SENIORENSTARS vor der Kamera - Senio Magazin
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14 | EHRENAMTLICHE ARBeiT<br />
Zuhören, wenn tröSten unmöglich iSt<br />
ein <strong>vor</strong>mittag bei <strong>der</strong> aachener Klinikhilfe (aKH)<br />
am Universitätsklinikum aachen<br />
Montagmorgens geht es gleich hektisch<br />
zu: „Aachener Klinikhilfe, guten Tag.“<br />
Kaum hat die Einsatzleiterin an ihrem<br />
Schreibtisch Platz genommen, schellt<br />
das Telefon und <strong>der</strong> erste Hilferuf geht<br />
ein. Ein Notfall ist in <strong>der</strong> Nacht eingeliefert<br />
worden und nun werden dringend Kleidungsstücke<br />
benötigt, denn durch den<br />
Unfall, den <strong>der</strong> Patient erlitten hat, war<br />
seine Kleidung blutverschmiert und verdreckt,<br />
und Angehörige konnten noch<br />
nicht ermittelt werden. Für diese und<br />
ähnliche Fälle hält die AKH einen Not<strong>vor</strong>rat<br />
an Unterwäsche, Schlafanzügen<br />
und Nachthemden, Pullovern, T-Shirts<br />
und Hosen bereit. Nein, mit einer Klei<strong>der</strong>kammer<br />
hat das nichts zu tun, aber<br />
für gewisse Fälle ist die Organisation, die<br />
<strong>der</strong> Caritas unterstellt ist, gerüstet. Die<br />
Damen werden wegen ihrer Kittel „Die<br />
Grünen Damen“ genannt, aber so stellen<br />
sie sich nicht <strong>vor</strong>, wenn sie die Patienten<br />
besuchen. „Guten Tag, ich komme<br />
von <strong>der</strong> Aachener Klinikhilfe. Ich gehöre<br />
nicht zum medizinischen Personal, aber<br />
vielleicht gibt es etwas, womit ich Ihnen<br />
den Aufenthalt hier angenehmer machen<br />
kann.“ So o<strong>der</strong> ähnlich begrüßen die Damen<br />
die Patienten. Be<strong>vor</strong> sie auf die Stationen<br />
gehen, versammeln sich die Dienst<br />
habenden Damen im AKH-Büro, das von<br />
9 bis 10 Uhr besetzt ist, um dringende Anrufe<br />
entgegen zu nehmen und Wünsche<br />
<strong>der</strong> Patienten zu koordinieren. Wenn die<br />
Patienten nicht selbst nach den Diensten<br />
<strong>der</strong> „Grünen Damen“ verlangen, gehen<br />
diese von Tür zu Tür und fragen nach. Nie<br />
wissen sie, was sie hinter einer Krankenhaustür<br />
erwartet. Mit leichten Fällen und<br />
schweren Schicksalen werden sie konfrontiert.<br />
Mit Patienten, die froh sind, sich<br />
einmal gründlich aussprechen und ausweinen<br />
zu können, und mit ablehnenden<br />
Menschen, die ohne Umschweife sagen,<br />
dass sie keinerlei Besuch wünschen. Und<br />
natürlich auch, da das Aachener Klinikum<br />
ein international anerkanntes Krankenhaus<br />
ist, mit Menschen, die eine fremde<br />
Sprache sprechen. Wenn es sich dabei<br />
um türkisch handelt, wird dem Patienten<br />
Einsatzleiterin Marlies Baldner (rechts) mit<br />
einigen Damen, die montags Dienst tun<br />
ein Kärtchen <strong>vor</strong>gelegt, auf dem Sinn und<br />
Zweck des Besuchsdienstes beschrieben<br />
wird. Dieser Service soll demnächst<br />
noch auf an<strong>der</strong>e Sprachen ausgeweitet<br />
werden. Es gibt jedoch Problemfälle, da<br />
stoßen die Damen von <strong>der</strong> AKH an ihre<br />
Grenzen: Obdachlose, die von ihrer Familie<br />
fallen gelassen wurden, o<strong>der</strong> Patienten,<br />
für die feststeht, dass sie als Pflegefall<br />
entlassen werden, die brauchen ganz beson<strong>der</strong>en<br />
Zuspruch und Aufmunterung.<br />
Damit die Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> AKH für<br />
ihren Dienst gut gerüstet sind, müssen sie<br />
sich verpflichten, an Supervisionen und<br />
Fortbildungsveranstaltungen teilzunehmen.<br />
Verpflichtende Freiwilligkeit nennt<br />
die Einsatzleiterin diese Tätigkeit. Und wo<br />
Freiwilligkeit ins Spiel kommt, ist es nur<br />
selbstverständlich, dass alle auch mit Eifer<br />
und Freude dabei sind. Nie kommt Routine<br />
auf, immer kann etwas Unbekanntes,<br />
noch nie da Gewesenes eintreten. Beson<strong>der</strong>s<br />
die Patienten, die nie o<strong>der</strong> nur selten<br />
Besuch bekommen, weil die Angehörigen<br />
zu weit entfernt wohnen, nehmen<br />
die Dienste gerne in Anspruch.<br />
„Gut, dass sie kommen“, ist eine Patientin<br />
erleichtert, „mir ist gerade mein Handy<br />
auf den Boden gefallen.“ Eine an<strong>der</strong>e<br />
möchte ihr Köfferchen für die morgige<br />
Entlassung gepackt und wie<strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e<br />
eine Telefonkarte besorgt haben.<br />
Auch lässt sich mancher Patient eine<br />
Zeitung unten am Kiosk kaufen. Ein alter<br />
Herr möchte Begleitung haben für<br />
einen Gang zum Dachgarten. Das sind<br />
die leichten Tätigkeiten, die mit freundlichem<br />
Lächeln erledigt werden. Aber<br />
wie ist es mit den schweren Fällen? Ist es<br />
möglich, einen Menschen zu trösten, <strong>der</strong><br />
weiß, dass er keine Chance auf Heilung<br />
hat? „Wenn trösten nicht geht, hilft nur<br />
zuhören, das bewirkt auch manchmal einiges.“<br />
Bis zuletzt klammert sich auch ein<br />
Schwerkranker an die Zuversicht, dass die<br />
ärzte ihn retten können, ein neues Medikament<br />
Besserung verschaffen wird. Die<br />
Mitarbeiterinnen <strong>der</strong> AKH bestärken ihn<br />
in <strong>der</strong> Hoffnung, aber manchmal stoßen<br />
auch sie an die Grenzen <strong>der</strong> Belastbarkeit,<br />
beson<strong>der</strong>s wenn sog. „Rückfälle“ eingeliefert<br />
werden o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, die schwer<br />
traumatisiert sind. Da hilft manchmal das<br />
Gespräch mit den Kolleginnen, die mit<br />
den gleichen Problemen konfrontiert<br />
werden. Dazu sind die Pausen in <strong>der</strong> Personalkantine<br />
gut, wo ein reger Austausch<br />
stattfinden kann. Außerdem ist es möglich,<br />
sich mit dem Sozialdienst <strong>der</strong> Diakonie<br />
zu beraten, dessen Büro gleich nebenan<br />
ist. Alle Fälle sind streng vertraulich.<br />
Nichts, was im Klinikum gehört und gesehen<br />
wird, darf nach draußen getragen<br />
werden. Das ist eine selbstverständliche<br />
Verpflichtung.<br />
Erstaunlich ist, dass viele Patienten ihr<br />
schweres Los so gelassen hinnehmen.<br />
Das liegt sicher an dem guten Klima, das<br />
im Klinikum herrscht, das Freundlichkeit,<br />
Zuversicht und Kompetenz ausstrahlt<br />
und an dem die Damen vom AKH auch<br />
ihren Anteil haben. Die Case-Managerin<br />
<strong>der</strong> Onkologie bringt es auf den Punkt:<br />
„Ohne die Organisation <strong>der</strong><br />
AKH kämen wir hier nicht aus.“<br />
Inge Gerdom<br />
Der Dienst bei <strong>der</strong> AKH ist rein ehrenamtlich.<br />
Die Institution gibt es nun seit bereits<br />
27 Jahren. Alle Damen sind gleichberechtigt<br />
und wechseln sich mit dem Telefondienst ab.<br />
Die Rufnummer ist 80 88 127, vom Krankenhausbett<br />
aus: 99 88 127. Träger <strong>der</strong> AKH auf<br />
vertraglicher Grundlage mit dem Uniklinikum<br />
Aachen sind: Caritas Verband für die Regionen<br />
Aachen-Stadt und Land e.V. und Diakonisches<br />
Werk im Kirchenkreis Aachen e.V.