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Tuxer Prattinge Ausgabe Herbst 2018

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<strong>Tuxer</strong> <strong>Prattinge</strong> – <strong>Ausgabe</strong> <strong>Herbst</strong> <strong>2018</strong><br />

Christliche Gottesdienste am Grab<br />

von Verstorbenen sind seit dem 2.<br />

Jahrhundert belegt und wurden<br />

schließlich Bestandteil der Bestattungsliturgie.<br />

… Im 9. oder 10. Jahrhundert<br />

entstand Allerseelen als der<br />

allgemeine Gedenktag für alle Verstorbenen.<br />

Während all dieser Jahrhunderte<br />

verstanden die Christen<br />

das Sterben und den Tod als Übergang<br />

in eine neue Lebensphase, in<br />

das ewige Leben bei Gott.<br />

Vor allem im Mittelalter kam zur<br />

Hoffnung auf die Auferstehung<br />

auch die Angst hinzu, die Toten erwarte<br />

das Fegefeuer. An diesem<br />

Reinigungsort (lat. purgatorium)<br />

befinden sich diejenigen Verstorbenen,<br />

die nach der Lossprechung von<br />

ihren Sünden gestorben sind, aber<br />

zu Lebzeiten nicht mehr alle ihnen<br />

auferlegten Bußwerke erfüllen<br />

konnten. Dieser „Restbestand“ wird<br />

durch eine entsprechende Zeit im<br />

Reinigungsort getilgt. Durch (mitunter<br />

übertrieben) häufiges Lesen<br />

von Messen für die Verstorbenen,<br />

durch bestimmte Formen des Stiftungswesens<br />

und nicht zuletzt durch<br />

den Erwerb von Ablässen, der<br />

schließlich zum Handel mit Ablassbriefen<br />

ausuferte, wollten die Lebenden<br />

das Ihre tun, um den Verstorbenen<br />

die Zeit im Purgatorium<br />

zu verkürzen.<br />

Auch in der Liturgie der Totenmesse<br />

machte sich diese neue Mentalität<br />

bemerkbar. Neu aufgenommene<br />

Buß- und Fürbitt-Elemente<br />

verdrängten diejenigen Elemente,<br />

die die Hoffnung auf die Auferstehung<br />

ausdrückten. Als Beispiel sei<br />

der Gesang Dies irae („Tag des<br />

Zornes“) genannt, der bis zur Liturgiereform<br />

nach dem Zweiten Vatikanischen<br />

Konzil Bestandteil des<br />

Requiems war - und als solcher über<br />

die Jahrhunderte von vielen Komponisten<br />

(u. a. Dvorák, Mozart oder<br />

Verdi) in ihren Requiem-Kompositionen<br />

vertont wurde. Dieser Gesang<br />

zeichnete lange Zeit ein Bild<br />

der schieren Verzweiflung: Obwohl<br />

der Mensch auf Gottes Gnade hoffen<br />

darf, zweifelt er wegen seiner<br />

schlechten Taten daran, diese<br />

Gnade überhaupt zu erhalten.<br />

Hoffnung wiederhergestellt<br />

Die Liturgiekonstitution des Zweiten<br />

Vatikanischen Konzils wies für<br />

die Reform der Begräbnisliturgie<br />

an, dass sie „deutlicher den österlichen<br />

Sinn des christlichen Todes<br />

ausdrücken“ solle. Deshalb steht in<br />

den Gebeten für die Toten wieder<br />

stärker die Auferstehungshoffnung<br />

im Mittelpunkt. So heißt es<br />

etwa im Verabschiedungsgebet:<br />

„Gütiger Vater, in deine Hände<br />

empfehlen wir unseren Bruder/unsere<br />

Schwester (...). Wir bitten dich,<br />

nimm unseren Bruder/unsere<br />

Schwester auf und gib ihm/ihr Wohnung<br />

und Heimat bei dir.“<br />

Das, was die Verstorbenen im Leben<br />

getan haben im Guten, aber<br />

auch dort, wo sie versagt haben - all<br />

das ist nun an ein Ende gelangt und<br />

nur Gott ist es, der ihnen das Leben<br />

in seiner Fülle eröffnen kann. In den<br />

Gebeten, die durch Vertrauen und<br />

Hoffnung geprägt sind, spielt dabei<br />

zum Teil auch die Hoffnung hinein,<br />

dass die Verstorbenen durch Engel<br />

begleitet werden mögen, wie es das<br />

bekannte Lied „Zum Paradies mögen<br />

Engel dich geleiten“ in der Begräbnisliturgie<br />

besingt.<br />

Liturgisches Totengedenken<br />

In den Gottesdiensten hat das Totengedenken<br />

zunächst seinen festen<br />

Platz nach dem Einsetzungsbericht<br />

im Hochgebet der Eucharistiefeier.<br />

Wir glauben, dass die Verstorbenen<br />

mit Jesus Mahl halten, also in innigster<br />

Gemeinschaft mit ihm stehen,<br />

und dass auch wir in der Liturgie<br />

an dieser Gemeinschaft teilhaben.<br />

Ein zweiter Ort ist das Fürbittgebet<br />

in der Heiligen Messe, in Wort-Gottes-Feiern,<br />

bei der Beisetzung oder<br />

anderen Gottesdienst- und Andachtsformen.<br />

In der Regel ist die<br />

letzte Fürbitte für die Verstorbenen<br />

vorgesehen, bei der Beisetzung ist<br />

es die erste. Weiter gibt es an den<br />

Vorabenden der Beerdigung die<br />

Tradition des Toten(„Seelen-<br />

“)gebetes. Durch das Totengebet<br />

soll der Verstorbene Gott anvertraut<br />

und dessen Liebe überlassen werden.<br />

Dies hilft auch den Angehörigen<br />

in ihrem Trauerprozess.<br />

Das „Gotteslob“ bietet ebenfalls einige<br />

Anregungen, ein Totengebet<br />

zuhause oder in der Kirche zu gestalten<br />

(unter den Nummern 608 bis<br />

612.)<br />

Um den Kreis zum November und<br />

zu Allerseelen zu schließen, sei als<br />

eine letzte Tradition die Gräbersegnung<br />

angeführt. Diesen Brauch<br />

kann jeder Christ ausführen. So ist<br />

es bei uns Sitte, dass am Grab ein<br />

festes Schälchen mit Weihwasser<br />

steht, mit dem die Angehörigen<br />

beim Friedhofsbesuch das Grab segnen.<br />

Sie erinnern durch jenes Ritual<br />

daran, dass der Verstorbene durch<br />

die Taufe zu Christus gehört und<br />

diese Gemeinschaft auch über den<br />

Tod hinaus fortbesteh<br />

aus der zeitschrift gottesdienst, herder-verlag,<br />

26.11.2017<br />

Seite 17

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