Arnsdorfer Sternstunden WEB Einzelseiten
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Wer war er überhaupt,<br />
dieser lehrende Musiker?<br />
TRADITION im engeren Sinn als das<br />
HINÜBERGEHEN (lat: tradere) war auch<br />
Franz Xaver Gruber nicht fremd: Er ging<br />
vom elterlichen Webstuhl fort über die<br />
Salzach nach Burghausen, um am Hammerklavier<br />
seines Lehrmeisters Hartdobler<br />
neue musikalische Welten zu entdecken;<br />
er ging durch den großen Wald<br />
des Weilhartforstes nach Arnsdorf, um<br />
hier eine Lehrerstelle anzunehmen; er<br />
ging ungezählte Male von Arnsdorf nach<br />
Oberndorf, um dort seinen klingenden<br />
Dienst an der Orgel zu verrichten;<br />
und späterhin ging er nach Jahrzehnten<br />
des Schuldienstes letztlich nach<br />
Hallein, um sich als Chorregent ganz<br />
und gar der Musik widmen zu können.<br />
Gruber ging nach einer offenbar glücklichen<br />
Vernunftehe mit der Mesnerswitwe<br />
Elisabeth auf deren Tod hin<br />
eine Liebesverbindung mit seiner früheren Schülerin Maria<br />
ein; nach knapp zwei Jahrzehnten abermals verwitwet ging<br />
er den soliden und wohl ebenfalls alles andere als unglücklichen,<br />
gutbürgerlichen Ehestand mit Katharina ein.<br />
Und schließlich ging der Franz Xaver, wann immer es<br />
berufliche und familiäre Pflichten zuließen, wie es scheint<br />
mit Leidenschaft stundenlang in alle Himmelsrichtungen, um<br />
Freunde, ehemalige Lehrer und andere Weggefährten seines<br />
Lebens zu besuchen. Wie oft hat er wohl den großen Forst<br />
im Norden durchwandert und die Salzach gequert, wie zahlreich<br />
waren wohl die gegenseitigen Besuche zwischen Mohr<br />
und Gruber und wie selbstverständlich wurden all diese<br />
Fußmärsche über Stunden und Stunden in Kauf genommen,<br />
allein um eines Wiedersehens und Miteinanders willen!<br />
Wohin werden den Familienmenschen Gruber seine Schritte<br />
wohl gelenkt haben, wenn ihm wieder ein Kind mit wenigen<br />
Monaten oder Jahren oder gleich bei der Geburt vom Tod entrissen<br />
wurde; war es der Weg in den Stierlingwald, an die<br />
Salzach oder gleich in die Kirche zur Gottesmutter und an<br />
die Orgel. Die Musik war ihm gewiss ein großer Trost, dem<br />
Franz Xaver, wenn das Leben ihm zwischenzeitlich auch<br />
sonst einmal hart mitspielte; wenn er etwa als allseits belobigter<br />
Schulleiter bei der Besetzung der neuen Lehrerstelle<br />
Selbstportrait von Franz Xaver Gruber. ©Stille Nacht Archiv |Stille-Nacht-Museum Hallein<br />
in Oberndorf übergangen wurde. Einen besonderen<br />
Draht zur Musik dürfte er schon gehabt haben, dieser<br />
gelernte Leinenweber und Schullehrer. Räumlich wie<br />
auch beruflich und persönlich war er ja sein Leben lang<br />
ein Wanderer zwischen verschiedenen Welten geblieben<br />
– wiewohl mit beiden Beinen immer fest am Boden des<br />
Lebens.<br />
Die musische Veranlagung und Begabung eröffnete ihm<br />
zusätzlich eine ganz eigene, wunderbare Dimension. Vor<br />
dort flossen ihm Gedanken, Schwingungen und Melodien<br />
zu, die da und dort auch erlösende und befreiende Antworten<br />
geben konnten auf Leid und Sorge des Alltags. Dieser<br />
magischen Einbettung unseres irdischen Daseins in eine<br />
geistig-musische Grundschwingung, für uns erschlossen<br />
durch den begnadeten Mittler Franz Xaver Gruber, ist wohl<br />
auch die universale Wirkung von „Stille Nacht! Heilige<br />
Nacht!“ zu danken...<br />
Mag. Thomas Haas<br />
Franz Xaver Gruber<br />
Lehrer, Mesner & Organist von<br />
1807 - 1829 in Arnsdorf<br />
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