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Seite 6<br />

TITEL: GROßBRAND BEI FICHTENWALDE<br />

Die ständige Brandgefahr<br />

Fichtenwalde feiert!<br />

Mit der Dürre kommen auch die Waldbrände. Brandenburg hat besonders zu kämpfen.<br />

Technisch ist das Bundesland gut aufgestellt. Doch was nützt das, wenn etwas anderes fehlt?<br />

J ens Heinze war am 26.<br />

Juli gerade von einer<br />

Schulung aus Berlin zurückgekehrt<br />

und vom<br />

Bahnhof Werder im Havelland<br />

nach Hause gefahren, da<br />

ploppte um 13.33 Uhr auf<br />

seinem Smartphone eine<br />

Meldung auf. Ein Waldbrand<br />

war ausgebrochen, der ihm in<br />

den kommenden drei Tagen<br />

insgesamt nur neun Stunden<br />

Schlaf gewähren sollte. Zu<br />

diesem Zeitpunkt war jener<br />

Brand nahe Potsdam, der<br />

bundesweit für Schlagzeilen<br />

sorgte, noch klein. Heinze<br />

schaute also auf die Meldung<br />

und sah, welche Feuerwehren<br />

verständigt wurden und wo<br />

das Feuer wütete, in einem<br />

Waldstück bei Fichtenwalde.<br />

Als dann, eine Viertelstunde<br />

später, die zweite Nachricht<br />

bei ihm einging, wusste er,<br />

dass es sich um etwas Größeres<br />

handeln musste. Hunderte<br />

Autofahrer hatten schon bei<br />

der zuständigen Leitstelle<br />

angerufen, der Wald lag direkt<br />

neben den Autobahnen 9<br />

und 10. Eine halbe Stunde<br />

nach dem ersten Alarm traf<br />

Heinze am Ort des Geschehens<br />

ein. Als Einsatzleiter<br />

war es nun seine Aufgabe,<br />

die eintreffenden Feuerwehreinheiten<br />

zu koordinieren.<br />

Und vor allem ein Gedanke<br />

trieb den Dreiundvierzigjährigen<br />

an: Er wollte<br />

unbedingt<br />

verhindern,<br />

dass Fichtenwalde<br />

und<br />

seine Einwohner<br />

vom Feuer<br />

verschluckt werden.<br />

"Wir hatten<br />

viel, viel Glück",<br />

sagt Heinze im<br />

Nachhinein. Glück,<br />

das die deutschen<br />

Feuerwehren in Zu- kunft<br />

noch häufiger brauchen werden.<br />

Wärmere und vor allem trockenere<br />

Sommer werden<br />

aufgrund des Klimawandels<br />

häufiger. Deutschland wird<br />

ein Waldbrandland, sagte<br />

unlängst der Freiburger Feuerökologe<br />

Johann Goldammer.<br />

Ein solches ist Brandenburg<br />

schon längst. Mehr als<br />

die Hälfte aller deutschen<br />

Waldbrände treten in diesem<br />

Bundesland auf. Allein in<br />

diesem Jahr waren es schon<br />

352. Kiefer-Monokulturen<br />

und das subkontinentale Klima<br />

sind die Ursachen dafür.<br />

In Brandenburg regnet es<br />

nicht viel, und in den vergangenen<br />

Monaten gab es noch<br />

weniger Niederschlag.<br />

Jens Heinze,<br />

der<br />

erst seit<br />

kurzem Kreisbrandmeister<br />

von Potsdam-<br />

Mittelmark ist, sitzt nun,<br />

zwei Wochen nach dem verhinderten<br />

Unglück bei Fichtenwalde,<br />

zusammen mit<br />

Kreisoberinspektor Burkhard<br />

Hempel in seinem Büro des<br />

Fachdienstes Brand- und<br />

Katastrophenschutz. Gemeinsam<br />

arbeiten sie noch immer<br />

den Brand auf und schauen<br />

auf ein Thermobild vom ersten<br />

Einsatztag, das ihnen die<br />

Bundeswehr zur Verfügung<br />

stellte. Zur Rechten sehen sie<br />

die Autobahn 9, oben die<br />

Autobahn 10 und zur Linken,<br />

zwischen Wald und Fichtenwalde,<br />

den Europaradweg 1.<br />

Dazwischen überall weiße<br />

Flächen - die Flammen.<br />

Heinze wies<br />

an jenem Tag alle<br />

Kräfte an, das Feuer am Europaradweg<br />

1 aufzuhalten.<br />

Wäre dies nicht gelungen,<br />

hätten die Flammen dank des<br />

Ostwindes innerhalb von nur<br />

25 Minuten die ersten Häuser<br />

erreicht. Wenn das Feuer<br />

über den Radweg tritt, dachte<br />

er, können sie sich hier nie<br />

wieder blicken lassen. Und<br />

noch etwas machte ihm Sorgen.<br />

Eine Gasverteilerstation,<br />

die es zu sichern galt. "Wenn<br />

die kaputtgegangen wäre,<br />

hätte Potsdam keinen Strom<br />

mehr gehabt. Der Betreiber<br />

sagte uns: Wenn da was passiert,<br />

liegt da im Umkreis<br />

von 500 Metern kein Stein<br />

mehr auf dem anderen." Eine<br />

Explosion hätte die einhundert<br />

Meter entfernte Autobahn<br />

getroffen. Auch<br />

Granaten aus dem Zweiten<br />

Weltkrieg lagen im<br />

Wald, die zu detonieren<br />

drohten, wie in so vielen<br />

Gebieten in Brandenburg.<br />

Ihre Wucht<br />

kann bis zu tausend<br />

Meter weit reichen.<br />

Auch deswegen<br />

musste sich die<br />

Feuerwehr auf die<br />

Feuerbekämpfung<br />

am Waldrand<br />

beschränken.<br />

Fichtenwalde, so viel wird im<br />

Nachhinein klar, ist einer<br />

Katastrophe knapp entgangen.<br />

In Achtstundenschichten<br />

kämpften insgesamt etwa<br />

1100 bis 1200 Feuerwehrleute<br />

gegen die Flammen an,<br />

250 je Schicht. Während des<br />

achtzigstündigen Brands verbrauchen<br />

sie fünf Millionen<br />

Liter Wasser. "Jeder Feuerwehrmann<br />

und jede Feuerwehrfrau<br />

hat da draußen eine<br />

Top-Arbeit abgeliefert. Man<br />

kann sich das nicht vorstel-

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