsequenz, mehr als e<strong>in</strong>e<br />

vertane Chance. Darum ist es sehr wichtig, daß detaillierte Vorab<strong>in</strong>formationen gegeben werden, damit zum<br />

e<strong>in</strong>en möglicherweise bestehende Vorurteile gegenüber <strong>der</strong> Supervision abgebaut werden können, <strong>und</strong> zum<br />

an<strong>der</strong>en ke<strong>in</strong>e falschen <strong>und</strong> unrealistischen Vorstellungen aufgebaut werden.<br />

<strong>Die</strong> Aufgabe <strong>der</strong> Pflegedienstleitung muß se<strong>in</strong>, neben <strong>der</strong> eben beschriebenen Vorbereitung <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

zur Supervision, die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zu schaffen, das heißt, die F<strong>in</strong>anzierung e<strong>in</strong>es externen<br />

Supervisors sicherzustellen, aber auch Motivationsarbeit zu leisten, Rückmeldungen zu geben.<br />

7.8 Öffentlichkeitsarbeit<br />

<strong>Die</strong> Öffentlichkeitsarbeit ist e<strong>in</strong>e Aufgabe <strong>der</strong> Pflegedienstleitung, <strong>und</strong> sollte sich nicht im Anlegen <strong>und</strong><br />

Auswerten von Statistiken erschöpfen. Mangelnde, bzw. schlechte weil unprofessionelle Öffentlichkeitsarbeit<br />

hat maßgeblich dazu beigetragen, daß das Ansehen <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> ger<strong>in</strong>g war <strong>und</strong> zum Teil auch noch ist.<br />

Natürlich ist es schwierig, die <strong>Psychiatrie</strong> transparent zu machen, noch schwieriger ist es, darzustellen, was<br />

psychiatrische Krankenpflege ist <strong>und</strong> leistet. Darum muß die Pflegedienstleitung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />

ihren Schwerpunkt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> psychiatrischen Pflege sehen.<br />

Ich kann hier ke<strong>in</strong> Patentrezept anbieten, zu unterschiedlich s<strong>in</strong>d die Voraussetzungen. E<strong>in</strong>en Anfang stelle<br />

ich mir vor, wenn die Pflegedienstleitung mit geeigneten, <strong>in</strong>teressierten <strong>und</strong> engagierten Mitarbeitern,<br />

eventuell auch mit professioneller externer Unterstützung, e<strong>in</strong>en Arbeitskreis "Öffentlichkeitsarbeit" <strong>in</strong>stalliert,<br />

<strong>und</strong> es gel<strong>in</strong>gt, diesen zu etablieren.<br />

7.9 Pflegesystem<br />

Der Umgang mit psychiatrischen Patienten kann <strong>Angst</strong> machen. Deshalb ist es für mich entscheidend, wie<br />

dieser Umgang aussieht <strong>und</strong> ob <strong>in</strong> <strong>der</strong> Art <strong>des</strong> Umganges Möglichkeiten stecken, die vielleicht <strong>Angst</strong><br />

vermeiden helfen, die geeignet s<strong>in</strong>d, angst-auslösende Situationen zu reduzieren, aber auch Gefühle <strong>in</strong> die<br />

tägliche Arbeit zu <strong>in</strong>tegrieren.<br />

Ich b<strong>in</strong> <strong>der</strong> Me<strong>in</strong>ung, daß <strong>Angst</strong> nicht dadurch vermieden o<strong>der</strong> langfristig reduziert werden kann, wenn<br />

ausschließlich an den Rahmenbed<strong>in</strong>gungen gearbeitet wird. Es nützt so gut wie nichts, wenn "sichere"<br />

Stationen gebaut werden, wenn ausgeklügelte Überwachungssysteme <strong>in</strong>stalliert werden, wenn Stellenpläne<br />

quantitativ aufgeblasen werden. Auch stößt man gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigen ges<strong>und</strong>heitspolitischen Situation sehr<br />

schnell an f<strong>in</strong>anzielle Grenzen. <strong>Die</strong> Maßnahmen müssen sich also nach <strong>in</strong>nen konzentrieren, das heißt, die<br />

<strong>in</strong>haltliche Arbeit ist entscheidend.<br />

<strong>Die</strong> <strong>in</strong>haltliche Arbeit <strong>der</strong> Pflegenden orientiert sich an <strong>der</strong> Pflegephilosophie <strong>des</strong> Hauses <strong>und</strong> wird maßgeblich<br />

von <strong>der</strong> Pflegedienstleitung geprägt. Aus dieser Pflegephilosophie leitet sich unter an<strong>der</strong>em das Pflegesystem<br />

ab, mit dem auf den e<strong>in</strong>zelnen Stationen gearbeitet wird.<br />

Das für mich geeignetste Pflegesystem <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong>, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage ist, die gestellten Anfor<strong>der</strong>ungen zu<br />

erfüllen, ist die Bezugspflege. Walter Kistner beschreibt den Pflegeprozeß <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> <strong>in</strong> zwei<br />

Teilbereichen, zum e<strong>in</strong>en, Pflege als Beziehungsgestaltung, unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong><br />

Beziehung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Pflege <strong>und</strong> <strong>der</strong> Würdigung <strong>der</strong> eigenen Anteile <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beziehung zum<br />

Patienten. Zum an<strong>der</strong>en versteht er Pflege als problemlösen<strong>des</strong> Handeln.


<strong>Die</strong> Beziehungspflege erlaubt, bzw. for<strong>der</strong>t, daß die eigenen Gefühle nicht ausgespart werden, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Beziehung zum Patienten zum Tragen kommen.<br />

Es ist also Aufgabe <strong>der</strong> Pflegedienstleitung, <strong>in</strong>haltliche Vorgaben für die Arbeit auf <strong>der</strong> Station zu geben, das<br />

dazu notwendige Wissen zu vermitteln, <strong>und</strong> die Mitarbeiter beratend zu begleiten.<br />

7.10 Praktische Abwehrtechniken physischer Gewalt<br />

In den letzten Jahren s<strong>in</strong>d im Zusammenhang mit <strong>Angst</strong>, Gewalt <strong>und</strong> Aggression <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> immer<br />

wie<strong>der</strong> praktische Abwehrtechniken von physischer Gewalt <strong>in</strong> das Gespräch gekommen. Ich sehe diese<br />

Selbstverteidigungskurse für Pflegepersonal kritisch, auch wenn sie den e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Nutzen haben<br />

mögen. So kann e<strong>in</strong>e Zunahme an Sicherheit zu mehr Selbstvertrauen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em größeren<br />

Handlungsspielraum führen. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite besteht die Gefahr, daß, wenn das tra<strong>in</strong>ieren körperlicher<br />

Fertigkeiten nicht durch e<strong>in</strong>e psychologische Ausbildung <strong>und</strong> Supervision begleitet wird, es zu e<strong>in</strong>er<br />

verän<strong>der</strong>ten Hierarchie im Team kommen kann. Das heißt, es kann e<strong>in</strong>e Hierarchie entstehen, die sich an <strong>der</strong><br />

physischen Leistungsfähigkeit orientiert, was mehr als unprofessionell <strong>und</strong> antitherapeutisch ist. Zudem<br />

besteht die Gefahr, daß <strong>der</strong>art "geschultes" Personal ihre Stärke demonstriert <strong>und</strong> damit Patienten auch<br />

provoziert. Das Resultat kann Eskalation von Gewalt se<strong>in</strong>. Auch fürchte ich, daß, wenn <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zu hohen<br />

Maße an äußeren Bed<strong>in</strong>gungen gearbeitet wird, die <strong>in</strong>haltliche Arbeit vernachlässigt wird. Ich b<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Me<strong>in</strong>ung, daß e<strong>in</strong>e professionelle Beziehungspflege mit den Patienten die praktischen Abwehrtechniken<br />

physischer Gewalt überflüssig macht.<br />

<strong>Die</strong> Pflegedienstleitung sollte also prüfen, wenn seitens <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>der</strong> Wunsch nach <strong>der</strong>artigen<br />

Fortbildungen auftritt, welche H<strong>in</strong>tergründe gegeben s<strong>in</strong>d, wer <strong>der</strong> "Vater <strong>des</strong> Gedanken" ist.<br />

8.0 Zusammenfassung <strong>und</strong> Stellungnahme<br />

<strong>Angst</strong> ist e<strong>in</strong> Gefühl, das die psychiatrische Krankenpflege begleitet. Das Vorhandense<strong>in</strong> dieser <strong>Angst</strong> ist<br />

normal, <strong>und</strong> läßt sich mit den Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> psychiatrischen Krankheitsbil<strong>der</strong> nachvollziehbar erklären.<br />

Wenn mit dieser <strong>Angst</strong> adäquat umgegangen wird, stellt sie ke<strong>in</strong> H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis <strong>in</strong> <strong>der</strong> täglichen Arbeit dar,<br />

problematisch wird es, wenn untaugliche Bewältigungsstrategien e<strong>in</strong>gesetzt werden. <strong>Die</strong>s führt zu massiven<br />

Auswirkungen auf den e<strong>in</strong>zelnen, das Team <strong>und</strong> den Patienten. Den meisten Pflegenden ist dieses<br />

Zusammenwirken von unerlaubten Gefühlen <strong>und</strong> daraus resultierenden Verhaltensweisen klar. Dennoch<br />

genügt diese E<strong>in</strong>sicht alle<strong>in</strong>e nicht, um e<strong>in</strong>en ges<strong>und</strong>en Umgang mit <strong>der</strong> <strong>Angst</strong> zu f<strong>in</strong>den. In jedem Fall ist e<strong>in</strong><br />

übergreifen<strong>des</strong> Vorgehen notwendig.<br />

<strong>Die</strong> Pflegedienstleitung hat e<strong>in</strong> breites Spektrum an Instrumentarien zur Verfügung, um helfend,<br />

unterstützend, korrigierend e<strong>in</strong>zugreifen. <strong>Die</strong> Entscheidung, welche Mittel wie <strong>und</strong> wann e<strong>in</strong>gesetzt werden,<br />

muß <strong>in</strong>dividuell getroffen werden. Dabei darf aber <strong>der</strong> Pflegedienst nicht isoliert gesehen werden, es muß<br />

immer die gesamte Institution mite<strong>in</strong>bezogen se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong> <strong>Angst</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> ist nicht ausschließlich e<strong>in</strong><br />

Problem <strong>des</strong> Pflegedienstes, <strong>und</strong> kann auch von diesem alle<strong>in</strong>e nicht bewältigt werden. Es hat sich gezeigt,<br />

daß günstige äußere Rahmenbed<strong>in</strong>gungen alle<strong>in</strong>e nicht genügen, aber sie s<strong>in</strong>d unbed<strong>in</strong>gte Voraussetzung.<br />

Notwendig ist e<strong>in</strong> f<strong>und</strong>iertes Wissen um die Problematik, <strong>und</strong> die Vermittlung <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Kompetenz,<br />

vor allem im kommunikativen <strong>und</strong> sozialen Bereich.<br />

Zum Abschluß möchte ich noch e<strong>in</strong>e Begebenheit aus me<strong>in</strong>er Berufstätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> anführen, die


mich, vielleicht sogar maßgeblich, zu dieser Arbeit motiviert hat. Vor nunmehr fast 10 Jahren, ich hatte<br />

Bereitschaftsdienst auf e<strong>in</strong>er sozio-therapeutischen Station, hatte e<strong>in</strong> Patient e<strong>in</strong>en akuten Schub se<strong>in</strong>er<br />

chronischen paranoid-halluz<strong>in</strong>atorischen Psychose. Er bewaffnete sich mit e<strong>in</strong>em großen Messer, verletzte<br />

zwei Patienten schwer, ehe ich ihn überwältigen konnte. E<strong>in</strong> Patient, e<strong>in</strong>e 28-jährige Frau, starb, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Patient <strong>und</strong> ich überlebten schwerverletzt. Ich hatte mehrere E<strong>in</strong>stiche im Brustbereich <strong>und</strong> im l<strong>in</strong>ken<br />

Oberarm. Nach dem Krankenhausaufenthalt g<strong>in</strong>g ich mit dementsprechenden <strong>Angst</strong>gefühlen wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> die<br />

Arbeit, war aber nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, offen darüber zu reden. Den Reaktionen von e<strong>in</strong>zelnen Teammitglie<strong>der</strong>n<br />

verdanke ich es, daß ich e<strong>in</strong>en für mich praktikablen Umgang mit dieser <strong>Angst</strong> gef<strong>und</strong>en habe, <strong>der</strong> es mir<br />

ermöglicht hat, weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> tätig zu se<strong>in</strong>. Gesprächsangebote seitens <strong>der</strong> Leitenden<br />

Pflegekräfte gab es nicht, <strong>der</strong> Direktor <strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik überreichte mir nach e<strong>in</strong>em fünfm<strong>in</strong>ütigen Gespräch e<strong>in</strong>e<br />

Urk<strong>und</strong>e, damit war die Angelegenheit erledigt. Vorfälle wie diesen wird es lei<strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong> geben,<br />

Tätlichkeiten von psychisch Kranken gegenüber dem Pflegepersonal lassen sich nicht absolut ausschließen<br />

<strong>und</strong> verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, ich wünsche mir aber, daß Reaktionen wie diese, seitens <strong>der</strong> Pflegedienstleitung <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

Institution, <strong>der</strong> Vergangenheit angehören.<br />

9.0 Anhang<br />

9.1 Literaturverzeichnis<br />

Uwe Henrik Peters<br />

Wörterbuch <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> <strong>und</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Psychologie<br />

Fritz Riemann<br />

Gr<strong>und</strong>formen <strong>der</strong> <strong>Angst</strong><br />

Günter Ammon<br />

Handbuch <strong>der</strong> Dynamischen <strong>Psychiatrie</strong> Band II<br />

Klaus Ernst<br />

Praktische Kl<strong>in</strong>ikpsychiatrie<br />

Maria Rave-Schwank u. Christa W<strong>in</strong>ter-von Lersner<br />

Psychiatrische Krankenpflege<br />

Walter Kistner<br />

Der Pflegeprozeß <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong><br />

Klaus Dörner u. Ursula Plog<br />

Irren ist menschlich<br />

Ra<strong>in</strong>er Tölle<br />

<strong>Psychiatrie</strong><br />

Friedemann Schulz von Thun<br />

Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> reden Band 1


Wolfgang Schmidbauer<br />

Pflegenotstand - das Ende <strong>der</strong> Menschlichkeit<br />

Berthold Schmid u. Guido Laschet<br />

Supervision als Möglichkeit für die Krankenpflege<br />

Strafgesetzbuch (StGB)<br />

Strafprozeßordnung (StPO)<br />

Bayerisches Staatsm<strong>in</strong>isterium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft <strong>und</strong> Kunst<br />

Lehrpläne für die Berufsfachschule für Krankenpflege<br />

Tilmann Ste<strong>in</strong>ert<br />

<strong>Die</strong> psychiatrische Behandlung rezidivierend gewalttätiger Patienten<br />

Deutsche Krankenpflege-Zeitschrift 10/91<br />

Nico Oud<br />

Aggression <strong>und</strong> Gewalt: Wie kann Pflege damit professionell umgehen?<br />

Pflege aktuell 10/93<br />

IG <strong>Psychiatrie</strong> Edith Hofmänner u. Christoph Schlatter<br />

Gewalt - die schmerzhafteste aller Möglichkeiten<br />

Krankenpflege 11/92<br />

Royal Marsden Hospital<br />

Stationshandbuch Kl<strong>in</strong>ische Krankenpflege<br />

<strong>Die</strong> Schwester / Der Pfleger 1/90<br />

Josef Christberger u. Gabriela Kovac<br />

Das Erleben <strong>der</strong> Pflege im akutpsychiatrischen Bereich<br />

Deutsche Krankenpflege-Zeitschrift 10/91<br />

Albert Helber<br />

Der "schwierige" Patient<br />

Deutsche Krankenpflege-Zeitschrift 10/91<br />

Beate Schulz-Zehden<br />

<strong>Die</strong> Bal<strong>in</strong>t-Gruppe - e<strong>in</strong>e Hilfe <strong>und</strong> Stütze für den Umgang mit Kranken<br />

Deutsche Krankenpflege-Zeitschrift 10/85<br />

Jung, Johannsen, Le<strong>der</strong>er, Piegler u. Wolpert<br />

Bal<strong>in</strong>t-Gruppen im Pflegebereich<br />

<strong>Die</strong> Schwester / Der Pfleger 11/79


Werner Stuck<br />

Welche Aufgaben haben Bal<strong>in</strong>t-Gruppen<br />

9.2 Fragenkatalog zum Interview<br />

Fragenkatalog zum Interview<br />

Alter :<br />

Geschlecht :<br />

Ausbildung :<br />

Berufserfahrung <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Psychiatrie</strong> :<br />

tätig im Fachbereich :<br />

Impulsfrage:<br />

Je<strong>der</strong> versteht <strong>und</strong> erlebt <strong>Angst</strong> an<strong>der</strong>s. Was verstehen Sie unter <strong>Angst</strong> <strong>und</strong> wie erleben Sie <strong>Angst</strong> (kognitive,<br />

emotionale <strong>und</strong> vegetative Ebene)?<br />

Ist <strong>Angst</strong> e<strong>in</strong> Thema das Sie beschäftigt?<br />

Wie oft beschäftigt Sie <strong>Angst</strong>?<br />

Gibt es für Sie spezifische Situationen, die angstbesetzt s<strong>in</strong>d?<br />

Wann hatten Sie das letzte Mal <strong>Angst</strong> mit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>gangs beschriebenen Symptomatik? Beschreiben Sie bitte<br />

die Situation <strong>und</strong> die anschließenden Reaktionen (eigene, Team, Institution).<br />

Was tun Sie gegen <strong>Angst</strong>?<br />

Wird im Team über <strong>Angst</strong> gesprochen?<br />

Haben Sie sich wegen e<strong>in</strong>er <strong>Angst</strong>problematik schon e<strong>in</strong>mal an e<strong>in</strong>en Kollegen, Vorgesetzten o<strong>der</strong> an die<br />

Institution gewendet?<br />

Haben Sie negative Auswirkungen auf Patienten erlebt, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Angst</strong> <strong>des</strong> <strong>Pflegepersonals</strong> begründet se<strong>in</strong><br />

könnten?<br />

Wurden Sie schon e<strong>in</strong>mal von e<strong>in</strong>em Patienten physisch verletzt? Wie waren die Reaktionen von Team <strong>und</strong><br />

Vorgesetzten?<br />

Wie g<strong>in</strong>g es Ihnen dabei, <strong>und</strong> was hat sich dadurch bei Ihnen verän<strong>der</strong>t?<br />

Was verstehen Sie unter Supervision, <strong>und</strong> was halten Sie davon?


Nehmen Sie an e<strong>in</strong>er Supervision o<strong>der</strong> Bal<strong>in</strong>tgruppe teil?<br />

Bitte beurteilen Sie das Fortbildungsangebot zur besprochenen Thematik.<br />

Können Sie <strong>in</strong> Problemsituationen auf <strong>in</strong> <strong>der</strong> Krankenpflegeausbildung erlerntes Wissen zurückgreifen?

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