30.08.2018 Aufrufe

Neue Szene Augsburg 2018-09

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CINeRama<br />

43<br />

BooK CLUB – DAS BeSTe KoMMT<br />

NoCH<br />

Regie: Bill Holderman<br />

Mit: Mary Steenburgen, Jane Fonda u.a.<br />

Man muss es einmal ganz ofen zugeben, auch der<br />

geneigte <strong>Neue</strong> <strong>Szene</strong>-Leser wird nicht ein Leben<br />

lang 25 bleiben. Da kommt dann dieser Film mit<br />

vier Damen, die im höheren Alter dank "Fity Shades<br />

of Grey" noch mal etwas mehr aus ihrem Sexleben<br />

rausholen wollen, fast wie gerufen, oder? Sex and the<br />

City, aber halt nicht für Milfs, nein, gleich für Gilfs,<br />

sozusagen. Klingt bizarr und ist es vielleicht auch,<br />

aber die Spielfreude, mit der die vier preisgekrönten<br />

und dauerrattigen Ladies diese etwas seichte Story<br />

spielen, hat dennoch ihren Charme. Der Spaß hört<br />

also auch mit 70 auf keinen Fall zwingend auf?! Das<br />

ist ja dann auch für uns ganz gut zu wissen, die wir<br />

selber langsam auf die 30 zugehen. Und mit 30 hat<br />

man eben auch noch mal die Zeit, einen Abend bei<br />

einem mittelmäßigen Streifen im Lichtspielhaus des<br />

Vertrauens zu verbringen. Gell? (max) (Kinostart:<br />

13.<strong>09</strong>.)<br />

HHHIII<br />

CoBAIN<br />

Regie: Nanouk Leopold<br />

Mit Bas Keizer, Naomi Velissariou, Wim opbrouck u.a.<br />

Nein, Freunde, das ist keine Biographie über den<br />

guten alten Kurt. Nirvana ist nur die Lieblingsmucke<br />

von Cobains Mama und daher taute sie ihren<br />

Sprössling nach unser aller längst verblichenem<br />

Idol. So richtig rund läut es auch zwischen dem 15-<br />

Jährigen und seiner Mutter nicht. Mama Mia führt<br />

ein Leben wie auf dem Drahtseil, ist ständig unter<br />

Drogen, obwohl sie erneut schwanger ist. Cobain<br />

versucht dieses selbstzerstörerische Leben mit allen<br />

Mitteln zu retten. Ich will nicht zu viel verraten, aber<br />

neben wunderschönen <strong>Szene</strong>n trit den Zuschauer<br />

so manches direkt in die Magengrube. Hart und<br />

unbarmherzig. Cobain ist ein Film, der den brutalen<br />

Kampf um Liebe zeigt, eine Coming-of-Age-Story der<br />

Extraklasse, die einem manchmal den Atem nimmt.<br />

Denn es passiert so viel, dass man zwischendrin sogar<br />

Angst hat, selbst auf der Strecke zu bleiben. Und wer<br />

will das schon? (etz) (Kinostart: 13.<strong>09</strong>.)<br />

HHHHHI<br />

THe MAN WHo KILLeD DoN QIXoTe<br />

Regie: Terry Gilliam<br />

Mit Adam Driver, Jonathan Pryce, Stellan Skarsgård<br />

u.a.<br />

Jawoll, endlich ist er draußen. Monty Python-Mitglied<br />

Terry Gilliam hat rund 25 Jahre benötigt, um diesen<br />

Streifen fertigzustellen. Im Mittelpunkt steht der<br />

etwas seltsame Regisseur Toby, der in Spanien einen<br />

Werbeilm dreht und dort von seiner Vergangenheit<br />

eingeholt wird. Man trit sich immer zweimal, denn<br />

in der Nähe hatte er vor zehn Jahren einen Film<br />

über die Romanigur Don Quixote produziert und<br />

dabei die teilnehmenden Dorbewohner ziemlich<br />

ausgenutzt. Diese Angelegenheit wiedergutzumachen,<br />

ist zwar laut Drehbuch der Plan, aber leider<br />

verhindert dies das Chaos aus 25 Jahren Fehlplanung.<br />

Drehbuchänderungen, Monty Python-Wahnsinn und<br />

der Versuch, hier Kunst zu fabrizieren, macht aus<br />

dem Film einen komplett überdrehten und kaum<br />

nachvollziehbaren Abklatsch einer Parodie. Und im<br />

Kino gab es nicht mal gefüllte Jaguarohrläppchen.<br />

Seufz! (etz) (Kinostart: 27.<strong>09</strong>.)<br />

HHIIII<br />

filmtipp des monats<br />

Wackersdorf<br />

Regie: oliver Hafner<br />

Mit Johannes Zeiler, Peter Jordan, Florian Brückner, Anna Maria Sturm u.a.<br />

Ich war noch zu jung, um hinzufahren. Trotzdem war Wackersdorf auch auf<br />

unserem Landgymnasium der Begrif für Widerstand und „Stoppt Strauß“.<br />

Ganz verstanden hatten wir Jungspunde sowieso nicht, was da abging, aber<br />

es traten dort die Toten Hosen zusammen mit Gerhard Polt auf, also musste<br />

es ja was Cooles sein. Kapiert hatten wir es später, als die ganze Dimension<br />

und die negativen Folgen dieses Wiederaubereitungslagers ans Licht kamen.<br />

Darüber berichtet dieser wunderbare Film, der beim Münchner Filmfestival<br />

den Publikumspreis bekam. Im Mittelpunkt steht Landrat Hans Schuierer.<br />

Der SPD-Politiker lässt sich zu Beginn von der Bayerischen Staatsregierung<br />

mit großen Versprechungen überreden, die WAA in der Nähe von<br />

Schwandorf bauen zu lassen. Doch allmählich bemerkt auch er die Rechtsbeugungen<br />

der Regierung, die Unterdrückung von Meinungen durch<br />

Repression und die Gewalt, die von der Polizei gegen Bürgerinitiativen<br />

ausgeht. Er wandelt sich zum erbitterten Gegner und hat dabei immer den<br />

Blick auf Gerechtigkeit und freie Meinungsäußerung gerichtet. Es sind starke<br />

Momente, in denen Schuierer alleine durch den Wald wandelt, seine Heimat<br />

in sich aufsaugt und bemerkt, dass diese nie mehr dieselbe bleiben wird,<br />

sollte die Wiederaubereitungsanlage tatsächlich kommen. Unterfüttert wird<br />

der Film mit Dokumentaraufnahmen der damaligen Zeit, die die Proteste<br />

und die Gewalt hautnah zeigen. Nachgestellte <strong>Szene</strong>n wollte Regisseur<br />

Hafner nicht. Richtig so! Denn diese originalen Bilder lassen keinen unberührt<br />

und die Schauspieler zeigen dazu die Zerrissenheit einer Gesellschat<br />

nicht weniger emotional. Der Versuch, den Landrat letztlich mundtot zu<br />

machen und die WAA gegen jeden Protest durchzusetzen, ist ein Beispiel<br />

staatlicher Zwangsgewalt, die sich hofentlich nie mehr wiederholen wird.<br />

Eindringlich, spannend, unfassbar authentisch und trotzdem auch humorvoll<br />

ist „Wackersdorf“ ein Stück bayerische Zeitgeschichte, die man nicht<br />

besser erzählen kann. Grandios! (etz) (Kinostart: 20.<strong>09</strong>.)

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