Militaer_aktuell_4_2018
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WELTGESCHEHEN<br />
Aktuelle Konflikte,<br />
Krisen und<br />
Analysen — S. 8<br />
TRUPPENBESUCH<br />
Militär Aktuell beim<br />
Jägerbataillon 19 in<br />
Güssing — S. 44<br />
militär<br />
KAMPFTECHNIK<br />
Wie Drohnen die<br />
Kriegsführung<br />
verändern — S. 58<br />
DAS NEUE<br />
ÖSTERREICHISCHE<br />
MILITÄRMAGAZIN<br />
AUSGABE 3|18<br />
EURO 3,80<br />
AKTUELL<br />
VERTEIDIGUNGSMINISTER MARIO KUNASEK:<br />
„Wir müssen uns der neuen<br />
Bedrohungslage anpassen!“ — S. 26<br />
JETZT NEU<br />
MIT 18 SEITEN<br />
DAS MILITÄR AKTUELL<br />
SCHWERPUNKT-<br />
THEMA<br />
Ob in Afghanistan, im Libanon<br />
oder auf dem Balkan: Mit rund<br />
1.000 Soldaten in internationalen<br />
Missionen trägt das Bundesheer<br />
entscheidend zur Bewältigung<br />
von Konflikten und Krisen bei.<br />
ÖSTERREICHS SOLDATEN IM AUSLAND<br />
Sie sorgen für<br />
unsere Sicherheit
0 0 4 I N H A L T<br />
INHALT<br />
010<br />
Syrischer Bürgerkrieg: Die Regierungstruppen<br />
stehen kurz vor dem Sieg, der Wiederaufbau<br />
des Landes hat bereits begonnen und das<br />
Assad-Regime hat seine Macht gefestigt.<br />
048<br />
Alljährlich<br />
040<br />
Einsatz am Gletscher:<br />
Der Entminungsdienst holt<br />
rund 40 alte britische<br />
Stabbrandbomben<br />
vom Umbalkees.<br />
präsentiert sich das Bundesheer mit seiner<br />
traditionellen Informations- und Leistungsschau am<br />
Nationalfeiertag in Wien – wir haben die Highlights.<br />
003 EDITORIAL, IMPRESSUM<br />
006 MOMENTUM<br />
Die Panzerabwehrlenkwaffe<br />
2000 im Einsatz.<br />
008 WELTGESCHEHEN<br />
Aktuelle Kurzmeldungen<br />
aus aller Welt.<br />
010 ZUKUNFT MIT ASSAD<br />
Präsident Baschar al-Assad gilt<br />
in weiten Teilen der Welt als<br />
Kriegsverbrecher, seine Macht<br />
in Syrien hat er aber gefestigt.<br />
014 DOSSIER: WELT IN AUFRUHR<br />
Interviews mit Verteidigungsminister<br />
Mario Kunasek und<br />
Politikwissenschafter Herfried<br />
Münkler sowie Beiträgen und<br />
Gastkommentaren der Militär-<br />
Experten Conrad Seidl, Gerhard<br />
Vogl, Arnold Kammel und<br />
Historiker Manfried Rauchensteiner.<br />
032 NEUES AUS DEM HEER<br />
Aktuelle Kurzmeldungen aus<br />
dem Bundesheer.<br />
036 INTERVIEW<br />
Generalsekretär Wolfgang<br />
Baumann über seine Ziele, die<br />
geplante Stärkung der Miliz<br />
und den Abbau des Investitionsrückstaus.<br />
040 REPORTAGE<br />
Mit dem Entminungsdienst<br />
am Gletscher unterwegs.<br />
044 TRUPPENBESUCH<br />
Militär Aktuell zu Gast beim<br />
Jägerbataillon 19 in Güssing.<br />
048 NATIONALFEIERTAG <strong>2018</strong><br />
Alles rund um die Informationsund<br />
Leistungsschau des Bundesheeres<br />
in Wien.<br />
050 DIPLOMATEN IN UNIFORM<br />
Die Militärvertretung Brüssel:<br />
das diplomatische Bindeglied<br />
des Bundesheeres nach Europa<br />
und in die Welt.<br />
054 EIN TAG MIT …<br />
… Tragtierführer Christopher<br />
Bartha.<br />
056 RÜSTUNGSNEWS<br />
Neuheiten aus der Welt der<br />
Rüstungs- und Sicherheitstechnik.<br />
FOTO S : G E T T Y I M AG E S , B U N D E S H E E R / G U N T H E R P U S C H & H A R A L D M I N I C H I L LU ST R AT I O N : C L AU D I A M O L I TO R I S<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N D I E S E M H E F T<br />
058 DAS STILLE TÖTEN<br />
Militär Aktuell-Experte Georg<br />
Mader über die Bedeutung von<br />
Drohnen für die militärische<br />
Aufklärung und Kriegsführung.<br />
062 ALTERNATIV-PRODUKT<br />
Hirtenberger Defence Systems<br />
und ST-Engineering präsentierten<br />
am Schießplatz in Felixdorf den<br />
neuen Werferautomaten SRAMS<br />
als kostengünstige Alternative zu<br />
klassischen Artilleriegeschützen.<br />
064 NACHFOLGEMODELL?<br />
Der H145M von Airbus Helicopters<br />
gilt als aussichtsreicher<br />
Kandidat für den Ersatz der<br />
Alouette III.<br />
066 SCHLUSSPUNKT<br />
Strafrechtsexperte Josef Alkatout<br />
über den Krieg gegen den Terror<br />
und damit verbundenen Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit.<br />
067 INFOGRAFIK<br />
Die Leistungsmerkmale der<br />
neuen Hägglunds-Fahrzeuge<br />
des Bundesheeres.<br />
068<br />
Transportlücke geschlossen:<br />
Dank ihrer hohen Geländegängigkeit<br />
sind die neuen Hägglunds-Fahrzeuge<br />
des Bundesheeres für den Einsatz im<br />
Gebirge und auf schwierigem Terrain<br />
optimal gerüstet.<br />
DOSSIER<br />
18<br />
neu<br />
Seiten Schwerpunktthema<br />
rund um Krisen, Spannungen<br />
und internationale Konflike.
0 0 6 P A N O R A M A<br />
Feuer frei!<br />
FOTO : H B F/ DA N I E L T R I P P O LT<br />
ein Panzerabwehr-trupp feuert eine<br />
Panzerabwehrlenkwaffe 2000 ab.<br />
Die mechanisch abzufeuernde und<br />
elektrisch gezündete lenkwaffe mit<br />
halbautomatischer Steuerung (drahtgelenkt)<br />
macht die Bekämpfung von<br />
kampfpanzern und anderen gepanzerten<br />
Zielen auf eine entfernung<br />
von bis zu zwei kilometer möglich.<br />
Dabei kann das Ziel direkt angegriffen<br />
werden oder im sogenannten<br />
„top-attack“-modus. in diesem Fall<br />
zündet ein annäherungszünder rund<br />
einen meter über dem Ziel einen<br />
Hohlladungsgefechtskopf, der<br />
anschließend in einem Winkel von<br />
30 Grad nach unten wirkt und dadurch<br />
gepanzerte Fahrzeuge (aber<br />
auch unterstände) an ihrer meist<br />
verletzlichsten Stelle trifft.<br />
m i l i t ä r a k t u e l l
M O M E N T U M<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 0 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />
DIE NATO<br />
SIMULIERT<br />
DEN BÜNDNISFALL<br />
„Wir bevorzugen eine diplomatische<br />
Lösung, sind aber auch bereit, einen<br />
Militärschlag in Erwägung zu ziehen.“<br />
Kay Bailey Hutchison, US-Botschafterin bei der NATO<br />
Das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen USA und Russland bekam vor einigen Wochen<br />
eine weitere Schramme. Die US-Botschafterin bei der NATO, Kay Bailey Hutchison, forderte<br />
Moskau zum Stopp der Entwicklung neuer Mittelstreckenraketen auf, die gegen ein Abrüstungsabkommen<br />
aus der Zeit des Kalten Krieges verstoßen. Die Rakete des Systems 9M729<br />
könne Staaten in Europa und die USA treffen, so Hutchison, Washington würde es daher nicht<br />
zulassen, dass sie lieferfertig werde. Im Fall der Fälle werde man Möglichkeiten prüfen, die Raketen<br />
auszuschalten. Die USA zögen dabei eine diplomatische Lösung vor, so Hutchison weiter, Washington<br />
sei aber auch bereit, einen Militärschlag in Erwägung zu ziehen. Russland bezeichnete die Erklärung<br />
der US-Botschafterin als gefährlich. „Es scheint, dass sich Leute, die solche Erklärungen abgeben, nicht<br />
über ihr Maß an Verantwortung und die Gefahren aggressiver Rhetorik im Klaren sind“, sagte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa.<br />
FOTO S : P I C T U R E D E S K , G E T T Y I M AG E S , B U N D E SW E H R / A N D R E A B I E N E R T<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
W E LT G E S C H E H E N<br />
Die NATO probt von 25. Oktober bis 23. November<br />
bei der Übung „Trident Juncture“ den<br />
Ernstfall. Bei dem größten Manöver seit Ende<br />
des Kalten Krieges üben in Norwegen rund<br />
45.000 Soldaten des Militärbündnisses mit<br />
150 Flugzeugen, 60 Schiffen und mehr als<br />
10.000 Fahrzeugen die Reaktion auf einen bewaffneten<br />
Angriff „eines fiktiven Gegners“ auf<br />
einen Mitgliedsstaat. In der ersten Runde des<br />
Manövers müssen die sogenannten „südlichen<br />
Kräfte“ (gebildet unter anderem von Deutschland,<br />
Italien und Großbritannien) einen Angriff<br />
der „nördlichen Kräfte“ (USA, Kanada und<br />
Norwegen) abwehren. Im zweiten Übungsteil<br />
wechseln dann die Rollen, führen die „südlichen<br />
Kräfte“ den Angriff. Deutschland stellt<br />
mit rund 10.000 Soldaten das größte Kontingent.<br />
Hintergrund der starken Beteiligung:<br />
Deutschland übernimmt ab Anfang 2019 die<br />
Führung der schnellen Eingreiftruppe der<br />
NATO (Very High Readiness Joint Task Force).<br />
NIGERIA: ARMEE AUF DEM RÜCKZUG<br />
In den vergangenen Monaten lief die nigerianische Armee bei ihrem Kampf<br />
gegen die Terrorgruppen Islamischer Staat und Boko Haram von Sieg zu<br />
Sieg. Nun scheint sich das Blatt allerdings zu wenden, immer öfter stoßen<br />
die Militärs bei ihren Angriffen auf hartnäckigen Widerstand, werden die<br />
Soldaten in Hinterhalte gelockt oder von den Kämpfern der Terrormilizen<br />
angegriffen. Den Islamisten fallen dabei immer wieder große Mengen an<br />
Waffen, Munition und Fahrzeugen der ohnehin schlecht ausgerüsteten<br />
Regierungstruppen in die Hände und gewinnen so weiter an Stärke. Ganz<br />
anders das Bild bei den nigerianischen Truppen, die laut Experten „extrem<br />
zermürbt sind“ und „kurz vor dem Zusammenbruch stehen“.<br />
BUNDESWEHR:<br />
KOSOVO-ABZUG<br />
Die Bundeswehr zog Anfang Oktober einen<br />
Schlussstrich unter ihr Kosovo-Engagement.<br />
Nach fast 20 Jahren wurde mit einem feierlichen<br />
Appell der längste Auslandseinsatz<br />
der Bundeswehr für offiziell beendet erklärt,<br />
das von den Deutschen betriebene Feldlager<br />
in Prizren wird ebenso wie viele andere<br />
Gerätschaften und Fahrzeuge als Geschenk<br />
an die kosovarische Regierung übergeben.<br />
Der Abzug wird voraussichtlich im Dezember<br />
beendet sein, dann verbleibt (vorerst) nur<br />
noch ein symbolisches Kontingent von<br />
70 deutschen Soldaten im Hauptquartier<br />
der Kosovo Force (KFOR) in Prishtina.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
SIEGER<br />
0 1 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />
R<br />
und 400.000 Todesopfer,<br />
zwölf Millionen<br />
Vertriebene<br />
und viele Städte in<br />
Schutt und Asche –<br />
die Bilanz des syrischen<br />
Bürgerkrieges ist fatal, an den<br />
politischen Machtverhältnissen geändert<br />
haben die Kämpfe allerdings<br />
nichts. Das Ungleichgewicht im Land<br />
scheint vielmehr größer als je zuvor<br />
und Baschar al-Assad regiert weiter<br />
mit harter Hand. An der von Syrern als<br />
„Mauer der Angst“ bezeichneten Einschüchterungspolitik<br />
baut er schon seit<br />
Jahren wieder, Assad versucht seine<br />
Schäfchen mit viel Druck<br />
und der Androhung<br />
härtester Konsequenzen<br />
in<br />
Schach zu halten.<br />
Angst als<br />
Instrument<br />
der Machterhaltung<br />
hat in Syrien eine lange Tradition,<br />
die bereits von Baschar al-Assads<br />
Vater, Hafiz, zielführend eingesetzt<br />
wurde. Auch künftig soll der repressive<br />
Sicherheitsapparat, allen voran die<br />
Mukhabarat (Geheimdienste), das<br />
„geschrumpfte Syrien“ ruhig halten<br />
und eine breit angelegte Oppositionsbewegung<br />
in der kommenden Generation<br />
verhindern.<br />
Auch wenn vermutlich die Hälfte aller<br />
Syrer die Herrschaft Assads akzeptiert,<br />
so werden jene Teile der bewaffneten<br />
Opposition, die weder besiegt, noch in<br />
eine politische Lösung einbezogen<br />
werden, sich trotzdem neu formieren<br />
und versuchen, die Stabilisierungsprozesse<br />
im Land<br />
durch Anschläge zu torpedieren.<br />
Diese Entwicklung<br />
zeigt sich bereits<br />
zu einem gewissen<br />
Grad in Idlib, Deraa<br />
und anderen Teilen Syriens. Der Krieg<br />
des Regimes gegen Teile der eigenen<br />
Bevölkerung begünstigte zudem die<br />
Entstehung einer „kannibalistischen<br />
Wirtschaft“, nach deren Logik der Sieger<br />
des Krieges der „Eigentümer“ des<br />
Landes wird. Plünderungen – Tafeesh<br />
– in allen denkbaren Formen wurden<br />
zu einem zentralen Element der syrischen<br />
Wirtschaft. In Gebieten, die<br />
von der syrischen Armee oder auch<br />
von Rebellengruppen erobert wurden,<br />
plünderten Soldaten und Milizen<br />
private Wohnungen, Unternehmen,<br />
Fabriken und Spitäler.<br />
Das neue Syrien ist also nicht nur<br />
kleiner als früher, sondern auch sektiererischer<br />
und autoritärer. Laut Assad<br />
hätten die Kämpfe aber auch ihr Gutes<br />
gehabt: Das Land habe zwar „die besten<br />
jungen Männer verloren“, so der<br />
Machthaber, „allerdings wurde im Gegenzug<br />
eine gesündere und homogene-<br />
SYRISCHE ZUKUNFT?<br />
Dank der Hilfe Russlands<br />
darf sich Assad nach sieben<br />
Jahren Bürgerkrieg als<br />
Sieger feiern lassen. Die<br />
Zukunftsprognosen und<br />
Aussichten für sein Land<br />
sind trotzdem eher trist.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I F K - A N A L Y S E<br />
re Gesellschaft geschaffen.“ Diese<br />
Homogenität soll aus seiner Sicht die<br />
Grundlage für das künftige Syrien sein,<br />
mit einer nationalen Einheit im Glauben,<br />
in der Ideologie und Tradition.<br />
Alle vom Regime zurückeroberten<br />
Städte gehören nunmehr den siegreichen<br />
Minderheiten Syriens, nämlich<br />
Alawiten, Schiiten und Christen. Sunnitische<br />
Bewohner benötigen eine Sicherheitsfreigabe,<br />
um in ihre Häuser<br />
zurückzukehren, die nur in geringer<br />
Zahl erteilt wird. Auch politisch brach<br />
Assad erstmals mit seiner Tradition,<br />
hohe politische Ämter an Sunniten zu<br />
vergeben. So wurde das bisherige mit<br />
Sunniten besetzte Amt des Parlamentspräsidenten<br />
an einen Christen und<br />
jenes des Verteidigungsministers an<br />
einen Alawiten vergeben.<br />
Ein Problem für Syrien sind die enormen<br />
Zerstörungen der vergangenen<br />
Jahre. Die Kosten für den Wiederaufbau<br />
schätzen die VN auf mehr als<br />
200 Milliarden Euro, eine Summe, die<br />
von den Verbündeten Assads, Russland<br />
und dem sanktionsgebeutelten Iran,<br />
nicht zur Verfügung gestellt werden<br />
kann. Und Investitionen aus China,<br />
Indien und weiteren Staaten reichen<br />
für einen umfassenden Wiederaufbau<br />
nicht aus. Als mögliche Geldgeber<br />
könnten die EU und die Golfstaaten<br />
einspringen, beide stehen jedoch dem<br />
Assad-Regime skeptisch gegenüber.<br />
Das fehlende Vertrauen in eine künftige<br />
von Assad geführte Regierung rückt<br />
damit die notwendigen Großinvestitionen<br />
für den wirtschaftlichen und infrastrukturellen<br />
Wiederaufbau in weite<br />
Ferne. Trotzdem setzte das Regime in<br />
den vergangenen Monaten bereits erste<br />
Rahmenbedingungen für den Wiederaufbau,<br />
wobei die Unterstützer des<br />
Regimes begünstigt und jene, die es<br />
stürzen wollten, bestraft beziehungsweise<br />
permanent vertrieben werden.<br />
Der Machterhalt Assads wirkt sich neben<br />
dem Wiederaufbau auch negativ<br />
auf die Rückkehr von Flüchtlingen<br />
aus – ein besonders kritisches Thema<br />
für die Nachbarstaaten Syriens, die am<br />
Rande ihrer Belastbarkeit stehen. Etwa<br />
die Hälfte der syrischen Bevölkerung<br />
wurde durch den Krieg vertrieben,<br />
mehr als fünf Millionen von ihnen<br />
suchten Zuflucht im Ausland. Viele<br />
flohen vor Angriffen der syrischen<br />
Streitkräfte und haben keine Häuser<br />
oder Wohnungen mehr, in die sie zurückkehren<br />
können. Andere Flüchtlinge<br />
befürchten Inhaftierungen, Misshandlungen<br />
oder Zwangsrekrutierungen<br />
durch das Regime. Das im Frühjahr<br />
erlassene Dekret Nummer 10 legitimiert<br />
die Beschlagnahme von Vermögenswerten<br />
durch die Regierung.<br />
Die Furcht vor Verfolgung bestätigt<br />
sich auch durch eine im Internet veröffentlichte<br />
Liste mit den Namen von<br />
1,5 Millionen großteils im Ausland<br />
ASSAD?<br />
FOTO : G E T T Y I M AG E S<br />
Nach sieben Jahren Bürgerkrieg und der bevorstehenden Eroberung der<br />
letzten Rebellenhochburg Idlib steht das Assad-Regime in Syrien vor dem<br />
endgültigen Sieg. Eine politische Lösung mit dem alten Machthaber<br />
scheint damit unumgänglich – in weiten Teilen der Welt wird Baschar<br />
al-Assad aber als Kriegsverbrecher isoliert bleiben. Text: JASMINA RUPP<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 1 2 w e l t & s t r a t e G I e<br />
Unter dem Strich deuten alle diese<br />
Entwicklungen darauf hin, dass Assad<br />
künftig einen Marionettenstaat regieren<br />
wird. Der Präsident geht auf dem<br />
Papier zwar als Sieger des siebenjährigen<br />
Krieges hervor, er bleibt aber in<br />
weiten Teilen der Welt als Kriegsverlebenden<br />
Menschen, die derzeit von Sicherheitsbehörden<br />
gesucht werden. Die<br />
geflüchteten Syrer selbst bezeichnen<br />
sich bereits als die „neuen Palästinenser“,<br />
die für den Rest ihres Lebens aus<br />
ihrer Heimat ausgeschlossen werden.<br />
Auch wenn das Assad-Regime einen<br />
Großteil des syrischen Territoriums<br />
unter seine Kontrolle gebracht hat, so<br />
dominieren ausländische Mächte – wie<br />
die Türkei, USA und Frankreich – weiterhin<br />
Grenzgebiete, blockieren Handelskorridore<br />
und den Zugang des Regimes<br />
zu Ölfeldern. Selbst in Gebieten,<br />
ZERSTÖRTES LAND<br />
Schätzungen der<br />
Vereinten Nationen<br />
zufolge dürfte der<br />
Wiederaufbau Syriens<br />
rund 200 Milliarden<br />
Euro kosten und<br />
damit nur schwer<br />
zu finanzieren sein.<br />
die nominell unter der Kontrolle des<br />
Regimes stehen, üben Russland, der<br />
Iran, die Hisbollah und lokale Milizen,<br />
die durch den Krieg ermächtigt wurden,<br />
oft eine größere Kontrolle aus<br />
als der syrische Staat.<br />
brecher isoliert, der das neue Syrien<br />
auf Basis einer fragmentierten Gesellschaft<br />
sowie eines schwachen Staats<br />
aufbauen muss, der langfristig unter<br />
dem Einfluss ausländischer Mächte<br />
stehen wird. Damit scheint die Voraussage<br />
des ehemaligen Gesandten der<br />
Arabischen Liga und der Vereinten<br />
Nationen, Lakhdar Brahimi, tatsächlich<br />
Realität zu werden. Er meinte<br />
schon vor Jahren, dass der syrische<br />
Bürgerkrieg mit der „Somalisierung“<br />
Syriens enden wird.<br />
Die Autorin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />
und Leiterin des MENA-Forschungsteams<br />
(Middle East and North<br />
Africa) am Institut für Friedenssicherung<br />
und Konfliktmanagement der<br />
Landesverteidigungsakademie Wien.<br />
Ihre Forschungsfelder sind Krisen und<br />
Konflikte im Mittleren Osten und<br />
Nordafrika, islamistische Bewegungen<br />
und militanter Extremismus mit Fokus<br />
auf die Aktivitäten von Daesh/IS.<br />
Weichenstellung in Syrien<br />
BRIGADIER WALTER<br />
FEICHTINGER ist seit<br />
2002 Leiter des Instituts<br />
für Friedenssicherung und<br />
Konfliktmanagement (IFK)<br />
an der Landesverteidigungsakademie.<br />
Viele zerbrechen sich nun den Kopf über<br />
eine Nachkriegsordnung in syrien. doch es<br />
geht um viel mehr – es geht um geopolitische<br />
Fußabdrücke. dazu gehören unverändert<br />
die Frage nach der regionalen dominanz,<br />
der Umgang mit und die zukünftige<br />
rolle des Iran, das Zusammenwirken oder<br />
die Konkurrenz zwischen russland und den<br />
Usa und das mögliche auferstehen des Is.<br />
der regionale wettstreit zwischen saudiarabien<br />
und dem Iran wurde durch den<br />
Krieg nicht geklärt, sondern um einen weiteren<br />
schauplatz, den jemen, erweitert.<br />
diese rivalität wird unverändert das zukünftige<br />
syrien beeinflussen. dazu hat sich die<br />
türkei gesellt, die in ihrem Kampf gegen die<br />
PKK mit eigenem militär die Grenze zu syrien<br />
überschritten hat. Präsident erdogan<br />
musste dabei seine ausgangsposition diametral<br />
ändern – die Forderung nach einem<br />
rückzug assads wird wohl insgeheim noch<br />
bestehen, aber nicht ausgesprochen. ankaras<br />
zukünftige Gestaltungsmacht ist aber offen<br />
und wird in hohem maße von russlands<br />
Interessen und wohlwollen abhängen. eine<br />
weitere annäherung zwischen moskau und<br />
ankara kann dabei auch erhebliche sprengkraft<br />
innerhalb der Nato und Folgen für die<br />
transatlantischen Beziehungen haben.<br />
washington wiederum ist bestrebt, die<br />
pro-iranischen truppen aus syrien zu vertreiben<br />
und teherans wirkungsmöglichkeiten<br />
einzudämmen. ein Zurückdrängen des<br />
Iran bedarf jedoch einer intensiven abstimmung<br />
und Kooperation mit russland. moskau<br />
hingegen will den verbündeten Iran einerseits<br />
sicher nicht verärgern, andererseits<br />
kann dessen dauerhafte (militärische) Präsenz<br />
und einflussnahme in syrien nicht in<br />
russischem Interesse sein. Gemeinsames<br />
Interesse könnte aber sein, ein aufleben<br />
des sunnitisch-islamistischen extremismus<br />
– stichwort Is – zu verhindern. dazu wäre<br />
es nötig, die Kurden in der region weiterhin<br />
als Verbündete zu haben.<br />
somit werden derzeit nicht nur die weichen<br />
für die Zukunft syriens, sondern auch<br />
für umfangreiche geostrategische Positionierungen<br />
gestellt.<br />
Foto s : G e t t y I m aG e s , N a d j a m e I st e r<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Training Für Die Zukunft<br />
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0 1 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />
Politische Umstürze, die strategische Gier<br />
nach Rohstoffen, ideologische und religiöse<br />
Rivalitäten: 17 Jahre nach 9/11 klafft<br />
zwischen Weltfrieden und Ist-Zustand<br />
eine tödliche Lücke – aus vielerlei<br />
Gründen. Wir zeigen auf den<br />
nächsten Seiten, wo <strong>aktuell</strong>e<br />
Konflikte lodern, warum<br />
sich neue anbahnen und<br />
wie Kriege überhaupt<br />
entstehen.<br />
Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
M<br />
al trifft es syrische<br />
Soldaten,<br />
mal US-amerikanische,<br />
ein andermal<br />
jemenitische<br />
Rebellen<br />
und viel zu oft Zivilisten. Sie werden<br />
Opfer selbst gebastelter Bomben, fanatischer<br />
Selbstmordattentäter, unkontrollierbarer<br />
Terrormilizen oder vom<br />
Himmel fallender Fassbomben. In den<br />
Nachrichten folgt die distanziert routinierte<br />
Berichterstattung. Attacke auf<br />
eine Militärbasis im Nordosten Nigerias:<br />
Militante Islamisten töten bis zu 30<br />
Soldaten. Überfall auf ein Dorf im Irak:<br />
Kämpfer des Islamischen Staates ermorden<br />
zehn Bewohner. Ein fehlgeschlagener<br />
Angriff auf Anführer der<br />
Huthi-Rebellen im Jemen: 40 Kinder<br />
sterben bei Luftangriff!<br />
Die Beispiele zeigen: Auseinandersetzungen<br />
mit sich gegenüberstehenden<br />
Heeren gehören weitestgehend der<br />
Vergangenheit an. Feste Frontverläufe<br />
und klar abgesteckte Einflussgebiete?<br />
Kriegsdefinitionen aus der Vergangenheit.<br />
Wir leben vielmehr im Zeitalter<br />
der asymmetrischen Kriegsführung –<br />
mit vielen verschiedenen Gegnern,<br />
noch mehr Interessengruppen und Einflussparteien<br />
und ohne klare Ansprechpartner<br />
zur Konfliktlösung und Deeskalation.<br />
Und wir leben in einem Zeitalter<br />
vieler verstreuter Konflikte größerer<br />
und kleinerer Ausprägung, die immer<br />
seltener ganze Staaten, immer öfter<br />
hingegen einzelne ethnische Gruppen,<br />
Regionen oder grenzüberschreitend<br />
Völker betreffen.<br />
Insgesamt 385 Konflikte und Auseinandersetzungen<br />
zählen die Forscher des<br />
Heidelberger Instituts für Internationale<br />
Konfliktforschung (HIIK) in ihrem <strong>aktuell</strong>en<br />
Konfliktbarometer für 2017 (erschienen<br />
im ersten Halbjahr <strong>2018</strong>). Das<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
EXTRA<br />
18 SEITEN<br />
DOSSIER<br />
DAS MILITÄR AKTUELL<br />
SCHWERPUNKT-<br />
THEMA<br />
D O S S I E R<br />
WELT IN<br />
AUFRUHR<br />
FOTO S : G E T T Y I M AG E S , 1 2 3 R F<br />
sind zwar um 17 weniger als 2016 und<br />
29 weniger als beim Höchststand im<br />
Jahr 2013, allerdings gilt rund die Hälfte<br />
der Konflikte als gewaltsam, 20 erreichten<br />
sogar die höchste Intensitätsstufe<br />
des Krieges (siehe auch Grafik) – um<br />
zwei mehr als noch 2016.<br />
Mit zehn Kriegen und drei „begrenzten<br />
Kriegen“ waren die afrikanischen Sub-<br />
Sahara-Staaten Schauplatz der meisten<br />
hochgewaltsamen Auseinandersetzungen.<br />
Sechs Kriege und fünf „begrenzte<br />
Kriege“ beobachteten die Forscher außerdem<br />
im Nahen und Mittleren Osten<br />
und den Maghreb-Staaten. Dabei werden<br />
allein für Syrien drei Kriege aufgelistet:<br />
der Krieg zwischen dem Assad-<br />
Regime und oppositionellen Kämpfern,<br />
der Krieg zwischen rivalisierenden Oppositionsgruppen<br />
sowie der Krieg der<br />
Terrormiliz Islamischer Staat (IS).<br />
Ruhiger geht es in Asien und Ozeanien<br />
zu: In der Region gibt es laut HIIK-Barometer<br />
zwar 120 Konflikte, diese werden<br />
allerdings meist nicht gewaltsam<br />
ausgetragen. Ähnlich die Situation in<br />
Nord- und Südamerika, wo die Heidelberger<br />
Experten 2017 mit dem hart<br />
geführten Drogenkonflikt zwischen<br />
Regierung und Kartellen in Mexiko nur<br />
einen Krieg zählten. Hochgewaltsame<br />
Konflikte habe es darüber hinaus aber<br />
auch in Brasilien, El Salvador und –<br />
trotz des Friedensschlusses zwischen<br />
Regierung und FARC-Rebellen – in Kolumbien<br />
gegeben.<br />
Europa präsentiert sich im Vergleich<br />
dazu als Friedensinsel: Der einzige<br />
hochgewaltsame Konflikt ist der Krieg<br />
in der Ostukraine zwischen von Russland<br />
unterstützten Rebellengruppen<br />
und der ukrainischen Regierung.<br />
Zu den weiteren 48 gelisteten europäischen<br />
Konflikten zählen beispielsweise<br />
die anhaltenden Aus-<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 1 6 w e L t & s t r a t e g i e<br />
Aktuelle Konflikte<br />
Das Heidelberger institut für internationale Konfliktforschung (HiiK) veröffentlicht sein<br />
Konfliktbarometer seit 1992 einmal jährlich. Die <strong>aktuell</strong>e ausgabe 2017 – erschienen<br />
im ersten Halbjahr <strong>2018</strong> – zeichnet auf<br />
www.hiik.de eine Landkarte<br />
mit vielen Bruchlinien.<br />
1<br />
MEXIKO Drogenkartelle vs.<br />
Regierung – für die HIIK-Forscher<br />
haben die Auseinandersetzungen<br />
längst kriegsähnliche Zustände<br />
erreicht.<br />
2<br />
SOMALIA & KENIA Im Grenzgebiet<br />
der beiden Länder kommt<br />
es immer wieder zu Auseinandersetzungen<br />
zwischen Regierungstruppen<br />
und der Al-Shabaab-Miliz.<br />
Zuletzt konnte die Terrorgruppe<br />
sogar die Kontrolle über einige<br />
Städte erlangen.<br />
MEXIKO<br />
1<br />
4<br />
5<br />
SYRIEN Im Land toben<br />
gleich drei Kriege: Das<br />
Assad-Regime vs. oppositionelle<br />
Kämpfer, verschiedene<br />
Oppositionsgruppen<br />
gegeneinander und ein<br />
Krieg der Terrormiliz<br />
Islamischer Staat (IS).<br />
ZENTRALAFRIKANISCHE<br />
REPUBLIK Seit Jahren<br />
bekämpfen sich in der<br />
Zentralafrikanischen<br />
Republik muslimische<br />
und christliche Milizen.<br />
einandersetzungen zwischen Armenien<br />
und Aserbaidschan, aber<br />
auch die Konflikte zwischen den<br />
russischsprachigen Minderheiten und<br />
den Regierungen in Estland und Lettland<br />
– und deren Verhältnis zu Moskau.<br />
Apropos Russland: Standen 2012 noch<br />
die USA im Mittelpunkt der meisten<br />
bilateralen Auseinandersetzungen weltweit,<br />
übernahm Russland 2014 diese<br />
zweifelhafte Poleposition und baute<br />
seine Spitzenposition weiter aus. Keine<br />
andere Macht der Welt steht mit derart<br />
vielen anderen Staaten in Konflikt wie<br />
der Kreml. Dispute und Konflikte unterhält<br />
Moskau neben den baltischen<br />
Staaten unter anderem mit Finnland,<br />
Polen, Norwegen, Schweden und sogar<br />
Australien und Neuseeland.<br />
Die signifikantesten Konfliktursachen<br />
sind laut den Forschern übrigens ideologische<br />
und religiöse Gegensätze. Zu<br />
den häufigsten Auslösern gewaltsamer<br />
und politischer Auseinandersetzungen<br />
zählen zudem ethnische Gegensätze,<br />
der Streit um Ressourcen wie Wasser,<br />
Rohstoffe und Land sowie Kämpfe um<br />
lokale Machtpositionen.<br />
3<br />
SUDAN & SÜDSUDAN<br />
Der Konflikt geriet <strong>aktuell</strong><br />
ein wenig in Vergessenheit.<br />
Trotz starker Präsenz der<br />
UNO werden dort aber<br />
nach wie vor politische und<br />
ökonomische Machtkämpfe<br />
ausgetragen.<br />
EINSTUFUNG<br />
Ab wann ein Konflikt zum Krieg wird, ist<br />
Definitionssache. Die HIIK-Forscher unterscheiden<br />
in ihrem Konfliktbarometer<br />
fünf Eskalationsstufen von nichtgewaltsamen<br />
Konflikten mit niedriger Intensität<br />
(Stufe 1 und 2) bis hin zu gewaltsamen<br />
Konflikten mit mittlerer Intensität (Stufe<br />
3), „begrenzten Kriegen“ (Stufe 4) und<br />
Kriegen (Stufe 5).<br />
KONFLIKT-INTENSITÄT<br />
5 Krieg<br />
4 „begrenzter“ Krieg<br />
3 gewaltsamer Konflikt<br />
2 nicht gewaltsamer Konflikt<br />
1 Streitigkeiten<br />
0 Kein Konflikt<br />
8<br />
7<br />
NIGERIA Bauern<br />
und Viehhirten<br />
streiten mit Waffengewalt<br />
um Ackerland<br />
und Weideflächen.<br />
Religiöse<br />
und ethnische<br />
Fragen heizen<br />
den Konflikt<br />
zusätzlich an.<br />
NIGERIA/KAMERUN/<br />
TSCHAD/NIGER Die islamistische<br />
Boko Haram hält die Streitkräfte<br />
gleich mehrerer Länder<br />
in Atem – in ihrem gesamten<br />
Operationsgebiet kommt es<br />
zu Angriffen und Überfällen<br />
auf Dörfer, Entführungen und<br />
Kämpfen mit Regierungstruppen.<br />
Foto s : x x x x x x x x<br />
DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO Im<br />
Nordosten des Landes kommt es zu ethnischen<br />
Auseinandersetzungen, in vielen Regionen außerdem<br />
zu Kämpfen zwischen Regierungstruppen,<br />
ausländischen Kräften und Rebellengruppen.<br />
6<br />
Foto s : g e t t y i m ag e s , 1 2 3 r F<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
11DOSSIER<br />
UKRAINE Die Auseinandersetzungen<br />
zwischen<br />
Russland und der<br />
Ukraine am Donbass<br />
sind der einzige hochgewaltsame<br />
Konflikt<br />
Europas.<br />
WELT IN AUFRUHR<br />
12<br />
AFGHANISTAN Im ganzen<br />
Land kommt es zu kriegerischen<br />
Auseinandersetzen<br />
mit den Taliban. Alleine<br />
2017 waren mindestens<br />
3.400 zivile Todesopfer und<br />
7.000 Verletzte die Folge.<br />
UKRAINE<br />
11<br />
SYRIEN<br />
4<br />
AFGHANISTAN<br />
12<br />
MYANMAR<br />
14<br />
PHILIPPINEN<br />
13<br />
13<br />
PHILIPPINEN Im Streit um Macht<br />
und politische Unabhängigkeit<br />
stehen sich Anhänger der Terrormiliz<br />
Islamischer Staat (IS) und<br />
Regierungstruppen gegenüber.<br />
Staatschef Rodrigo Duterte<br />
verfolgt zudem seinen Krieg<br />
gegen Drogen mit äußerster<br />
Brutalität, im Streit um Rohstoffe<br />
im Südchinesischen Meer drohte<br />
er China zuletzt offen mit Krieg.<br />
9<br />
LIBYEN Nachdem 2011 der<br />
langjährige Herrscher Gaddafi<br />
von Aufständischen gestürzt und<br />
ermordet wurde, stehen sich<br />
nun zwei Regierungen verfeindet<br />
gegenüber. Sie werden jeweils<br />
von diversen Milizen gestützt.<br />
6<br />
NIGER<br />
9<br />
LIBYEN<br />
TSCHAD<br />
7<br />
5<br />
NIGERIA<br />
Z.-A.-REPUBLIK<br />
KAMERUN<br />
8<br />
DEMOKRATISCHE<br />
REPULBIK<br />
KONGO<br />
SUDAN<br />
3<br />
SÜD-<br />
SUDAN<br />
10<br />
ÄTHIOPIEN<br />
2<br />
KENIA<br />
JEMEN<br />
SOMALIA<br />
15<br />
15<br />
14<br />
MYANMAR Im Teilstaat Rakhine<br />
gibt es Spannungen zwischen<br />
Buddhisten und der muslimischen<br />
Minderheit der Rohingya.<br />
Zuletzt eskalierte auch der<br />
Konflikt im nördlichen Teilstaat<br />
Kachin zwischen Christen<br />
und Buddhisten.<br />
10<br />
ÄTHIOPIEN Der Krieg zwischen<br />
Eritrea und Äthiopien wurde im<br />
Juli offiziell für beendet erklärt.<br />
Eskaliert sind zuletzt die Kämpfe<br />
zwischen den Volksgruppen<br />
der Oromo und Somali um<br />
Wasser und Weideland.<br />
JEMEN Seit 2015 eine Militärintervention unter<br />
der Führung Saudi-Arabiens in einen innerstaatlichen<br />
Konflikt eingriff, eskalierte dieser vollends –<br />
Hunger und Cholera komplettieren die humanitäre<br />
Katastrophe.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 1 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />
UND<br />
DANN<br />
IST DIESE<br />
UNANGENEHME<br />
GESCHICHTE<br />
PASSIERT<br />
Der deutsche Politikwissenschaftler<br />
Herfried Münkler über<br />
die neuen Kriege des 21. Jahrhunderts:<br />
Wie sie beginnen, wie sie enden – und<br />
was dazwischen eigentlich geschieht.<br />
Interview: ALEX MEISTER<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
H<br />
err Münkler, die Zeit des klassischen<br />
Kriegs, in dem große Heere in Uniform<br />
und Formation im Dienst ihres<br />
Landes Schlachten ausfochten, ist<br />
lange vorbei. Damit wurde Krieg<br />
aber auch uneindeutig. Wann ist<br />
Krieg heutzutage Krieg?<br />
Darauf werden Ihnen verschiedene<br />
Akteure völlig verschiedene Antworten<br />
geben. Die Westfälische Ordnung,<br />
die nach 1648 eine klare Binarität<br />
vorgegeben hat – entweder es<br />
herrscht Krieg oder aber Frieden<br />
– hat sich aufgelöst. Die<br />
Charta der Vereinten Nationen<br />
verbietet den Krieg. Das hat zur<br />
Folge, dass Staaten behaupten,<br />
etwas sei gar kein Krieg, sondern<br />
etwa eine humanitäre<br />
Intervention. Oder es wird<br />
versucht, den Gebrauch von<br />
Waffen verdeckt zu halten, wie<br />
das im Drohnenkrieg der Fall<br />
ist. Oder aber man vermischt<br />
Krieg und Frieden. Unter dem<br />
Anschein des Friedens werden<br />
kriegerische Aktionen durchgeführt.<br />
Wie das etwa im<br />
Cyberwar der Fall ist.<br />
Der Krieg wird verkleidet?<br />
Es gibt jedenfalls keine klare<br />
Markierung mehr für den<br />
Übergang vom Frieden zum<br />
Krieg, wie das der Fall war,<br />
als noch formelle Kriegserklärungen<br />
abgegeben wurden<br />
oder wenn Truppen die<br />
Grenze zu einem anderen<br />
Staat überschritten. Wenn<br />
man sich mit dem Dreißigjährigen<br />
Krieg beschäftigt,<br />
wird man freilich erkennen: Auch<br />
damals gab es keine Kriegserklärung.<br />
Der Kaiser sagte, er stellte die Ordnung<br />
gegen Aufständische wieder her. Diese<br />
wiederum erklärten, sie leisteten Widerstand<br />
gegen eine ungerechte Obrigkeit.<br />
War der Dreißigjährige Krieg also<br />
eigentlich ein postmoderner Krieg?<br />
Wenn Sie so wollen, ja. Unsere Gegenwart<br />
ist allerdings gekennzeichnet<br />
durch die Wiederkehr vormoderner<br />
Konstellationen. Das ist eine unangenehme<br />
Situation. Wenn man sagt,<br />
Krieg ist das absolut zu Vermeidende,<br />
hat man keine Möglichkeit mehr,<br />
diesen Zustand zu juridifizieren und<br />
seinen Eintritt als einen legitimen<br />
politischen Akt zu beschreiben.<br />
War das, was wir als klassischen<br />
Krieg kennen, der klar geregelte, von<br />
nationalstaatlichen Armeen geführte<br />
Krieg, nur eine historische Ausnahme,<br />
die nun wieder zu Ende geht?<br />
Wir müssen zwei Begriffe des Krieges<br />
unterscheiden. Einmal den Sammelbegriff,<br />
der alle Formen kollektiver<br />
Gewaltanwendung bezeichnet. Davon<br />
zu unterscheiden sind bestimmte historische<br />
Formationen, die versuchen,<br />
dieser allgemeinen Form kollektiver<br />
Gewaltanwendung eine Struktur zu<br />
geben. Dann sprechen wir etwa von<br />
Westfälischen Kriegen, also einem Regime,<br />
das daran interessiert ist, Krieg<br />
und Frieden voneinander zu trennen,<br />
aber auch zwischenstaatliche und innergesellschaftliche<br />
Kriege zu separieren<br />
– und nicht zuletzt Kombattanten<br />
und Non-Kombattanten.<br />
Ist das Kriegsrecht, das wesentlich<br />
auf dieser Ordnung beruht, mit<br />
deren Auflösung veraltet?<br />
Es greift nicht mehr, weil sich Formen<br />
der Gewaltanwendung entwickelt haben,<br />
die davon nicht mehr zureichend<br />
erfasst werden. Aber solange man<br />
nichts Besseres hat, hält man sich an<br />
diese alten Formen. Nach dem Ende<br />
des Ost-West-Konfliktes kam es interessanterweise<br />
zu einer Renaissance<br />
der Vorstellung vom gerechten Krieg,<br />
bellum iustum: Es gibt einen, der ist<br />
der Hüter der Ordnung, und es gibt<br />
welche, die machen Aufruhr, Stunk,<br />
Ärger. Und die müssen wieder in die<br />
Schranken gewiesen werden.<br />
DOSSIER<br />
WELT IN AUFRUHR<br />
Das wäre der polizeiliche Zugang<br />
zum Krieg.<br />
Der amerikanische Politiktheoretiker<br />
Morris Janowitz hat schon 1960 von einer<br />
„Konstabularisierung“ des Militärs<br />
gesprochen, also einer Verpolizeilichung.<br />
Damit verschiebt sich aber das<br />
Gleichgewicht. Es gibt in dieser Vorstellung<br />
keinen für beide Seiten „gerechten<br />
Krieg“: Polizei und Kriminalität<br />
sind keine symmetrischen Zustände<br />
in Hinblick auf ihre Legitimität. Das<br />
Monopol der legitimen physischen<br />
Gewalttätigkeit liegt bei der Polizei.<br />
Warum gibt es keine klassischen<br />
Kriege mehr?<br />
Die UN-Charta zieht die Konsequenz<br />
der beiden Weltkriege. Spätestens<br />
durch den Einsatz der Atombombe<br />
wird klar: Krieg im Sinne der Westfälischen<br />
Struktur ist kein handhabbares<br />
Instrument der Politik mehr. Es gibt<br />
hier eine normative Kraft des Faktischen.<br />
Spätestens wenn der Gegenspieler<br />
ebenfalls über Nuklearwaffen<br />
verfügt, zieht man normpolitisch<br />
die Konsequenzen und sagt: Solche<br />
Kriege dürfen nicht stattfinden.<br />
Nun sind Nationalstaaten, wie sie in<br />
der UN organisiert sind, nicht mehr<br />
die einzigen, die Krieg führen.<br />
Im Europa des Spätmittelalters und der<br />
Frühen Neuzeit hat sich der Territorialstaat<br />
gegen seinen Konkurrenten, den<br />
Personenverbandsstaat, durchgesetzt.<br />
Das waren etwa Kaufmannsbünde wie<br />
die Hanse, die durchaus kriegführungsfähig<br />
waren, oder Ritterorden: Netzwerkorganisationen<br />
also, die über kein<br />
eigenes Territorium verfügten, aber<br />
Krieg im Heiligen Land führten. Philipp<br />
der Schöne von Frankreich hat<br />
den Templerorden zerschlagen, weil<br />
er nicht wollte, dass ein Nichtstaat in<br />
Frankreich mit ihm – als Verkörperung<br />
des Staates – um Legitimität, Steueraufkommen<br />
und Krieger konkurrierte.<br />
Der Staat wurde zum Monopolisten<br />
nicht nur der legitimen, sondern auch<br />
der faktischen Kriegsführung, auch<br />
weil es immer teurer wurde, Krieg zu<br />
führen. Irgendwann waren nur noch<br />
sehr reiche und mächtige Staaten dazu<br />
FOTO S : G E T T Y I M AG E S , B E I G E ST E L LT<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />
in der Lage, zuletzt waren es eigentlich<br />
nur noch die beiden großen Blöcke.<br />
Darauf hat sich die Vorstellung begründet:<br />
Der Krieg wird über kurz<br />
oder lang verschwinden. Ian Morris<br />
hat sogar von „produktiven Kriegen“<br />
gesprochen, also Kriegen, die dazu<br />
führen, dass immer weniger Akteure<br />
kriegführungsfähig sind.<br />
Und dann kamen die Terroristen?<br />
Und dann ist diese unangenehme Geschichte<br />
passiert, dass neue, bewaffnete<br />
Netzwerkorganisationen aufgetaucht<br />
sind, man könnte sagen: bewaffnete<br />
NGOs, von denen Al-Kaida immer<br />
noch die bekannteste ist. Und diese<br />
waren plötzlich kriegführungsfähig.<br />
Damit hat sich das Geschehen grundlegend<br />
verändert. Es kam wieder zu<br />
einer Entterritorialisierung von Akteuren.<br />
Der IS hat kurzzeitig ein Territorium<br />
begründet, und nach dessen Verlust<br />
ist er wieder zu einer reinen Netzwerkorganisation<br />
geworden. Das ist ein<br />
wesentlicher Unterschied. Anfang Mai<br />
1945 war das NS-Regime buchstäblich<br />
am Ende. Der IS hat in einer ähnlichen<br />
Situtation einfach seinen Charakter<br />
verwandelt.<br />
ZUR PERSON<br />
Und führt den Krieg um die Köpfe<br />
weiter …<br />
Und es ist tatsächlich ein Krieg. In der<br />
Reaktion auf die Anschläge der RAF<br />
1977 hat Helmut Schmidt gesagt: Die<br />
Terroristen werden nach dem Kriminalitätsparadigma<br />
behandelt, wir reagieren<br />
nicht mit Gegengeiselnahmen.<br />
Aber sowohl George W. Bush als auch<br />
François Hollande haben gesagt: Terrorismus<br />
ist Krieg. Damit sind im Prinzip<br />
sieben oder acht Leute in der Lage, einen<br />
weitreichenden Krieg zu eröffnen<br />
– ich denke an die Piloten der Maschinen<br />
vom 11. September 2001. Kurz<br />
vorher hatten wir noch geglaubt, um<br />
einen Krieg zu führen, brauchte man<br />
eine Armee mit mehreren Hunderttausend<br />
Soldaten und sämtlichen Waffengattungen.<br />
Unsere Lage hat sich dramatisch<br />
verändert und damit auch der<br />
Gebrauch der Begriffe: Was ist Krieg?<br />
Gibt es eine Möglichkeit, diese unklaren,<br />
regellosen Kriege wieder<br />
einzuhegen?<br />
Ich sehe das im Augenblick nicht. Eine<br />
Zeit lang hatte man die Vorstellung,<br />
die mit der Formel „responsibility<br />
to protect“ beschrieben ist, also eine<br />
Schutzverantwortung starker und reicher<br />
Akteure, in diese unordentlichen<br />
Konflikte Recht und Ordnung zu bringen.<br />
Nun zeigt sich aber, dass uns, den<br />
reichen und starken Akteuren, das auf<br />
Dauer zu teuer und zu gefährlich ist –<br />
und, siehe Afghanistan, auch nicht besonders<br />
gut gelingt. Insofern sinkt die<br />
Bereitschaft einzugreifen. Man kann<br />
das sehr gut an Syrien sehen, wo der<br />
Ex-US-Präsident Obama eine Zeit lang<br />
rote Linien, aber bei deren Überschreitung<br />
keine Konsequenzen gezogen hat.<br />
Sind wir also hilflos?<br />
Es gibt immer noch die Direktive, örtliche<br />
Streitkräfte kompetent zu machen,<br />
damit sie dafür sorgen, dass ihr Land<br />
wieder zur Ruhe kommt. Aber das ist<br />
es dann auch. Ansonsten versucht<br />
man, mit einem Mix von ökonomischen<br />
Anreizen den potenziellen Gewaltakteuren<br />
die Gewaltoption „abzukaufen“.<br />
Während der Balkankriege<br />
hat die EU mit ein bisschen Militär, ein<br />
bisschen Polizei, ein bisschen Administration<br />
und sehr viel Geld eingegriffen.<br />
Sie hat den potenziellen Gewaltakteuren<br />
die Gewalt abgekauft. Das funktioniert<br />
auch einigermaßen – allerdings<br />
mit steigenden Erwartungen an noch<br />
mehr Transfers. Gleichzeitig sinkt in<br />
den Nettozahler-Ländern die Lust,<br />
diese „Alimente“ zu überweisen. Dann<br />
hat man allerdings gar kein Instrument<br />
mehr. Außer die Hoffnung: Wenn wir<br />
uns aus allem raushalten, wird alles<br />
gut. Das ist allerdings eine wenig<br />
begründete Erwartung.<br />
HERFRIED MÜNKLER (67), zählt zu den profiliertesten Politikwissenschaftern Deutschlands. Bis zu seiner<br />
Emeritierung lehrt er als Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er ist Autor zahlreicher Standardwerke<br />
zur politischen Ideengeschichte und zur Geschichte der Kriegsführung. Zuletzt erschienen: Der Dreißigjährige<br />
Krieg. Europäische Katastrophe, deutsches Trauma 1618-1648, sowie, gemeinsam mit seiner Frau Marina Münkler<br />
Die neuen Deutschen: Ein Land vor seiner Zukunft (beide: Rowohlt Berlin).<br />
Wo braut sich etwas<br />
zusammen? Welche Konflikte<br />
stehen möglicherweise vor<br />
einer neuen Eskalationsstufe?<br />
Und wo drohen neue<br />
Spannungen?<br />
Gemeinsam<br />
mit Brigadier<br />
Walter Feichtinger<br />
vom Institut für Friedenssicherung<br />
und Konfliktmanagement<br />
(IFK) an<br />
der Landesverteidigungsakademie<br />
werfen wir<br />
einen Blick in die Zukunft.<br />
Ostasien<br />
Peking ist bestrebt, seinen Einfluss im<br />
Südchinesischen und Gelben Meer und<br />
entlang der Ersten Inselkette – vom südlichen<br />
Japan über Taiwan und die Philippinen<br />
bis nach Indonesien – systematisch<br />
auszubauen. Durch eine Anti Areal/Area<br />
Denial-Strategie (Kontrolle und Verweigerung<br />
des Zutritts) und eigene Kontrollmaßnahmen<br />
versuchen die Chinesen,<br />
die derzeitige Dominanz der USA im<br />
Westpazifik zu reduzieren und deren Einfluss<br />
bei der Sicherung der Seewege in<br />
der Region sukzessive zurückzudrängen.<br />
Eine ungewollte militärische Eskalation in<br />
Folge von Zusammenstößen im Luftraum<br />
oder etwa von Abdrängungsmanövern<br />
zur See ist dabei nicht auszuschließen.<br />
Nordosteuropa<br />
& Baltikum<br />
Die zunehmenden Spannungen<br />
zwischen Russland und Europa<br />
führen vermehrt zu umstrittenen<br />
Demonstrationsflügen und Seemanövern<br />
in „feindlichem“ Gebiet. Radikale<br />
Gruppierungen in den einzelnen<br />
Ländern heizen die Stimmung an und<br />
die Möglichkeit von militärischen Zwischenfällen<br />
und der Fehlinterpretation<br />
von Manövern steigert die Gefahr<br />
politischer Kurzschlüsse und militärischer<br />
Fehlhandlungen zusätzlich.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Im Brennpunkt DOSSIER<br />
WELT IN AUFRUHR<br />
Karibik<br />
Der friedliche Umbruch in Kuba birgt großes Konfliktpotenzial.<br />
Münden die Umwälzungen in Chaos, könnten anarchische Zustände<br />
und eine Invasion der UsA (um anderen Mächten zuvorzukommen)<br />
die Folge sein. russland und China würden in so einem<br />
szenario scharf protestieren und sich auch militärische schritte<br />
vorbehalten, falls sich die UsA nicht zurückziehen – Kuba würde<br />
damit erneut zu einem Zankapfel der Weltpolitik.<br />
Arabische Halbinsel<br />
Die <strong>aktuell</strong>en reformvorhaben in saudi-Arabien scheinen<br />
zunehmend festzufahren und könnten mittel- bis langfristig zu<br />
tumulten führen. Dazu kommt, dass sich der Kriegseinsatz im Jemen<br />
immer mehr zum Desaster entwickelt, weshalb der Einfluss des<br />
Iran in der region zunimmt. Das Königshaus könnte sich vor diesem<br />
Hintergrund dazu genötigt sehen, von seinen Problemen abzulenken<br />
und gemeinsam mit den UsA und Israel einen begrenzten<br />
Feldzug gegen den Iran zu führen.<br />
Die Hitze als<br />
Kriegstreiber?<br />
Der Klimawandel dürfte in den kommenden<br />
Jahren zu mehr Dürreperioden, Hunger- und<br />
Naturkatastrophen führen. Die steigenden temperaturen<br />
könnten laut Wissenschaftlern vom Georgia<br />
Institute of technology (von dieser Forschungseinrichtung<br />
ist auch auf der nächsten seite<br />
nochmals die rede) aber auch unser kriegerisches<br />
Verhalten beeinflussen. Untersuchungen der<br />
Forscher zufolge korrelierten in den vergangenen<br />
500 Jahren jedenfalls Klimaänderungen stets mit<br />
dem Ausbruch von Konflikten. Demnach führen<br />
temperaturschwankungen zu Ernteausfällen und<br />
zu teureren Lebensmitteln, einem größeren<br />
Hunger-risiko und sozialen spannungen –<br />
die Folge sind mehr Konflikte und der<br />
Ausbruch von Kriegen.<br />
Foto s : 1 2 3 r F<br />
Indischer Ozean<br />
Die regierung in Delhi fühlt sich durch das chinesische Vordringen (stichwort „Neue seidenstraße“) im Land des Erzfeindes<br />
Pakistan, an seiner ostgrenze sowie im Indischen ozean zunehmend eingekreist. Indien sieht sich daher genötigt, seinen<br />
strategischen spielraum durch politische wie auch militärische Maßnahmen abzusichern und wenn möglich auszubauen.<br />
Kleinere Auseinandersetzungen mit Pakistan wie auch mit China sind dabei nicht auszuschließen.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 2 W E L T & S T R A T E G I E<br />
Die Opfer der Kriege<br />
1.000.000 Tote<br />
Von wegen friedliche Vergangenheit. Auch vor dem Ersten<br />
und Zweiten Weltkrieg kam es bereits zu kriegerischen Aus -<br />
einandersetzungen mit Millionen Todesopfern, die Forscher<br />
Peter Brecke vom Georgia Institute of Technology für seinen<br />
DREISSIGJÄHRIGER KRIEG<br />
SPANISCHER ERBFOLGEKRIEG<br />
120<br />
100<br />
Kriegerische Zeiten<br />
Die oben abgebildeten roten Kreise symbolisieren jeweils die Zahl der in<br />
einem Jahrzehnt (Zeitraum von 1600 bis 2000) im Rahmen kriegerischer<br />
Auseinandersetzungen gestorbenen Menschen. Namentlich angeführt<br />
sind die wichtigsten dafür verantwortlichen Auseinandersetzungen.<br />
Anzahl Kriege<br />
40<br />
20<br />
0<br />
1600–1609 1700–1709<br />
DIE LEGENDE VOM<br />
EWIGEN FRIEDEN<br />
Wird die Welt immer gefährlicher?<br />
Ja, sagen Pessimisten. Nein, sagt der<br />
Historiker Manfried Rauchensteiner,<br />
der für Militär Aktuell einen Blick zurück<br />
in eine alles andere als friedliche<br />
Vergangenheit wirft.<br />
E<br />
s sind wohl keine Zitate<br />
aus österreichischer<br />
Feder, die vor dem Ersten<br />
Weltkrieg immer<br />
wieder gebraucht wurden,<br />
um die Erwartung<br />
eines kommenden Kriegs in Worte zu<br />
fassen. Doch es gab sie. Da war von<br />
einem „frischen, fröhlichen Krieg“ die<br />
Rede, der „die Bevölkerung sichtet und<br />
das skrofulose Gesindel zertritt“ (Heinrich<br />
Leo). Diese und ähnliche Zitate<br />
können verständlich machen, warum<br />
es 1914 bei der Entfesselung des Weltkriegs<br />
eine nie dagewesene euphorische<br />
G R A F I K : G OT T F R I E D H A L M S C H L AG E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Conflict Catalog (www.cgeh.nl/data) berechnete. Er konzentrierte<br />
sich dabei auf die unmittelbaren Opfer gewalttätiger<br />
Konflikte – Menschen, die an den Folgen der Kriege (Hungersnöte<br />
etc.) gestorben sind, wurden nicht mit einberechnet.<br />
DOSSIER<br />
WELT IN AUFRUHR<br />
NAPOLEONISCHE KRIEGE<br />
ERSTER WELTKRIEG<br />
VIETNAMKRIEG<br />
KOREAKRIEG<br />
ZWEITER WELTKRIEG<br />
1800–1809 1900–1909 1990–1999<br />
Stimmung gab. Der Krieg wurde als<br />
„Erlösung“ gepriesen.<br />
Vier Jahre später wären wohl jedem<br />
ähnliche Zitate blasphemisch vorgekommen.<br />
Doch immer wieder schlich<br />
sich in das Denken über den Krieg die<br />
Unausweichlichkeit, ja sogar die Notwendigkeit<br />
ein. Das kam nicht zuletzt<br />
in einem Briefwechsel von Sigmund<br />
Freud und Albert Einstein 1932 zum<br />
Ausdruck. Einstein fragte Freud, ob er<br />
glaube, dass die Menschheit allmählich<br />
friedfertiger werden oder weiterhin<br />
das ausleben würde, was Freud als<br />
Aggressionstrieb bezeichnet hatte. Die<br />
Antwort konnte überraschen. Freud<br />
zeigte sich skeptisch und skizzierte<br />
eine Abnahme des Aggressionstriebs<br />
erst für einen nicht mehr überschaubaren<br />
Zeitraum. „Interessenkonflikte<br />
unter den Menschen werden prinzipiell<br />
durch die Anwendung von Gewalt<br />
entschieden.“ Krieg habe es immer<br />
gegeben. Man hätte mittlerweile<br />
nur die vielen Kleinkriege durch seltene,<br />
aber umso verheerendere Großkriege<br />
ersetzt. Und er endete mit der<br />
Frage: Warum wehren wir uns also gegen<br />
den Krieg? „Er scheint doch naturgemäß,<br />
biologisch wohlbegründet und<br />
praktisch kaum vermeidbar.“<br />
Keine Ahnung, was in eine vergleichbare<br />
Korrespondenz achtzig, neunzig Jahre<br />
später eingeflossen wäre. Allein die<br />
Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs<br />
mit der sich zeitlich erstreckenden<br />
Vernichtung von – sagen wir – sechzig<br />
Millionen Menschen mussten einen<br />
an der Aussage Freuds zweifeln lassen,<br />
vom frischen, fröhlichen Krieg ganz zu<br />
schweigen. Zweifellos sind wir durch<br />
die Möglichkeit des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen<br />
zum Umdenken<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 2 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />
„Kriege, wie sie an der Peripherie Europas geführt wurden,<br />
sind unter den kulturell weit höher stehendenden Ländern<br />
in der Mitte und im Westen des Kontinents unmöglich!“<br />
Bertha von Suttner & Alfred Hermann Fried, österreichische Nobelpreisträger<br />
kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges über die Balkankriege 1912 und 1913.<br />
gezwungen worden. Wir erinnern uns<br />
aber noch an die Milchmädchenrechnungen,<br />
mit denen die overkill-capacity<br />
der Supermächte darzustellen versucht<br />
wurde, und wo man ganze Kontinente,<br />
ja die ganze Welt im Nichts versinken<br />
sah. Und auch Nikita Chruschtschows<br />
hingeworfene Bemerkung, in einem<br />
Atomkrieg würden hundert und mehr<br />
Millionen Russen überleben, während<br />
man die USA vernichtet habe, zeugte<br />
nur von grenzenloser Naivität. Unterhalb<br />
der atomaren Schwelle gab und<br />
gibt es weiterhin Kriege, gibt es eine<br />
sich nicht zuletzt durch die zeitliche<br />
Erstreckung von Konflikten erlebte<br />
und weiterhin drohende Massenvernichtung.<br />
Diese Erkenntnis – so sollte<br />
man meinen – wäre durchaus geeignet,<br />
den Krieg zu scheuen, wobei nicht mit<br />
gemachten Erfahrungen argumentiert<br />
werden kann. Für das, was kommen<br />
könnte, gibt es noch keine Erfahrungswerte.<br />
Dass Konventionen letztlich irrelevant<br />
sind, ja auch eine Ächtung ohne<br />
Bedeutung ist, sollte spätestens seit<br />
1139 klar sein, als die Armbrust durch<br />
das Zweite Laterankonzil gebannt worden<br />
ist. Auch eine weitere Illusion wird<br />
man vielleicht unter Bezugnahme auf<br />
Bertha von Suttner und den zweiten<br />
österreichischen Friedensnobelpreisträger,<br />
Alfred Hermann Fried, als gegenstandslos<br />
bezeichnen müssen. Beide<br />
meinten angesichts der Balkankriege<br />
1912 und 1913, Kriege, wie sie an der<br />
Peripherie Europas geführt wurden,<br />
wären unter den kulturell weit höher<br />
stehenden Ländern in der Mitte und<br />
im Westen des Kontinents unmöglich.<br />
Fried wurde eines Besseren belehrt.<br />
Bertha von Suttner starb eine Woche<br />
vor dem Attentat von Sarajevo.<br />
As Ergebnis dieses kurzen Rundblicks<br />
über Vergangenes und Mögliches bleibt<br />
wohl nur die Erkenntnis, dass Kriege –<br />
wann immer und wo immer – weiterhin<br />
nicht ausgeklammert werden<br />
können und notfalls auch mit dem<br />
Schlimmsten zu rechnen ist. Alles andere<br />
wäre ein Verstoß gegen die Erfahrung.<br />
Und Geschichte hat bekanntermaßen<br />
dort ihren Platz, wo sie als<br />
Erfahrungswissenschaft in jegliches<br />
gegenwärtige Kalkül einfließen sollte.<br />
Dort, wo das nicht geschieht, herrschen<br />
Unverstand und Faustrecht.<br />
Manfried Rauchensteiner ist Professor<br />
für Österreichische Geschichte an<br />
der Universität Wien und an der<br />
Diplomatischen Akademie. Er war<br />
bis 2005 Direktor des Heeresgeschichtlichen<br />
Museums in Wien und von 2005<br />
bis 2011 als Koordinator und Berater<br />
beim Aufbau des Militärhistorischen<br />
Museums in Dresden tätig. Er ist<br />
Herausgeber und Autor zahlreicher<br />
Veröffentlichungen und betreut Fernseh-<br />
und Hörfunkproduktionen (Österreich<br />
I und II). Zuletzt erschein im<br />
Böhlau Verlag sein Buch „Unter<br />
Beobachtung: Österreich seit 1918“.<br />
FOTO : G E T T Y I M AG E S , P R I AVAT<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Effective Proven Trusted
0 2 6 W E L T & S T R A T E G I E<br />
SOLL ÖSTERREICH SEINE SICHERHEIT VERSTÄRKT<br />
IM AUSLAND<br />
VERTEIDIGEN<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
DOSSIER<br />
Österreich zählt seit<br />
Jahrzehten zu den<br />
größten Truppenstellern bei UN-, NATO- und<br />
EU-Friedensmissionen. Soll sich das Bundesheer<br />
in Zukunft aber international<br />
noch mehr engagieren, um<br />
zur Beruhigung von Konflikten<br />
und Krisen beizutragen?<br />
Und würde von dem<br />
größeren Engagement<br />
auch die Sicherheit<br />
Österreichs profitieren? Wir haben<br />
Verteidigungsminister Mario Kunasek<br />
und Militär-Experten dazu befragt.<br />
WELT IN AUFRUHR<br />
FOTO : B U N D E S H E E R
0 2 8 W E l T & S T R A T E G I E<br />
„WENN WIR NICHT<br />
SICHERHEIT<br />
EXPORTIEREN,<br />
WERDEN WIR<br />
UNSICHERHEIT<br />
IMPORTIEREN!“<br />
Verteidigungsminister<br />
Mario Kunasek<br />
über das Auslandsengagement<br />
des<br />
Bundesheeres und<br />
internationale<br />
Einsätze als Mittel<br />
der Außenpolitik.<br />
Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
H<br />
err Minister, wie<br />
friedlich oder unfriedlich<br />
ist die Welt<br />
im Jahr <strong>2018</strong>?<br />
Die Lage ist definitiv<br />
unübersichtlicher als<br />
noch vor 20 oder 30 Jahren und geopolitisch<br />
ziemlich angespannt. Das gilt mittlerweile<br />
auch für Europa. Wir leben hier<br />
nicht mehr auf einer Insel der Seligen,<br />
wie oft behauptet wird – das haben etwa<br />
neue Formen des Terrorismus in den<br />
vergangenen Jahren leidvoll gezeigt.<br />
Ist die Welt insgesamt unsicherer geworden<br />
oder haben sich die Problemfelder<br />
verschoben?<br />
Ich glaube Letzteres. Wir sind nun mit<br />
neuen Formen des Terrorismus und<br />
illegaler Migration konfrontiert. Dazu<br />
kommt, dass Bedrohungen immer<br />
hybrider und weniger fassbar werden.<br />
Es gibt dadurch heute keine klassischen<br />
Gefechtsfelder mehr wie vielleicht<br />
noch vor 25 oder 30 Jahren. Wir bekommen<br />
es allerdings mit anderen<br />
Bedrohungen etwa im Cyberbereich<br />
zu tun und darauf gilt es personell<br />
und vom technischen Know-how her<br />
möglichst schnell Antworten zu finden.<br />
Dabei sehe ich uns aber auf einem<br />
guten Weg.<br />
Wie lange dauert es, bis dieser Weg<br />
am Ziel ist? Wann stehen die<br />
Antworten definitiv?<br />
GASTKOMMENTAR<br />
OPTIONEN PRÜFEN<br />
UND OFFEN HALTEN<br />
CONRAD SEIDL<br />
ist Innenpolitik-<br />
Redakteur bei<br />
Der Standard und<br />
beschäftigt sich<br />
dabei regelmäßig<br />
auch mit<br />
Bundesheer-<br />
Themen.<br />
Zart besaitete Seelen waren erst<br />
einmal schockiert, als der freiheitliche<br />
Wehrsprecher Reinhard<br />
Bösch ausgesprochen hat, was<br />
man unternehmen könnte, um Flüchtlingen<br />
in Nordafrika Schutz zu gewähren,<br />
nämlich entweder entsprechende<br />
Abkommen mit den (nicht<br />
immer verlässlichen) Regierungen zu<br />
schließen oder aber „wenn das nicht<br />
funktioniert, dann ist das auch nach<br />
meiner Auffassung mit verschiedensten<br />
militärischen und polizeilichen<br />
Kräften einfach durchzuführen. Also<br />
einen Raum in Besitz zu nehmen vonseiten<br />
der Europäischen Union, ihn zu<br />
sichern, dort auch Versorgungseinrichtungen<br />
für diese Menschen einzurichten<br />
und dann diese Menschen zurückzubringen<br />
in ihre Heimatländer.“<br />
Große Aufregung! Herr Bösch ist nicht<br />
irgendwer – er ist nicht nur Politiker,<br />
sondern auch Offizier. Als solcher hat<br />
er gelernt, alle Handlungsoptionen<br />
zu prüfen, was die Durchsetzung von<br />
politischen Zielen mit militärischen<br />
Mitteln einschließt. Das ist nicht nur<br />
legitim, es ist geradezu geboten. Es<br />
ist auch geboten, das Bundesheer<br />
dafür auszubilden und auszurüsten,<br />
in Kampfeinsätze zu gehen, wenn das<br />
befohlen werden sollte. Das hat etwa<br />
vor zehn Jahren im Tschad gut funktioniert.<br />
Und es kann jederzeit wieder<br />
notwendig werden.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
DOSSIER<br />
WELT IN AUFRUHR<br />
So ein Prozess kann nie ganz abgeschlossen sein, das<br />
kann und muss auf Basis einer ständigen Lagebeurteilung<br />
passieren. Wichtig ist, dass wir die richtige strategische<br />
Grundrichtung eingeschlagen haben, mit einer<br />
veränderten Lage muss es aber auch möglich sein,<br />
Kurskorrekturen vorzunehmen. Es wird also keinen<br />
„Tag X“ geben, an dem wir über eine Armee verfügen,<br />
die für die Bedrohungen und Herausforderungen der<br />
kommenden 20 bis 30 Jahre ausreichend gewappnet<br />
ist – das ist alleine schon, weil wir nicht wissen, was<br />
in der Zukunft passieren wird, nicht möglich.<br />
Man hinkt damit der Problematik also zwangsläufig<br />
immer hinterher?<br />
Man muss immer versuchen, möglichst rasch auf neue<br />
Bedrohungen zu reagieren – und das tun wir auch.<br />
Wichtig ist es, nicht den Anschluss zu verlieren, aber<br />
das gilt nicht nur für Österreich, sondern insgesamt<br />
für die Europäische Union und alle Armeen weltweit.<br />
Kommen wir zu den Auslandseinsätzen des Bundesheeres:<br />
Der Schwerpunkt liegt seit vielen Jahren<br />
am Balkan und <strong>aktuell</strong> auch im Libanon.<br />
Wir stehen derzeit in insgesamt 14 Auslandsmissionen,<br />
mit unserer <strong>aktuell</strong>en Schwerpunktsetzung wollen<br />
wir aber vor allem vor unserer Haustür Sicherheit<br />
und Stabilität garantieren. Wenn wir nicht Sicherheit<br />
exportieren, werden wir Unsicherheiten importieren.<br />
FOTO S : B U N D E S H E E R / H A R A L D M I N I C H , B E I G E ST E L LT<br />
Wie würden Sie die Einsätze am Balkan für die<br />
dortige Kriseneindämmung bewerten? Würde sich<br />
an der Lage etwas ändern, wenn sich Österreich<br />
dort nicht mehr engagieren würde?<br />
Das glaube ich schon. Österreich trägt seit Jahrzehnten<br />
mit seinen Soldaten zur Befriedung internationaler<br />
Konflikte bei und wir sind gut beraten, das auch in<br />
dieser Region zu tun. Ich sehe die Einsätze auch als<br />
Mittel der Außenpolitik und als klares Signal, dass wir<br />
das, was wir mit den einzelnen Ansprechpartnern in<br />
den verschiedenen Ländern am grünen Tisch ausmachen,<br />
auch auf die Straße bringen. Wir halten unseren<br />
Teil der Abmachung ein, es muss parallel dazu aber<br />
auch eine politische Weiterentwicklung stattfinden.<br />
Es kann nicht Ziel sein, dort jahrzehntelang im Einsatz<br />
zu stehen, während politisch Stillstand herrscht.<br />
Werden die Schwerpunkte der Auslandseinsätze<br />
in den kommenden Jahren gleich bleiben?<br />
Grundsätzlich sind keine gravierenden Änderungen<br />
geplant, aber es kann natürlich sein, dass sich<br />
Schwerpunkte verlagern oder verschieben, ich<br />
sage nur Stichwort Afrika. Wir kennen die dortige<br />
Migrationssituation, das ist für Europa sicherheitspolitisch<br />
schon jetzt ein wichtiger Bereich, der in<br />
Zukunft wohl noch wichtiger wird.
0 3 0 W e l t & s t r A t e g i e<br />
Ist nach dem Tschad-Einsatz 2009<br />
also in Zukunft wieder ein größeres<br />
österreichisches Kontingent in Afrika<br />
vorstellbar?<br />
Klar ist, dass wir illegale Migration verhindern<br />
und danach trachten müssen,<br />
dass es möglichst wenige Tote im Mittelmeer<br />
gibt und das Schlepperwesen<br />
unterbunden wird. Um das zu schaffen,<br />
müssen wir dort wirken, wo die Wurzel<br />
des Problems liegt. Ich stehe nicht an,<br />
zu sagen, dass dieser Ansatz gerade in<br />
meiner Partei und bei unseren Wählern<br />
früher oftmals kritisch gesehen<br />
GASTKOMMENTAR<br />
Professor<br />
GERHARD VOGL<br />
ist ehemaliger<br />
Berufsoffizier,<br />
Teilnehmer am<br />
6. Generalstabskurs<br />
und war danach<br />
viele Jahrzehnte im<br />
ORF tätig, unter<br />
anderem als zentraler<br />
Chefredakteur.<br />
wurde, aber die Lage hat sich in den<br />
vergangenen Jahren verändert und<br />
damit auch unsere Ausrichtung.<br />
Damit hätte der Spruch des früheren<br />
deutschen Verteidigungsministers<br />
Peter Struck, wonach die Sicherheit<br />
Deutschlands auch am Hindukusch<br />
verteidigt wird, auch für Österreich<br />
Gültigkeit, oder? Die Sicherheit<br />
Österreichs würde in dem Fall in<br />
Afrika verteidigt?<br />
In Teilbereichen gebe ich ihm in jedem<br />
Fall recht. Um Sicherheit zu garantieren,<br />
AUSLANDS-<br />
EINSÄTZE<br />
KÖNNEN UNS<br />
LANGFRISTIG<br />
DIENEN<br />
gehört es neben der Stärkung der klassischen<br />
Landesverteidigung auch dazu,<br />
dorthin zu gehen, wo die Probleme liegen.<br />
Wenn wir dort nachhaltig wirken,<br />
trägt das entscheidend zu einer Verbesserung<br />
unserer Sicherheit bei.<br />
Ist das auch der Grund, warum sich<br />
das Bundesheer abseits vom Balkan<br />
im Libanon und mit kleineren Kontingenten<br />
sogar in Mali und Afghanistan<br />
engagiert?<br />
Natürlich, wobei es dort auch um andere<br />
Aspekte geht. Zum einen gibt es<br />
verschiedene Institutionen, die uns<br />
dort gerne sehen. Zum anderen geht<br />
es aber auch um den Fähigkeitsausbau,<br />
den wir dort für unsere Soldaten betreiben.<br />
Vom Stabsoffizier bis hin zum<br />
einzelnen Soldaten nimmt jeder Teilnehmer<br />
von internationalen Missionen<br />
wichtige Erfahrungen und Know-how<br />
mit nach Hause. Dazu signalisieren wir<br />
mit der Teilnahme an den Missionen<br />
anderen Ländern und Institutionen<br />
natürlich auch, dass wir solidarisch<br />
sind und unseren Teil zur Lösung von<br />
Problemen beitragen wollen.<br />
Was geht uns die Welt an,<br />
werden sich viele Österreicher<br />
bei dieser schlagzeile<br />
fragen. Wollen wir, das kleine<br />
neutrale Österreich, in der Weltpolitik<br />
mitmischen? Mit diesem<br />
schlecht ausgerüsteten bundesheer<br />
– wie in den vergangenen<br />
Wochen und Monaten in vielen<br />
Medien zu lesen, hören oder sehen<br />
war?<br />
Ja, das bundesheer hat einen gewaltigen<br />
Nachrüstungsbedarf. Das<br />
beginnt bei der Mannesausrüstung,<br />
geht über die Fahrzeuge …<br />
die liste ist lang. Vor allem fehlt es<br />
in der Miliz, die einen großteil der<br />
Freiwilligen bei Auslandseinsätzen<br />
stellt.<br />
Und hat nicht der oberbefehlshaber,<br />
bundespräsident Alexander<br />
Van der bellen, mit einer Warnung<br />
aufhorchen lassen: „Die Kapazitäten<br />
sind vollkommen erschöpft“.<br />
er war zur Frage angesprochen<br />
worden, ob sich Österreich unter<br />
einem UNo-Mandat in der Ukraine<br />
engagieren sollte, wie es bundeskanzler<br />
sebastian Kurz angeboten<br />
hatte.<br />
Zu hoffen ist, dass die Wortmeldung<br />
des Präsidenten eher ein<br />
Appell an die Parteien war, dem<br />
Heer endlich die überfälligen<br />
Finanzmittel zu geben, denn<br />
gerade dieser Friedenseinsatz<br />
in unmittelbarer Nachbarschaft<br />
würde von einer Mehrheit der<br />
bevölkerung leichter akzeptiert<br />
werden als vielleicht einer in Afrika.<br />
obwohl wir uns sehr wohl mit dem<br />
gedanken auseinandersetzen<br />
müssen, dass uns Missionen wie<br />
die in Mali längerfristig mehr dienen,<br />
den Auswanderungsdruck zu<br />
bremsen, der in Afrika durch zahllose<br />
bürgerkriege entstanden ist.<br />
Die Aufgabe unserer soldaten ist ja<br />
nicht ein Kampfeinsatz, auch nicht<br />
schlichtung, sondern der Aufbau<br />
und die schulung malischer sicherungs-<br />
und streitkräfte.<br />
Welche Gefahrensituation und<br />
Gefahrenlage sind Sie bereit, bei<br />
internationalen Missionen einzugehen?<br />
Ab wann werden Einsätze<br />
zu gefährlich?<br />
Es muss jedem bewusst sein, der in den<br />
Einsatz geht, dass er sich auf gefährliches<br />
Terrain begibt, dass das keine<br />
Hollywood-Missions sind und die Art<br />
des Einsatzes sich jederzeit verändern<br />
kann – und darauf ist auch die Einsatzvorbereitung<br />
ausgerichtet. Aber es ist<br />
schwer festzumachen, ab wann Einsätze<br />
zu gefährlich werden. Das kommt<br />
immer auf die Situation und den konkreten<br />
Fall an. Die Frage lautet immer:<br />
Ist die Lage noch mandatskonform und<br />
ist die Ausstattung und Ausrüstung<br />
unserer Soldaten ausreichend, um dort<br />
noch bestehen zu können? Wenn das<br />
zu verneinen ist, muss man sich Konsequenzen<br />
überlegen.<br />
Wie damals am Golan?<br />
Ich war damals nicht „in lead“, weiß<br />
also nicht, welche Informationslage genau<br />
herrschte. Dementsprechend kann<br />
ich nur schwer nachvollziehen, ob der<br />
Abzug damals gerechtfertigt war oder<br />
Foto s : b e i g e st e l lt
nicht. Aus meiner Sicht passierte er ein<br />
wenig überhastet, man hätte da mit<br />
mehr Vorlaufzeit wohl auch die internationale<br />
Irritation in einem kleineren<br />
Rahmen halten können.<br />
Wir haben eingangs über die veränderte<br />
Sicherheitslage gesprochen. Wie<br />
wird sich das Lagebild weiterentwickeln?<br />
Wird die Welt in den kommenden<br />
Jahren unsicherer, verschieben<br />
sich die Problemfelder weiter?<br />
Es ist kaum abzuschätzen, in welche<br />
Richtung das genau gehen wird. Klar ist,<br />
dass uns auch in den kommenden Jahren<br />
neue Bedrohungen beschäftigen<br />
werden und die Migration ein großes<br />
Thema bleiben wird. Aber wie und in<br />
welchem Ausmaß und wo wir und die<br />
EU in 10 bis 15 Jahren unsere Schwergewichte<br />
setzen werden müssen, kann<br />
jetzt nur spekuliert werden. Da ist keine<br />
seriöse Aussage möglich.<br />
GASTKOMMENTAR<br />
FRIEDEN & STABILITÄT<br />
DOSSIER<br />
WELT IN AUFRUHR<br />
ARNOLD<br />
KAMMEL<br />
ist Vizepräsident<br />
des Austria Institut<br />
für Europa- und<br />
Sicherheitspolitik<br />
(AIES).<br />
Ein Blick auf das sicherheitspolitische<br />
Umfeld Europas genügt: Sowohl<br />
die östliche als auch die südliche<br />
Nachbarschaft sind von Krisen und Instabilitäten<br />
gekennzeichnet, die sich direkt<br />
auf die Sicherheit der Union und damit<br />
auch Österreichs auswirken. Das neutrale<br />
Österreich hat sich im Bereich des internationalen<br />
Krisenmanagements seit den<br />
1960er-Jahren aktiv an der Schaffung von<br />
Stabilität und Frieden beteiligt und dabei<br />
aufgrund der im internationalen Vergleich<br />
überdurchschnittlichen Beteiligung<br />
an Friedensmissionen weltweit Ansehen<br />
erlangt. Diese Rolle gilt es auch im<br />
Sinne des Regierungsprogramms, das<br />
eine Fortsetzung und Stärkung des Beitrags<br />
zu internationalen Auslandseinsätzen<br />
mit Fokus auf EU-Außengrenzschutz,<br />
Westbalkan, Nordafrika und Migrationsrouten<br />
vorsieht, weiterhin aktiv auszuüben.<br />
Dies bedeutet auch keinen Widerspruch<br />
zur militärischen Landesverteidigung<br />
als Kernaufgabe des Bundesheeres.<br />
Im Sinne eines umfassenden Sicherheitsbegriffes<br />
ist die Teilnahme an für Österreich<br />
strategisch relevanten Friedenseinsätzen<br />
ein Element der Außenpolitik, aber<br />
auch ein wesentlicher Beitrag für Frieden<br />
und Stabilität in der Welt.
0 3 2 h e e r & M e h r<br />
GESTRANDET<br />
Im September nahm das Bundesheer mit 60 Soldaten und einer C-130 Hercules Transportmaschine an der internationalen<br />
Übung „Night Hawk <strong>2018</strong>“ im dänischen Aalborg teil. Spezialeinsatzkräfte aus elf Ländern übten dort im internationalen<br />
Verbund das Aufklären und Bekämpfen asymmetrischer Kräfte (keine regulären Streitkräfte) und wurden dabei von<br />
Transportflugzeugen und Hubschraubern aus den beteiligten Nationen unterstützt. Übungsgebiet war fast das gesamte<br />
Festland Dänemarks. Viele ausgewiesene Tiefflugstrecken, simulierte Bedrohung durch Luft-Boden-Lenkwaffen und die<br />
Errichtung mehrerer taktischer Landezonen boten ideale Bedingungen, um taktische Verfahren zu trainieren und zu<br />
optimieren. Im Zuge der Übung kam es auch zur Landung und zum Start einer Hercules auf einem breiten Strandabschnitt.<br />
STARKE EINSATZ-BILANZ<br />
das Bundesheer hat im vergangenen Jahr besonders<br />
viele Katastrophenhilfs- und assistenzeinsätze<br />
sowie unterstützungsleistungen absolviert.<br />
Mit 8.262 personentagen beziehungsweise<br />
93.643 stunden waren die erbrachten<br />
leistungen fast doppelt so hoch wie 2016.<br />
Insbesondere bei den Fliegerkräften kommt<br />
es heuer aber zu einem neuerlichen anstieg:<br />
2017 leisteten sie in 32 einsätzen insgesamt<br />
226 Flugstunden, <strong>2018</strong> wurde diese Zahl<br />
schon in den ersten acht Monaten übertroffen.<br />
Mit stand ende august stehen in der leistungs-<br />
Bilanz 26 absolvierte einsätze (sechs weniger<br />
als 2017) mit mehr als 300 Flugstunden.<br />
Foto s : B u n d e s h e e r / G o r u p, B u n d e s h e e r / Ka n d l e r ,<br />
B u n d e s h e e r / p u s C h
N E W S A U S D E N S T R E I T K R Ä F T E N<br />
PANDUR-FLOTTE WIRD NEU STRUKTURIERT<br />
Mit dem gerade eben gestarteten Zulauf der neuen Pandur Radpanzer beginnt<br />
das Bundesheer seine Pandur-Flotte neu zu struturieren. Die neuen Fahrzeuge<br />
(Zusatzbezeichnung „EVO“ für Evolution) werden zur Gänze in der Südsteiermark<br />
beim Jägerbataillon 17 in Straß stationiert, das seit Einführung des<br />
Mannschaftstransporters das Kompetenzzentrum für dieses Fahrzeug ist.<br />
Im Zuge des bis Mitte 2020 dauernden Zulaufs werden die vorhandenen<br />
Fahrzeuge auf das Jägerbataillon 19 in Güssing (das auch bisher bereits<br />
Pandur betrieb) und neu auf das Jägerbataillon 33 in Zwölfaxing aufgeteilt.
WIR SCHÜTZEN<br />
ÖSTERREICH.<br />
Unser Bundesheer ist da, wenn wir es brauchen: Es verteidigt Österreich und schützt<br />
die Menschen in unserem Land. Es sorgt vor, damit Gefahren gar nicht erst aufkommen.<br />
Es sichert staatliche Souveränität und die Lebensgrundlagen der Bevölkerung.<br />
bundesheer.at
0 3 6 H E E R & M E H R<br />
WIR MÜSSEN DIESE<br />
CHANCE NUTZEN!<br />
Wolfgang Baumann<br />
übernahm mit Anfang<br />
Jänner die neu<br />
geschaffene Position<br />
des Generalsekretärs<br />
im Verteidigungsministerium.<br />
Wir haben mit ihm<br />
über Luftschlösser,<br />
die Zukunft der<br />
Miliz und den in den<br />
vergangenen Jahren<br />
aufgelaufenen<br />
Investitionsstau im<br />
Heer gesprochen.<br />
Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
FOTO : B U N D E S H E E R / M A N F R E D S E B E K<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N T E R V I E W<br />
err Generalsekretär,<br />
Hals unmittelbarer Vorgesetzter<br />
aller Sektionsleiter<br />
im Bundesministerium<br />
nehmen<br />
Sie eine neu geschaffene<br />
Ebene zwischen Minister und<br />
Heer ein. Wie würden Sie diese Position<br />
beschreiben?<br />
Als höchster Beamter im Verteidigungsministerium<br />
führe ich die Zentralstelle<br />
und vertrete bei Bedarf Verteidigungsminister<br />
Mario Kunasek zum<br />
Beispiel bei Auslandsreisen, Kommandoübergaben<br />
oder anderen Veranstaltungen.<br />
Diese Funktion nehme ich ähnlich<br />
wie ein CEO in der Wirtschaft<br />
wahr. Dazu gehört auch, dass ich da<br />
und dort schon Themen aufgreife,<br />
die politisch noch nicht so deutlich<br />
artikuliert werden können.<br />
Wie ist das zu verstehen?<br />
Nehmen wir beispielsweise das Thema<br />
„6+2“: Es ist nicht zielführend, die Miliz<br />
zu entwickeln, wenn ich nicht vorweg<br />
die entsprechenden Rahmenbedingungen<br />
sicherstellen kann. Dazu gehört,<br />
dass die Milizionäre auch nach ihrem<br />
Grundwehrdienst üben können. Im<br />
Rahmen von sechs Monaten ist das<br />
aber nicht möglich. Bevor ich die Miliz<br />
neu aufstelle und ausrüste, bedarf es<br />
einer politischen Grundsatzentscheidung,<br />
die eine Rückkehr zu den Truppenübungen<br />
überhaupt erst möglich<br />
macht.<br />
Sie haben bereits beim sicherheitspolitischen<br />
Jahresauftakt angekündigt,<br />
dass die Miliz nun wieder gestärkt<br />
werden soll. Warum ist das aus Ihrer<br />
Sicht notwendig?<br />
Die Miliz ist für die umfassende Landesverteidigung,<br />
auf die wir uns wieder<br />
verstärkt konzentrieren müssen, das<br />
wertvollste Gut. In der Vergangenheit<br />
wurde in diesem Bereich leider sehr viel<br />
an Vertrauen zerstört. Zahlreiche Verbände<br />
wurden ohne jedwede Notwendigkeit<br />
aufgelöst. Wir stehen in diesem<br />
Bereich also vor einem Scherbenhaufen,<br />
den wir nun aufräumen müssen.<br />
Damit wären wir schon bei der Neustrukturierung<br />
des Heeres: Warum<br />
wurde diese notwendig und wie ist<br />
der Stand der Dinge?<br />
Wir haben vom vorherigen Verteidigungsminister<br />
eine völlig überdimensionierte<br />
Führungsstruktur übernommen,<br />
die wir nun materiell und personell<br />
den Realitäten anpassen müssen.<br />
Dabei dürfen wir nicht weiter Luftschlösser<br />
bauen, die praktisch nicht<br />
realisierbar sind. Unser Ziel muss es<br />
sein, die Truppe budgetär, materiell,<br />
infrastrukturell und personell so auszustatten,<br />
dass sie ihren Auftrag der militärischen<br />
Landesverteidigung erfüllen<br />
kann. Wir müssen uns auch stets vor<br />
Augen führen, dass das Bundesheer<br />
kein Selbstzweck ist. Das Bundesheer<br />
soll die Bevölkerung bei Bedarf schützen,<br />
dabei allerdings nicht zu einem<br />
Sicherheitsapparat mutieren. Wir<br />
kommen im Rahmen eines abgestuften<br />
Verfahrens erst dann zum Einsatz,<br />
wenn das Innenministerium und andere<br />
Exekutivträger an ihre Grenzen stoßen.<br />
Wie schwierig ist die Umsetzung<br />
dieser Neustrukturierung vor dem<br />
Hintergrund der <strong>aktuell</strong>en Budgetsituation?<br />
Es wird oft so dargestellt, als würde es<br />
beim Bundesheer laufend Einsparungen<br />
geben – das stimmt so nicht! Wir<br />
haben heuer 70 Millionen Euro mehr<br />
zur Verfügung als im vergangenen Jahr<br />
und nächstes Jahr sind es wieder 70<br />
Millionen mehr, als im Budget von Minister<br />
Doskozil hinterlegt. Und um den<br />
enormen Investitionsrückstau der vergangenen<br />
Jahre aufzuarbeiten, sind<br />
Sonderinvestitionen vorgesehen. Für<br />
die Beschaffung neuer Hubschrauber<br />
und Fahrzeuge wurde dank Bundesminister<br />
Kunasek bereits ein solches Paket<br />
beschlossen.
0 3 8 H E E R & M E H R<br />
Neben den Hubschraubern muss<br />
auch das System Eurofighter neu<br />
bewertet werden, gilt es neue Trainingsflugzeuge<br />
anzuschaffen und<br />
der Fuhrpark ist in vielen Teilen in<br />
die Jahre gekommen.<br />
Stimmt, es gibt in vielen Bereichen<br />
Nachholbedarf. Aber, und das sage ich<br />
ganz deutlich: Wir müssen uns auf das<br />
Machbare konzentrieren und uns<br />
nicht in Zielen verlieren, die wir nicht<br />
erreichen können. Es hilft uns nicht<br />
weiter, wenn wir uns mit Deutschland<br />
oder Frankreich vergleichen, die komplett<br />
andere Voraussetzungen haben.<br />
Unsere Referenz sind Länder wie<br />
Tschechien, die Slowakei und Ungarn<br />
und da stehen wir im Vergleich – übrigens<br />
auch budgetmäßig – durchaus<br />
gut da.<br />
REPRÄSENTATIONSAUFGABEN In Vertretung von Verteidigungsminister Mario Kunasek gehört auch die Teilnahme<br />
an Angelobungen und anderen Veranstaltungen zum Aufgabengebiet von Generalsekretär Wolfgang Baumann.<br />
Sie meinen also, dass die Zielsetzung<br />
in manchen Bereichen zu ambitioniert<br />
ist?<br />
Unser Anspruch muss es natürlich sein,<br />
in Teilbereichen mit größeren Partnern<br />
mithalten zu können, und diese Teilbereiche<br />
gehören festgelegt und dann gut<br />
ausgestattet. Alle anderen Bereiche<br />
müssen aber damit leben, dass wir sie<br />
unseren Nachbarländern vergleichbar<br />
ausrüsten. Damit werden wir zwar<br />
nicht in der obersten Liga mitspielen,<br />
aber wir werden unsere Aufträge erfüllen<br />
können. Diesbezüglich ist es übrigens<br />
schade, dass in den vergangenen<br />
Jahren viele Geräte und Fahrzeuge um<br />
wenig Geld verkauft wurden.<br />
Inwiefern?<br />
Wir hätten vieles davon noch gut<br />
gebrauchen und verwenden können.<br />
So stehen wir jetzt in vielen Bereichen<br />
vor dem Dilemma, dass wir regelrecht<br />
gezwungen sind, um viel Geld neue<br />
Gerätschaften anzukaufen, weil es<br />
schlichtweg keine alten mehr gibt.<br />
Wie sicher sind Sie, das es die zuvor<br />
angesprochenen Sonderbudgets<br />
tatsächlich geben wird?<br />
Ganz sicher! In den nächsten fünf Jahren<br />
und – vorausgesetzt die Koalition<br />
besteht weiter – hoffentlich zehn Jahren<br />
werden wir den Investitionsbedarf<br />
beim Bundesheer in jedem Fall positiv<br />
abarbeiten. Parallel dazu verfolgen<br />
wir natürlich auch unser Ziel der<br />
An hebung des Normbudgets auf drei<br />
Milliarden Euro pro Jahr.<br />
Wie unter anderem der Ankauf der<br />
Eurofighter zeigte, ist das Verständnis<br />
der Bevölkerung für derartige<br />
Investitionen oft enden wollend.<br />
Wie kann es gelingen, Herr und Frau<br />
Österreicher besser zu überzeugen?<br />
Es wird auch meine Aufgabe sein, verstärkt<br />
zu kommunizieren, welchen<br />
Bedarf das Bundesheer hat, um den<br />
bereits angesprochenen Schutz der<br />
österreichischen Bürgerinnen und<br />
Bürger sicherstellen zu können. Wir<br />
müssen noch klarer darstellen, dass die<br />
Anschaffung moderner Gerätschaften<br />
für die Erfüllung unserer Aufgaben<br />
zwingend notwendig ist.<br />
Die verstärkte Fokussierung auf die<br />
umfassende Landesverteidigung und<br />
die Truppe wird den <strong>aktuell</strong>en Personalmangel<br />
bei den Unteroffizieren<br />
wohl noch verstärken. Wie soll dieses<br />
Problem gelöst werden?<br />
Ebenso wie das Innenministerium sind<br />
wir von einem Aufnahmestopp ausgenommen.<br />
Wir könnten also mehr Personal<br />
aufnehmen, tun das aber nicht.<br />
Grund dafür ist, dass das Bundesheer in<br />
den vergangenen Jahrzehnten personell<br />
massiv ausgedünnt wurde und man im<br />
vergangenen Jahr dann mit einer 180-<br />
Grad-Kehrtwende versuchte, die Fehler<br />
zu kompensieren. Überstürzte Personalmaßnahmen<br />
konnte das Bundesheer<br />
in der Kürze der Zeit aber nicht verkraften.<br />
Die Truppe war überfordert<br />
und wir mussten die Neuaufnahmen<br />
auf ein vernünftiges Maß zurücknivellieren.<br />
Im Vordergrund steht jetzt die<br />
Qualität der Ausbildung und weniger<br />
die Quantität.<br />
Welche Themen stehen darüber<br />
hinaus auf Ihrer Agenda für die<br />
kommenden Monate und Jahre?<br />
Da gibt es einige. Wir wollen beispielsweise<br />
ein einheitliches Offizierskorps;<br />
vom Unteroffizier über den Offizier bis<br />
zum General. Dahingehend wollen wir<br />
für die Unteroffiziere mehr Durchlässigkeit<br />
schaffen und an der Militärakademie<br />
15 Plätze für engagierte Unteroffiziere<br />
bereithalten, um ihnen Aufstiegsmöglichkeiten<br />
zu bieten.<br />
Es gibt also auch abseits der Truppenneustrukturierung<br />
viel zu tun?<br />
Definitiv! Wie Sie wissen, war ich bereits<br />
von 2000 bis 2002 im Kabinett von<br />
Verteidigungsminister Scheibner und<br />
kenne daher das Bundesheer und seine<br />
Bedürfnisse sehr gut. Das bringt einen<br />
Vorsprung bei der Umsetzung und Realisierung<br />
von Projekten. Glücklicherweise<br />
denken Verteidigungsminister<br />
Mario Kunasek und der neue Generalstabschef<br />
Robert Brieger über die Zielsetzungen<br />
sehr ähnlich wie ich, was uns<br />
die große Chance gibt, die Weichen<br />
richtig zu stellen. Vielleicht ist es die<br />
letzte Chance.<br />
FOTO : B U N D E S H E E R / N I CO L AS R A I N E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 4 0 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
Am Schauplatz Umbalkees: Was der Entminungsdienst<br />
mit einem im Zweiten Weltkrieg auf einem Gletscher<br />
notgelandeten deutschen Flugzeug und britischen<br />
Stabbrandbomben zu tun hat.<br />
Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
Fotos: HBF/GUNTHER PUSCH<br />
DER ENTMINUNGSDIENST<br />
JU<br />
UND DIE<br />
TANTE<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
U N T E R W E G S M I T D E M E N T M I N U N G S D I E N S T<br />
FOTO L I N KS : F R I E D L ST E I N E R<br />
VERGANGENHEIT UND GEGENWART Das Wrack der 1941 am Umbalkees notgelandeten Ju 52 diente<br />
Bergsteigern noch einige Zeit als Notbiwak, bevor der Gletscher die Maschine gänzlich umschloss. Rund<br />
fünf Jahrzehnte später stießen dann im Jahre 2002 Prägratner Bergretter mehr als 400 Meter unter der Notlandestelle<br />
auf Teile der Ju 52, die das Eis wieder freigegeben hatte und die anschließend geborgen wurden.<br />
Mit einem Teil davon wurde in weiterer Folge ein sogenanntes Cockpit-Mockup aufgebaut – ein Nachbau<br />
des Cockpits mit Originalteilen.<br />
ort drüben liegen<br />
D<br />
noch einige Stück und<br />
da vorne auch noch<br />
zwei.“ Es ist ein sonniger<br />
Vormittag Mitte<br />
August. Wolfgang<br />
Korner und Roman Hurter vom Entminungsdienst<br />
des Bundesheeres bergen<br />
gemeinsam mit zwei Kollegen im<br />
Zweiten Weltkrieg abgeworfene britische<br />
Stabbrandbomben. Allerdings<br />
nicht dort, wo man diese am ehesten<br />
vermuten könnte, im Zentrum einer<br />
Großstadt, sondern auf fast 3.000 Metern<br />
Seehöhe am Umbalkees, einem<br />
Gletscher in Osttirol. Dort oben – nur<br />
wenige hundert Meter von der österreichisch-italienischen<br />
Staatsgrenze<br />
entfernt – musste während des Zweiten<br />
Weltkriegs eine deutsche Ju 52<br />
notlanden, was damals in der Region<br />
für reichlich Aufregung sorgte und<br />
heute noch den Entminungsdienst<br />
des Bundesheeres beschäftigt.<br />
Aber alles der Reihe nach. Beginnen<br />
wir unsere Erzählung am Nachmittag<br />
des 4. Jänner 1941, als Flugzeugführer<br />
Feldwebel Erich Stobbe mit seiner<br />
Ju 52 (aufgrund ihrer Verlässlichkeit<br />
„Tante Ju“ genannt) den Alpenhauptkamm<br />
zu überqueren versucht. Ein<br />
heftiger Sturm im Großvenedigergebiet<br />
erschwert ihm die Kontrolle seiner<br />
Maschine und als die Tragflächen<br />
vereisen, sieht er sich zum raschen<br />
Handeln gezwungen. Eine Notlandung<br />
am Gletscher scheint die einzige Option,<br />
die Lage ist also mehr oder weniger<br />
aussichtslos. Wider Erwarten ge-<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 4 2 H E E R & M E H R<br />
BERGUNG DER STABBRANDBOMBEN<br />
Jedes Jahr gibt das Eis am Umbalkees wieder<br />
einige Stabbrandbomben frei. Im Vorjahr<br />
wurden vom Entminungsdienst rund 80<br />
Stück geborgen, heuer waren es 40 Stück.<br />
lingt Stobbe das riskante Landemanöver,<br />
die Ju 52 kommt zum Stehen und<br />
die elfköpfige Besatzung überlebt mit<br />
leichten Verletzungen. Nur Funker<br />
Voigt erwischt es schwerer. Er kann<br />
zwar später von Rettungskräften ins<br />
Tal gebracht werden, verstirbt dort<br />
aber an seinen Kopfverletzungen.<br />
Zurück auf das Umbalkees, wo sich<br />
die Mannschaft nach der Notlandung<br />
mit unwirtlichen Bedingungen und<br />
Temperaturen zwischen minus 25 und<br />
minus 35 Grad konfrontiert sieht.<br />
Zwei Tage probieren Erich Stobbe<br />
und seine Männer mit Schüssen und<br />
Leuchtraketen Rettungskräfte auf sich<br />
aufmerksam zu machen. Als keine<br />
Hilfe eintrifft, steigen der Pilot und<br />
zwei weitere Männer am 6. Jänner<br />
über gefährliche Gletscherspalten hinweg<br />
zur unbewirtschafteten Essenerhütte<br />
ab. Am 8. Jänner erreicht das<br />
Trio schließlich zu Mittag die Ortschaft<br />
Prägraten, von wo sofort vier<br />
Zöllner unter dem Kommando des<br />
Zollwacheassistenten Rudolf Seemüller<br />
mit Proviant zur zurückgebliebenen<br />
Besatzung des Flugzeuges aufsteigen.<br />
Tags darauf macht sich auch<br />
noch eine weitere Hilfsmannschaft<br />
auf den Weg, die sich an der Rettung<br />
der notgelandeten Flugzeugbesatzung<br />
allerdings nicht beteiligen wird. Ihr<br />
Interesse gilt einzig und allein der<br />
Fracht der Ju 52.<br />
Warum aber wird mitten im Winter<br />
ein Trupp mit der gefährlichen Aufgabe<br />
losgeschickt die Ladung eines<br />
Transportflugzeugs vom Gletscher zu<br />
holen? „Genau dieser Aspekt macht<br />
diesen Fall so interessant“, sagt Professor<br />
Dr. Harald Stadler, Bereichsleiter<br />
Mittelalter- und Neuzeitarchäologie<br />
der Uni Innsbruck, der die Geschehnisse<br />
von damals detailliert aufgearbeitet<br />
hat. „Die Zusammensetzung<br />
der Bordcrew, die zu großen Teilen<br />
aus Funkern und Technikern bestand,<br />
und Fundstücke am Gletscher deuten<br />
darauf hin, dass die Ju-52-Komponenten<br />
für eine Radarstation geladen hatte<br />
und auf geheimer Mission in Richtung<br />
Italien war.“ Aber woher kommen<br />
die Stabbrandbomben? Waren<br />
sich die deutschen Kriegsgegner der<br />
heißen Fracht bewusst und haben das<br />
Flugzeugwrack mit einem gezielten<br />
Angriff endgültig zu zerstören versucht?<br />
„Nein“, sagt der Experte: „Da<br />
hat wohl der Zufall Regie geführt. Das<br />
Gebiet lag erst ab 1943 in der Reichweite<br />
alliierter Maschinen. Wir vermuten<br />
daher, dass die Stabbrandbomben<br />
in den letzten drei Kriegsjahren<br />
abgeworfen wurden und von einer<br />
Maschine stammen, die sich auf dem<br />
Rückweg von einem Angriff befand.<br />
Die Besatzungen waren damals dazu<br />
angehalten, noch an Bord befindliche<br />
Ladung vor der Rückkehr abzuwerfen,<br />
um bei der Landung kein Risiko einzugehen.“<br />
Aus diesem Grund rückten<br />
– frei nach dem Motto „besser irgendetwas<br />
angreifen als die Bomben vergeuden“<br />
– immer wieder auch vermeintlich<br />
unbedeutende Ziele in den<br />
Fokus der amerikanischen und britischen<br />
Bombercrews. Professor Stadler:<br />
„Möglich, dass die Besatzung damals<br />
das Wrack der Ju 52 sichtete und<br />
deshalb dort ihre Ladung abwarf.“<br />
Letztlich ist es für die Arbeit der Leute<br />
vom Entminungsdienst nebensächlich,<br />
wie die Bomben auf den Gletscher kamen.<br />
Ihre Aufgabe ist die Bergung und<br />
das Unschädlichmachen des Materials<br />
und das passiert im konkreten Fall einmal<br />
im Jahr im Rahmen der sogenannten<br />
Bergwochen. Dabei sind einige<br />
Mitarbeiter des Entminungsdienstes<br />
in der Region – vor allem in den Karnischen<br />
Alpen und dort insbesondere<br />
rund um den Passo di Monte<br />
Croce/Plöckenpass und den Kleinen<br />
Pal – damit beschäftigt, Kriegsrelikte<br />
aus dem Ersten Weltkrieg zu bergen.<br />
Die Schützengräben, Stellungen und<br />
Stollenanlagen entlang der einstigen<br />
Front zwischen Italien und Österreich-<br />
Ungarn sind dort heute noch gut erkennbar.<br />
„Obwohl seit Kriegsende<br />
mittlerweile 100 Jahre vergangen sind,<br />
wird dort immer noch sehr viel Material<br />
gefunden“, sagt Wolfgang Korner,<br />
Leiter des Entminungsdienstes. Einsatzleiter<br />
Roman Hurter ergänzt: „Die<br />
Anwesenheit vor Ort nutzen wir dann<br />
auch gleich für den Abtransport der<br />
Brandstabbomben, die das Umbalkees<br />
jedes Jahr freigibt.“<br />
Rund 40 Stück bargen die Experten<br />
in diesem Jahr, im Vorjahr waren es<br />
sogar 80. „Schwer zu sagen, wie viele<br />
sich noch unter dem Eis verbergen“,<br />
sagt Roman Hurter, der mit dem Pickel<br />
ein Metallstück freilegt. „Das ist<br />
ein Teil eines Behälters, in dem die<br />
Stabbrandbomben transportiert<br />
wurden. Liegen die Fundstellen des<br />
Behälters und der Bomben so eng zusammen<br />
wie hier, ist das ein eindeutiges<br />
Zeichen dafür, dass sie aus einer<br />
geringen Höhe abgeworfen wurden.<br />
Der Bomber muss also sehr tief geflogen<br />
sein.“ Ob von den Stabbrandbomben<br />
heute noch Gefahr ausgeht?<br />
„Ungefährlich sind sie jedenfalls nicht“,<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
U N T E R W E G S M I T D E M E N T M I N U N G S D I E N S T<br />
sagt Roman Hurter. „Bei den meisten<br />
hat zwar der Zünder ausgelöst, bei einigen<br />
wenigen aber auch nicht. Zudem<br />
können sie immer auch Phosphorreste<br />
enthalten.“ Um auf Nummer sicher zu<br />
gehen, verpacken die Entminungsdienst-Mitarbeiter<br />
die Fundstücke in<br />
Big Packs, die anschließend mit einer<br />
AB 212 ins Tal geflogen werden. „Das<br />
Material wird dann von uns zwischengelagert<br />
und in Allentsteig gesprengt“,<br />
sagt Entminungsdienst-Chef Korner.<br />
Und was passierte mit der heißen<br />
Fracht der Ju 52? „Die wurde damals<br />
vom zweiten Hilfstrupp geborgen und<br />
zum Fliegerhorst nach Klagenfurt gebracht“,<br />
sagt Professor Stadler. „Dort<br />
verliert sich dann aber jede Spur, da<br />
wurde ein großes Geheimnis daraus<br />
gemacht“. Die Maschine selbst diente<br />
Einheimischen und Bergsteigern noch<br />
einige Jahre nach ihrer Notlandung als<br />
Biwak und Notunterschlupf, bevor sie<br />
im ewigen Eis verschwand. Rund fünf<br />
Jahrzehnte später tauchte die Maschi-<br />
ne dann im Juli 2002 in Teilen einige<br />
hundert Meter unterhalb der Notlandestelle<br />
wieder auf, der Gletscher hatte<br />
sie dorthin verfrachtet. Prägratner<br />
Bergrettungsmänner entdeckten bei<br />
ihrem Aufstieg zur Dreiherrnspitze in<br />
einer Seehöhe von 2.750 Metern einzelne<br />
Wrackteile. Diese wurden anschließend<br />
geborgen und das Cockpit<br />
wieder zusammengesetzt. Aber das ist<br />
eine andere Geschichte, die auf<br />
www.ju-52.at gut nachzulesen ist.<br />
Nur so viel: Das rekonstruierte Cockpit<br />
war in den vergangenen beiden<br />
Jahren im Hugo Junkers Hangar in<br />
Mönchengladbach ausgestellt. Aktuell<br />
wird es in der Garage einer Bäckerei in<br />
Prägraten zwischengelagert und befindet<br />
sich damit wieder im selben Ort,<br />
in dem vor 77 Jahren Flugzeugführer<br />
Feldwebel Erich Stobb mit seinen beiden<br />
Begleitern nach ihrem mühsamen<br />
Abstieg vom Umbalkees die Hilfskräfte<br />
alarmierten.<br />
RELIKTE AUS DEM ERSTEN WELTKRIEG<br />
In den Karnischen Alpen erinnern noch viele<br />
Bauten und Veränderungen im Gelände an<br />
die Kämpfe des Ersten Weltkriegs. Vor Ort<br />
kommt es auch immer wieder zu Munitionsfunden<br />
aus dieser Zeit – im Bild oben bergen<br />
Entminungsdienst-Chef Wolfgang Korner<br />
(rechts) und Einsatzleiter Roman Hurter eine<br />
22-cm-Luftmine aus einer Kaverne.
0 4 4 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
JÄGER<br />
DIE VORZEIGE<br />
AUS GÜSSING<br />
Das Jägerbataillon 19 ist nicht nur in Österreichs einziger Musterkaserne beheimatet,<br />
sondern erprobt auch den neuen Pandur-Radpanzer. Militär Aktuell hat die „19er“<br />
beim Gefecht und in der Kaserne besucht. Text: STEFAN TESCH Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />
V<br />
iel Zeit zum Schlafen<br />
gab es in der letzten<br />
Nacht nicht. Denn die<br />
Soldaten der 1. Kompanie<br />
(KPE) hatten<br />
alle Hände voll zu<br />
tun: Nachtlager sichern und das<br />
nächste Angriffsziel penibel aufklären.<br />
Wo genau verschanzen sich die Terroristen?<br />
Welche Bewaffnung haben sie?<br />
Und wie viele sind es überhaupt? Unter<br />
dem Strich blieben nur drei Stunden<br />
pro Soldat für die „Augenpflege“<br />
übrig – und das unter verschärften<br />
Bedingungen: ohne Zelt, dafür im<br />
Schlafsack und ohne Regen.<br />
Nach Sonnenaufgang sind sie trotzdem<br />
schon wieder gefechtsbereit. Die<br />
Mündungen auf das erste Haus im<br />
„Angererdorf“, der Ortskampfanlage<br />
am Truppenübungsplatz Bruckneudorf,<br />
gerichtet. Während die Stoßtrupps<br />
noch im taktischen Waldrand<br />
im Schutz der Blätter die letzten Anweisungen<br />
vom Zugskommandanten<br />
über Funk bekommen, erklärt<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
T R U P P E N B E S U C H<br />
DAS JÄGERBATAILLON 19<br />
AUF EINEN BLICK<br />
ORTSKAMPF Nach der Befehlsausgabe im<br />
Keller geht es gleich in den Angriff. Haus<br />
um Haus wird genommen, das koodinierte<br />
Vorgehen steht im Übungsfokus.<br />
Das zum BSK (Brigade<br />
Schnelle Kräfte)<br />
gehörende Jägerbataillon<br />
19 (kurz<br />
JgB 19) besteht aus<br />
vier Kompanien:<br />
Stabs-, Kampfunterstützungs-,<br />
sowie zwei Jägerkompanien<br />
(davon die 1. Jägerkompanie als<br />
Kaderpräsenzeinheit). Besonderheit<br />
ist die Ausstattung mit zehn Pandur-<br />
Radpanzern für den Mannschaftstransport.<br />
Bis zur Fertigstellung der<br />
„Musterkaserne“ im Jahr 2014 waren<br />
die „19er“ neben Güssing auch in Pinkafeld<br />
und Oberwart stationiert. Heute<br />
bietet die neue Montecuccoli-Kaserne<br />
(Baukosten 46 Millionen Euro) eine<br />
Kapazität von 750 Betten und umfasst<br />
ein Areal von 43 Hektar. Neben einer<br />
modernen Sportanlage und Hindernisbahn<br />
gehören noch ein fix installierter<br />
Checkpoint, ein Mehrzweckturm<br />
mit Kletterwand sowie eine an<br />
die Kaserne angrenzende Kampfbahn<br />
fürs Trainieren in Gruppenstärke samt<br />
Pandur zur Infrastruktur. Der beim Kasernenbau<br />
entstandene Aushub wurde<br />
als Wall ums Gelände aufgeschüttet.<br />
Dort befinden sich Feuerstellungen<br />
fürs Üben mit der Panzerabwehrlenkwaffe.<br />
Hinzu kommt noch ein zwei Kilometer<br />
entfernter Übungsplatz von<br />
80 Hektar. Namensgeber der Kaserne<br />
ist der kaiserlich-österreichische Feldherr<br />
Reichsgraf Raimondo Montecuccoli<br />
(1609–1680). Er besiegte in der<br />
Schlacht bei Mogersdorf im Jahr 1664<br />
mit seinem 25.000 Mann starken Heer<br />
rund 60.000 Soldaten der osmanischen<br />
Streitkräfte. Ihm zu Ehren steht<br />
auf dem Antreteplatz eine bronzene<br />
Büste um 45.000 Euro, finanziert aus<br />
EU-Geldern sowie privaten Spenden.<br />
PANORAMA Im Vordergrund der Übungs-Checkpoint, dahinter die Kaserne und die Burg.<br />
Kompaniekommandant Hauptmann<br />
Gerhard Hiebler die Übungslage:<br />
„Terroristen nutzen die Häuser als Basis<br />
für weitere Anschläge. Ihre Entschlossenheit,<br />
bei einem Feuergefecht<br />
so viele wie möglich von uns mit in<br />
den Tod zu reißen, macht die Situation<br />
besonders knifflig.“ Und schon<br />
stürmt der Stoßtrupp nach vorne.<br />
„Erstes Haus genommen“ tönt es über<br />
den Funk. Jetzt kommt das Zweite<br />
dran. Doch hier kann man<br />
nicht einfach mit der Aluleiter<br />
übers Fenster einsteigen.<br />
Sprengstoff muss her! Knapp<br />
100 Gramm „Sprengschnur“, zusammengeschlagen<br />
wie ein Bündel Schuhbänder,<br />
räumt mit einem grellen Feuer-<br />
Burgenland<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 4 6 H E E R & M E H R<br />
ball den Weg frei. Die Verbarrikadierung<br />
aus Holz zerbröselt. Eine weitere<br />
Sprengung öffnet die Kellertür, wenige<br />
Minuten später ist der Angriff vorbei.<br />
Nachbesprechung, anschließend Befehlsausgabe<br />
für den nächsten Durchgang.<br />
Zeit zum Verschnaufen bleibt<br />
nur wenig.<br />
Während die Kameraden am Nachmittag<br />
einen dritten Angriff inklusive Lufttransport<br />
mit dem Black Hawk üben,<br />
geht es in ihrer militärischen Heimat,<br />
der Montecuccoli-Kaserne im südburgenländischen<br />
Güssing, weitaus gediegener<br />
zu. Zumindest optisch. Denn die<br />
2014 eröffnete Kaserne ist Österreichs<br />
sogenannte „Musterkaserne“. Statt in<br />
geschichteträchtigen Gemäuern oder<br />
rustikalen Kreuzbauten mit Tarnanstrich<br />
residieren die Soldaten der Güssinger<br />
Garnison im modernen, weißen<br />
Gebäudekomplex mit Glaselementen,<br />
der auch ein kleiner Universitätscampus<br />
sein könnte. „Das macht uns als<br />
größten Arbeitgeber in der Region<br />
noch attraktiver“, erzählt Bataillonskommandant<br />
Oberst Thomas Erkinger.<br />
Journalisten, Schulklassen, Betriebsausflüge<br />
– Gästebetreuung gehört<br />
in der Montecuccoli-Kaserne<br />
zum Alltag.<br />
Doch allzu viel Zeit bleibt Erkinger gar<br />
nicht, seine Kaserne, von deren Terrasse<br />
man einen idyllischen Blick auf die<br />
Burg Güssing hat, zu genießen. Seine<br />
vier Kompanien sind weit verstreut. So<br />
stellt gerade die Stabskompanie drei<br />
Züge im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz<br />
in der Südsteiermark zur<br />
Grenzüberwachung. Die KPE-Kompanie<br />
verbringt mehrere Wochen in Allentsteig<br />
und widmet sich der Erprobung<br />
des neuen Pandur-Modells. Dieser<br />
Radpanzer bekommt nämlich ein<br />
Update in Form einer Waffenstation.<br />
Sie lässt sich aus dem Innenraum fernsteuern,<br />
somit kann man auch während<br />
der Fahrt präzise feuern. Das wirkt<br />
sich wiederum maßgeblich auf die<br />
Gefechtstechnik aus. „Während der<br />
eiNBliCk Bataillonskommandant Oberst Thomas<br />
Erkinger und Militär Aktuell-Autor Stefan Tesch.<br />
alte Pandur nach dem Absitzen der<br />
Mannschaft im Sammelraum verblieben<br />
ist, zieht der Neue mit den Infanteristen<br />
mit und unterstützt mit seiner<br />
Feuerkraft“, verrät Erkinger schon vorab.<br />
Die „19er“ haben die ehrenvolle<br />
Aufgabe, bei der Vorschriftenerstellung<br />
mitzuwirken. Für die KPE-Kompanie<br />
gehört der neue Pandur schon zur<br />
„Familie“. Bei den vormittäglichen<br />
Angriffen im Angererdorf hat er mit<br />
„Ortskampf ist eine Kunst!“<br />
Interview mit WaChtmeister<br />
seBastiaN piChler,<br />
Gruppenkommandant im 1. Zug<br />
der 1. Kompanie (KPE), unmittelbar<br />
nach dem Angriff auf das<br />
„Angererdorf“.<br />
sie haben gerade ihre Gruppe durch<br />
den angriff geführt. Wie war’s?<br />
Beim Sprengen herrscht erhöhte Vorsicht,<br />
denn man muss ständig den Sicherheitsbereich<br />
im Auge behalten. Das in<br />
der Gruppe zu koordinieren, ist nicht<br />
leicht. Häuserkampf ist sehr dynamisch,<br />
da muss man sich in jedem Gebäude und<br />
in jedem Raum auf eine neue Situation<br />
einstellen. Ortskampf ist daher eine<br />
hohe Kunst.<br />
Wie zufrieden sind sie mit der<br />
leistung ihrer Gruppe?<br />
Meine Soldaten haben gute Arbeit<br />
geleistet. Ein paar kleine Fehler gab es<br />
trotzdem – nicht nur bei den Schützen,<br />
sondern auch ich habe den einen oder<br />
anderen Fehler gemacht. In den nächsten<br />
beiden Durchgängen werden wird<br />
das gleich ausbessern.<br />
Wie oft haben sie in ihrem alltag<br />
Gefechtsdienst?<br />
Zwei Mal pro Woche, jeden Dienstag<br />
und Donnerstag. Da üben wir meistens<br />
die Einsatzarten Schutz und Angriff.<br />
Was macht für sie den reiz einer<br />
kpe-einheit aus?<br />
Dass ich mit meiner Gruppe fix für rund<br />
drei Jahre zusammen bin. Da ich sie in<br />
dieser Zeit fast von Grund auf in ihrer<br />
Funktion ausbilde, ermöglicht das eine<br />
perfekte Zusammenarbeit. Und außerdem<br />
herrscht bei uns ein sehr starkes<br />
Zusammengehörigkeitsgefühl.<br />
Was ist das nächste Ziel in ihrer<br />
militärischen laufbahn?<br />
Ich möchte in der KPE Zugskommandant<br />
werden. Danach werde ich möglicherweise<br />
in die „normale“ Truppe wechseln.<br />
Wenn man einmal Familie hat, bleibt<br />
nicht mehr so viel Zeit für die KPE samt<br />
Auslandseinsätzen (lacht).<br />
m i l i t ä r a k t u e l l
T R U P P E N B E S U C H<br />
WEITBLICK Grundwehrdiener des Jägerbataillons<br />
19 beim Handgranatenzielwerfen.<br />
seiner Hightech-Waffenstation den<br />
Soldaten beim Nehmen der Gebäude<br />
unter die Arme gegriffen.<br />
Ebenso neu im Bataillon ist auch die<br />
KAAusb 3 (Kaderanwärterausbildung<br />
3), die heuer erstmals in Güssing stattfindet.<br />
Gerade bekommen 100 Mann<br />
aus diversen Einheiten Österreichs –<br />
vom Militärmusiker bis zum Panzer-<br />
grenadier – den letzten Schliff vor ihrer<br />
Beförderung zum Wachtmeister: Führungsverhalten,<br />
Rechtsausbildung und<br />
Sport. Während des Besuchs von Militär<br />
Aktuell steht gerade die Hindernisbahn<br />
auf dem Programm. „Wir lernen<br />
hier, wie wir künftig als Ausbildungsleiter<br />
gegenüber Grundwehrdienern beim<br />
Sport agieren“, berichtet der 20-jährige<br />
Zugsführer Manuel Kaufmann. „Nicht<br />
zu schnell beginnen, sondern mit konstanter<br />
Geschwindigkeit durchlaufen“,<br />
lautet sein persönliches Geheimrezept.<br />
Damit bleibt auch noch Luft, seine<br />
Gruppe zu führen.<br />
Auf der anderen Seite der Kaserne geht<br />
es ebenso sportlich zu. Grundwehrdiener<br />
des Juli-Einrückungstermins üben<br />
sich im Handgranaten-Zielwerfen. Erkinger<br />
beobachtet sie und freut sich:<br />
„Bis zu 20 Prozent eines Einrückungstermins<br />
wollen Berufssoldaten werden.“<br />
Das war nicht immer so. Investitionen<br />
in Personalwerbung sind anscheinend<br />
auf fruchtbaren Boden gefallen, denn<br />
die „19er“ haben heute einen Befüllungsgrad<br />
von 86 Prozent.<br />
Während eine Handgranaten-Attrappe<br />
nach der anderen auf die kreisförmigen<br />
Sandflächen am Sportplatz fällt, blickt<br />
Erkinger auf seine bisherige militärische<br />
Karriere zurück. Highlight war<br />
definitiv sein Einsatz im Jahr 2011 als<br />
Kommandant des ersten Österreich-<br />
Kontingents im Libanon. „Ich habe<br />
mich nicht ins gemachte Nest gesetzt,<br />
sondern erst das Nest bauen müssen“,<br />
so sein Rückblick. Als „Erster“ gehört<br />
es nämlich auch dazu, Zollbestimmungen<br />
auszuverhandeln und die Rahmenbedingungen<br />
zu klären, wie man Waffen<br />
ins Land bringen darf. „Das war<br />
eine echte Herausforderung“, sagt er<br />
sichtlich stolz. Fast genauso stolz, wie<br />
die bronzene Büste des Feldherren Raimondo<br />
Montecuccoli – der Namensgeber<br />
der Kaserne – über den Antreteplatz<br />
„blickt“.
0 4 8 H E E R & M E H R<br />
BUNDE<br />
FÜR ALLE<br />
Rund um den Nationalfeiertag gibt die Leistungsschau in<br />
der Wiener Innenstadt wieder interessante Einblicke in das<br />
Aufgabenspektrum des Bundesheeres. Ein Überblick.<br />
Text: CONNY DERDAK<br />
Der Wiener Heldenplatz<br />
am 26. Oktober. Rund<br />
1.000 Rekruten stehen<br />
stramm in Reih und<br />
Glied. Sie schwören ihren<br />
Treueeid auf die Republik<br />
und bilden damit eines der Highlights<br />
der jährlichen Leistungsschau des<br />
Bundesheeres rund um den Nationalfeiertag<br />
in der Wiener Innenstadt. Das<br />
Programm umfasst aber weit mehr und<br />
startet bereits am 23. Oktober mit einer<br />
„Leistungsschau light“ vor dem Burgtheater und<br />
auf dem Heldenplatz, wo das Bundesheer auch<br />
bis zum 28. Oktober Präsenz zeigt. „Wir wollen<br />
damit jungen Männern und Frauen gleichermaßen<br />
eine Möglichkeit bieten, sich in gemütlicher<br />
Atmosphäre über Karrieremöglichkeiten beim<br />
Bundesheer zu informieren“, sagt Major Lick<br />
vom Militärkommando Wien. Richtig los geht<br />
es dann am 24. Oktober mit der Landung des<br />
Black Hawk am Heldenplatz (die anderen Hubschrauber<br />
sind schon früher vor Ort) und am<br />
Nationalfeiertag selbst wird der Radius dann<br />
DER GROSSE TAG<br />
Am 26. Oktober werden<br />
rund 1.000 Rekruten<br />
angelobt. Für alle anderen<br />
ist der Nationalfeiertag<br />
eine gute Chance, sich<br />
das Bundesheer einmal<br />
genauer anzusehen.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
N A T I O N A L F E I E R T A G 2 0 1 8<br />
SHEER<br />
FOTO : B U N D E S H E E R / KA P I C I L I SA<br />
nochmals massiv ausgeweitet und<br />
präsentiert sich ein großer Teil der<br />
Innenstadt im Licht des Bundesheeres.<br />
Beginnen wir in der Schottengasse:<br />
Das Kommando Gebirgskampf ist hier<br />
mit einem Kletterturm vor Ort, der<br />
erklommen werden kann. Beim Kommando<br />
ABC-Abwehr kann jeder ausprobieren,<br />
ob er oder sie mit einem<br />
Detektionsgerät an einer Puppe<br />
Gefahrenstoffe aufspüren kann.<br />
Auf der Freyung finden sich die Militärhunde<br />
sowie die Miliz ein. Besucher<br />
erwarten folgende Vorführungen: Zugangs-<br />
und Fahrzeugkontrollen an einem<br />
eigens errichteten Checkpoint sowie<br />
der Schutz kritischer Infrastruktur.<br />
Am Hof zeigen Cyberabwehr und<br />
Kommando Landstreitkräfte, was sie<br />
leisten. Der Entminungsdienst informiert<br />
über Praktisches – etwa darüber,<br />
was zu tun ist, wenn beim Hausbau<br />
explosive Relikte gefunden werden. Das<br />
Amt für Rüstungs- und Wehrtechnik<br />
präsentiert gemeinsam mit der Heerestruppenschule<br />
Spezialgerät, das in<br />
Erprobung ist, bevor es zur Truppe<br />
kommt. Dort wird eine Drohne des<br />
Bundesheeres zu sehen sein, der zivile<br />
Aussteller Austro Control informiert<br />
außerdem über das richtige Verhalten<br />
mit privaten Drohnen. Ein weiteres<br />
Highlight: tEODor, ein Fernlenkroboter<br />
zur Kampfmittelbeseitigung. Außerdem<br />
informiert das Heerespersonalamt über<br />
die vielen Karrieremöglichkeiten beim<br />
Heer. Besucher haben am Hof auch die<br />
Möglichkeit, sich am Feldpostamt den<br />
beliebten tages<strong>aktuell</strong>en Poststempel<br />
für den 25. und 26. Oktober abzuholen.<br />
Am Graben gibt’s das Sanitätsmodul –<br />
ein gepanzertes Tarnfahrzeug mit einer<br />
Reanimationseinheit. Hier kann man<br />
lernen, wie Erste Hilfe richtig geht.<br />
Weiter geht’s zum Michaelerplatz. Hier<br />
ist die Militärseelsorge mit fünf verschiedenen<br />
Glaubensrichtungen vertreten:<br />
Alevitisch, Evangelisch, Islamisch,<br />
Orthodox und Römisch-Katholisch.<br />
Die Cyberabwehr, deren Aufgabe es ist,<br />
Führungsfähigkeit durch Internetleitungen<br />
und Funkverkehr sicherzustellen,<br />
ist auch hier stationiert und empfängt<br />
Daten von der Dependance am Hof.<br />
Interessierte können sich über richtiges<br />
Verhalten im Internet informieren oder<br />
darüber, wie sie sich auch privat vor<br />
Cyberangriffen schützen können.<br />
Am Heldenplatz sehen Besucher neben<br />
Hubschraubern auch Garde, Militärstreife<br />
und Luftraumüberwachung –<br />
diese präsentiert ihre Lenkwaffe Mistral<br />
und das Radarsystem Flamingo sowie<br />
diverse Abfangszenarien. Von einem<br />
Kletterturm bei der Luftraumüberwachung<br />
können Sportliche mit einer Seilrutsche<br />
zum Heeressport hinüberrutschen.<br />
Auch die Airborne-Community<br />
(ein Zusammenschluss aus Luftunterstu?tzung,<br />
Jagdkommando und Jägerbataillon<br />
25) sowie das Jägerbataillon 24<br />
und die 7. Jägerbrigade sind hier anzutreffen.<br />
Wer Pilot werden möchte, kann<br />
sich bei den Ständen der Flieger- und<br />
Fliegerabwehrtruppenschule oder des<br />
Heerespersonalamtes Informationen<br />
einholen. Die Auslandseinsatzbasis präsentiert<br />
einen Unterkunftscontainer, in<br />
dem sich die Besucher persönlich ein<br />
Bild davon machen können, wie Soldaten<br />
im Ausland untergebracht sind.<br />
Und zu guter Letzt finden sich die<br />
Panzer vor dem Burgtheater: Die<br />
3. Jäger-brigade und 4. Panzergrenadierbrigade<br />
stellen hier den Schützenpanzer<br />
Ulan, den Bergepanzer M88,<br />
Panzerhaubitze samt Rechenstelle sowie<br />
Pionierpanzer zur Schau. In diesem<br />
Sinne: Happy Exploring!<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 5 0 H E E R &<br />
M<br />
E H R<br />
AUF DU<br />
UND DU MIT<br />
NATO & EU<br />
Österreichs Militärvertretung in Brüssel bringt in Sitzungen und Gremien<br />
rot-weiß-rote Positionen ein, sammelt Informationen von EU und NATO für das<br />
Ministerium in Wien und berät vor Ort in verteidigungspolitischen Angelegenheiten.<br />
Das klingt nicht sehr aufregend, ist es aber durchaus.<br />
Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />
er Zusammenbruch<br />
D<br />
der Sowjetunion vor<br />
knapp 30 Jahren setzte<br />
dem Kalten Krieg ein<br />
Ende. Der Zerfall der<br />
Supermacht hatte aber<br />
auch eine politische und sicherheitspolitische<br />
Neuordnung Europas zur Folge.<br />
Als Konsequenz davon trat Österreich<br />
1995 der durch die NATO angebotenen<br />
„Partnerschaft für den Frieden“ bei, als<br />
Mitglied der Europäischen Union ist<br />
Österreich zudem seit damals Teil der<br />
„Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“.<br />
Damit verbunden ist auch<br />
die Beteiligung des Bundeheeres an gemeinsamen<br />
Einsätzen zur Bewältigung<br />
<strong>aktuell</strong>er Konflikte vor allem auf dem<br />
Balkan. Im Rahmen der allgemeinen<br />
Einsatzvorbereitung galt und gilt es, die<br />
Zusammenarbeit mit internationalen<br />
Partnern durch militärische Standards<br />
und gemeinsame Ausbildungen und<br />
Übungen vorzubereiten. Nicht zuletzt<br />
FOTO S : H B F/ DA N I E L T R I P P O LT<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
M I L I T Ä R V E R T R E T U N G I N B R Ü S S E L<br />
sollen durch gemeinsame Forschung,<br />
Entwicklung und Beschaffung von<br />
Ausrüstung und Gerät die oft knappen<br />
Budgetmittel möglichst effizient eingesetzt<br />
werden.<br />
23-JÄHRIGE<br />
GESCHICHTE<br />
Bereits seit 1995 unterhält<br />
Österreich in Brüssel<br />
eine Militärvertretung.<br />
Derzeit wird diese von<br />
Generalleutnant Franz<br />
Leitgeb geleitet.<br />
KONTAKTE AUF HÖCHSTER EBENE Die Militärvertretung unterhält<br />
Beziehungen zu EU, NATO und der Europäischen Verteidigungsagentur.<br />
Um diese Zusammenarbeit abzustimmen,<br />
aufrechtzuerhalten und sich mit<br />
internationalen Partnern vor Ort auszutauschen,<br />
unterhält Österreich seit 1995<br />
eine damals aus dem Verteidigungsattaché-Büro<br />
heraus gegründete „Militärmission<br />
Brüssel“. Seit Anfang <strong>2018</strong> steht<br />
die Militärvertretung Brüssel (MVB)<br />
unter der Leitung von Generalleutnant<br />
Franz Leitgeb, der zuvor für die Planungssektion<br />
im Verteidigungsministerium<br />
verantwortlich war. „Unsere<br />
Hauptaufgabe ist die Vertretung der<br />
österreichischen Interessen in den militärischen<br />
Gremien der EU, in der Europäischen<br />
Verteidigungsagentur und der<br />
NATO-Partnerschaft für den Frieden“,<br />
erklärt Leitgeb im Gespräch mit Militär<br />
Aktuell. Mindestens ebenso wichtig ist<br />
aber die Sammlung von Informationen<br />
über neue Entwicklungen und Vorhaben<br />
in Sitzungen und Gremien, deren<br />
Auswertung und Weiterleitung nach<br />
Österreich. Außerdem gilt es, die rotweiß-roten<br />
Positionen auch in informellen<br />
Gesprächen darzustellen, bei<br />
Delegationen anderer Nationen Werbung<br />
für diese Sichtweisen zu betreiben<br />
und im Vorfeld von offiziellen Beschlussfassungen<br />
Kompromisslösungen<br />
für internationale Vorhaben im Sinne<br />
Österreichs auszuverhandeln. „Damit<br />
sind wir eine wichtige Schnittstelle zwischen<br />
der Heimat und unseren internationalen<br />
Partnern“, erklärt Leitgeb.
0 5 2 H E E R & M E H R<br />
Um alle Aufgaben wahrzunehmen,<br />
kann der MVB-Chef auf rund 20 Mitarbeiter<br />
zurückgreifen, welche für die<br />
Interessenvertretung und die nationale<br />
Führung und Verwaltung zuständig<br />
sind. Zum Personalstand der MVB gehören<br />
aber auch noch weitere rund 30<br />
Mitarbeiter, welche mit Masse zur gemeinsamen<br />
Leistungserbringung bei internationalen<br />
Außenstellen beitragen –<br />
beispielsweise im EU-Militärstab, bei<br />
NATO-Dienststellen und im Multinational<br />
Joint Headquarter in Ulm. Um<br />
die zusätzlichen Aufgaben im Rahmen<br />
der EU-Präsidentschaft abdecken zu<br />
können, wurde die MVB heuer temporär<br />
um sechs Personen aufgestockt.<br />
„Die Ratspräsidentschaft ist für uns natürlich<br />
mit Mehrarbeit verbunden“, sagt<br />
Leitgeb auf Nachfrage. „Wir bringen<br />
unsere nationalen Themenstellungen<br />
unter dem Motto ,Ein Europa, das<br />
schützt‘ ein und haben dazu beispielsweise<br />
im Juli die Repräsentanten des<br />
EU-Militärausschusses und Vertreter<br />
der EU-Institutionen zu einem Arbeitsessen<br />
mit dem ehemaligen Verteidigungsminister<br />
Werner Fasslabend als<br />
Gastredner geladen. Während der Ratspräsidentschaft<br />
gehört es außerdem zu<br />
meinen Aufgaben, bei Bedarf den Vorsitzenden<br />
des Militärausschusses General<br />
Kostarakos in Sitzungen zu vertreten.<br />
Dasselbe gilt für meine Mitarbeiter<br />
in Arbeitsgremien, sofern kein dauerhafter<br />
Stellvertreter bestimmt wurde.“<br />
Neben der Ratspräsidentschaft ist <strong>aktuell</strong><br />
auch die Ausgestaltung und Umsetzung<br />
im Rahmen von PESCO (Permanent<br />
Structured Cooperation) auf der<br />
Agenda von Leitgeb ganz oben. „Bereits<br />
2017 hat man sich auf 17 Projekte verständigt,<br />
die nun detailliert und mit Leben<br />
gefüllt werden müssen.“ Österreich<br />
arbeitet an vier Projekten mit: einem<br />
„Cyberprogramm“ mit Griechenland,<br />
dem Aufbau einer grenzüberschreitenden<br />
Katastrophenhilfstruppe mit Italien<br />
sowie am Aufbau eines Kompetenzzentrums<br />
für EU-Trainingsmissionen mit<br />
Deutschland und einer Verbesserung<br />
des grenzüberschreitenden militärischen<br />
Transportverkehrs mit den Niederlanden.<br />
„In den vergangenen Wochen<br />
wurden nun 33 weitere Projekte<br />
eingemeldet, darunter auch das Projekt<br />
,Unbemanntes Sensornetzwerk für<br />
ABC-Schutz/-Abwehr‘ (CBRN Surveillance<br />
as a Service, kurz SaaS), welches<br />
Österreich gemeinsam mit Kroatien,<br />
Slowenien und Ungarn entwickelt.“<br />
Die MVB beschäftigt sich derzeit außerdem<br />
mit den Vorarbeiten zur Evaluierung<br />
des im Juni 2017 eingerichteten<br />
militärischen Planungs- und Durchführungsstabs<br />
der EU und mit Standardisierungen<br />
im Bereich Military Mobility.<br />
„Dabei geht es darum, militärische Güter<br />
und Personal in Europa bedarfsgerecht<br />
leichter verschiebbar zu machen<br />
– jedoch immer unter Aufrechterhaltung<br />
der Souveränität des betroffenen<br />
Staates“, so Leitgeb. „Dazu braucht es<br />
standardisierte Anmeldeformalitäten,<br />
zentrale Anlaufstellen, eine koordinierte<br />
Nutzung von fachspezifischer Ausrüstung<br />
und anteilig auch Infrastruktur-<br />
Ausbauten, die konkret zu planen und<br />
entwickeln sind. Österreich kann dabei<br />
durchaus Vorbild sein – viele der geplanten<br />
Verbesserungen sind hierzulande<br />
längst Standard.“ Auch unabhängig<br />
davon dürfe man den Einfluss Österreichs<br />
als vergleichsweise kleines Land<br />
in der EU nicht unterschätzen. „Da wir<br />
im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits-<br />
und Verteidigungspolitik ein Einstimmigkeitsprinzip<br />
haben, ist unser<br />
Einfluss generell größer als in anderen<br />
Politikbereichen mit Mehrheitsprinzip.<br />
Aber natürlich dürfen wir diese Möglichkeit<br />
nicht inflationär in Anspruch<br />
nehmen und es gilt trotzdem soweit<br />
möglich Kompromisslösungen zu finden,<br />
um nicht als Störenfried dazustehen.“<br />
Eine Gefahr dahingehend sieht<br />
Leitgeb nicht: „Viele der im Sicherheitsund<br />
Verteidigungsbereich vorgeschlagenen<br />
Themen sind ohnehin in unserem<br />
Interesse, da geht es also in den<br />
meisten Fällen vor allem um das Fein -<br />
tuning und die konkrete Ausformulierung.“<br />
Nachsatz: „Auch wenn innerhalb<br />
der EU nun mehr militärische Zusammenarbeit<br />
erfolgt – unsere Partnerschaft<br />
mit der NATO ist dennoch unersetzbar.<br />
Militärische Konzepte und Standards,<br />
wesentliche Ausbildung- und Übungsvorhaben<br />
werden nahezu ausschließlich<br />
dort entwickelt und angeboten.“<br />
Als echte Neuerung beurteilt Leitgeb,<br />
dass nun erstmals auch EU-Budgetmittel<br />
für eine europäische Verteidigungs-<br />
ZUSAMMENARBEIT Im Rahmen der Partnerschaft<br />
für den Frieden beteiligt sich Österreich auch an<br />
NATO-geführten Missionen wie KFOR im Kosovo.<br />
forschung und zur Unterstützung des<br />
Aufbaus gemeinsamer militärischer<br />
Kapazitäten eingesetzt werden. Bereits<br />
jetzt laufen dazu erste Programme, ab<br />
2021 sollen dann durch einen „Europäischen<br />
Verteidigungsfonds“ gesteigerte<br />
Anstrengungen, auch in Zusammenschau<br />
mit PESCO, unterstützt werden.<br />
„Dabei stehen letztlich die Koordinierung,<br />
der Aufbau und die Verfügbarmachung<br />
von Kapazitäten im Fokus, die<br />
es <strong>aktuell</strong> in Europa nicht gibt.“ Leitgeb<br />
denkt dabei etwa an Lufttransport- und<br />
Luftbetankungskapazitäten, aber auch<br />
an die forcierte Nutzung des europäischen<br />
Satellitennavigationssystems Galileo,<br />
um sich vom US-amerikanischen<br />
GPS unabhängiger zu machen. Um die<br />
dazu erforderliche EU-Richtlinie mit<br />
allen Mitgliedsstaaten abzustimmen,<br />
erfolgen derzeit unter Leitung der Rüstungsabteilung<br />
der MVB eine intensive<br />
Bearbeitung im Rahmen einer dazu eingerichteten<br />
Arbeitsgruppe sowie Abstimmungen<br />
mit der EU-Kommission<br />
und Vertretern des EU-Parlaments.<br />
Inwieweit war US-Präsident Trump mit<br />
seiner Kritik an Europas Streitkräften<br />
Ausgangspunkt der <strong>aktuell</strong>en Bemühungen?<br />
„Schon Barack Obama hat von<br />
Europa mehr Anstrengungen für die eigene<br />
Verteidigung verlangt – allerdings<br />
hat er die Botschaft vornehmer verpackt“,<br />
so Leitgeb. „Klar ist, dass wir<br />
innerhalb Europas in vielen Bereichen<br />
Nachholbedarf haben. Das wissen wir<br />
auch, nur können wir diesen natürlich<br />
nicht über Nacht aufarbeiten. Aber wir<br />
können jetzt – auch durch Mitwirken<br />
unserer Militärvertretung in Brüssel –<br />
die Basis für Verbesserungen in den<br />
kommenden Jahren und Jahrzehnten<br />
legen und das machen wir auch.“<br />
FOTO : B U N D E S H E E R / K R E I B I C H<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
Von 16. Mai bis 28. Oktober <strong>2018</strong><br />
Schutz<br />
Das Österreichische<br />
& Hilfe<br />
Bundesheer<br />
1955 – 1991<br />
Das Österreichische Bundesheer<br />
www.hgm.at<br />
Sonderausstellung<br />
»Schutz & Hilfe«<br />
1955–1991
0 5 4 H E E R & M E H R<br />
„Die Pferde können<br />
Lasten von bis zu 100<br />
Kilogramm tragen<br />
und pro Tag bis zu<br />
50 Kilometer<br />
zurücklegen.“<br />
Tragtierführer Christopher Bartha<br />
DER<br />
HERR DER<br />
TRAGTIERE<br />
Lastenpferde sind bei militärischen Einsätzen im Hochgebirge aller Technik<br />
zum Trotz immer noch unverzichtbar. Warum das so ist, erklärt Tragtierführer<br />
Christopher Bartha vom Tragtierzentrum Hochfilzen.<br />
Text: HANS SCHNEEWEISS Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
T R U P P E N B E S U C H<br />
INTERVIEW<br />
„Mein Pferd und ich sind<br />
ein eingespieltes Team!“<br />
PFLEGE Die richtige Pferdepflege und Haltung der<br />
Tiere und vor allem die Kontrolle der Pferdehufe gehören<br />
zum täglichen Arbeitsaufwand eines Tragtierführers. Ab<br />
und zu gibt es fürdie Tiere auch eine Wellnesseinheit im<br />
Solarium (siehe Bild ganz unten).<br />
Christopher Bartha leistet seinen<br />
Grundwehrdienst im Tragtierzentrum<br />
Hochfilzen. Im Gespräch mit Militär<br />
Aktuell erzählt der Tragtierführer über<br />
seine Aufgaben und wie Einsätze im<br />
Hochgebirge ablaufen.<br />
Herr Bartha, wie wird man Tragtierführer<br />
beim Bundesheer?<br />
Grundvoraussetzungen sind neben dem<br />
Interesse an der Arbeit mit Pferden auch<br />
körperliche Leistungsfähigkeit, Durchhaltefähigkeit<br />
und Fürsorge. Ich persönlich<br />
habe bei der Stellungskomission den<br />
Wunsch geäußert, Tragtierführer werden<br />
zu wollen, weil ich gerne in der Natur bin<br />
und mit Tieren gut umgehen kann.<br />
Was sind ihre wichtigsten Aufgaben?<br />
Die wichtigste Aufgabe ist das Führen des<br />
Tragtieres in schwierigem Gelände bei einem<br />
Einsatz. Dazu gehört natürlich auch,<br />
dass ich mein Pferd betreue – es pflege,<br />
füttere oder seinen Stall ausmiste. Mein<br />
Pferd und ich sind ein eingespieltes Team.<br />
Wie werden die Tragtiere eingesetzt?<br />
Tragtiere werden vor allem für die<br />
Verbringung von Lasten in unwegsamen<br />
Gelände eingesetzt. Sie tragen bis zu<br />
100 Kilogramm Zusatzlast und können<br />
bis zu 50 Kilometer pro Tag zurücklegen.<br />
Dabei sind tägliche Einsatzzeiten bis zu<br />
16 Stunden möglich.<br />
Wie läuft so ein Einsatz ab?<br />
Nach dem Verlegen der Tiere in den Einsatzraum<br />
mit dem eigenen Pferdetransporter<br />
werden die Pferde auf den Einsatz<br />
vorbereitet. Dazu werden sie gesattelt und<br />
anschließend bekommt jedes Tragtier<br />
vom Kommandanten eine Traglast zugewiesen.<br />
Über die Art und das Gewicht der<br />
Traglasten und somit die Belastung für<br />
die Tiere entscheidet der Kommandant<br />
des Tragtierelementes. Dabei orientiert er<br />
sich vor allem an der Marschstrecke im<br />
Gelände – und das kann durchaus unwegsam<br />
sein. Tragtiere können auch noch auf<br />
Gebirgssteigen eingesetzt werden, auf<br />
denen Fahrzeuge keine Fahrmöglichkeit<br />
mehr haben.<br />
VON DER THEORIE ZUR PRAXIS<br />
Das Führen eines Tragtieres ist die<br />
Hauptaufgabe eines Tragtierführers.<br />
Bevor es ins Gelände geht, erfolgt<br />
die Grundausbildung am Ausbildungsplatz.<br />
ANSTRENGEND Auch das richtige<br />
Sattteln will gelernt sein – auch und<br />
vor allem weil der Sattel rund 40 Kilogramm<br />
wiegt. Dazu kommt für das<br />
Tier dann eine Last von bis zu 100 Kilogramm:<br />
Waffen, Munition, Verpflegung<br />
und andere Versorgungsgüter.<br />
Lange Einsätze fordern von den Pferden<br />
also viel Kraft und Kondition.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 5 6<br />
S I C h E R h E I T & W I R T S C h A F T<br />
DEUTSCHE PANZER FÜR<br />
UNDER<br />
Nach einer bereits 2016 erfolgten Typenentscheidung wurde die Münchener ARTEC GmbH (ein Entwicklungs- und<br />
Fertigungskonsortium von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann) nun im August von der australischen Regierung<br />
mit der Lieferung von 211 Radschützenpanzern und Infanteriekampffahrzeugen des Typs Boxer beauftragt. Ein Großteil<br />
des 2,1 Milliarden Euro schweren Auftrags wird dabei direkt in Australien „abgearbeitet“ – mit diesem Wertschöpfungsargument<br />
konnte ARTEC Rivalen wie BAE Systems und Finnlands Patria ausstechen. Gepunktet hat der Boxer laut der<br />
aus tralischen Beschaffungsbehöre außerdem mit seinem achträdrigen Fahrgestell, auf das bis zu neun austauschbare<br />
Missionsmodule aufgesetzt werden können. Das australische Beschaffungsprogramm „LAND 400 Phase 2“ (Gesamtwert<br />
3,4 Milliarden Euro) umfasst neben den Fahrzeugen auch weitere Produkte von rund 40 lokalen Ausrüstern – unter<br />
anderem ferngesteuerte Waffenstationen von Zulieferer EOS und die Spähpanzer-Variante, die mit einem sogenannten<br />
„Lance-Turm“ mit 30-mm-Kanone ausgestattet wird (siehe Bild).<br />
IM FOKUS<br />
DER KONZERN<br />
IM ÜBERBLICK<br />
5.500<br />
Mitarbeiter<br />
705 Mio. Euro<br />
Umsatz (2015)<br />
Top-Produkte<br />
Marineschiffe, u. a.<br />
Flugzeugträger, Zerstörer,<br />
Fregatten und<br />
U-Boote (Galicia)<br />
NAVANTIA GRUPPE<br />
Als bislang größter Einzel-Exportauftrag an spanische Schiffswerften gilt der jüngst rechtswirksam<br />
gewordene Auftrag des Königreichs Saudi-Arabien an die Staatsfirma Navantia über fünf Korvetten vom<br />
Typ Avante 2200. Noch heuer begonnen,<br />
sollen bereits 2022 alle fünf Korvetten übergeben<br />
und in Dienst gestellt sein. Im Auftrag<br />
inkludiert ist auch eine fünfjährige LCC-Unterstützung<br />
ab Erst-Auslieferung. Die 100<br />
Meter langen Schiffe mit 6.500 Kilometern<br />
Reichweite (bei 18 Kn/33 km/h, Spitze 25<br />
Kn/46 km/h) verdrängen je rund 2.500 Tonnen<br />
und sind mit 76-mm- beziehungsweise<br />
30-mm-Kanonen sowie acht bis 16 vertikalen<br />
Zellen für Flugkörper bewaffnet. Hangar<br />
und Flugdeck sind für einen Helikopter mit<br />
bis zu 10 Tonnen ausgelegt.<br />
FOTO S : h E R ST E L L E R , G E O R G M A D E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
„PRÄZISER UND GÜNSTIGER“<br />
DANIEL<br />
EMONTS<br />
ist Sales &<br />
Marketing<br />
Director bei<br />
der belgischen<br />
Thales-Tochter<br />
FZ in Herstal.<br />
Der französische Konzern Thales hat<br />
bei seinem belgischen Munitionszweig<br />
FZ in Herstal eine einzeln lasergesteuerte<br />
Version der bekannten 70 mm ungelenkten<br />
Salvenrakete zur Serienreife gebracht.<br />
Wir haben mit FZ Sales & Marketing<br />
Director Daniel Emonts über die Innovation<br />
und ihre Vorteile gesprochen.<br />
Herr Emonts, jeder Militärinteressierte<br />
kennt seit Vietnam die spektakulären<br />
Salven aus den Behältern mit den vielen<br />
Löchern. Sollen nun diese sogenannten<br />
„Hydra-Raketen“ abgelöst werden?<br />
Nein, nicht abgelöst. Aber sie sollen ergänzt,<br />
intelligenter und sparsamer werden.<br />
Die FZ275-LGR-Rakete hat nun einen<br />
eingebauten Lasersucher, der auf bis zu<br />
sechs Kilometer einen speziell codierten<br />
Laserpunkt erkennen und erfassen kann,<br />
der von einem damit markierten Ziel reflektiert<br />
wird. Dieses kann entweder vor<br />
dem Abfeuern, nach dem Start oder sogar<br />
von einer externen, dritten Quelle, wie einem<br />
Soldaten auf dem Boden oder einer<br />
anderen Flugplattform wie etwa einer<br />
Drohne, markiert werden. Diese Vielseitigkeit<br />
bietet dem Hubschrauber eine<br />
weitaus größere Überlebensfähigkeit und<br />
die Fähigkeit zum echten Präzisionsangriff<br />
auf ein Ziel aus der Distzanz, ohne<br />
sich in den Bereich von feindlicher Rohr-<br />
Flugabwehr oder Ein-Mann-Flugabwehr<br />
(Anm.: Manpads) begeben oder zu lang<br />
darin verweilen zu müssen.<br />
Welche Voraussetzungen benötigt das<br />
Flugzeug oder der Hubschrauber dafür?<br />
Die meisten der heute auf Hubschraubern<br />
üblichen und zurüstbaren Sensoren beinhalten<br />
einen Lasermarkierer. Außerdem<br />
braucht es ein Helmvisier wie unser Scorpion-System.<br />
Die gelenkte Version ist kompatibel<br />
mit unseren seit Jahrzehnten mit<br />
mehr als 2.000 Stück weltweit verbreiteten<br />
Behältern. Die gibt es in drei verschiedenen<br />
Größen: 7-, 12- oder 19-Rohr, mit Interface/Schnittstelle<br />
für die verschiedensten<br />
Plattformen. Also für Kampf- oder<br />
leichte Unterstützungsflugzeuge, Hubschrauber,<br />
UAVs, Landfahrzeuge und Patrouillenboote.<br />
Gelenkte und ungelenkte<br />
Versionen können in einem Behälter je<br />
Aufklärungslage gemischt geladen und<br />
selektiv ausgewählt werden.<br />
Wie sieht es mit der Ersparnis beziehungsweise<br />
der Effizienz aus?<br />
Zur Bekämpfung von Pick-ups, leicht gehärteten<br />
Fahrzeugen, Flugabwehr-Stellungen,<br />
Radars, Kommunikationsstellen,<br />
abgestellten Flugzeugen oder Hubschraubern,<br />
kleineren Schiffen und Schnellbooten,<br />
Kämpfern in unbefestigten Häusern<br />
oder Scharfschützen sind keine großen<br />
Luft-Boden-Flugkörper notwendig. Die<br />
lasergelenkte 7-cm-Raktete dürfte für<br />
95 Prozent der Ziele im Hubschraubersegment<br />
ausreichen und sie kostet nur<br />
rund 10.000 Euro im Vergleich zur rund<br />
100.000 Euro teuren Hellfire.
0 5 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
GAME OF<br />
DRONES<br />
Text: GEORG MADER<br />
Der Tod kommt von oben: Der Einsatz von<br />
Überwachungs- und Angriffsdrohnen hat die<br />
moderne Kriegsführung revolutioniert. Längst<br />
gelten die unbemannten Systeme als das<br />
Herzstück des „war on terror“ und als<br />
entscheidende Komponente in militärischen<br />
Auseinandersetzungen.<br />
D<br />
er Bericht eines pakistanischen<br />
Untersuchungsausschusses<br />
zur Tötung von Osama<br />
bin Laden enthält<br />
ein spannendes, auf<br />
den ersten Blick aber unscheinbares<br />
Detail: Demnach betrat und verließ der<br />
Terrorpate sein Versteck in Abbottabad<br />
in der pakistanischen Provinz Khyber<br />
Pakhtunkhwa nie ohne Cowboyhut.<br />
Gut könnte man meinen, warum soll<br />
jemand, der bewusst den Tod so vieler<br />
Menschen verursacht hat, nicht trotzdem<br />
auf modische Details achten. Aber:<br />
Seinen Hut trug bin Laden nicht aus<br />
optischen Gründen, vielmehr wollte er<br />
sich damit schützen. Und zwar vor den<br />
über ihm vermuteten US-Drohnen (siehe<br />
Begriffsdefinition). Bin Laden wollte<br />
vermeiden, dass ihn die unbemannt<br />
fliegenden Systeme identifizieren und<br />
gefährlich werden können. Wie wir<br />
heute wissen, ist ihm das nur bedingt<br />
gelungen. Die Anekdote zeigt aber, wel-<br />
che Bedeutung Drohnen mittlerweile<br />
für die militärische Aufklärung und<br />
Kriegsführung haben – und sei es nur,<br />
weil sie durch ihre Präsenz eine Verhaltensänderung<br />
bei feindlichen Truppen<br />
und Terrorverdächtigen erzeugen, die<br />
sich dadurch noch mehr im Verborgenen<br />
halten müssen und weniger offen<br />
agieren können. Kein Wunder daher,<br />
dass die Zahl der Drohnenmodelle und<br />
der produzierten Stückzahlen ebenso<br />
wie die Zahl ihrer Einsätze seit Jahren<br />
stark ansteigen. Der größte Anteil dabei<br />
entfällt auf Aufklärungsdrohnen, deren<br />
Bandbreite von Geräten groß wie eine<br />
Boeing-737 (beispielsweise die MQ-4<br />
Global Hawk) mit 40 Stunden Einsatzzeit<br />
hoch über dem kommerziell genutzten<br />
Luftraum reicht, bis hin zu am<br />
Gürtel getragenen Mini-Drohnen (etwa<br />
Black Hornet) mit 30 Minuten Aufklärungszeit<br />
über dem nächsten Dorf oder<br />
Hügel als Spähtrupp-Ersatz. Graduell<br />
allen Systemen gemein ist die Eigenschaft,<br />
eigenen Truppen vitale Informationen<br />
über Bedrohungen zu liefern –<br />
wenn auch nicht immer in Echtzeit,<br />
so doch zumindest „zeitverzugsarm“.<br />
Gerade einmal 20 Prozent des weltweiten<br />
Drohnen-Spektrums gelten wie die<br />
MQ-9 Reaper als bewaffnungsfähig und<br />
können zu Luft-Boden-Einsätzen herangezogen<br />
werden – was öffentlich viel<br />
diskutiert wird. Das liegt einerseits an<br />
den mit den Systemen durchgeführten<br />
außergerichtlichen Tötungen von Terrorverdächtigen<br />
durch die CIA oder<br />
Israel, andererseits aber auch an den<br />
zahlreichen zivilen Opfern infolge von<br />
Drohnenangriffen, die beispielsweise<br />
durch Fehler in der Zielaufklärungsund<br />
Verfolgungskette passieren. Die<br />
aktive und überraschende Bekämpfung<br />
von Bodenzielen ist allerdings nur möglich,<br />
wenn die Geräte entweder unbemerkt<br />
(weil so klein, leise oder dank<br />
Stealth-Eigenschaften für konventionelles<br />
Radar nur schwer zu orten) oder unerreichbar<br />
(weil so hochfliegend) blei-<br />
FOTO S : H E R ST E L L E R<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
D R O H N E N<br />
Drohnen im eigentlich Sinn sind Roboter, deren simple Bestimmung es ist, nach einem programmierten Flugprofil<br />
als Übungsziele abgeschossen zu werden. In den vergangenen Jahren hat sich die Bezeichnung aber fälschlicherweise<br />
auch als Sammelbegriff für viele kommerziell verfügbare und eingesetzte Modelle eingebürgert, im Detail<br />
wird dabei zwischen UAS (Unmanned Air Systems) und UCAV (Unmanned Combat Air Vehicle) unterschieden.<br />
Großes Bild: Die hochfliegende Aufklärungsund<br />
Zielmarkierungsplattform Guizhuo Soar<br />
Dragon. Kleine Bilder ( v. o. n. u): BAE-Konzept<br />
einer Stealth-Angriffsdrohne, die Northrop X-47B<br />
landet automatisch auf Flugzeugträger und Start<br />
von Israels Kamikaze-Roboter IAI-Harop.<br />
ben. Auf ihren Einsatz kann ein lokaler<br />
Kommandant außerdem nur dann bauen,<br />
wenn seine Kräfte eigene Luftüberlegenheit<br />
haben, was bei westlichen Armeen<br />
in nahezu allen Einsatzgebieten<br />
der vergangenen Jahrzehnte der Fall<br />
war. Die Luftwaffen hatten dabei entweder<br />
keinen ernst zu nehmenden<br />
Luftgegner zu fürchten oder konnten<br />
ein mehr oder weniger integriertes<br />
Luftverteidigungssystem gleich zu<br />
Beginn eines Konflikts ausschalten.<br />
Gegen funktionierende Luftabwehr<br />
(wenn sie nicht elektronisch gestört<br />
werden kann) sind die meist von Operateuren<br />
in weit entfernt liegenden Flugzentralen<br />
gesteuerten Drohnen gleich<br />
welcher Hersteller nahezu hilflos. Denn<br />
die entweder wegen ihres Propellerantriebs<br />
oder weil überwiegend im Unterschallbereich<br />
sich bewegenden UAS<br />
und UCAVs geben eine gute Radarsignatur<br />
ab und erlauben keine abrupten<br />
Manöverlastwechsel oder Steigleistungen.<br />
Abschüsse wie jener einer georgischen<br />
Heron-Drohne israelischer Bauart<br />
vor einigen Jahren sind für moderne<br />
Kampfjets daher keine große Herausforderung.<br />
Die Heron filmte eine anfliegende<br />
russische MiG-29 und deren auf<br />
sie gestartete R-73-Lenkwaffe hochauflösend<br />
– bis das Bild ausfiel. Ähnlich<br />
erging es den österreichischen Schiebel<br />
Camcopter, die im OSZE-Einsatz in<br />
der Ukraine ein Opfer ganz traditioneller<br />
23-mm-Zwillingsflak wurden.<br />
Diese Umstände sind es auch, die<br />
Drohnen in absehbarer Zeit zu keinem<br />
vollwertigen Ersatz für Kampfflugzeuge<br />
werden lassen. Als Angriffselement (gegen<br />
Bodenziele) können und werden<br />
sie die Jets im Datenverbund mehr und<br />
mehr ergänzen und deren Wirkungskreis<br />
erweitern, ein Einsatz gegen andere<br />
unbemannte und schon gar nicht gegen<br />
bemannte Luftgegner ist aber vorerst<br />
keine Option, wie auch General<br />
(ret) Dave Daptula bestätigte, der viele<br />
Jahre lang als Drohnenpapst der USAF<br />
galt: „Das sind Hollywood-Fantasien!<br />
Es ist kein Sensor beziehungsweise keine<br />
Rechenleistung erkennbar, die das<br />
Hirn, die Situationsübersicht und die<br />
Beurteilungsfähigkeit eines gut trainierten<br />
Fighter-Jockeys ersetzen kann.<br />
Dazu bedarf es künstlicher Intelligenz,<br />
an der auch bereits massiv geforscht<br />
wird. Um den Grad von deren zugelassenem<br />
Anteil stellen sich dann in erster<br />
Linie ethische und moralische Fragen,<br />
die politisch und nicht technisch beantwortet<br />
werden müssen. Aber das ist<br />
noch auf etliche Jahre nicht zu erwarten,<br />
alle Hersteller betonen stets die unabdingbare<br />
menschliche Komponente.“<br />
Wohl gibt es laufende und auch bereits<br />
fliegende Bestrebungen, Kampfdrohnen<br />
mit geringerer Signatur zu entwickeln,<br />
die sich auch in umkämpften<br />
Lufträumen einsetzen lassen. Solche<br />
Projekte sind <strong>aktuell</strong> aber entweder<br />
noch im Prototpyen- und Testträgerstadium<br />
(wie beispielsweise BAEs<br />
Taranis oder Dassaults nEURON) oder<br />
überhaupt nur Plastikmodelle, Computer-<br />
oder Luftpinselimpressionen wie<br />
die im April in Berlin auf den Weg gebrachte<br />
deutsch-französische EURO-<br />
MALE. In den USA wurde aus dem<br />
UCLASS-Programm einer geplanten<br />
von Flugzeugträgern operierenden<br />
Stealth-Angriffsdrohne (die auch schon<br />
mal autonom Landeanflüge abbrach<br />
und an Land zurückkehrte, wenn Anflugparameter<br />
und Wind nicht stimmten)<br />
eine am 31. August an Boeing vergebene,<br />
katapultgestartete und autonom<br />
landende Tankstellendrohne. In<br />
500 Kilometer Entfernung vom Träger<br />
fliegend sollen diese MQ-25 Stingray<br />
den Radius der Trägerflugzeuge verdoppeln.<br />
Alle Anstrengungen – gleich<br />
ob für lange Reichweiten in großen (abgekürzt<br />
HALE) oder mittleren Höhen<br />
(MALE) oder für potenzielle Tiefflugangriffe<br />
von Stealth-Geräten (UCAVs)<br />
– betreffen <strong>aktuell</strong> ausschließlich das<br />
Eindringen und den Angriff mit gelenk-<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 6 0 s I c h e r h e I t & W<br />
I<br />
r t s c h a F t<br />
„Wir sind keine Xbox-Krieger!“<br />
Wie sieht der Alltag jener Männer und Frauen aus, die an ihren Bildschirmen<br />
mit Sidestick, Tastatur und Breitband-Sat Einsätze in mehr als 10.000 Kilometer<br />
Entfernung fliegen? Militär Aktuell hat mit einem Reaper-Operateur der<br />
USAF über sein oft monotones Tagesgeschäft gesprochen. interview: GeOrG maDer<br />
anzeichen für hinterhalte frühzeitig zu<br />
erkennen oder sprengfallen aufzuspüren,<br />
die an unterschiedlich hellen streifen<br />
sand und erde zu erkennen sind.<br />
die allermeiste Zeit beobachten wir<br />
deshalb siedlungen, unsere eigenen<br />
truppen, wir überwachen die durchsuchung<br />
eines Viertels oder eines<br />
Blocks – allerdings stets mit höchster<br />
aufmerksamkeit.<br />
Gemäß US-Vorschriften zur Operationssicherheit dürfen wir an dieser Stelle den Namen unseres<br />
Gesprächspartners (Dienstgrad: Hauptmann, Dienstort: Creech/Nevada) nicht nennen.<br />
Von Reaper-Operateuren wird oft<br />
ein finsteres Bild als eiskalte technokrieger<br />
gezeichnet. inwieweit entspricht<br />
dieses Bild der realität?<br />
Wir kennen diese Bilder natürlich, aber<br />
sie entsprechen in keinem Fall der realität.<br />
Ich selbst habe fast 5.000 stunden<br />
lang Flugerfahrung mit UaVs,<br />
davon waren aber nur etwa 90 stunden<br />
echte Kampfeinsätze. mit unserer<br />
darstellung in hollywood als Xbox-<br />
Krieger hat die realität nichts zu tun.<br />
Wir nutzen zwar auch spielecomputer,<br />
aber nur während unserer ausbildung<br />
an einer mock-Bodenstation als szenariohintergrund.<br />
Bei uns habe ich noch<br />
niemanden getroffen, der realität und<br />
shooter-spiel nicht auseinanderhalten<br />
konnte. Im Gegenteil, etlichen war und<br />
ist die emotionale spange im Kopf, das<br />
an- und abschalten zu groß. Zuerst<br />
Kinder zur schule bringen, dann in den<br />
stützpunkt fahren‚ bärtige männer mit<br />
AK-47 in toyotas am anderen ende der<br />
Welt beobachten und vielleicht töten<br />
und dann um 17.00 Uhr wieder mit der<br />
Family einkaufen gehen und sich an<br />
der Kasse brav anstellen, ist ein<br />
schwieriger spagat. den schafft nicht<br />
jeder. Immer wieder gibt jemand deshalb<br />
seine Funktion als UaV-driver auf.<br />
Welche missionen machen den<br />
Hauptbestandteil ihrer arbeit aus?<br />
oft oberservieren wir tage- oder wochenlang<br />
eine anlage im land X. Wenn<br />
ich zu Beginn der arbeitsschicht die<br />
Kopfhörer aufsetze, sehe ich daher oft<br />
genug dasselbe Bild wie am tag zuvor.<br />
Und wird es doch einmal ernst, gibt es<br />
oft keine Feuererlaubnis, weil Unbeteiligte<br />
oder angehörige zu dicht am Geschehen<br />
sind. Natürlich wissen unsere<br />
Gegenüber das auch und umgeben<br />
sich selbst beim anlegen von hinterhalten<br />
mit Kindern und Frauen. In solchen<br />
Fällen müssen wir warten, bis sie<br />
vielleicht einen Fehler machen und wir<br />
Feuerbefehl bekommen.<br />
also gehen Sie die überwiegende<br />
Zeit reinen routinetätigkeiten nach?<br />
routine darf es niemals werden, weil<br />
es bei uns auch immer darum geht, die<br />
eigenen truppen oder alliierte zu<br />
schützen. Zu 90 Prozent sind wir mit<br />
Überwachungs- und aufklärungsaktivitäten<br />
beschäftigt, um beispielsweise<br />
inwieweit gehören die kolportierten<br />
ferngesteuerten tötungen terrorverdächtiger<br />
ohne vorherige anklage<br />
und Gerichtsverfahren zum Geschäft?<br />
das ist die Befehlskette anderer Behörden.<br />
Zwar nutzen diese bisweilen<br />
UsaF-Geräte, aber sowohl in deren<br />
entscheidungsfindung sowie dann in<br />
ihrer Umsetzungsphase sind wir „ausgeblendet“.<br />
Überhaupt ist das alles<br />
sehr fragmentiert, der Jtac (Anm.: Joint<br />
Terminal Attack Controller), der unseren<br />
Waffeneinsatz autorisiert, kann<br />
überall sitzen. hier bei uns oder tausende<br />
Kilometer entfernt vor ort.<br />
Woher kommen die Drohnenpiloten,<br />
welchen Background müssen<br />
sie mitbringen?<br />
die rekrutieren sich aus allen Bereichen:<br />
es sind ehemalige Jagdflieger<br />
oder transporterpiloten unter uns,<br />
aber auch hubschrauberleute, die mit<br />
ihren geschulten augen oft details im<br />
Gelände oder an Gebäuden sehen, die<br />
„Jagdfliegeraugen“ nicht erkennen.<br />
ausgebildete Jagdflieger hingegen<br />
können situationen schneller verarbeiten.<br />
charakteristisch für unsere tätigkeit<br />
sind die vielen Flugstunden, die<br />
sich aus der luftaufklärung und -unterstützung<br />
ergeben: Während es F16-Piloten<br />
auf vielleicht 250 stunden im Jahr<br />
bringen, kommen wir auf rund 1.000<br />
stunden.<br />
Foto s : G e o r G m a d e r & h e r st e l l e r<br />
m i l i t ä r a k t u e l l
MQ-9 Reaper<br />
Nachfolger der MQ-1<br />
mit Turbopropantrieb.<br />
D R O H N E N<br />
MQ-1 Predator<br />
Mit diesem US-Modell<br />
begann die verbreitete<br />
Nutzung von Drohnen<br />
als Waffenplattform.<br />
Harop<br />
Die israelische Selbstmorddrohne<br />
startet mit Raketentreibladung.<br />
Eitan<br />
Das israelische Modell ist<br />
die Basis für die auch von<br />
Deutschland geleaste,<br />
bewaffnungsfähige<br />
Heron.<br />
Black Hornet Die britische Mini-<br />
Drohne wird u.a. zur Aufklärung in Gebäuden<br />
und Stiegenhäusern eingesetzt.<br />
ten Abwurfwaffen gegen gut verteidigte<br />
Boden- und Schlüsselziele. Illustriert<br />
wurde dieser Ansatz vor einigen Jahren<br />
durch das Motto der UAV-Konferenz<br />
„UMEX“ in den Arabischen Emiraten:<br />
„To kick down the door!“<br />
Wie unterschiedlich die immer wichtiger<br />
werdende Drohnen-Komponente<br />
von Militärs weltweit gesehen wird, verdeutlichen<br />
drei diametrale Zugänge aus<br />
der jüngsten Zeit: Während die EU-<br />
Verteidigungsagentur EDA für viel Geld<br />
die Kollisions- und Ausweichtauglichkeit<br />
unbemannter Geräte in Richtung<br />
der Zulassung zur Teilhabe im kontrollierten<br />
(zivilen) Luftraum vorantreibt<br />
(die italienische Firma Leonardo hat<br />
hier mit dem Testträger SKY-Y001 Pionierarbeit<br />
geleistet), stehen am anderen<br />
Ende der „Bemühungen“ Exporte der<br />
bewaffneten chinesischen Predator-Kopien<br />
CH-3 und CH-4 in Länder wie Nigeria,<br />
Saudi-Arabien oder Ägypten. Zu<br />
einer eigenen Kategorie entwickeln sich<br />
parallel dazu Kamikaze-Drohnen, die<br />
sich während des Überwachungsauftrages<br />
selbst in ein Ziel stürzen und an der<br />
Kontaktlinie<br />
des Karabach-Konflikts<br />
in Form einer<br />
israelischen IAI Harop<br />
durch Aserbaidschan<br />
auch bereits<br />
zum Einsatz kam. Die<br />
dortigen Generäle<br />
zeigten sich gegenüber<br />
dem Autor von Präzision<br />
und Wirkung „begeistert“, die<br />
Entwicklung weiterer Kamikaze-Typen<br />
ist längst im Gange.
0 6 2 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
DIE<br />
ARTILLERIE<br />
ALTERNATIVE<br />
Mit dem neuen 120-mm-Werferautomaten SRAMS sorgen<br />
Hirtenberger Defence Systems und ST-Engineering für eine schlagkräftige<br />
und zugleich rasch verlegbare Feuerunterstützung. Text & Foto: GEORG MADER<br />
S<br />
chwere Granatwerfer<br />
sind für viele Armeen<br />
mittlerweile eine akzeptable<br />
Alternative<br />
zu klassischen Artilleriegeschützen, die<br />
immer öfter selbstfahrend aufgebaut<br />
werden und dadurch in der Beschaffung<br />
langwierig und im Ankauf teuer sind.<br />
Aktuelle Gefechtserfahrungen beispielsweise<br />
aus der Ukraine zeigen zudem<br />
den gestiegenen Nutzen kompakter<br />
Werfer, die flinke Stellungswechsel<br />
möglich machen, noch bevor der Gegner<br />
das Feuer erwidern kann. Auf der<br />
Land-Warfare-Rüstungsmesse Eurosa-<br />
tory in Paris präsentierte Hirtenberger<br />
Defence Systems (HDS) gemeisam mit<br />
ST-Engineering aus Singapur dahingend<br />
ein innovatives Nischenkonzept, das<br />
mit rot-weiß-roten Wirkmitteln eine<br />
schlagkräftige Feuerunterstützung erlaubt:<br />
den durchaus futuristisch anmutenden<br />
120-mm-Werferautomaten<br />
SRAMS (kurz für Super Rapid Advanced<br />
Mortar System).<br />
Über HDS’ Niederlassung in Großbritannien<br />
soll im Rahmen einer Produktpartnerschaft<br />
der den Asiaten sonst<br />
schwer zugängliche europäische Markt<br />
eröffnet werden, wobei Feuerkontrollsystem<br />
und drei bereits in Europa zugelassene<br />
Munitionsarten von den Österreichern<br />
kommen. Darunter neben<br />
Rauch-, Leucht- oder IR-(Fallschirm-)<br />
Grananten auch die neue hochexplosive<br />
Version HE Confrag Mk. 3, mit 60 Prozent<br />
erhöhter Splitterwirkung. Confrag<br />
wird auch für die 60- und 81-mm-<br />
Werfer angeboten.<br />
Kernidee hinter dem Kooperationskonzept<br />
ist, dass durch die ausgeklügelte<br />
Rückstoßdämpfung des SRAMS das<br />
Feuern aus diversen bereits am Markt<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
W E R F E R A U T O M A T S R A M S<br />
EINFACHE BEDIENUNG Das SRAMS-System ist unkompliziert<br />
zu bedienen und erlaubt bis zu zehn Schuss pro<br />
Minute. Hier wird das Entfernen einer Granate über die<br />
Mündung demonstriert, sollte der Werfer unklar werden.<br />
erhältlichen und in Streitkräften eingeführten<br />
Rad- oder Kettenfahrzeugen<br />
möglich wird. Laut HDS-Marketingleiter<br />
Carsten Barth genügen dafür wie<br />
beispielsweise bei STs Erstexportkunden<br />
VAE (mit lokaler Munition) bereits<br />
4×4-Plattformen wie RG31. Denkbar<br />
wäre die Verwendung laut Barth aber<br />
auch auf „Hägglund-artigen Fahrzeugen“,<br />
sowie auf sämtlichen 6×6- und<br />
8×8-Mehrzweckrad- beziehungsweise<br />
Kettenfahrzeugen. Somit entfällt – anders<br />
als bei selbstfahrender Artillerie –<br />
der budgetäre und logistische Aufwand<br />
der Beschaffung eines eigenen oder zusätzlichen<br />
Fahrzeuges.<br />
Das vollelektronische Feuerleitsystem<br />
mit Komponenten von Rockwell-Collins<br />
ermöglicht einen völlig autonomen<br />
Einsatz des Effektors und eröffnet mehrere<br />
Einsatzvarianten. Die computerunterstützte<br />
Feuerleitung richtet das Rohr<br />
automatisch auf die vom vorgeschobenen<br />
Beobachter – der mit seinem<br />
Handheld-Gerät im Gelände, auf einem<br />
anderen Fahrzeug oder künftig auch in<br />
einem Hubschrauber sein kann – markierten<br />
Ziele, bis zu einer Entfernung<br />
von 9.000 Metern. Das System inkludiert<br />
unter anderem eine Laserzielerfassung,<br />
ein GPS-Navigationssystem und<br />
eine digitale Landkarte.<br />
Wie in Paris im Frühjahr angekündigt,<br />
fanden seither von HDS vermittelte<br />
Schussversuche sowie -nachweise<br />
statt, die für das ST-Team um Chef -<br />
ingenieur James Teow Soon Ng und<br />
General Manager Chor Kiat Tan sonst<br />
in Europa nur schwer zu organisieren<br />
gewesen wären. Ende September erhielt<br />
das Team auch die Möglichkeit<br />
zu einem „Live Fire“ am Bundesheer-<br />
Schießplatz Felixdorf des Amtes für<br />
Rüstung und Wehrtechnik. Dazu sagten<br />
sich auch Militärs und Behördenvertreter<br />
aus mehreren potenziellen<br />
Exportländern (Deutschland, Litauen,<br />
Estland oder Slowenien) an – auch<br />
Militär Aktuell war dabei.<br />
Aufgrund der hohen Sicherheitsauflagen<br />
durfte in Felixdorf aber nur die<br />
(blaue) Trainingsmunition mit entsprechend<br />
kleiner Zielmarkierungsladung<br />
eingesetzt werden. Die kleinen grauen<br />
Wölkchen in – je nach Rohrwinkelstellung<br />
– verschiedener Entfernung waren<br />
leider kaum zu sehen. Eindrucksvoll<br />
hingegen die rasche Schussfolge<br />
von bis zu zehn Granaten pro Minute<br />
und die schlau konstruierte Ladeschlittenmechanik,<br />
welche die Munition in<br />
Sekunden über das samt doppeltem<br />
Mündungsdiffuser 2,1 m lange Rohr<br />
hebt und von vorne einsetzt.
0 6 4 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />
MEHR<br />
Die Entscheidung ist gefallen: Spät, aber doch leitet Österreich die Beschaffung<br />
von zwölf neuen Mehrzweckhubschraubern als Ersatz für die Alouette III ein. Ein<br />
möglicher Kandidat ist der H145M von Airbus Helicopters. Text & Foto: GEORG MADER<br />
Nach jahrelanger Verschleppung<br />
wurde mit<br />
dem Ministerratsbeschluss<br />
vom 22. August<br />
nun offenbar endlich<br />
der Weg zur Ausschreibung<br />
von zwölf leichten Mehrzweckhubschraubern<br />
als Ersatz für die Alouette<br />
III geebnet. Um die überfällige<br />
Neubeschaffung werden sich wohl<br />
drei Hersteller bewerben, darunter –<br />
den Querelen rund um den Eurofighter<br />
zum Trotz – auch die Airbus-Tochter<br />
Airbus Helicopters mit dem H145M.<br />
Obwohl seine Mi-8 und Mi-17 nicht<br />
ganz an das Alter der Alouette III heranreichen,<br />
hat Ungarn erst am 29. Juni<br />
die Bestellung von 20 Stück des gerade<br />
noch in die Kategorie „Leichter Mehrzweckhubschrauber“<br />
fallenden H145M<br />
um rund 260 Millionen Euro bekannt<br />
gegeben. Als Teil des Geschäfts wurde<br />
dem Hersteller im Sommer die Nutzung<br />
des Bakony-Truppenübungsplatzes<br />
nördlich des Balaton für Scharfschieß-Demonstrationen<br />
ermöglicht, zu<br />
denen neben Militärdelegationen aus<br />
einem Dutzend potenzieller Kundenländer<br />
– darunter Österreich – auch<br />
Militär Aktuell eingeladen war.<br />
Kernstück der gezeigten „Militarisierung“<br />
des aus dem BK-117 (von MBB<br />
und Kawasaki) und dem (bis 2015)<br />
Eurocopter EC-645 hervorgegangenen<br />
H145M ist das modular zurüstbare Bewaffnungspaket<br />
Hforce. Es wird in vier<br />
Optionen angeboten: Option 0 sieht<br />
die volle Einbauvorbereitung und Verkabelung<br />
für eine Bewaffnung vor, ist<br />
aber zunächst unbewaffnet. Option 1<br />
inkludiert ein einäugiges Helmvisier<br />
(für den Piloten) und Behälter für<br />
12,7-mm-üsMG (FH-Herstal), 20-mm-<br />
Kanone (Nexter) und ungelenkte 68-<br />
beziehungsweise 70-mm-Raketen (Thales).<br />
Option 2 baut auf Option 1 auf,<br />
ergänzt um einen elektrooptischen Sensor<br />
Wescam MX15, der den Waffeneinsatz<br />
auch durch den zweiten Piloten erlaubt<br />
und die Situationsübersicht auch<br />
auf den drei Farbdisplays des Helionix-<br />
Cockpits wiedergibt. Option 3 erweitert<br />
das Paket schließlich um lasergelenkte<br />
FZ275-70-mm-Raketen (aus dem<br />
selben Behälter wie die ungelenkten,<br />
auch gemischt) sowie echten Panzerabwehrlenkwaffen<br />
(wie Hellfire-Klasse).<br />
Ungarn hat die stärkste Option 3 gewählt,<br />
Serbien in seiner ebenfalls kürzlich<br />
erfolgten Beschaffung von neun<br />
Stück die Option 2. Basierend auf der<br />
österreichischen Informationseinholung<br />
(RFI) 2017 meint man bei Airbus mit<br />
dem H145M ziemlich richtig zu liegen.<br />
Aber gegen ihn werden mit dem Bell-<br />
Textron B429 sowie dem Agusta Westland<br />
(nun Leonardo) AW109 Trekker<br />
(mit Kufen) zwei ebenfalls top-moderne,<br />
wenn auch um rund eine Tonne<br />
kleinere Geräte antreten. Zudem sollen<br />
die neun Stück der österreichischen<br />
S-70 Black Hawk-Flotte um drei gebrauchte<br />
aufgestockt werden – nachvollziehbar,<br />
wenn man die geringere<br />
Lufttransportkapazität der geplanten<br />
zwölf neuen Mehrzweckhubschrauber<br />
mit den zuletzt 21 Alouette vergleicht.<br />
Angesprochen auf den im Rahmen<br />
eines Katastrophenschutzpaketes<br />
angestrebten Helikopterankauf meint<br />
Verteidigungsminister Mario Kunasek:<br />
„Selbstverständlich kann dieses militärische<br />
Gerät neben Katastropheneinsätzen<br />
auch für klassische militärische<br />
Zwecke eingesetzt werden.“<br />
Der Waffeneinsatz des H145M wirkte in<br />
Bakony aufgrund der großen Distanz<br />
(Sicherheitsgründe) übrigens mehr<br />
optisch denn akustisch. Interessant<br />
war allerdings der gleichzeitige Ausstoß<br />
von Täuschkörpern (Flares) aus den<br />
Bechern an den vier Kufenenden und<br />
die Erkenntnis, dass sich der H145M<br />
überraschend geräuscharm bewegt.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
SPEZIAL-UHR<br />
In der Herstellung von Fliegerchronographen hat die Marke Hanhart<br />
aus dem südlichen Schwarzwald eine lange Historie. Die Neuaufstellung<br />
des ö?sterreichischen Kommando Luftstreitkrä?fte im Jahr 2017 inspirierte<br />
das Bundesheer, mit Hanhart eine limitierte Sonderedition<br />
zu gestalten. Ö?sterreichs Militä?rpiloten und Techniker haben als Resultat<br />
davon erstmals eine gemeinsame Uhr mit dem Wappen der<br />
Luftstreitkrä?fte – einem fliegenden Adler auf der rot-weiß-roten Flagge.<br />
Generalmajor Karl Gruber, oberster Befehlshaber der Luftstreitkrä?fte,<br />
zur Primus Austrian Air Force Pilot: „Die Uhr ist eine Symbiose aus<br />
Technik, Prä?zision und Liebe zum Detail – eigentlich wie bei uns bei<br />
den Fliegern.“ Erhältlich ist der auf 100 Stück limitierte Chonograph<br />
in drei verschiedenen Geha?use- und Armbandvarianten.<br />
SPEZIAL-HANDSCHUHE<br />
Nach dem Sieg im vergangenen Jahr konnten die österreichischen<br />
Teilnehmer an der „Strong Europe Tank Challenge“ in diesem Jahr<br />
mit Platz 3 bekanntermaßen erneut einen Spitzenrang erreichen. Dabei<br />
trugen die österreichischen Soldaten gemeinsam mit Hersteller<br />
ESKA entwickelte Spezial-Handschuhe. „Unser Ladenschützenhandschuh<br />
ist an der rechten Handkante Memory-verstärkt, um das Aufschlagen<br />
der Munitionshalterung in rascher Folge ohne Leistungsverlust<br />
zu ermöglichen“, so ESKA-Firmenchef Paul Loos. Der Kampfhandschuh<br />
wurde mit exakten Größen und teils langer Fingerausführung<br />
für den Bedarfsfall angepasst. „Wir sind auf die innovative<br />
Zusammenarbeit mit dem Bundesheer stolz und freuen uns, dass<br />
wir einen Beitrag zum erfolgreichen Abschneiden leisten durften.“<br />
FOTO S : H E R ST E L L E R
0 6 6 s c h l u s s p u n k t<br />
KAMPF GEGEN DEN TERROR<br />
– EIN KRIEG OHNE GRENZEN?<br />
Terroristen gezielt ausschalten und die Welt damit eine Spur friedlicher machen? Diese Rechnung<br />
geht laut Josef Alkatout nicht auf. Der in Süddeutschland geborene und in Genf lebende promovierte<br />
Rechtsanwalt ist Dozent für internationales Strafrecht an verschiedenen Universitäten und<br />
nähert sich in seinem neuesten Buch Ohne Prozess – Die Entrechtung unserer Feinde im Kampf gegen<br />
den Terror (<strong>2018</strong>, Promedia Verlag) facettenreich der Thematik. Seine Conclusio: Der Krieg gegen<br />
den Terror verfehlt seine Wirkung, fügt der abendländischen Welt sogar bleibenden Schaden zu.<br />
Bewaffnete konflikte wurden seit<br />
Menschengedenken als Extremfall<br />
angesehen und die damit<br />
einhergehende suspendierung des für<br />
gewöhnlich geschützten bürgerlichen<br />
lebens bloß als räumlich, zeitlich und<br />
personell begrenzte Ausnahme zugelassen.<br />
kriegsvölkerrecht – oder humanitäres<br />
Völkerrecht – war folglich nie für<br />
den Dauerzustand beziehungsweise<br />
eine weltumspannende Anwendung<br />
vorgesehen.<br />
Mit dem von der us-Regierung und ihren<br />
westlichen Verbündeten seit dem<br />
11. september 2001 eingeleiteten Antiterrorfeldzug<br />
hat sich diese jahrhundertealte<br />
Auslegung des Geltungsbereichs<br />
kriegsregulierender konventionen<br />
gedreht. Die Bedrohung durch<br />
den internationalen terrorismus gilt als<br />
allgegenwärtig und zeitlos und begründe<br />
eine permanente sogenannte<br />
schädigungsbefugnis der streitkräfte<br />
des okzidents. so wären nicht mehr<br />
die kriegszeiten, sondern die Friedenszeiten,<br />
sofern es sie noch geben<br />
sollte, die Ausnahme. hierbei wird insbesondere<br />
das gezielte töten von terrorverdächtigen<br />
als moderne und präzise<br />
kriegsführung dargestellt. Da Aufständische<br />
weltweit und ununterbrochen<br />
agierten, sehe sich auch westliches<br />
Militär dazu gezwungen, ständig<br />
und überall einzugreifen.<br />
Dies droht uns im kampf um die Beachtung<br />
universeller Menschenrechte jedoch<br />
in eine Zeit zurückzuwerfen, in<br />
der die obrigkeit ohne rechtsstaatliches<br />
Verfahren nach Gutdünken über<br />
leben und tod waltete. Denn der krieg<br />
gegen den terror macht nicht nur<br />
kurzen prozess mit seinen Gegnern,<br />
sondern terrorisiert in Wahrheit selber<br />
„Wer möchte schon<br />
Frieden schließen<br />
mit einem Abendland,<br />
das sich seine Regeln<br />
zurechtbiegt, wie<br />
es ihm passt?“<br />
ganze landstriche, beispielsweise<br />
in somalia und Jemen, wo sich das<br />
Abendland offiziell nicht einmal im<br />
krieg befindet. Die Zahl der relativ billigen<br />
ferngesteuerten Drohnenangriffe,<br />
welche die eigenen streitkräfte keinen<br />
nennenswerten Gefahren aussetzt,<br />
ist in den letzten Jahren explodiert. Die<br />
im nahen und Mittleren osten betroffene<br />
Zivilbevölkerung, welche ihnen<br />
kaum entfliehen kann, empfindet sie<br />
als willkürlich. Berichte über die erhebliche<br />
Anzahl an zivilen opfern sowie<br />
fehlgeleitete Einsätze entgehen dabei<br />
weder den feindlichen kämpfern noch<br />
der für unsere Anliegen durchaus empfänglichen<br />
Bevölkerung vor ort. Beiden<br />
kommt bei so viel westlicher schizophrenie<br />
jedoch auf absehbare Zeit<br />
die sympathie uns gegenüber abhanden.<br />
Denn wer möchte schon Frieden<br />
schließen mit einem Abendland, das<br />
sich seine Regeln zurechtbiegt, wie<br />
es ihm passt?<br />
Abgesehen von den langfristigen politischen<br />
Folgen, welche mit der traumatisierung<br />
ganzer landstriche des orients<br />
einhergehen, sind solche Angriffe<br />
auch juristisch bedenklich: Aufgrund<br />
ihrer heimtücke und der unverhältnismäßigen<br />
zivilen „kollateralschäden“<br />
handelt es sich völkerstrafrechtlich im<br />
prinzip um kriegsverbrechen. In ländern,<br />
mit denen sich die westlichen<br />
staaten offiziell nicht einmal im krieg<br />
befinden, müssen die in tausendfacher<br />
Anzahl und alles andere als präzise<br />
ausgeführten tötungen als Verbrechen<br />
gegen die Menschlichkeit gelten. Der<br />
weltumspannende militärische kampf<br />
gegen den terrorismus bricht das<br />
Recht, das andere zu achten haben. Er<br />
fügt der Glaubwürdigkeit der abendländischen<br />
Welt bleibenden schaden<br />
zu und macht die Welt unsicherer.<br />
Foto s : G E t t Y I M AG E s , p R I VAt<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
0 6 7 P A N O R A M A<br />
Mit den Universalgeländefahrzeugen<br />
Hägglunds<br />
schließt das Bundesheer<br />
eine Lücke im Bereich<br />
Mobilität und Transport.<br />
Erstmals stehen dem Militär<br />
damit auch im Westen<br />
Österreichs gepanzerte<br />
Fahrzeuge zur Verfügung.<br />
Text: HANS SCHNEEWEISS<br />
EIN PANZER<br />
Die österreichischen Gebirgsjäger Transport von Mannschaft und<br />
sind unbestritten Weltspitze. Als Material im Hochgebirge stellte die<br />
Lead Nation der sogenannten Truppe in der Vergangenheit aber<br />
Mountain Training Initiative bilden immer wieder vor Probleme, es<br />
sie sogar ausländische Soldaten zu fehlte an hochgeländetauglichen<br />
Heeresbergführern aus – beispielsweise<br />
aus Großbritannien, den Nie-<br />
man sich daher beim Bundesheer<br />
Fahrzeugen. Vor zwei Jahren hat<br />
derlanden oder Norwegen. Der dazu entschieden, 32 Universalge-<br />
SCHUTZ<br />
Durch seine Panzerung<br />
ist der BvS10AUT<br />
gegen den Beschuss<br />
mit Munition bis zum<br />
Kaliber 7,62 mm geschützt.<br />
Zusätzlich ist<br />
das Fahrzeug gegen<br />
Splitter, Minen, IEDs<br />
(improvised explosive<br />
device) und ABC-Bedrohungen<br />
sicher.<br />
BEWAFFNUNG<br />
Der BvS10AUT ist, wie auch etwa der Husar oder der<br />
neue Pandur, mit der WS-4 Panther Remote Controlled<br />
Weapon Station der Firma ESLAIT ausgestattet und<br />
damit mit einem 12,7 mm üsMG M2 sowie einer<br />
Mehrfachwurfanlage zum Ausstoß von 76-mm-<br />
Nebelwurfkörpern. Die Bedienung erfolgt<br />
ferngesteuert.<br />
HÖHE<br />
2,90 Meter<br />
(mit Waffenstation)<br />
AUSSTATTUNG<br />
Die Ausrüstung der<br />
Fahrzeuge wird durch<br />
anbaubare Schneepflüge<br />
sowie eine<br />
Winde – vor allem<br />
zur Selbstbergung –<br />
ergänzt. Zur Erhöhung<br />
der Transportleistung<br />
stehen noch Anhänger<br />
mit einer Nutzlast von<br />
1.500 Kilogramm zur<br />
Verfügung.<br />
BESATZUNG<br />
Im Vorderwagen sitzen Fahrer,<br />
Kommandant und der Richtschütze. Im hinteren<br />
Wagen können bis zu acht Soldaten transportiert werden.<br />
LÄNGE<br />
7,90 Meter<br />
KETTEN<br />
Durch die breiten Gummi-Ketten wird das<br />
Gewicht des Fahrzeuges verteilt und nur<br />
geringer Bodendruck erzeugt. Sogar eine<br />
meterdicke Schneedecke kann damit<br />
problemlos befahren werden.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L
I N F O G R A F I K<br />
FÜRS GEBIRGE<br />
ländefahrzeuge des Typs BvS10AUT<br />
(zusätzlich zu einem bereits 1994<br />
angeschafften Erprobungsmuster)<br />
der Firma BAE Systems anzuschaffen.<br />
Das Kürzel AUT steht für die<br />
österreichische Variante, die – im<br />
Unterschied zu der von mehreren<br />
Armeen weltweit verwendeten<br />
RUNDUM-KAMERASYSTEM<br />
Erstmals wurde in einem<br />
österreichischen Fahrzeug<br />
ein Rundum-Kamerasystem<br />
verbaut, damit der Kommandant,<br />
der Richtschütze und<br />
die Besatzung durch Monitore<br />
im Inneren des Fahrzeuges<br />
laufend über ihre Umgebung<br />
informiert werden können.<br />
Standardversion – mit etlichen<br />
Neuerungen daherkommt. So<br />
gibt es rot-weiß-rote Adaptionen<br />
beispielsweise im Bereich des<br />
ballistischen Schutzes und der<br />
Bewaffnung, auch ein Rundum-Kamerasystem<br />
wurde<br />
montiert. Gebaut werden die<br />
Fahrzeuge innerhalb des BAE-Konzerns<br />
übrigens von der schwedischen<br />
Firma Hägglunds – daher auch die<br />
gleichnamige Kurzbezeichnung.<br />
INTERVIEW<br />
„Der BvS10AUT ist<br />
extrem geländetauglich!“<br />
Oberstleutnant<br />
Peter Horngacher ist<br />
Kraftfahroffizier und<br />
Heeresfahrschullehrer<br />
im Kommando<br />
Gebirgskampf.<br />
I L LU ST R AT I O N E N :<br />
C L AU D I A M O L I TO R I S<br />
FOTO : P R I VAT<br />
BREITE<br />
2,20 Meter<br />
(ohne Seitenspiegel)<br />
KNICKLENKUNG<br />
Während die Lenkung regulärer<br />
Kettenfahrzeuge über das Abbremsen<br />
der einen oder anderen<br />
Kette geschieht, erfolgt das<br />
Lenken beim Hägglunds über<br />
die hydraulische Knicklenkung<br />
zwischen den beiden Fahrzeugen<br />
und somit durch das Verschränken<br />
von Vorder- und Hinterwagen.<br />
FACTBOX<br />
BVS10AUT<br />
Hersteller Hägglunds/BAE Systems<br />
Motor Cummins 5,9 litre in-line-six-cylinder<br />
turbocharged diesel<br />
Leistung 285 PS/210 kW<br />
Geschwindigkeit 65 km/h (Straße)<br />
Gewicht 7.600 Kilogramm (Vorderwagen),<br />
5.900 Kilogramm (Hinterwagen)<br />
Stationierung 24 der 32 BvS10AUT bei<br />
einer Hochgebirgskompanie des Kommando<br />
Gebirgskampfs, die weiteren acht Fahrzeuge<br />
beim Pionierbataillon 2<br />
Was sind die Vorteile des Fahrzeugs?<br />
Der BvS10AUT ist das mit Abstand geländegängigste<br />
Fahrzeug des Bundesheeres<br />
und bietet der Mannschaft Schutz gegen<br />
Flachfeuer, Minen und ABC-Bedrohung.<br />
Durch den Raupenantrieb des Vorder-<br />
und Hinterwagens und die Differenzialsperren<br />
lässt er sich auf jedem Untergrund<br />
problemlos fahren und überwindet<br />
dabei beinahe jedes Hindernis.<br />
Wie geländegängig ist das Fahrzeug?<br />
Bei der Validierung im ersten Halbjahr befuhren<br />
wir verschiedene Geländeteile auf<br />
den Truppenübungsplätzen Hochfilzen<br />
und Wattener Lizum auf bis zu 2.300<br />
Meter Seehöhe. Schneewände, die höher<br />
als das Fahrzeug waren, konnten einfach<br />
überfahren werden und auf einer zwei<br />
Meter starken Schneedecke zu fahren<br />
stellte keine Herausforderung dar. Durch<br />
die hydraulische Lenkung zwischen den<br />
zwei Wagen lassen sich Engstellen problemlos<br />
durchfahren oder dicht stehende<br />
Bäume in Schlangenlinie umfahren.<br />
Wie wird das Fahrzeug eingesetzt?<br />
Der BvS10AUT dient als Gefechtsfahrzeug<br />
(Anm.: nicht Kampffahrzeug), zum geschützten<br />
Transport der Gebirgstruppe,<br />
als bewegliche Befehlsstelle, zur Gefechtsfeldbergung<br />
von verwundeten Soldaten<br />
und zum Teil auch zum Gerätetransport.<br />
M i l i t ä r a K t u e l l
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