Leben Thomas Anders wurde mit Modern Talking berühmt. Er ist in der neuen Staffel von X Factor als Juror zu sehen. 40 www.erfolg-magazin.de . Ausgabe <strong>04</strong>/20<strong>18</strong> . ERFOLG magazin
Leben ZEIG, WAS DU KANNST Thomas Anders im Interview über Stärken, Selbstreflexion und Auslese INTERVIEW Bild: Oliver Reetz Herr Anders, Sie wirken immer so tiefenentspannt. Kann das daran liegen, dass Sie nur noch das tun, was Sie möchten? Oder war das schon immer so? Nein, das war nicht immer so. Als junger Mensch war ich noch nicht so entspannt. Man muss sich ja erstmal seine Sporen verdienen und träumt von einer Karriere, von der man nicht weiß, ob man sie hinkriegt. Heute haben Sie Recht mit Ihrer Einschätzung, ich habe das Privileg, nur das zu tun, was mir Freude macht. Schon als Kind haben Sie sich für Musik und das Singen begeistert und haben deutlich gemacht, dass Sie das auch beruflich machen möchten. Ich kann mir vorstellen, dass da Druck aus dem familiären Umfeld kam. Sänger ist ein eher unüblicher Beruf. Sie haben aber Ihren Kopf durchgesetzt? Ich habe mit sechs angefangen, Musik zu machen. Dann kamen die ersten Auftritte und als Achtjähriger ist man weniger der starke Typ, der seinen Kopf durchsetzt und als Goliath gegen den Rest der Welt kämpft. Man möchte einfach das tun, was einem Freude macht. Ich hatte sehr viel Glück, dass meine Eltern mich unterstützt haben. Aber die Schulleistungen mussten natürlich weiterhin stimmen. Wenn das nicht funktionierte, schoben meine Eltern dem einen Riegel vor. Für mich war dennoch klar, ich wollte diesen Weg gehen, ich wollte Musik machen, auch wenn ich mit 12 oder 14 noch nicht die Gedanken gemacht habe, womit ich später ganz konkret meinen Lebensunterhalt verdienen werde. Das kam für mich nach dem Abitur, als ich anfing zu studieren. Ich musste die Zeit für Musik zuerst mit der Schule und später mit der Uni teilen. Das machte mich nicht glücklich, darum habe ich relativ schnell das Studium „ruhen lassen“ und habe Man muss es von „der Pike auf“ lernen. Auch ich bin in den Anfängen jedes Wochenende ... in Diskotheken und auf Feiern aufgetreten, wo mich niemand kannte. Das ist die gnadenloseste Jury. mich voll und ganz auf die Musik konzentriert, mit dem Resultat, dass zwei Jahre später Modern Talking losging. Eine Definition von Glück lautet, man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Das bedeutet auch, dass jemand wie ein Thomas Anders, der schon auf der Bühne gestanden hat, mehr Glück haben wird, so eine Chance zu bekommen, als jemand, der nur im Keller singt. Richtig, man muss neben Talent und Fleiß sich auch „zeigen“. Auch ich musste mich irgendwann einem Wettbewerb stellen. Nur damals nannte man es nicht Casting-Show und es war nicht medial begleitet im Fernsehen, man nanntes es Talentwettbewerb. Das war die Vorgehensweise Anfang der 70er. Ist das nicht nach wie vor eine gute Sache? Casting-Shows auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite auch die Leute, die sich einfach jahrelang durchkämpfen und sich ein dickes Fell zulegen, so wie sie? Richtig, das ist genau mein Reden, man muss es von „der Pike auf “ lernen. Auch ich bin in den Anfängen jedes Wochenende durch die Dörfer gezogen und in Diskotheken und auf Feiern aufgetreten, wo mich niemand kannte. Und da saß schon Ihre Jury, oder? Das ist die gnadenloseste Jury. Aber nur so lernt man und wird erfolgreich. Ein Beispiel aus einem anderen Genre: Jemand interessiert sich fürs Bäckerhandwerk und kreiert durch Zufall einen ganz tollen Kuchen. Weil er es aber handwerklich nie gelernt hat, wird er diese Torte nicht noch einmal genauso hinbekommen. Die Torte war ein Zufallsprodukt. Im fehlt das Wissen, um den Geschmack zu reproduzieren. Ich dagegen habe mein Handwerk gelernt. Von meinem ersten Auftritt mit sechs bis zu meinem ersten Schallplattenvertrag mit fünfzehn lagen neun Jahre. Das waren neun Lehrjahre. Apropos Kindheit. Stimmt es, dass Sie das Intro zu „Ducktales“ gesungen haben? Nein, das ist nur ein Gerücht. Musik wird irgendwann auch zum Business. Wie leicht fällt das einem Künstler wie Ihnen? Man sagt, Künstler in- ERFOLG magazin . Ausgabe <strong>04</strong>/20<strong>18</strong> . www.erfolg-magazin.de 41