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Militaer_aktuell_4_2018

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WELTGESCHEHEN<br />

Aktuelle Konflikte,<br />

Krisen und<br />

Analysen — S. 8<br />

TRUPPENBESUCH<br />

Militär Aktuell beim<br />

Jägerbataillon 19 in<br />

Güssing — S. 44<br />

militär<br />

KAMPFTECHNIK<br />

Wie Drohnen die<br />

Kriegsführung<br />

verändern — S. 58<br />

DAS NEUE<br />

ÖSTERREICHISCHE<br />

MILITÄRMAGAZIN<br />

AUSGABE 3|18<br />

EURO 3,80<br />

AKTUELL<br />

VERTEIDIGUNGSMINISTER MARIO KUNASEK:<br />

„Wir müssen uns der neuen<br />

Bedrohungslage anpassen!“ — S. 26<br />

JETZT NEU<br />

MIT 18 SEITEN<br />

DAS MILITÄR AKTUELL<br />

SCHWERPUNKT-<br />

THEMA<br />

Ob in Afghanistan, im Libanon<br />

oder auf dem Balkan: Mit rund<br />

1.000 Soldaten in internationalen<br />

Missionen trägt das Bundesheer<br />

entscheidend zur Bewältigung<br />

von Konflikten und Krisen bei.<br />

ÖSTERREICHS SOLDATEN IM AUSLAND<br />

Sie sorgen für<br />

unsere Sicherheit


0 0 4 I N H A L T<br />

INHALT<br />

010<br />

Syrischer Bürgerkrieg: Die Regierungstruppen<br />

stehen kurz vor dem Sieg, der Wiederaufbau<br />

des Landes hat bereits begonnen und das<br />

Assad-Regime hat seine Macht gefestigt.<br />

048<br />

Alljährlich<br />

040<br />

Einsatz am Gletscher:<br />

Der Entminungsdienst holt<br />

rund 40 alte britische<br />

Stabbrandbomben<br />

vom Umbalkees.<br />

präsentiert sich das Bundesheer mit seiner<br />

traditionellen Informations- und Leistungsschau am<br />

Nationalfeiertag in Wien – wir haben die Highlights.<br />

003 EDITORIAL, IMPRESSUM<br />

006 MOMENTUM<br />

Die Panzerabwehrlenkwaffe<br />

2000 im Einsatz.<br />

008 WELTGESCHEHEN<br />

Aktuelle Kurzmeldungen<br />

aus aller Welt.<br />

010 ZUKUNFT MIT ASSAD<br />

Präsident Baschar al-Assad gilt<br />

in weiten Teilen der Welt als<br />

Kriegsverbrecher, seine Macht<br />

in Syrien hat er aber gefestigt.<br />

014 DOSSIER: WELT IN AUFRUHR<br />

Interviews mit Verteidigungsminister<br />

Mario Kunasek und<br />

Politikwissenschafter Herfried<br />

Münkler sowie Beiträgen und<br />

Gastkommentaren der Militär-<br />

Experten Conrad Seidl, Gerhard<br />

Vogl, Arnold Kammel und<br />

Historiker Manfried Rauchensteiner.<br />

032 NEUES AUS DEM HEER<br />

Aktuelle Kurzmeldungen aus<br />

dem Bundesheer.<br />

036 INTERVIEW<br />

Generalsekretär Wolfgang<br />

Baumann über seine Ziele, die<br />

geplante Stärkung der Miliz<br />

und den Abbau des Investitionsrückstaus.<br />

040 REPORTAGE<br />

Mit dem Entminungsdienst<br />

am Gletscher unterwegs.<br />

044 TRUPPENBESUCH<br />

Militär Aktuell zu Gast beim<br />

Jägerbataillon 19 in Güssing.<br />

048 NATIONALFEIERTAG <strong>2018</strong><br />

Alles rund um die Informationsund<br />

Leistungsschau des Bundesheeres<br />

in Wien.<br />

050 DIPLOMATEN IN UNIFORM<br />

Die Militärvertretung Brüssel:<br />

das diplomatische Bindeglied<br />

des Bundesheeres nach Europa<br />

und in die Welt.<br />

054 EIN TAG MIT …<br />

… Tragtierführer Christopher<br />

Bartha.<br />

056 RÜSTUNGSNEWS<br />

Neuheiten aus der Welt der<br />

Rüstungs- und Sicherheitstechnik.<br />

FOTO S : G E T T Y I M AG E S , B U N D E S H E E R / G U N T H E R P U S C H & H A R A L D M I N I C H I L LU ST R AT I O N : C L AU D I A M O L I TO R I S<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N D I E S E M H E F T<br />

058 DAS STILLE TÖTEN<br />

Militär Aktuell-Experte Georg<br />

Mader über die Bedeutung von<br />

Drohnen für die militärische<br />

Aufklärung und Kriegsführung.<br />

062 ALTERNATIV-PRODUKT<br />

Hirtenberger Defence Systems<br />

und ST-Engineering präsentierten<br />

am Schießplatz in Felixdorf den<br />

neuen Werferautomaten SRAMS<br />

als kostengünstige Alternative zu<br />

klassischen Artilleriegeschützen.<br />

064 NACHFOLGEMODELL?<br />

Der H145M von Airbus Helicopters<br />

gilt als aussichtsreicher<br />

Kandidat für den Ersatz der<br />

Alouette III.<br />

066 SCHLUSSPUNKT<br />

Strafrechtsexperte Josef Alkatout<br />

über den Krieg gegen den Terror<br />

und damit verbundenen Verbrechen<br />

gegen die Menschlichkeit.<br />

067 INFOGRAFIK<br />

Die Leistungsmerkmale der<br />

neuen Hägglunds-Fahrzeuge<br />

des Bundesheeres.<br />

068<br />

Transportlücke geschlossen:<br />

Dank ihrer hohen Geländegängigkeit<br />

sind die neuen Hägglunds-Fahrzeuge<br />

des Bundesheeres für den Einsatz im<br />

Gebirge und auf schwierigem Terrain<br />

optimal gerüstet.<br />

DOSSIER<br />

18<br />

neu<br />

Seiten Schwerpunktthema<br />

rund um Krisen, Spannungen<br />

und internationale Konflike.


0 0 6 P A N O R A M A<br />

Feuer frei!<br />

FOTO : H B F/ DA N I E L T R I P P O LT<br />

ein Panzerabwehr-trupp feuert eine<br />

Panzerabwehrlenkwaffe 2000 ab.<br />

Die mechanisch abzufeuernde und<br />

elektrisch gezündete lenkwaffe mit<br />

halbautomatischer Steuerung (drahtgelenkt)<br />

macht die Bekämpfung von<br />

kampfpanzern und anderen gepanzerten<br />

Zielen auf eine entfernung<br />

von bis zu zwei kilometer möglich.<br />

Dabei kann das Ziel direkt angegriffen<br />

werden oder im sogenannten<br />

„top-attack“-modus. in diesem Fall<br />

zündet ein annäherungszünder rund<br />

einen meter über dem Ziel einen<br />

Hohlladungsgefechtskopf, der<br />

anschließend in einem Winkel von<br />

30 Grad nach unten wirkt und dadurch<br />

gepanzerte Fahrzeuge (aber<br />

auch unterstände) an ihrer meist<br />

verletzlichsten Stelle trifft.<br />

m i l i t ä r a k t u e l l


M O M E N T U M<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 0 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />

DIE NATO<br />

SIMULIERT<br />

DEN BÜNDNISFALL<br />

„Wir bevorzugen eine diplomatische<br />

Lösung, sind aber auch bereit, einen<br />

Militärschlag in Erwägung zu ziehen.“<br />

Kay Bailey Hutchison, US-Botschafterin bei der NATO<br />

Das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen USA und Russland bekam vor einigen Wochen<br />

eine weitere Schramme. Die US-Botschafterin bei der NATO, Kay Bailey Hutchison, forderte<br />

Moskau zum Stopp der Entwicklung neuer Mittelstreckenraketen auf, die gegen ein Abrüstungsabkommen<br />

aus der Zeit des Kalten Krieges verstoßen. Die Rakete des Systems 9M729<br />

könne Staaten in Europa und die USA treffen, so Hutchison, Washington würde es daher nicht<br />

zulassen, dass sie lieferfertig werde. Im Fall der Fälle werde man Möglichkeiten prüfen, die Raketen<br />

auszuschalten. Die USA zögen dabei eine diplomatische Lösung vor, so Hutchison weiter, Washington<br />

sei aber auch bereit, einen Militärschlag in Erwägung zu ziehen. Russland bezeichnete die Erklärung<br />

der US-Botschafterin als gefährlich. „Es scheint, dass sich Leute, die solche Erklärungen abgeben, nicht<br />

über ihr Maß an Verantwortung und die Gefahren aggressiver Rhetorik im Klaren sind“, sagte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa.<br />

FOTO S : P I C T U R E D E S K , G E T T Y I M AG E S , B U N D E SW E H R / A N D R E A B I E N E R T<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


W E LT G E S C H E H E N<br />

Die NATO probt von 25. Oktober bis 23. November<br />

bei der Übung „Trident Juncture“ den<br />

Ernstfall. Bei dem größten Manöver seit Ende<br />

des Kalten Krieges üben in Norwegen rund<br />

45.000 Soldaten des Militärbündnisses mit<br />

150 Flugzeugen, 60 Schiffen und mehr als<br />

10.000 Fahrzeugen die Reaktion auf einen bewaffneten<br />

Angriff „eines fiktiven Gegners“ auf<br />

einen Mitgliedsstaat. In der ersten Runde des<br />

Manövers müssen die sogenannten „südlichen<br />

Kräfte“ (gebildet unter anderem von Deutschland,<br />

Italien und Großbritannien) einen Angriff<br />

der „nördlichen Kräfte“ (USA, Kanada und<br />

Norwegen) abwehren. Im zweiten Übungsteil<br />

wechseln dann die Rollen, führen die „südlichen<br />

Kräfte“ den Angriff. Deutschland stellt<br />

mit rund 10.000 Soldaten das größte Kontingent.<br />

Hintergrund der starken Beteiligung:<br />

Deutschland übernimmt ab Anfang 2019 die<br />

Führung der schnellen Eingreiftruppe der<br />

NATO (Very High Readiness Joint Task Force).<br />

NIGERIA: ARMEE AUF DEM RÜCKZUG<br />

In den vergangenen Monaten lief die nigerianische Armee bei ihrem Kampf<br />

gegen die Terrorgruppen Islamischer Staat und Boko Haram von Sieg zu<br />

Sieg. Nun scheint sich das Blatt allerdings zu wenden, immer öfter stoßen<br />

die Militärs bei ihren Angriffen auf hartnäckigen Widerstand, werden die<br />

Soldaten in Hinterhalte gelockt oder von den Kämpfern der Terrormilizen<br />

angegriffen. Den Islamisten fallen dabei immer wieder große Mengen an<br />

Waffen, Munition und Fahrzeugen der ohnehin schlecht ausgerüsteten<br />

Regierungstruppen in die Hände und gewinnen so weiter an Stärke. Ganz<br />

anders das Bild bei den nigerianischen Truppen, die laut Experten „extrem<br />

zermürbt sind“ und „kurz vor dem Zusammenbruch stehen“.<br />

BUNDESWEHR:<br />

KOSOVO-ABZUG<br />

Die Bundeswehr zog Anfang Oktober einen<br />

Schlussstrich unter ihr Kosovo-Engagement.<br />

Nach fast 20 Jahren wurde mit einem feierlichen<br />

Appell der längste Auslandseinsatz<br />

der Bundeswehr für offiziell beendet erklärt,<br />

das von den Deutschen betriebene Feldlager<br />

in Prizren wird ebenso wie viele andere<br />

Gerätschaften und Fahrzeuge als Geschenk<br />

an die kosovarische Regierung übergeben.<br />

Der Abzug wird voraussichtlich im Dezember<br />

beendet sein, dann verbleibt (vorerst) nur<br />

noch ein symbolisches Kontingent von<br />

70 deutschen Soldaten im Hauptquartier<br />

der Kosovo Force (KFOR) in Prishtina.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


SIEGER<br />

0 1 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />

R<br />

und 400.000 Todesopfer,<br />

zwölf Millionen<br />

Vertriebene<br />

und viele Städte in<br />

Schutt und Asche –<br />

die Bilanz des syrischen<br />

Bürgerkrieges ist fatal, an den<br />

politischen Machtverhältnissen geändert<br />

haben die Kämpfe allerdings<br />

nichts. Das Ungleichgewicht im Land<br />

scheint vielmehr größer als je zuvor<br />

und Baschar al-Assad regiert weiter<br />

mit harter Hand. An der von Syrern als<br />

„Mauer der Angst“ bezeichneten Einschüchterungspolitik<br />

baut er schon seit<br />

Jahren wieder, Assad versucht seine<br />

Schäfchen mit viel Druck<br />

und der Androhung<br />

härtester Konsequenzen<br />

in<br />

Schach zu halten.<br />

Angst als<br />

Instrument<br />

der Machterhaltung<br />

hat in Syrien eine lange Tradition,<br />

die bereits von Baschar al-Assads<br />

Vater, Hafiz, zielführend eingesetzt<br />

wurde. Auch künftig soll der repressive<br />

Sicherheitsapparat, allen voran die<br />

Mukhabarat (Geheimdienste), das<br />

„geschrumpfte Syrien“ ruhig halten<br />

und eine breit angelegte Oppositionsbewegung<br />

in der kommenden Generation<br />

verhindern.<br />

Auch wenn vermutlich die Hälfte aller<br />

Syrer die Herrschaft Assads akzeptiert,<br />

so werden jene Teile der bewaffneten<br />

Opposition, die weder besiegt, noch in<br />

eine politische Lösung einbezogen<br />

werden, sich trotzdem neu formieren<br />

und versuchen, die Stabilisierungsprozesse<br />

im Land<br />

durch Anschläge zu torpedieren.<br />

Diese Entwicklung<br />

zeigt sich bereits<br />

zu einem gewissen<br />

Grad in Idlib, Deraa<br />

und anderen Teilen Syriens. Der Krieg<br />

des Regimes gegen Teile der eigenen<br />

Bevölkerung begünstigte zudem die<br />

Entstehung einer „kannibalistischen<br />

Wirtschaft“, nach deren Logik der Sieger<br />

des Krieges der „Eigentümer“ des<br />

Landes wird. Plünderungen – Tafeesh<br />

– in allen denkbaren Formen wurden<br />

zu einem zentralen Element der syrischen<br />

Wirtschaft. In Gebieten, die<br />

von der syrischen Armee oder auch<br />

von Rebellengruppen erobert wurden,<br />

plünderten Soldaten und Milizen<br />

private Wohnungen, Unternehmen,<br />

Fabriken und Spitäler.<br />

Das neue Syrien ist also nicht nur<br />

kleiner als früher, sondern auch sektiererischer<br />

und autoritärer. Laut Assad<br />

hätten die Kämpfe aber auch ihr Gutes<br />

gehabt: Das Land habe zwar „die besten<br />

jungen Männer verloren“, so der<br />

Machthaber, „allerdings wurde im Gegenzug<br />

eine gesündere und homogene-<br />

SYRISCHE ZUKUNFT?<br />

Dank der Hilfe Russlands<br />

darf sich Assad nach sieben<br />

Jahren Bürgerkrieg als<br />

Sieger feiern lassen. Die<br />

Zukunftsprognosen und<br />

Aussichten für sein Land<br />

sind trotzdem eher trist.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I F K - A N A L Y S E<br />

re Gesellschaft geschaffen.“ Diese<br />

Homogenität soll aus seiner Sicht die<br />

Grundlage für das künftige Syrien sein,<br />

mit einer nationalen Einheit im Glauben,<br />

in der Ideologie und Tradition.<br />

Alle vom Regime zurückeroberten<br />

Städte gehören nunmehr den siegreichen<br />

Minderheiten Syriens, nämlich<br />

Alawiten, Schiiten und Christen. Sunnitische<br />

Bewohner benötigen eine Sicherheitsfreigabe,<br />

um in ihre Häuser<br />

zurückzukehren, die nur in geringer<br />

Zahl erteilt wird. Auch politisch brach<br />

Assad erstmals mit seiner Tradition,<br />

hohe politische Ämter an Sunniten zu<br />

vergeben. So wurde das bisherige mit<br />

Sunniten besetzte Amt des Parlamentspräsidenten<br />

an einen Christen und<br />

jenes des Verteidigungsministers an<br />

einen Alawiten vergeben.<br />

Ein Problem für Syrien sind die enormen<br />

Zerstörungen der vergangenen<br />

Jahre. Die Kosten für den Wiederaufbau<br />

schätzen die VN auf mehr als<br />

200 Milliarden Euro, eine Summe, die<br />

von den Verbündeten Assads, Russland<br />

und dem sanktionsgebeutelten Iran,<br />

nicht zur Verfügung gestellt werden<br />

kann. Und Investitionen aus China,<br />

Indien und weiteren Staaten reichen<br />

für einen umfassenden Wiederaufbau<br />

nicht aus. Als mögliche Geldgeber<br />

könnten die EU und die Golfstaaten<br />

einspringen, beide stehen jedoch dem<br />

Assad-Regime skeptisch gegenüber.<br />

Das fehlende Vertrauen in eine künftige<br />

von Assad geführte Regierung rückt<br />

damit die notwendigen Großinvestitionen<br />

für den wirtschaftlichen und infrastrukturellen<br />

Wiederaufbau in weite<br />

Ferne. Trotzdem setzte das Regime in<br />

den vergangenen Monaten bereits erste<br />

Rahmenbedingungen für den Wiederaufbau,<br />

wobei die Unterstützer des<br />

Regimes begünstigt und jene, die es<br />

stürzen wollten, bestraft beziehungsweise<br />

permanent vertrieben werden.<br />

Der Machterhalt Assads wirkt sich neben<br />

dem Wiederaufbau auch negativ<br />

auf die Rückkehr von Flüchtlingen<br />

aus – ein besonders kritisches Thema<br />

für die Nachbarstaaten Syriens, die am<br />

Rande ihrer Belastbarkeit stehen. Etwa<br />

die Hälfte der syrischen Bevölkerung<br />

wurde durch den Krieg vertrieben,<br />

mehr als fünf Millionen von ihnen<br />

suchten Zuflucht im Ausland. Viele<br />

flohen vor Angriffen der syrischen<br />

Streitkräfte und haben keine Häuser<br />

oder Wohnungen mehr, in die sie zurückkehren<br />

können. Andere Flüchtlinge<br />

befürchten Inhaftierungen, Misshandlungen<br />

oder Zwangsrekrutierungen<br />

durch das Regime. Das im Frühjahr<br />

erlassene Dekret Nummer 10 legitimiert<br />

die Beschlagnahme von Vermögenswerten<br />

durch die Regierung.<br />

Die Furcht vor Verfolgung bestätigt<br />

sich auch durch eine im Internet veröffentlichte<br />

Liste mit den Namen von<br />

1,5 Millionen großteils im Ausland<br />

ASSAD?<br />

FOTO : G E T T Y I M AG E S<br />

Nach sieben Jahren Bürgerkrieg und der bevorstehenden Eroberung der<br />

letzten Rebellenhochburg Idlib steht das Assad-Regime in Syrien vor dem<br />

endgültigen Sieg. Eine politische Lösung mit dem alten Machthaber<br />

scheint damit unumgänglich – in weiten Teilen der Welt wird Baschar<br />

al-Assad aber als Kriegsverbrecher isoliert bleiben. Text: JASMINA RUPP<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 2 w e l t & s t r a t e G I e<br />

Unter dem Strich deuten alle diese<br />

Entwicklungen darauf hin, dass Assad<br />

künftig einen Marionettenstaat regieren<br />

wird. Der Präsident geht auf dem<br />

Papier zwar als Sieger des siebenjährigen<br />

Krieges hervor, er bleibt aber in<br />

weiten Teilen der Welt als Kriegsverlebenden<br />

Menschen, die derzeit von Sicherheitsbehörden<br />

gesucht werden. Die<br />

geflüchteten Syrer selbst bezeichnen<br />

sich bereits als die „neuen Palästinenser“,<br />

die für den Rest ihres Lebens aus<br />

ihrer Heimat ausgeschlossen werden.<br />

Auch wenn das Assad-Regime einen<br />

Großteil des syrischen Territoriums<br />

unter seine Kontrolle gebracht hat, so<br />

dominieren ausländische Mächte – wie<br />

die Türkei, USA und Frankreich – weiterhin<br />

Grenzgebiete, blockieren Handelskorridore<br />

und den Zugang des Regimes<br />

zu Ölfeldern. Selbst in Gebieten,<br />

ZERSTÖRTES LAND<br />

Schätzungen der<br />

Vereinten Nationen<br />

zufolge dürfte der<br />

Wiederaufbau Syriens<br />

rund 200 Milliarden<br />

Euro kosten und<br />

damit nur schwer<br />

zu finanzieren sein.<br />

die nominell unter der Kontrolle des<br />

Regimes stehen, üben Russland, der<br />

Iran, die Hisbollah und lokale Milizen,<br />

die durch den Krieg ermächtigt wurden,<br />

oft eine größere Kontrolle aus<br />

als der syrische Staat.<br />

brecher isoliert, der das neue Syrien<br />

auf Basis einer fragmentierten Gesellschaft<br />

sowie eines schwachen Staats<br />

aufbauen muss, der langfristig unter<br />

dem Einfluss ausländischer Mächte<br />

stehen wird. Damit scheint die Voraussage<br />

des ehemaligen Gesandten der<br />

Arabischen Liga und der Vereinten<br />

Nationen, Lakhdar Brahimi, tatsächlich<br />

Realität zu werden. Er meinte<br />

schon vor Jahren, dass der syrische<br />

Bürgerkrieg mit der „Somalisierung“<br />

Syriens enden wird.<br />

Die Autorin ist wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

und Leiterin des MENA-Forschungsteams<br />

(Middle East and North<br />

Africa) am Institut für Friedenssicherung<br />

und Konfliktmanagement der<br />

Landesverteidigungsakademie Wien.<br />

Ihre Forschungsfelder sind Krisen und<br />

Konflikte im Mittleren Osten und<br />

Nordafrika, islamistische Bewegungen<br />

und militanter Extremismus mit Fokus<br />

auf die Aktivitäten von Daesh/IS.<br />

Weichenstellung in Syrien<br />

BRIGADIER WALTER<br />

FEICHTINGER ist seit<br />

2002 Leiter des Instituts<br />

für Friedenssicherung und<br />

Konfliktmanagement (IFK)<br />

an der Landesverteidigungsakademie.<br />

Viele zerbrechen sich nun den Kopf über<br />

eine Nachkriegsordnung in syrien. doch es<br />

geht um viel mehr – es geht um geopolitische<br />

Fußabdrücke. dazu gehören unverändert<br />

die Frage nach der regionalen dominanz,<br />

der Umgang mit und die zukünftige<br />

rolle des Iran, das Zusammenwirken oder<br />

die Konkurrenz zwischen russland und den<br />

Usa und das mögliche auferstehen des Is.<br />

der regionale wettstreit zwischen saudiarabien<br />

und dem Iran wurde durch den<br />

Krieg nicht geklärt, sondern um einen weiteren<br />

schauplatz, den jemen, erweitert.<br />

diese rivalität wird unverändert das zukünftige<br />

syrien beeinflussen. dazu hat sich die<br />

türkei gesellt, die in ihrem Kampf gegen die<br />

PKK mit eigenem militär die Grenze zu syrien<br />

überschritten hat. Präsident erdogan<br />

musste dabei seine ausgangsposition diametral<br />

ändern – die Forderung nach einem<br />

rückzug assads wird wohl insgeheim noch<br />

bestehen, aber nicht ausgesprochen. ankaras<br />

zukünftige Gestaltungsmacht ist aber offen<br />

und wird in hohem maße von russlands<br />

Interessen und wohlwollen abhängen. eine<br />

weitere annäherung zwischen moskau und<br />

ankara kann dabei auch erhebliche sprengkraft<br />

innerhalb der Nato und Folgen für die<br />

transatlantischen Beziehungen haben.<br />

washington wiederum ist bestrebt, die<br />

pro-iranischen truppen aus syrien zu vertreiben<br />

und teherans wirkungsmöglichkeiten<br />

einzudämmen. ein Zurückdrängen des<br />

Iran bedarf jedoch einer intensiven abstimmung<br />

und Kooperation mit russland. moskau<br />

hingegen will den verbündeten Iran einerseits<br />

sicher nicht verärgern, andererseits<br />

kann dessen dauerhafte (militärische) Präsenz<br />

und einflussnahme in syrien nicht in<br />

russischem Interesse sein. Gemeinsames<br />

Interesse könnte aber sein, ein aufleben<br />

des sunnitisch-islamistischen extremismus<br />

– stichwort Is – zu verhindern. dazu wäre<br />

es nötig, die Kurden in der region weiterhin<br />

als Verbündete zu haben.<br />

somit werden derzeit nicht nur die weichen<br />

für die Zukunft syriens, sondern auch<br />

für umfangreiche geostrategische Positionierungen<br />

gestellt.<br />

Foto s : G e t t y I m aG e s , N a d j a m e I st e r<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


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0 1 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />

Politische Umstürze, die strategische Gier<br />

nach Rohstoffen, ideologische und religiöse<br />

Rivalitäten: 17 Jahre nach 9/11 klafft<br />

zwischen Weltfrieden und Ist-Zustand<br />

eine tödliche Lücke – aus vielerlei<br />

Gründen. Wir zeigen auf den<br />

nächsten Seiten, wo <strong>aktuell</strong>e<br />

Konflikte lodern, warum<br />

sich neue anbahnen und<br />

wie Kriege überhaupt<br />

entstehen.<br />

Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

M<br />

al trifft es syrische<br />

Soldaten,<br />

mal US-amerikanische,<br />

ein andermal<br />

jemenitische<br />

Rebellen<br />

und viel zu oft Zivilisten. Sie werden<br />

Opfer selbst gebastelter Bomben, fanatischer<br />

Selbstmordattentäter, unkontrollierbarer<br />

Terrormilizen oder vom<br />

Himmel fallender Fassbomben. In den<br />

Nachrichten folgt die distanziert routinierte<br />

Berichterstattung. Attacke auf<br />

eine Militärbasis im Nordosten Nigerias:<br />

Militante Islamisten töten bis zu 30<br />

Soldaten. Überfall auf ein Dorf im Irak:<br />

Kämpfer des Islamischen Staates ermorden<br />

zehn Bewohner. Ein fehlgeschlagener<br />

Angriff auf Anführer der<br />

Huthi-Rebellen im Jemen: 40 Kinder<br />

sterben bei Luftangriff!<br />

Die Beispiele zeigen: Auseinandersetzungen<br />

mit sich gegenüberstehenden<br />

Heeren gehören weitestgehend der<br />

Vergangenheit an. Feste Frontverläufe<br />

und klar abgesteckte Einflussgebiete?<br />

Kriegsdefinitionen aus der Vergangenheit.<br />

Wir leben vielmehr im Zeitalter<br />

der asymmetrischen Kriegsführung –<br />

mit vielen verschiedenen Gegnern,<br />

noch mehr Interessengruppen und Einflussparteien<br />

und ohne klare Ansprechpartner<br />

zur Konfliktlösung und Deeskalation.<br />

Und wir leben in einem Zeitalter<br />

vieler verstreuter Konflikte größerer<br />

und kleinerer Ausprägung, die immer<br />

seltener ganze Staaten, immer öfter<br />

hingegen einzelne ethnische Gruppen,<br />

Regionen oder grenzüberschreitend<br />

Völker betreffen.<br />

Insgesamt 385 Konflikte und Auseinandersetzungen<br />

zählen die Forscher des<br />

Heidelberger Instituts für Internationale<br />

Konfliktforschung (HIIK) in ihrem <strong>aktuell</strong>en<br />

Konfliktbarometer für 2017 (erschienen<br />

im ersten Halbjahr <strong>2018</strong>). Das<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


EXTRA<br />

18 SEITEN<br />

DOSSIER<br />

DAS MILITÄR AKTUELL<br />

SCHWERPUNKT-<br />

THEMA<br />

D O S S I E R<br />

WELT IN<br />

AUFRUHR<br />

FOTO S : G E T T Y I M AG E S , 1 2 3 R F<br />

sind zwar um 17 weniger als 2016 und<br />

29 weniger als beim Höchststand im<br />

Jahr 2013, allerdings gilt rund die Hälfte<br />

der Konflikte als gewaltsam, 20 erreichten<br />

sogar die höchste Intensitätsstufe<br />

des Krieges (siehe auch Grafik) – um<br />

zwei mehr als noch 2016.<br />

Mit zehn Kriegen und drei „begrenzten<br />

Kriegen“ waren die afrikanischen Sub-<br />

Sahara-Staaten Schauplatz der meisten<br />

hochgewaltsamen Auseinandersetzungen.<br />

Sechs Kriege und fünf „begrenzte<br />

Kriege“ beobachteten die Forscher außerdem<br />

im Nahen und Mittleren Osten<br />

und den Maghreb-Staaten. Dabei werden<br />

allein für Syrien drei Kriege aufgelistet:<br />

der Krieg zwischen dem Assad-<br />

Regime und oppositionellen Kämpfern,<br />

der Krieg zwischen rivalisierenden Oppositionsgruppen<br />

sowie der Krieg der<br />

Terrormiliz Islamischer Staat (IS).<br />

Ruhiger geht es in Asien und Ozeanien<br />

zu: In der Region gibt es laut HIIK-Barometer<br />

zwar 120 Konflikte, diese werden<br />

allerdings meist nicht gewaltsam<br />

ausgetragen. Ähnlich die Situation in<br />

Nord- und Südamerika, wo die Heidelberger<br />

Experten 2017 mit dem hart<br />

geführten Drogenkonflikt zwischen<br />

Regierung und Kartellen in Mexiko nur<br />

einen Krieg zählten. Hochgewaltsame<br />

Konflikte habe es darüber hinaus aber<br />

auch in Brasilien, El Salvador und –<br />

trotz des Friedensschlusses zwischen<br />

Regierung und FARC-Rebellen – in Kolumbien<br />

gegeben.<br />

Europa präsentiert sich im Vergleich<br />

dazu als Friedensinsel: Der einzige<br />

hochgewaltsame Konflikt ist der Krieg<br />

in der Ostukraine zwischen von Russland<br />

unterstützten Rebellengruppen<br />

und der ukrainischen Regierung.<br />

Zu den weiteren 48 gelisteten europäischen<br />

Konflikten zählen beispielsweise<br />

die anhaltenden Aus-<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 6 w e L t & s t r a t e g i e<br />

Aktuelle Konflikte<br />

Das Heidelberger institut für internationale Konfliktforschung (HiiK) veröffentlicht sein<br />

Konfliktbarometer seit 1992 einmal jährlich. Die <strong>aktuell</strong>e ausgabe 2017 – erschienen<br />

im ersten Halbjahr <strong>2018</strong> – zeichnet auf<br />

www.hiik.de eine Landkarte<br />

mit vielen Bruchlinien.<br />

1<br />

MEXIKO Drogenkartelle vs.<br />

Regierung – für die HIIK-Forscher<br />

haben die Auseinandersetzungen<br />

längst kriegsähnliche Zustände<br />

erreicht.<br />

2<br />

SOMALIA & KENIA Im Grenzgebiet<br />

der beiden Länder kommt<br />

es immer wieder zu Auseinandersetzungen<br />

zwischen Regierungstruppen<br />

und der Al-Shabaab-Miliz.<br />

Zuletzt konnte die Terrorgruppe<br />

sogar die Kontrolle über einige<br />

Städte erlangen.<br />

MEXIKO<br />

1<br />

4<br />

5<br />

SYRIEN Im Land toben<br />

gleich drei Kriege: Das<br />

Assad-Regime vs. oppositionelle<br />

Kämpfer, verschiedene<br />

Oppositionsgruppen<br />

gegeneinander und ein<br />

Krieg der Terrormiliz<br />

Islamischer Staat (IS).<br />

ZENTRALAFRIKANISCHE<br />

REPUBLIK Seit Jahren<br />

bekämpfen sich in der<br />

Zentralafrikanischen<br />

Republik muslimische<br />

und christliche Milizen.<br />

einandersetzungen zwischen Armenien<br />

und Aserbaidschan, aber<br />

auch die Konflikte zwischen den<br />

russischsprachigen Minderheiten und<br />

den Regierungen in Estland und Lettland<br />

– und deren Verhältnis zu Moskau.<br />

Apropos Russland: Standen 2012 noch<br />

die USA im Mittelpunkt der meisten<br />

bilateralen Auseinandersetzungen weltweit,<br />

übernahm Russland 2014 diese<br />

zweifelhafte Poleposition und baute<br />

seine Spitzenposition weiter aus. Keine<br />

andere Macht der Welt steht mit derart<br />

vielen anderen Staaten in Konflikt wie<br />

der Kreml. Dispute und Konflikte unterhält<br />

Moskau neben den baltischen<br />

Staaten unter anderem mit Finnland,<br />

Polen, Norwegen, Schweden und sogar<br />

Australien und Neuseeland.<br />

Die signifikantesten Konfliktursachen<br />

sind laut den Forschern übrigens ideologische<br />

und religiöse Gegensätze. Zu<br />

den häufigsten Auslösern gewaltsamer<br />

und politischer Auseinandersetzungen<br />

zählen zudem ethnische Gegensätze,<br />

der Streit um Ressourcen wie Wasser,<br />

Rohstoffe und Land sowie Kämpfe um<br />

lokale Machtpositionen.<br />

3<br />

SUDAN & SÜDSUDAN<br />

Der Konflikt geriet <strong>aktuell</strong><br />

ein wenig in Vergessenheit.<br />

Trotz starker Präsenz der<br />

UNO werden dort aber<br />

nach wie vor politische und<br />

ökonomische Machtkämpfe<br />

ausgetragen.<br />

EINSTUFUNG<br />

Ab wann ein Konflikt zum Krieg wird, ist<br />

Definitionssache. Die HIIK-Forscher unterscheiden<br />

in ihrem Konfliktbarometer<br />

fünf Eskalationsstufen von nichtgewaltsamen<br />

Konflikten mit niedriger Intensität<br />

(Stufe 1 und 2) bis hin zu gewaltsamen<br />

Konflikten mit mittlerer Intensität (Stufe<br />

3), „begrenzten Kriegen“ (Stufe 4) und<br />

Kriegen (Stufe 5).<br />

KONFLIKT-INTENSITÄT<br />

5 Krieg<br />

4 „begrenzter“ Krieg<br />

3 gewaltsamer Konflikt<br />

2 nicht gewaltsamer Konflikt<br />

1 Streitigkeiten<br />

0 Kein Konflikt<br />

8<br />

7<br />

NIGERIA Bauern<br />

und Viehhirten<br />

streiten mit Waffengewalt<br />

um Ackerland<br />

und Weideflächen.<br />

Religiöse<br />

und ethnische<br />

Fragen heizen<br />

den Konflikt<br />

zusätzlich an.<br />

NIGERIA/KAMERUN/<br />

TSCHAD/NIGER Die islamistische<br />

Boko Haram hält die Streitkräfte<br />

gleich mehrerer Länder<br />

in Atem – in ihrem gesamten<br />

Operationsgebiet kommt es<br />

zu Angriffen und Überfällen<br />

auf Dörfer, Entführungen und<br />

Kämpfen mit Regierungstruppen.<br />

Foto s : x x x x x x x x<br />

DEMOKRATISCHE REPUBLIK KONGO Im<br />

Nordosten des Landes kommt es zu ethnischen<br />

Auseinandersetzungen, in vielen Regionen außerdem<br />

zu Kämpfen zwischen Regierungstruppen,<br />

ausländischen Kräften und Rebellengruppen.<br />

6<br />

Foto s : g e t t y i m ag e s , 1 2 3 r F<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


11DOSSIER<br />

UKRAINE Die Auseinandersetzungen<br />

zwischen<br />

Russland und der<br />

Ukraine am Donbass<br />

sind der einzige hochgewaltsame<br />

Konflikt<br />

Europas.<br />

WELT IN AUFRUHR<br />

12<br />

AFGHANISTAN Im ganzen<br />

Land kommt es zu kriegerischen<br />

Auseinandersetzen<br />

mit den Taliban. Alleine<br />

2017 waren mindestens<br />

3.400 zivile Todesopfer und<br />

7.000 Verletzte die Folge.<br />

UKRAINE<br />

11<br />

SYRIEN<br />

4<br />

AFGHANISTAN<br />

12<br />

MYANMAR<br />

14<br />

PHILIPPINEN<br />

13<br />

13<br />

PHILIPPINEN Im Streit um Macht<br />

und politische Unabhängigkeit<br />

stehen sich Anhänger der Terrormiliz<br />

Islamischer Staat (IS) und<br />

Regierungstruppen gegenüber.<br />

Staatschef Rodrigo Duterte<br />

verfolgt zudem seinen Krieg<br />

gegen Drogen mit äußerster<br />

Brutalität, im Streit um Rohstoffe<br />

im Südchinesischen Meer drohte<br />

er China zuletzt offen mit Krieg.<br />

9<br />

LIBYEN Nachdem 2011 der<br />

langjährige Herrscher Gaddafi<br />

von Aufständischen gestürzt und<br />

ermordet wurde, stehen sich<br />

nun zwei Regierungen verfeindet<br />

gegenüber. Sie werden jeweils<br />

von diversen Milizen gestützt.<br />

6<br />

NIGER<br />

9<br />

LIBYEN<br />

TSCHAD<br />

7<br />

5<br />

NIGERIA<br />

Z.-A.-REPUBLIK<br />

KAMERUN<br />

8<br />

DEMOKRATISCHE<br />

REPULBIK<br />

KONGO<br />

SUDAN<br />

3<br />

SÜD-<br />

SUDAN<br />

10<br />

ÄTHIOPIEN<br />

2<br />

KENIA<br />

JEMEN<br />

SOMALIA<br />

15<br />

15<br />

14<br />

MYANMAR Im Teilstaat Rakhine<br />

gibt es Spannungen zwischen<br />

Buddhisten und der muslimischen<br />

Minderheit der Rohingya.<br />

Zuletzt eskalierte auch der<br />

Konflikt im nördlichen Teilstaat<br />

Kachin zwischen Christen<br />

und Buddhisten.<br />

10<br />

ÄTHIOPIEN Der Krieg zwischen<br />

Eritrea und Äthiopien wurde im<br />

Juli offiziell für beendet erklärt.<br />

Eskaliert sind zuletzt die Kämpfe<br />

zwischen den Volksgruppen<br />

der Oromo und Somali um<br />

Wasser und Weideland.<br />

JEMEN Seit 2015 eine Militärintervention unter<br />

der Führung Saudi-Arabiens in einen innerstaatlichen<br />

Konflikt eingriff, eskalierte dieser vollends –<br />

Hunger und Cholera komplettieren die humanitäre<br />

Katastrophe.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 1 8 W E L T & S T R A T E G I E<br />

UND<br />

DANN<br />

IST DIESE<br />

UNANGENEHME<br />

GESCHICHTE<br />

PASSIERT<br />

Der deutsche Politikwissenschaftler<br />

Herfried Münkler über<br />

die neuen Kriege des 21. Jahrhunderts:<br />

Wie sie beginnen, wie sie enden – und<br />

was dazwischen eigentlich geschieht.<br />

Interview: ALEX MEISTER<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


H<br />

err Münkler, die Zeit des klassischen<br />

Kriegs, in dem große Heere in Uniform<br />

und Formation im Dienst ihres<br />

Landes Schlachten ausfochten, ist<br />

lange vorbei. Damit wurde Krieg<br />

aber auch uneindeutig. Wann ist<br />

Krieg heutzutage Krieg?<br />

Darauf werden Ihnen verschiedene<br />

Akteure völlig verschiedene Antworten<br />

geben. Die Westfälische Ordnung,<br />

die nach 1648 eine klare Binarität<br />

vorgegeben hat – entweder es<br />

herrscht Krieg oder aber Frieden<br />

– hat sich aufgelöst. Die<br />

Charta der Vereinten Nationen<br />

verbietet den Krieg. Das hat zur<br />

Folge, dass Staaten behaupten,<br />

etwas sei gar kein Krieg, sondern<br />

etwa eine humanitäre<br />

Intervention. Oder es wird<br />

versucht, den Gebrauch von<br />

Waffen verdeckt zu halten, wie<br />

das im Drohnenkrieg der Fall<br />

ist. Oder aber man vermischt<br />

Krieg und Frieden. Unter dem<br />

Anschein des Friedens werden<br />

kriegerische Aktionen durchgeführt.<br />

Wie das etwa im<br />

Cyberwar der Fall ist.<br />

Der Krieg wird verkleidet?<br />

Es gibt jedenfalls keine klare<br />

Markierung mehr für den<br />

Übergang vom Frieden zum<br />

Krieg, wie das der Fall war,<br />

als noch formelle Kriegserklärungen<br />

abgegeben wurden<br />

oder wenn Truppen die<br />

Grenze zu einem anderen<br />

Staat überschritten. Wenn<br />

man sich mit dem Dreißigjährigen<br />

Krieg beschäftigt,<br />

wird man freilich erkennen: Auch<br />

damals gab es keine Kriegserklärung.<br />

Der Kaiser sagte, er stellte die Ordnung<br />

gegen Aufständische wieder her. Diese<br />

wiederum erklärten, sie leisteten Widerstand<br />

gegen eine ungerechte Obrigkeit.<br />

War der Dreißigjährige Krieg also<br />

eigentlich ein postmoderner Krieg?<br />

Wenn Sie so wollen, ja. Unsere Gegenwart<br />

ist allerdings gekennzeichnet<br />

durch die Wiederkehr vormoderner<br />

Konstellationen. Das ist eine unangenehme<br />

Situation. Wenn man sagt,<br />

Krieg ist das absolut zu Vermeidende,<br />

hat man keine Möglichkeit mehr,<br />

diesen Zustand zu juridifizieren und<br />

seinen Eintritt als einen legitimen<br />

politischen Akt zu beschreiben.<br />

War das, was wir als klassischen<br />

Krieg kennen, der klar geregelte, von<br />

nationalstaatlichen Armeen geführte<br />

Krieg, nur eine historische Ausnahme,<br />

die nun wieder zu Ende geht?<br />

Wir müssen zwei Begriffe des Krieges<br />

unterscheiden. Einmal den Sammelbegriff,<br />

der alle Formen kollektiver<br />

Gewaltanwendung bezeichnet. Davon<br />

zu unterscheiden sind bestimmte historische<br />

Formationen, die versuchen,<br />

dieser allgemeinen Form kollektiver<br />

Gewaltanwendung eine Struktur zu<br />

geben. Dann sprechen wir etwa von<br />

Westfälischen Kriegen, also einem Regime,<br />

das daran interessiert ist, Krieg<br />

und Frieden voneinander zu trennen,<br />

aber auch zwischenstaatliche und innergesellschaftliche<br />

Kriege zu separieren<br />

– und nicht zuletzt Kombattanten<br />

und Non-Kombattanten.<br />

Ist das Kriegsrecht, das wesentlich<br />

auf dieser Ordnung beruht, mit<br />

deren Auflösung veraltet?<br />

Es greift nicht mehr, weil sich Formen<br />

der Gewaltanwendung entwickelt haben,<br />

die davon nicht mehr zureichend<br />

erfasst werden. Aber solange man<br />

nichts Besseres hat, hält man sich an<br />

diese alten Formen. Nach dem Ende<br />

des Ost-West-Konfliktes kam es interessanterweise<br />

zu einer Renaissance<br />

der Vorstellung vom gerechten Krieg,<br />

bellum iustum: Es gibt einen, der ist<br />

der Hüter der Ordnung, und es gibt<br />

welche, die machen Aufruhr, Stunk,<br />

Ärger. Und die müssen wieder in die<br />

Schranken gewiesen werden.<br />

DOSSIER<br />

WELT IN AUFRUHR<br />

Das wäre der polizeiliche Zugang<br />

zum Krieg.<br />

Der amerikanische Politiktheoretiker<br />

Morris Janowitz hat schon 1960 von einer<br />

„Konstabularisierung“ des Militärs<br />

gesprochen, also einer Verpolizeilichung.<br />

Damit verschiebt sich aber das<br />

Gleichgewicht. Es gibt in dieser Vorstellung<br />

keinen für beide Seiten „gerechten<br />

Krieg“: Polizei und Kriminalität<br />

sind keine symmetrischen Zustände<br />

in Hinblick auf ihre Legitimität. Das<br />

Monopol der legitimen physischen<br />

Gewalttätigkeit liegt bei der Polizei.<br />

Warum gibt es keine klassischen<br />

Kriege mehr?<br />

Die UN-Charta zieht die Konsequenz<br />

der beiden Weltkriege. Spätestens<br />

durch den Einsatz der Atombombe<br />

wird klar: Krieg im Sinne der Westfälischen<br />

Struktur ist kein handhabbares<br />

Instrument der Politik mehr. Es gibt<br />

hier eine normative Kraft des Faktischen.<br />

Spätestens wenn der Gegenspieler<br />

ebenfalls über Nuklearwaffen<br />

verfügt, zieht man normpolitisch<br />

die Konsequenzen und sagt: Solche<br />

Kriege dürfen nicht stattfinden.<br />

Nun sind Nationalstaaten, wie sie in<br />

der UN organisiert sind, nicht mehr<br />

die einzigen, die Krieg führen.<br />

Im Europa des Spätmittelalters und der<br />

Frühen Neuzeit hat sich der Territorialstaat<br />

gegen seinen Konkurrenten, den<br />

Personenverbandsstaat, durchgesetzt.<br />

Das waren etwa Kaufmannsbünde wie<br />

die Hanse, die durchaus kriegführungsfähig<br />

waren, oder Ritterorden: Netzwerkorganisationen<br />

also, die über kein<br />

eigenes Territorium verfügten, aber<br />

Krieg im Heiligen Land führten. Philipp<br />

der Schöne von Frankreich hat<br />

den Templerorden zerschlagen, weil<br />

er nicht wollte, dass ein Nichtstaat in<br />

Frankreich mit ihm – als Verkörperung<br />

des Staates – um Legitimität, Steueraufkommen<br />

und Krieger konkurrierte.<br />

Der Staat wurde zum Monopolisten<br />

nicht nur der legitimen, sondern auch<br />

der faktischen Kriegsführung, auch<br />

weil es immer teurer wurde, Krieg zu<br />

führen. Irgendwann waren nur noch<br />

sehr reiche und mächtige Staaten dazu<br />

FOTO S : G E T T Y I M AG E S , B E I G E ST E L LT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 0 W E L T & S T R A T E G I E<br />

in der Lage, zuletzt waren es eigentlich<br />

nur noch die beiden großen Blöcke.<br />

Darauf hat sich die Vorstellung begründet:<br />

Der Krieg wird über kurz<br />

oder lang verschwinden. Ian Morris<br />

hat sogar von „produktiven Kriegen“<br />

gesprochen, also Kriegen, die dazu<br />

führen, dass immer weniger Akteure<br />

kriegführungsfähig sind.<br />

Und dann kamen die Terroristen?<br />

Und dann ist diese unangenehme Geschichte<br />

passiert, dass neue, bewaffnete<br />

Netzwerkorganisationen aufgetaucht<br />

sind, man könnte sagen: bewaffnete<br />

NGOs, von denen Al-Kaida immer<br />

noch die bekannteste ist. Und diese<br />

waren plötzlich kriegführungsfähig.<br />

Damit hat sich das Geschehen grundlegend<br />

verändert. Es kam wieder zu<br />

einer Entterritorialisierung von Akteuren.<br />

Der IS hat kurzzeitig ein Territorium<br />

begründet, und nach dessen Verlust<br />

ist er wieder zu einer reinen Netzwerkorganisation<br />

geworden. Das ist ein<br />

wesentlicher Unterschied. Anfang Mai<br />

1945 war das NS-Regime buchstäblich<br />

am Ende. Der IS hat in einer ähnlichen<br />

Situtation einfach seinen Charakter<br />

verwandelt.<br />

ZUR PERSON<br />

Und führt den Krieg um die Köpfe<br />

weiter …<br />

Und es ist tatsächlich ein Krieg. In der<br />

Reaktion auf die Anschläge der RAF<br />

1977 hat Helmut Schmidt gesagt: Die<br />

Terroristen werden nach dem Kriminalitätsparadigma<br />

behandelt, wir reagieren<br />

nicht mit Gegengeiselnahmen.<br />

Aber sowohl George W. Bush als auch<br />

François Hollande haben gesagt: Terrorismus<br />

ist Krieg. Damit sind im Prinzip<br />

sieben oder acht Leute in der Lage, einen<br />

weitreichenden Krieg zu eröffnen<br />

– ich denke an die Piloten der Maschinen<br />

vom 11. September 2001. Kurz<br />

vorher hatten wir noch geglaubt, um<br />

einen Krieg zu führen, brauchte man<br />

eine Armee mit mehreren Hunderttausend<br />

Soldaten und sämtlichen Waffengattungen.<br />

Unsere Lage hat sich dramatisch<br />

verändert und damit auch der<br />

Gebrauch der Begriffe: Was ist Krieg?<br />

Gibt es eine Möglichkeit, diese unklaren,<br />

regellosen Kriege wieder<br />

einzuhegen?<br />

Ich sehe das im Augenblick nicht. Eine<br />

Zeit lang hatte man die Vorstellung,<br />

die mit der Formel „responsibility<br />

to protect“ beschrieben ist, also eine<br />

Schutzverantwortung starker und reicher<br />

Akteure, in diese unordentlichen<br />

Konflikte Recht und Ordnung zu bringen.<br />

Nun zeigt sich aber, dass uns, den<br />

reichen und starken Akteuren, das auf<br />

Dauer zu teuer und zu gefährlich ist –<br />

und, siehe Afghanistan, auch nicht besonders<br />

gut gelingt. Insofern sinkt die<br />

Bereitschaft einzugreifen. Man kann<br />

das sehr gut an Syrien sehen, wo der<br />

Ex-US-Präsident Obama eine Zeit lang<br />

rote Linien, aber bei deren Überschreitung<br />

keine Konsequenzen gezogen hat.<br />

Sind wir also hilflos?<br />

Es gibt immer noch die Direktive, örtliche<br />

Streitkräfte kompetent zu machen,<br />

damit sie dafür sorgen, dass ihr Land<br />

wieder zur Ruhe kommt. Aber das ist<br />

es dann auch. Ansonsten versucht<br />

man, mit einem Mix von ökonomischen<br />

Anreizen den potenziellen Gewaltakteuren<br />

die Gewaltoption „abzukaufen“.<br />

Während der Balkankriege<br />

hat die EU mit ein bisschen Militär, ein<br />

bisschen Polizei, ein bisschen Administration<br />

und sehr viel Geld eingegriffen.<br />

Sie hat den potenziellen Gewaltakteuren<br />

die Gewalt abgekauft. Das funktioniert<br />

auch einigermaßen – allerdings<br />

mit steigenden Erwartungen an noch<br />

mehr Transfers. Gleichzeitig sinkt in<br />

den Nettozahler-Ländern die Lust,<br />

diese „Alimente“ zu überweisen. Dann<br />

hat man allerdings gar kein Instrument<br />

mehr. Außer die Hoffnung: Wenn wir<br />

uns aus allem raushalten, wird alles<br />

gut. Das ist allerdings eine wenig<br />

begründete Erwartung.<br />

HERFRIED MÜNKLER (67), zählt zu den profiliertesten Politikwissenschaftern Deutschlands. Bis zu seiner<br />

Emeritierung lehrt er als Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er ist Autor zahlreicher Standardwerke<br />

zur politischen Ideengeschichte und zur Geschichte der Kriegsführung. Zuletzt erschienen: Der Dreißigjährige<br />

Krieg. Europäische Katastrophe, deutsches Trauma 1618-1648, sowie, gemeinsam mit seiner Frau Marina Münkler<br />

Die neuen Deutschen: Ein Land vor seiner Zukunft (beide: Rowohlt Berlin).<br />

Wo braut sich etwas<br />

zusammen? Welche Konflikte<br />

stehen möglicherweise vor<br />

einer neuen Eskalationsstufe?<br />

Und wo drohen neue<br />

Spannungen?<br />

Gemeinsam<br />

mit Brigadier<br />

Walter Feichtinger<br />

vom Institut für Friedenssicherung<br />

und Konfliktmanagement<br />

(IFK) an<br />

der Landesverteidigungsakademie<br />

werfen wir<br />

einen Blick in die Zukunft.<br />

Ostasien<br />

Peking ist bestrebt, seinen Einfluss im<br />

Südchinesischen und Gelben Meer und<br />

entlang der Ersten Inselkette – vom südlichen<br />

Japan über Taiwan und die Philippinen<br />

bis nach Indonesien – systematisch<br />

auszubauen. Durch eine Anti Areal/Area<br />

Denial-Strategie (Kontrolle und Verweigerung<br />

des Zutritts) und eigene Kontrollmaßnahmen<br />

versuchen die Chinesen,<br />

die derzeitige Dominanz der USA im<br />

Westpazifik zu reduzieren und deren Einfluss<br />

bei der Sicherung der Seewege in<br />

der Region sukzessive zurückzudrängen.<br />

Eine ungewollte militärische Eskalation in<br />

Folge von Zusammenstößen im Luftraum<br />

oder etwa von Abdrängungsmanövern<br />

zur See ist dabei nicht auszuschließen.<br />

Nordosteuropa<br />

& Baltikum<br />

Die zunehmenden Spannungen<br />

zwischen Russland und Europa<br />

führen vermehrt zu umstrittenen<br />

Demonstrationsflügen und Seemanövern<br />

in „feindlichem“ Gebiet. Radikale<br />

Gruppierungen in den einzelnen<br />

Ländern heizen die Stimmung an und<br />

die Möglichkeit von militärischen Zwischenfällen<br />

und der Fehlinterpretation<br />

von Manövern steigert die Gefahr<br />

politischer Kurzschlüsse und militärischer<br />

Fehlhandlungen zusätzlich.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Im Brennpunkt DOSSIER<br />

WELT IN AUFRUHR<br />

Karibik<br />

Der friedliche Umbruch in Kuba birgt großes Konfliktpotenzial.<br />

Münden die Umwälzungen in Chaos, könnten anarchische Zustände<br />

und eine Invasion der UsA (um anderen Mächten zuvorzukommen)<br />

die Folge sein. russland und China würden in so einem<br />

szenario scharf protestieren und sich auch militärische schritte<br />

vorbehalten, falls sich die UsA nicht zurückziehen – Kuba würde<br />

damit erneut zu einem Zankapfel der Weltpolitik.<br />

Arabische Halbinsel<br />

Die <strong>aktuell</strong>en reformvorhaben in saudi-Arabien scheinen<br />

zunehmend festzufahren und könnten mittel- bis langfristig zu<br />

tumulten führen. Dazu kommt, dass sich der Kriegseinsatz im Jemen<br />

immer mehr zum Desaster entwickelt, weshalb der Einfluss des<br />

Iran in der region zunimmt. Das Königshaus könnte sich vor diesem<br />

Hintergrund dazu genötigt sehen, von seinen Problemen abzulenken<br />

und gemeinsam mit den UsA und Israel einen begrenzten<br />

Feldzug gegen den Iran zu führen.<br />

Die Hitze als<br />

Kriegstreiber?<br />

Der Klimawandel dürfte in den kommenden<br />

Jahren zu mehr Dürreperioden, Hunger- und<br />

Naturkatastrophen führen. Die steigenden temperaturen<br />

könnten laut Wissenschaftlern vom Georgia<br />

Institute of technology (von dieser Forschungseinrichtung<br />

ist auch auf der nächsten seite<br />

nochmals die rede) aber auch unser kriegerisches<br />

Verhalten beeinflussen. Untersuchungen der<br />

Forscher zufolge korrelierten in den vergangenen<br />

500 Jahren jedenfalls Klimaänderungen stets mit<br />

dem Ausbruch von Konflikten. Demnach führen<br />

temperaturschwankungen zu Ernteausfällen und<br />

zu teureren Lebensmitteln, einem größeren<br />

Hunger-risiko und sozialen spannungen –<br />

die Folge sind mehr Konflikte und der<br />

Ausbruch von Kriegen.<br />

Foto s : 1 2 3 r F<br />

Indischer Ozean<br />

Die regierung in Delhi fühlt sich durch das chinesische Vordringen (stichwort „Neue seidenstraße“) im Land des Erzfeindes<br />

Pakistan, an seiner ostgrenze sowie im Indischen ozean zunehmend eingekreist. Indien sieht sich daher genötigt, seinen<br />

strategischen spielraum durch politische wie auch militärische Maßnahmen abzusichern und wenn möglich auszubauen.<br />

Kleinere Auseinandersetzungen mit Pakistan wie auch mit China sind dabei nicht auszuschließen.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 2 W E L T & S T R A T E G I E<br />

Die Opfer der Kriege<br />

1.000.000 Tote<br />

Von wegen friedliche Vergangenheit. Auch vor dem Ersten<br />

und Zweiten Weltkrieg kam es bereits zu kriegerischen Aus -<br />

einandersetzungen mit Millionen Todesopfern, die Forscher<br />

Peter Brecke vom Georgia Institute of Technology für seinen<br />

DREISSIGJÄHRIGER KRIEG<br />

SPANISCHER ERBFOLGEKRIEG<br />

120<br />

100<br />

Kriegerische Zeiten<br />

Die oben abgebildeten roten Kreise symbolisieren jeweils die Zahl der in<br />

einem Jahrzehnt (Zeitraum von 1600 bis 2000) im Rahmen kriegerischer<br />

Auseinandersetzungen gestorbenen Menschen. Namentlich angeführt<br />

sind die wichtigsten dafür verantwortlichen Auseinandersetzungen.<br />

Anzahl Kriege<br />

40<br />

20<br />

0<br />

1600–1609 1700–1709<br />

DIE LEGENDE VOM<br />

EWIGEN FRIEDEN<br />

Wird die Welt immer gefährlicher?<br />

Ja, sagen Pessimisten. Nein, sagt der<br />

Historiker Manfried Rauchensteiner,<br />

der für Militär Aktuell einen Blick zurück<br />

in eine alles andere als friedliche<br />

Vergangenheit wirft.<br />

E<br />

s sind wohl keine Zitate<br />

aus österreichischer<br />

Feder, die vor dem Ersten<br />

Weltkrieg immer<br />

wieder gebraucht wurden,<br />

um die Erwartung<br />

eines kommenden Kriegs in Worte zu<br />

fassen. Doch es gab sie. Da war von<br />

einem „frischen, fröhlichen Krieg“ die<br />

Rede, der „die Bevölkerung sichtet und<br />

das skrofulose Gesindel zertritt“ (Heinrich<br />

Leo). Diese und ähnliche Zitate<br />

können verständlich machen, warum<br />

es 1914 bei der Entfesselung des Weltkriegs<br />

eine nie dagewesene euphorische<br />

G R A F I K : G OT T F R I E D H A L M S C H L AG E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Conflict Catalog (www.cgeh.nl/data) berechnete. Er konzentrierte<br />

sich dabei auf die unmittelbaren Opfer gewalttätiger<br />

Konflikte – Menschen, die an den Folgen der Kriege (Hungersnöte<br />

etc.) gestorben sind, wurden nicht mit einberechnet.<br />

DOSSIER<br />

WELT IN AUFRUHR<br />

NAPOLEONISCHE KRIEGE<br />

ERSTER WELTKRIEG<br />

VIETNAMKRIEG<br />

KOREAKRIEG<br />

ZWEITER WELTKRIEG<br />

1800–1809 1900–1909 1990–1999<br />

Stimmung gab. Der Krieg wurde als<br />

„Erlösung“ gepriesen.<br />

Vier Jahre später wären wohl jedem<br />

ähnliche Zitate blasphemisch vorgekommen.<br />

Doch immer wieder schlich<br />

sich in das Denken über den Krieg die<br />

Unausweichlichkeit, ja sogar die Notwendigkeit<br />

ein. Das kam nicht zuletzt<br />

in einem Briefwechsel von Sigmund<br />

Freud und Albert Einstein 1932 zum<br />

Ausdruck. Einstein fragte Freud, ob er<br />

glaube, dass die Menschheit allmählich<br />

friedfertiger werden oder weiterhin<br />

das ausleben würde, was Freud als<br />

Aggressionstrieb bezeichnet hatte. Die<br />

Antwort konnte überraschen. Freud<br />

zeigte sich skeptisch und skizzierte<br />

eine Abnahme des Aggressionstriebs<br />

erst für einen nicht mehr überschaubaren<br />

Zeitraum. „Interessenkonflikte<br />

unter den Menschen werden prinzipiell<br />

durch die Anwendung von Gewalt<br />

entschieden.“ Krieg habe es immer<br />

gegeben. Man hätte mittlerweile<br />

nur die vielen Kleinkriege durch seltene,<br />

aber umso verheerendere Großkriege<br />

ersetzt. Und er endete mit der<br />

Frage: Warum wehren wir uns also gegen<br />

den Krieg? „Er scheint doch naturgemäß,<br />

biologisch wohlbegründet und<br />

praktisch kaum vermeidbar.“<br />

Keine Ahnung, was in eine vergleichbare<br />

Korrespondenz achtzig, neunzig Jahre<br />

später eingeflossen wäre. Allein die<br />

Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs<br />

mit der sich zeitlich erstreckenden<br />

Vernichtung von – sagen wir – sechzig<br />

Millionen Menschen mussten einen<br />

an der Aussage Freuds zweifeln lassen,<br />

vom frischen, fröhlichen Krieg ganz zu<br />

schweigen. Zweifellos sind wir durch<br />

die Möglichkeit des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen<br />

zum Umdenken<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 2 4 W E L T & S T R A T E G I E<br />

„Kriege, wie sie an der Peripherie Europas geführt wurden,<br />

sind unter den kulturell weit höher stehendenden Ländern<br />

in der Mitte und im Westen des Kontinents unmöglich!“<br />

Bertha von Suttner & Alfred Hermann Fried, österreichische Nobelpreisträger<br />

kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges über die Balkankriege 1912 und 1913.<br />

gezwungen worden. Wir erinnern uns<br />

aber noch an die Milchmädchenrechnungen,<br />

mit denen die overkill-capacity<br />

der Supermächte darzustellen versucht<br />

wurde, und wo man ganze Kontinente,<br />

ja die ganze Welt im Nichts versinken<br />

sah. Und auch Nikita Chruschtschows<br />

hingeworfene Bemerkung, in einem<br />

Atomkrieg würden hundert und mehr<br />

Millionen Russen überleben, während<br />

man die USA vernichtet habe, zeugte<br />

nur von grenzenloser Naivität. Unterhalb<br />

der atomaren Schwelle gab und<br />

gibt es weiterhin Kriege, gibt es eine<br />

sich nicht zuletzt durch die zeitliche<br />

Erstreckung von Konflikten erlebte<br />

und weiterhin drohende Massenvernichtung.<br />

Diese Erkenntnis – so sollte<br />

man meinen – wäre durchaus geeignet,<br />

den Krieg zu scheuen, wobei nicht mit<br />

gemachten Erfahrungen argumentiert<br />

werden kann. Für das, was kommen<br />

könnte, gibt es noch keine Erfahrungswerte.<br />

Dass Konventionen letztlich irrelevant<br />

sind, ja auch eine Ächtung ohne<br />

Bedeutung ist, sollte spätestens seit<br />

1139 klar sein, als die Armbrust durch<br />

das Zweite Laterankonzil gebannt worden<br />

ist. Auch eine weitere Illusion wird<br />

man vielleicht unter Bezugnahme auf<br />

Bertha von Suttner und den zweiten<br />

österreichischen Friedensnobelpreisträger,<br />

Alfred Hermann Fried, als gegenstandslos<br />

bezeichnen müssen. Beide<br />

meinten angesichts der Balkankriege<br />

1912 und 1913, Kriege, wie sie an der<br />

Peripherie Europas geführt wurden,<br />

wären unter den kulturell weit höher<br />

stehenden Ländern in der Mitte und<br />

im Westen des Kontinents unmöglich.<br />

Fried wurde eines Besseren belehrt.<br />

Bertha von Suttner starb eine Woche<br />

vor dem Attentat von Sarajevo.<br />

As Ergebnis dieses kurzen Rundblicks<br />

über Vergangenes und Mögliches bleibt<br />

wohl nur die Erkenntnis, dass Kriege –<br />

wann immer und wo immer – weiterhin<br />

nicht ausgeklammert werden<br />

können und notfalls auch mit dem<br />

Schlimmsten zu rechnen ist. Alles andere<br />

wäre ein Verstoß gegen die Erfahrung.<br />

Und Geschichte hat bekanntermaßen<br />

dort ihren Platz, wo sie als<br />

Erfahrungswissenschaft in jegliches<br />

gegenwärtige Kalkül einfließen sollte.<br />

Dort, wo das nicht geschieht, herrschen<br />

Unverstand und Faustrecht.<br />

Manfried Rauchensteiner ist Professor<br />

für Österreichische Geschichte an<br />

der Universität Wien und an der<br />

Diplomatischen Akademie. Er war<br />

bis 2005 Direktor des Heeresgeschichtlichen<br />

Museums in Wien und von 2005<br />

bis 2011 als Koordinator und Berater<br />

beim Aufbau des Militärhistorischen<br />

Museums in Dresden tätig. Er ist<br />

Herausgeber und Autor zahlreicher<br />

Veröffentlichungen und betreut Fernseh-<br />

und Hörfunkproduktionen (Österreich<br />

I und II). Zuletzt erschein im<br />

Böhlau Verlag sein Buch „Unter<br />

Beobachtung: Österreich seit 1918“.<br />

FOTO : G E T T Y I M AG E S , P R I AVAT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Effective Proven Trusted


0 2 6 W E L T & S T R A T E G I E<br />

SOLL ÖSTERREICH SEINE SICHERHEIT VERSTÄRKT<br />

IM AUSLAND<br />

VERTEIDIGEN<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


DOSSIER<br />

Österreich zählt seit<br />

Jahrzehten zu den<br />

größten Truppenstellern bei UN-, NATO- und<br />

EU-Friedensmissionen. Soll sich das Bundesheer<br />

in Zukunft aber international<br />

noch mehr engagieren, um<br />

zur Beruhigung von Konflikten<br />

und Krisen beizutragen?<br />

Und würde von dem<br />

größeren Engagement<br />

auch die Sicherheit<br />

Österreichs profitieren? Wir haben<br />

Verteidigungsminister Mario Kunasek<br />

und Militär-Experten dazu befragt.<br />

WELT IN AUFRUHR<br />

FOTO : B U N D E S H E E R


0 2 8 W E l T & S T R A T E G I E<br />

„WENN WIR NICHT<br />

SICHERHEIT<br />

EXPORTIEREN,<br />

WERDEN WIR<br />

UNSICHERHEIT<br />

IMPORTIEREN!“<br />

Verteidigungsminister<br />

Mario Kunasek<br />

über das Auslandsengagement<br />

des<br />

Bundesheeres und<br />

internationale<br />

Einsätze als Mittel<br />

der Außenpolitik.<br />

Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

H<br />

err Minister, wie<br />

friedlich oder unfriedlich<br />

ist die Welt<br />

im Jahr <strong>2018</strong>?<br />

Die Lage ist definitiv<br />

unübersichtlicher als<br />

noch vor 20 oder 30 Jahren und geopolitisch<br />

ziemlich angespannt. Das gilt mittlerweile<br />

auch für Europa. Wir leben hier<br />

nicht mehr auf einer Insel der Seligen,<br />

wie oft behauptet wird – das haben etwa<br />

neue Formen des Terrorismus in den<br />

vergangenen Jahren leidvoll gezeigt.<br />

Ist die Welt insgesamt unsicherer geworden<br />

oder haben sich die Problemfelder<br />

verschoben?<br />

Ich glaube Letzteres. Wir sind nun mit<br />

neuen Formen des Terrorismus und<br />

illegaler Migration konfrontiert. Dazu<br />

kommt, dass Bedrohungen immer<br />

hybrider und weniger fassbar werden.<br />

Es gibt dadurch heute keine klassischen<br />

Gefechtsfelder mehr wie vielleicht<br />

noch vor 25 oder 30 Jahren. Wir bekommen<br />

es allerdings mit anderen<br />

Bedrohungen etwa im Cyberbereich<br />

zu tun und darauf gilt es personell<br />

und vom technischen Know-how her<br />

möglichst schnell Antworten zu finden.<br />

Dabei sehe ich uns aber auf einem<br />

guten Weg.<br />

Wie lange dauert es, bis dieser Weg<br />

am Ziel ist? Wann stehen die<br />

Antworten definitiv?<br />

GASTKOMMENTAR<br />

OPTIONEN PRÜFEN<br />

UND OFFEN HALTEN<br />

CONRAD SEIDL<br />

ist Innenpolitik-<br />

Redakteur bei<br />

Der Standard und<br />

beschäftigt sich<br />

dabei regelmäßig<br />

auch mit<br />

Bundesheer-<br />

Themen.<br />

Zart besaitete Seelen waren erst<br />

einmal schockiert, als der freiheitliche<br />

Wehrsprecher Reinhard<br />

Bösch ausgesprochen hat, was<br />

man unternehmen könnte, um Flüchtlingen<br />

in Nordafrika Schutz zu gewähren,<br />

nämlich entweder entsprechende<br />

Abkommen mit den (nicht<br />

immer verlässlichen) Regierungen zu<br />

schließen oder aber „wenn das nicht<br />

funktioniert, dann ist das auch nach<br />

meiner Auffassung mit verschiedensten<br />

militärischen und polizeilichen<br />

Kräften einfach durchzuführen. Also<br />

einen Raum in Besitz zu nehmen vonseiten<br />

der Europäischen Union, ihn zu<br />

sichern, dort auch Versorgungseinrichtungen<br />

für diese Menschen einzurichten<br />

und dann diese Menschen zurückzubringen<br />

in ihre Heimatländer.“<br />

Große Aufregung! Herr Bösch ist nicht<br />

irgendwer – er ist nicht nur Politiker,<br />

sondern auch Offizier. Als solcher hat<br />

er gelernt, alle Handlungsoptionen<br />

zu prüfen, was die Durchsetzung von<br />

politischen Zielen mit militärischen<br />

Mitteln einschließt. Das ist nicht nur<br />

legitim, es ist geradezu geboten. Es<br />

ist auch geboten, das Bundesheer<br />

dafür auszubilden und auszurüsten,<br />

in Kampfeinsätze zu gehen, wenn das<br />

befohlen werden sollte. Das hat etwa<br />

vor zehn Jahren im Tschad gut funktioniert.<br />

Und es kann jederzeit wieder<br />

notwendig werden.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


DOSSIER<br />

WELT IN AUFRUHR<br />

So ein Prozess kann nie ganz abgeschlossen sein, das<br />

kann und muss auf Basis einer ständigen Lagebeurteilung<br />

passieren. Wichtig ist, dass wir die richtige strategische<br />

Grundrichtung eingeschlagen haben, mit einer<br />

veränderten Lage muss es aber auch möglich sein,<br />

Kurskorrekturen vorzunehmen. Es wird also keinen<br />

„Tag X“ geben, an dem wir über eine Armee verfügen,<br />

die für die Bedrohungen und Herausforderungen der<br />

kommenden 20 bis 30 Jahre ausreichend gewappnet<br />

ist – das ist alleine schon, weil wir nicht wissen, was<br />

in der Zukunft passieren wird, nicht möglich.<br />

Man hinkt damit der Problematik also zwangsläufig<br />

immer hinterher?<br />

Man muss immer versuchen, möglichst rasch auf neue<br />

Bedrohungen zu reagieren – und das tun wir auch.<br />

Wichtig ist es, nicht den Anschluss zu verlieren, aber<br />

das gilt nicht nur für Österreich, sondern insgesamt<br />

für die Europäische Union und alle Armeen weltweit.<br />

Kommen wir zu den Auslandseinsätzen des Bundesheeres:<br />

Der Schwerpunkt liegt seit vielen Jahren<br />

am Balkan und <strong>aktuell</strong> auch im Libanon.<br />

Wir stehen derzeit in insgesamt 14 Auslandsmissionen,<br />

mit unserer <strong>aktuell</strong>en Schwerpunktsetzung wollen<br />

wir aber vor allem vor unserer Haustür Sicherheit<br />

und Stabilität garantieren. Wenn wir nicht Sicherheit<br />

exportieren, werden wir Unsicherheiten importieren.<br />

FOTO S : B U N D E S H E E R / H A R A L D M I N I C H , B E I G E ST E L LT<br />

Wie würden Sie die Einsätze am Balkan für die<br />

dortige Kriseneindämmung bewerten? Würde sich<br />

an der Lage etwas ändern, wenn sich Österreich<br />

dort nicht mehr engagieren würde?<br />

Das glaube ich schon. Österreich trägt seit Jahrzehnten<br />

mit seinen Soldaten zur Befriedung internationaler<br />

Konflikte bei und wir sind gut beraten, das auch in<br />

dieser Region zu tun. Ich sehe die Einsätze auch als<br />

Mittel der Außenpolitik und als klares Signal, dass wir<br />

das, was wir mit den einzelnen Ansprechpartnern in<br />

den verschiedenen Ländern am grünen Tisch ausmachen,<br />

auch auf die Straße bringen. Wir halten unseren<br />

Teil der Abmachung ein, es muss parallel dazu aber<br />

auch eine politische Weiterentwicklung stattfinden.<br />

Es kann nicht Ziel sein, dort jahrzehntelang im Einsatz<br />

zu stehen, während politisch Stillstand herrscht.<br />

Werden die Schwerpunkte der Auslandseinsätze<br />

in den kommenden Jahren gleich bleiben?<br />

Grundsätzlich sind keine gravierenden Änderungen<br />

geplant, aber es kann natürlich sein, dass sich<br />

Schwerpunkte verlagern oder verschieben, ich<br />

sage nur Stichwort Afrika. Wir kennen die dortige<br />

Migrationssituation, das ist für Europa sicherheitspolitisch<br />

schon jetzt ein wichtiger Bereich, der in<br />

Zukunft wohl noch wichtiger wird.


0 3 0 W e l t & s t r A t e g i e<br />

Ist nach dem Tschad-Einsatz 2009<br />

also in Zukunft wieder ein größeres<br />

österreichisches Kontingent in Afrika<br />

vorstellbar?<br />

Klar ist, dass wir illegale Migration verhindern<br />

und danach trachten müssen,<br />

dass es möglichst wenige Tote im Mittelmeer<br />

gibt und das Schlepperwesen<br />

unterbunden wird. Um das zu schaffen,<br />

müssen wir dort wirken, wo die Wurzel<br />

des Problems liegt. Ich stehe nicht an,<br />

zu sagen, dass dieser Ansatz gerade in<br />

meiner Partei und bei unseren Wählern<br />

früher oftmals kritisch gesehen<br />

GASTKOMMENTAR<br />

Professor<br />

GERHARD VOGL<br />

ist ehemaliger<br />

Berufsoffizier,<br />

Teilnehmer am<br />

6. Generalstabskurs<br />

und war danach<br />

viele Jahrzehnte im<br />

ORF tätig, unter<br />

anderem als zentraler<br />

Chefredakteur.<br />

wurde, aber die Lage hat sich in den<br />

vergangenen Jahren verändert und<br />

damit auch unsere Ausrichtung.<br />

Damit hätte der Spruch des früheren<br />

deutschen Verteidigungsministers<br />

Peter Struck, wonach die Sicherheit<br />

Deutschlands auch am Hindukusch<br />

verteidigt wird, auch für Österreich<br />

Gültigkeit, oder? Die Sicherheit<br />

Österreichs würde in dem Fall in<br />

Afrika verteidigt?<br />

In Teilbereichen gebe ich ihm in jedem<br />

Fall recht. Um Sicherheit zu garantieren,<br />

AUSLANDS-<br />

EINSÄTZE<br />

KÖNNEN UNS<br />

LANGFRISTIG<br />

DIENEN<br />

gehört es neben der Stärkung der klassischen<br />

Landesverteidigung auch dazu,<br />

dorthin zu gehen, wo die Probleme liegen.<br />

Wenn wir dort nachhaltig wirken,<br />

trägt das entscheidend zu einer Verbesserung<br />

unserer Sicherheit bei.<br />

Ist das auch der Grund, warum sich<br />

das Bundesheer abseits vom Balkan<br />

im Libanon und mit kleineren Kontingenten<br />

sogar in Mali und Afghanistan<br />

engagiert?<br />

Natürlich, wobei es dort auch um andere<br />

Aspekte geht. Zum einen gibt es<br />

verschiedene Institutionen, die uns<br />

dort gerne sehen. Zum anderen geht<br />

es aber auch um den Fähigkeitsausbau,<br />

den wir dort für unsere Soldaten betreiben.<br />

Vom Stabsoffizier bis hin zum<br />

einzelnen Soldaten nimmt jeder Teilnehmer<br />

von internationalen Missionen<br />

wichtige Erfahrungen und Know-how<br />

mit nach Hause. Dazu signalisieren wir<br />

mit der Teilnahme an den Missionen<br />

anderen Ländern und Institutionen<br />

natürlich auch, dass wir solidarisch<br />

sind und unseren Teil zur Lösung von<br />

Problemen beitragen wollen.<br />

Was geht uns die Welt an,<br />

werden sich viele Österreicher<br />

bei dieser schlagzeile<br />

fragen. Wollen wir, das kleine<br />

neutrale Österreich, in der Weltpolitik<br />

mitmischen? Mit diesem<br />

schlecht ausgerüsteten bundesheer<br />

– wie in den vergangenen<br />

Wochen und Monaten in vielen<br />

Medien zu lesen, hören oder sehen<br />

war?<br />

Ja, das bundesheer hat einen gewaltigen<br />

Nachrüstungsbedarf. Das<br />

beginnt bei der Mannesausrüstung,<br />

geht über die Fahrzeuge …<br />

die liste ist lang. Vor allem fehlt es<br />

in der Miliz, die einen großteil der<br />

Freiwilligen bei Auslandseinsätzen<br />

stellt.<br />

Und hat nicht der oberbefehlshaber,<br />

bundespräsident Alexander<br />

Van der bellen, mit einer Warnung<br />

aufhorchen lassen: „Die Kapazitäten<br />

sind vollkommen erschöpft“.<br />

er war zur Frage angesprochen<br />

worden, ob sich Österreich unter<br />

einem UNo-Mandat in der Ukraine<br />

engagieren sollte, wie es bundeskanzler<br />

sebastian Kurz angeboten<br />

hatte.<br />

Zu hoffen ist, dass die Wortmeldung<br />

des Präsidenten eher ein<br />

Appell an die Parteien war, dem<br />

Heer endlich die überfälligen<br />

Finanzmittel zu geben, denn<br />

gerade dieser Friedenseinsatz<br />

in unmittelbarer Nachbarschaft<br />

würde von einer Mehrheit der<br />

bevölkerung leichter akzeptiert<br />

werden als vielleicht einer in Afrika.<br />

obwohl wir uns sehr wohl mit dem<br />

gedanken auseinandersetzen<br />

müssen, dass uns Missionen wie<br />

die in Mali längerfristig mehr dienen,<br />

den Auswanderungsdruck zu<br />

bremsen, der in Afrika durch zahllose<br />

bürgerkriege entstanden ist.<br />

Die Aufgabe unserer soldaten ist ja<br />

nicht ein Kampfeinsatz, auch nicht<br />

schlichtung, sondern der Aufbau<br />

und die schulung malischer sicherungs-<br />

und streitkräfte.<br />

Welche Gefahrensituation und<br />

Gefahrenlage sind Sie bereit, bei<br />

internationalen Missionen einzugehen?<br />

Ab wann werden Einsätze<br />

zu gefährlich?<br />

Es muss jedem bewusst sein, der in den<br />

Einsatz geht, dass er sich auf gefährliches<br />

Terrain begibt, dass das keine<br />

Hollywood-Missions sind und die Art<br />

des Einsatzes sich jederzeit verändern<br />

kann – und darauf ist auch die Einsatzvorbereitung<br />

ausgerichtet. Aber es ist<br />

schwer festzumachen, ab wann Einsätze<br />

zu gefährlich werden. Das kommt<br />

immer auf die Situation und den konkreten<br />

Fall an. Die Frage lautet immer:<br />

Ist die Lage noch mandatskonform und<br />

ist die Ausstattung und Ausrüstung<br />

unserer Soldaten ausreichend, um dort<br />

noch bestehen zu können? Wenn das<br />

zu verneinen ist, muss man sich Konsequenzen<br />

überlegen.<br />

Wie damals am Golan?<br />

Ich war damals nicht „in lead“, weiß<br />

also nicht, welche Informationslage genau<br />

herrschte. Dementsprechend kann<br />

ich nur schwer nachvollziehen, ob der<br />

Abzug damals gerechtfertigt war oder<br />

Foto s : b e i g e st e l lt


nicht. Aus meiner Sicht passierte er ein<br />

wenig überhastet, man hätte da mit<br />

mehr Vorlaufzeit wohl auch die internationale<br />

Irritation in einem kleineren<br />

Rahmen halten können.<br />

Wir haben eingangs über die veränderte<br />

Sicherheitslage gesprochen. Wie<br />

wird sich das Lagebild weiterentwickeln?<br />

Wird die Welt in den kommenden<br />

Jahren unsicherer, verschieben<br />

sich die Problemfelder weiter?<br />

Es ist kaum abzuschätzen, in welche<br />

Richtung das genau gehen wird. Klar ist,<br />

dass uns auch in den kommenden Jahren<br />

neue Bedrohungen beschäftigen<br />

werden und die Migration ein großes<br />

Thema bleiben wird. Aber wie und in<br />

welchem Ausmaß und wo wir und die<br />

EU in 10 bis 15 Jahren unsere Schwergewichte<br />

setzen werden müssen, kann<br />

jetzt nur spekuliert werden. Da ist keine<br />

seriöse Aussage möglich.<br />

GASTKOMMENTAR<br />

FRIEDEN & STABILITÄT<br />

DOSSIER<br />

WELT IN AUFRUHR<br />

ARNOLD<br />

KAMMEL<br />

ist Vizepräsident<br />

des Austria Institut<br />

für Europa- und<br />

Sicherheitspolitik<br />

(AIES).<br />

Ein Blick auf das sicherheitspolitische<br />

Umfeld Europas genügt: Sowohl<br />

die östliche als auch die südliche<br />

Nachbarschaft sind von Krisen und Instabilitäten<br />

gekennzeichnet, die sich direkt<br />

auf die Sicherheit der Union und damit<br />

auch Österreichs auswirken. Das neutrale<br />

Österreich hat sich im Bereich des internationalen<br />

Krisenmanagements seit den<br />

1960er-Jahren aktiv an der Schaffung von<br />

Stabilität und Frieden beteiligt und dabei<br />

aufgrund der im internationalen Vergleich<br />

überdurchschnittlichen Beteiligung<br />

an Friedensmissionen weltweit Ansehen<br />

erlangt. Diese Rolle gilt es auch im<br />

Sinne des Regierungsprogramms, das<br />

eine Fortsetzung und Stärkung des Beitrags<br />

zu internationalen Auslandseinsätzen<br />

mit Fokus auf EU-Außengrenzschutz,<br />

Westbalkan, Nordafrika und Migrationsrouten<br />

vorsieht, weiterhin aktiv auszuüben.<br />

Dies bedeutet auch keinen Widerspruch<br />

zur militärischen Landesverteidigung<br />

als Kernaufgabe des Bundesheeres.<br />

Im Sinne eines umfassenden Sicherheitsbegriffes<br />

ist die Teilnahme an für Österreich<br />

strategisch relevanten Friedenseinsätzen<br />

ein Element der Außenpolitik, aber<br />

auch ein wesentlicher Beitrag für Frieden<br />

und Stabilität in der Welt.


0 3 2 h e e r & M e h r<br />

GESTRANDET<br />

Im September nahm das Bundesheer mit 60 Soldaten und einer C-130 Hercules Transportmaschine an der internationalen<br />

Übung „Night Hawk <strong>2018</strong>“ im dänischen Aalborg teil. Spezialeinsatzkräfte aus elf Ländern übten dort im internationalen<br />

Verbund das Aufklären und Bekämpfen asymmetrischer Kräfte (keine regulären Streitkräfte) und wurden dabei von<br />

Transportflugzeugen und Hubschraubern aus den beteiligten Nationen unterstützt. Übungsgebiet war fast das gesamte<br />

Festland Dänemarks. Viele ausgewiesene Tiefflugstrecken, simulierte Bedrohung durch Luft-Boden-Lenkwaffen und die<br />

Errichtung mehrerer taktischer Landezonen boten ideale Bedingungen, um taktische Verfahren zu trainieren und zu<br />

optimieren. Im Zuge der Übung kam es auch zur Landung und zum Start einer Hercules auf einem breiten Strandabschnitt.<br />

STARKE EINSATZ-BILANZ<br />

das Bundesheer hat im vergangenen Jahr besonders<br />

viele Katastrophenhilfs- und assistenzeinsätze<br />

sowie unterstützungsleistungen absolviert.<br />

Mit 8.262 personentagen beziehungsweise<br />

93.643 stunden waren die erbrachten<br />

leistungen fast doppelt so hoch wie 2016.<br />

Insbesondere bei den Fliegerkräften kommt<br />

es heuer aber zu einem neuerlichen anstieg:<br />

2017 leisteten sie in 32 einsätzen insgesamt<br />

226 Flugstunden, <strong>2018</strong> wurde diese Zahl<br />

schon in den ersten acht Monaten übertroffen.<br />

Mit stand ende august stehen in der leistungs-<br />

Bilanz 26 absolvierte einsätze (sechs weniger<br />

als 2017) mit mehr als 300 Flugstunden.<br />

Foto s : B u n d e s h e e r / G o r u p, B u n d e s h e e r / Ka n d l e r ,<br />

B u n d e s h e e r / p u s C h


N E W S A U S D E N S T R E I T K R Ä F T E N<br />

PANDUR-FLOTTE WIRD NEU STRUKTURIERT<br />

Mit dem gerade eben gestarteten Zulauf der neuen Pandur Radpanzer beginnt<br />

das Bundesheer seine Pandur-Flotte neu zu struturieren. Die neuen Fahrzeuge<br />

(Zusatzbezeichnung „EVO“ für Evolution) werden zur Gänze in der Südsteiermark<br />

beim Jägerbataillon 17 in Straß stationiert, das seit Einführung des<br />

Mannschaftstransporters das Kompetenzzentrum für dieses Fahrzeug ist.<br />

Im Zuge des bis Mitte 2020 dauernden Zulaufs werden die vorhandenen<br />

Fahrzeuge auf das Jägerbataillon 19 in Güssing (das auch bisher bereits<br />

Pandur betrieb) und neu auf das Jägerbataillon 33 in Zwölfaxing aufgeteilt.


WIR SCHÜTZEN<br />

ÖSTERREICH.<br />

Unser Bundesheer ist da, wenn wir es brauchen: Es verteidigt Österreich und schützt<br />

die Menschen in unserem Land. Es sorgt vor, damit Gefahren gar nicht erst aufkommen.<br />

Es sichert staatliche Souveränität und die Lebensgrundlagen der Bevölkerung.<br />

bundesheer.at


0 3 6 H E E R & M E H R<br />

WIR MÜSSEN DIESE<br />

CHANCE NUTZEN!<br />

Wolfgang Baumann<br />

übernahm mit Anfang<br />

Jänner die neu<br />

geschaffene Position<br />

des Generalsekretärs<br />

im Verteidigungsministerium.<br />

Wir haben mit ihm<br />

über Luftschlösser,<br />

die Zukunft der<br />

Miliz und den in den<br />

vergangenen Jahren<br />

aufgelaufenen<br />

Investitionsstau im<br />

Heer gesprochen.<br />

Interview: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / M A N F R E D S E B E K<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N T E R V I E W<br />

err Generalsekretär,<br />

Hals unmittelbarer Vorgesetzter<br />

aller Sektionsleiter<br />

im Bundesministerium<br />

nehmen<br />

Sie eine neu geschaffene<br />

Ebene zwischen Minister und<br />

Heer ein. Wie würden Sie diese Position<br />

beschreiben?<br />

Als höchster Beamter im Verteidigungsministerium<br />

führe ich die Zentralstelle<br />

und vertrete bei Bedarf Verteidigungsminister<br />

Mario Kunasek zum<br />

Beispiel bei Auslandsreisen, Kommandoübergaben<br />

oder anderen Veranstaltungen.<br />

Diese Funktion nehme ich ähnlich<br />

wie ein CEO in der Wirtschaft<br />

wahr. Dazu gehört auch, dass ich da<br />

und dort schon Themen aufgreife,<br />

die politisch noch nicht so deutlich<br />

artikuliert werden können.<br />

Wie ist das zu verstehen?<br />

Nehmen wir beispielsweise das Thema<br />

„6+2“: Es ist nicht zielführend, die Miliz<br />

zu entwickeln, wenn ich nicht vorweg<br />

die entsprechenden Rahmenbedingungen<br />

sicherstellen kann. Dazu gehört,<br />

dass die Milizionäre auch nach ihrem<br />

Grundwehrdienst üben können. Im<br />

Rahmen von sechs Monaten ist das<br />

aber nicht möglich. Bevor ich die Miliz<br />

neu aufstelle und ausrüste, bedarf es<br />

einer politischen Grundsatzentscheidung,<br />

die eine Rückkehr zu den Truppenübungen<br />

überhaupt erst möglich<br />

macht.<br />

Sie haben bereits beim sicherheitspolitischen<br />

Jahresauftakt angekündigt,<br />

dass die Miliz nun wieder gestärkt<br />

werden soll. Warum ist das aus Ihrer<br />

Sicht notwendig?<br />

Die Miliz ist für die umfassende Landesverteidigung,<br />

auf die wir uns wieder<br />

verstärkt konzentrieren müssen, das<br />

wertvollste Gut. In der Vergangenheit<br />

wurde in diesem Bereich leider sehr viel<br />

an Vertrauen zerstört. Zahlreiche Verbände<br />

wurden ohne jedwede Notwendigkeit<br />

aufgelöst. Wir stehen in diesem<br />

Bereich also vor einem Scherbenhaufen,<br />

den wir nun aufräumen müssen.<br />

Damit wären wir schon bei der Neustrukturierung<br />

des Heeres: Warum<br />

wurde diese notwendig und wie ist<br />

der Stand der Dinge?<br />

Wir haben vom vorherigen Verteidigungsminister<br />

eine völlig überdimensionierte<br />

Führungsstruktur übernommen,<br />

die wir nun materiell und personell<br />

den Realitäten anpassen müssen.<br />

Dabei dürfen wir nicht weiter Luftschlösser<br />

bauen, die praktisch nicht<br />

realisierbar sind. Unser Ziel muss es<br />

sein, die Truppe budgetär, materiell,<br />

infrastrukturell und personell so auszustatten,<br />

dass sie ihren Auftrag der militärischen<br />

Landesverteidigung erfüllen<br />

kann. Wir müssen uns auch stets vor<br />

Augen führen, dass das Bundesheer<br />

kein Selbstzweck ist. Das Bundesheer<br />

soll die Bevölkerung bei Bedarf schützen,<br />

dabei allerdings nicht zu einem<br />

Sicherheitsapparat mutieren. Wir<br />

kommen im Rahmen eines abgestuften<br />

Verfahrens erst dann zum Einsatz,<br />

wenn das Innenministerium und andere<br />

Exekutivträger an ihre Grenzen stoßen.<br />

Wie schwierig ist die Umsetzung<br />

dieser Neustrukturierung vor dem<br />

Hintergrund der <strong>aktuell</strong>en Budgetsituation?<br />

Es wird oft so dargestellt, als würde es<br />

beim Bundesheer laufend Einsparungen<br />

geben – das stimmt so nicht! Wir<br />

haben heuer 70 Millionen Euro mehr<br />

zur Verfügung als im vergangenen Jahr<br />

und nächstes Jahr sind es wieder 70<br />

Millionen mehr, als im Budget von Minister<br />

Doskozil hinterlegt. Und um den<br />

enormen Investitionsrückstau der vergangenen<br />

Jahre aufzuarbeiten, sind<br />

Sonderinvestitionen vorgesehen. Für<br />

die Beschaffung neuer Hubschrauber<br />

und Fahrzeuge wurde dank Bundesminister<br />

Kunasek bereits ein solches Paket<br />

beschlossen.


0 3 8 H E E R & M E H R<br />

Neben den Hubschraubern muss<br />

auch das System Eurofighter neu<br />

bewertet werden, gilt es neue Trainingsflugzeuge<br />

anzuschaffen und<br />

der Fuhrpark ist in vielen Teilen in<br />

die Jahre gekommen.<br />

Stimmt, es gibt in vielen Bereichen<br />

Nachholbedarf. Aber, und das sage ich<br />

ganz deutlich: Wir müssen uns auf das<br />

Machbare konzentrieren und uns<br />

nicht in Zielen verlieren, die wir nicht<br />

erreichen können. Es hilft uns nicht<br />

weiter, wenn wir uns mit Deutschland<br />

oder Frankreich vergleichen, die komplett<br />

andere Voraussetzungen haben.<br />

Unsere Referenz sind Länder wie<br />

Tschechien, die Slowakei und Ungarn<br />

und da stehen wir im Vergleich – übrigens<br />

auch budgetmäßig – durchaus<br />

gut da.<br />

REPRÄSENTATIONSAUFGABEN In Vertretung von Verteidigungsminister Mario Kunasek gehört auch die Teilnahme<br />

an Angelobungen und anderen Veranstaltungen zum Aufgabengebiet von Generalsekretär Wolfgang Baumann.<br />

Sie meinen also, dass die Zielsetzung<br />

in manchen Bereichen zu ambitioniert<br />

ist?<br />

Unser Anspruch muss es natürlich sein,<br />

in Teilbereichen mit größeren Partnern<br />

mithalten zu können, und diese Teilbereiche<br />

gehören festgelegt und dann gut<br />

ausgestattet. Alle anderen Bereiche<br />

müssen aber damit leben, dass wir sie<br />

unseren Nachbarländern vergleichbar<br />

ausrüsten. Damit werden wir zwar<br />

nicht in der obersten Liga mitspielen,<br />

aber wir werden unsere Aufträge erfüllen<br />

können. Diesbezüglich ist es übrigens<br />

schade, dass in den vergangenen<br />

Jahren viele Geräte und Fahrzeuge um<br />

wenig Geld verkauft wurden.<br />

Inwiefern?<br />

Wir hätten vieles davon noch gut<br />

gebrauchen und verwenden können.<br />

So stehen wir jetzt in vielen Bereichen<br />

vor dem Dilemma, dass wir regelrecht<br />

gezwungen sind, um viel Geld neue<br />

Gerätschaften anzukaufen, weil es<br />

schlichtweg keine alten mehr gibt.<br />

Wie sicher sind Sie, das es die zuvor<br />

angesprochenen Sonderbudgets<br />

tatsächlich geben wird?<br />

Ganz sicher! In den nächsten fünf Jahren<br />

und – vorausgesetzt die Koalition<br />

besteht weiter – hoffentlich zehn Jahren<br />

werden wir den Investitionsbedarf<br />

beim Bundesheer in jedem Fall positiv<br />

abarbeiten. Parallel dazu verfolgen<br />

wir natürlich auch unser Ziel der<br />

An hebung des Normbudgets auf drei<br />

Milliarden Euro pro Jahr.<br />

Wie unter anderem der Ankauf der<br />

Eurofighter zeigte, ist das Verständnis<br />

der Bevölkerung für derartige<br />

Investitionen oft enden wollend.<br />

Wie kann es gelingen, Herr und Frau<br />

Österreicher besser zu überzeugen?<br />

Es wird auch meine Aufgabe sein, verstärkt<br />

zu kommunizieren, welchen<br />

Bedarf das Bundesheer hat, um den<br />

bereits angesprochenen Schutz der<br />

österreichischen Bürgerinnen und<br />

Bürger sicherstellen zu können. Wir<br />

müssen noch klarer darstellen, dass die<br />

Anschaffung moderner Gerätschaften<br />

für die Erfüllung unserer Aufgaben<br />

zwingend notwendig ist.<br />

Die verstärkte Fokussierung auf die<br />

umfassende Landesverteidigung und<br />

die Truppe wird den <strong>aktuell</strong>en Personalmangel<br />

bei den Unteroffizieren<br />

wohl noch verstärken. Wie soll dieses<br />

Problem gelöst werden?<br />

Ebenso wie das Innenministerium sind<br />

wir von einem Aufnahmestopp ausgenommen.<br />

Wir könnten also mehr Personal<br />

aufnehmen, tun das aber nicht.<br />

Grund dafür ist, dass das Bundesheer in<br />

den vergangenen Jahrzehnten personell<br />

massiv ausgedünnt wurde und man im<br />

vergangenen Jahr dann mit einer 180-<br />

Grad-Kehrtwende versuchte, die Fehler<br />

zu kompensieren. Überstürzte Personalmaßnahmen<br />

konnte das Bundesheer<br />

in der Kürze der Zeit aber nicht verkraften.<br />

Die Truppe war überfordert<br />

und wir mussten die Neuaufnahmen<br />

auf ein vernünftiges Maß zurücknivellieren.<br />

Im Vordergrund steht jetzt die<br />

Qualität der Ausbildung und weniger<br />

die Quantität.<br />

Welche Themen stehen darüber<br />

hinaus auf Ihrer Agenda für die<br />

kommenden Monate und Jahre?<br />

Da gibt es einige. Wir wollen beispielsweise<br />

ein einheitliches Offizierskorps;<br />

vom Unteroffizier über den Offizier bis<br />

zum General. Dahingehend wollen wir<br />

für die Unteroffiziere mehr Durchlässigkeit<br />

schaffen und an der Militärakademie<br />

15 Plätze für engagierte Unteroffiziere<br />

bereithalten, um ihnen Aufstiegsmöglichkeiten<br />

zu bieten.<br />

Es gibt also auch abseits der Truppenneustrukturierung<br />

viel zu tun?<br />

Definitiv! Wie Sie wissen, war ich bereits<br />

von 2000 bis 2002 im Kabinett von<br />

Verteidigungsminister Scheibner und<br />

kenne daher das Bundesheer und seine<br />

Bedürfnisse sehr gut. Das bringt einen<br />

Vorsprung bei der Umsetzung und Realisierung<br />

von Projekten. Glücklicherweise<br />

denken Verteidigungsminister<br />

Mario Kunasek und der neue Generalstabschef<br />

Robert Brieger über die Zielsetzungen<br />

sehr ähnlich wie ich, was uns<br />

die große Chance gibt, die Weichen<br />

richtig zu stellen. Vielleicht ist es die<br />

letzte Chance.<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / N I CO L AS R A I N E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 0 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

Am Schauplatz Umbalkees: Was der Entminungsdienst<br />

mit einem im Zweiten Weltkrieg auf einem Gletscher<br />

notgelandeten deutschen Flugzeug und britischen<br />

Stabbrandbomben zu tun hat.<br />

Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

Fotos: HBF/GUNTHER PUSCH<br />

DER ENTMINUNGSDIENST<br />

JU<br />

UND DIE<br />

TANTE<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


U N T E R W E G S M I T D E M E N T M I N U N G S D I E N S T<br />

FOTO L I N KS : F R I E D L ST E I N E R<br />

VERGANGENHEIT UND GEGENWART Das Wrack der 1941 am Umbalkees notgelandeten Ju 52 diente<br />

Bergsteigern noch einige Zeit als Notbiwak, bevor der Gletscher die Maschine gänzlich umschloss. Rund<br />

fünf Jahrzehnte später stießen dann im Jahre 2002 Prägratner Bergretter mehr als 400 Meter unter der Notlandestelle<br />

auf Teile der Ju 52, die das Eis wieder freigegeben hatte und die anschließend geborgen wurden.<br />

Mit einem Teil davon wurde in weiterer Folge ein sogenanntes Cockpit-Mockup aufgebaut – ein Nachbau<br />

des Cockpits mit Originalteilen.<br />

ort drüben liegen<br />

D<br />

noch einige Stück und<br />

da vorne auch noch<br />

zwei.“ Es ist ein sonniger<br />

Vormittag Mitte<br />

August. Wolfgang<br />

Korner und Roman Hurter vom Entminungsdienst<br />

des Bundesheeres bergen<br />

gemeinsam mit zwei Kollegen im<br />

Zweiten Weltkrieg abgeworfene britische<br />

Stabbrandbomben. Allerdings<br />

nicht dort, wo man diese am ehesten<br />

vermuten könnte, im Zentrum einer<br />

Großstadt, sondern auf fast 3.000 Metern<br />

Seehöhe am Umbalkees, einem<br />

Gletscher in Osttirol. Dort oben – nur<br />

wenige hundert Meter von der österreichisch-italienischen<br />

Staatsgrenze<br />

entfernt – musste während des Zweiten<br />

Weltkriegs eine deutsche Ju 52<br />

notlanden, was damals in der Region<br />

für reichlich Aufregung sorgte und<br />

heute noch den Entminungsdienst<br />

des Bundesheeres beschäftigt.<br />

Aber alles der Reihe nach. Beginnen<br />

wir unsere Erzählung am Nachmittag<br />

des 4. Jänner 1941, als Flugzeugführer<br />

Feldwebel Erich Stobbe mit seiner<br />

Ju 52 (aufgrund ihrer Verlässlichkeit<br />

„Tante Ju“ genannt) den Alpenhauptkamm<br />

zu überqueren versucht. Ein<br />

heftiger Sturm im Großvenedigergebiet<br />

erschwert ihm die Kontrolle seiner<br />

Maschine und als die Tragflächen<br />

vereisen, sieht er sich zum raschen<br />

Handeln gezwungen. Eine Notlandung<br />

am Gletscher scheint die einzige Option,<br />

die Lage ist also mehr oder weniger<br />

aussichtslos. Wider Erwarten ge-<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 2 H E E R & M E H R<br />

BERGUNG DER STABBRANDBOMBEN<br />

Jedes Jahr gibt das Eis am Umbalkees wieder<br />

einige Stabbrandbomben frei. Im Vorjahr<br />

wurden vom Entminungsdienst rund 80<br />

Stück geborgen, heuer waren es 40 Stück.<br />

lingt Stobbe das riskante Landemanöver,<br />

die Ju 52 kommt zum Stehen und<br />

die elfköpfige Besatzung überlebt mit<br />

leichten Verletzungen. Nur Funker<br />

Voigt erwischt es schwerer. Er kann<br />

zwar später von Rettungskräften ins<br />

Tal gebracht werden, verstirbt dort<br />

aber an seinen Kopfverletzungen.<br />

Zurück auf das Umbalkees, wo sich<br />

die Mannschaft nach der Notlandung<br />

mit unwirtlichen Bedingungen und<br />

Temperaturen zwischen minus 25 und<br />

minus 35 Grad konfrontiert sieht.<br />

Zwei Tage probieren Erich Stobbe<br />

und seine Männer mit Schüssen und<br />

Leuchtraketen Rettungskräfte auf sich<br />

aufmerksam zu machen. Als keine<br />

Hilfe eintrifft, steigen der Pilot und<br />

zwei weitere Männer am 6. Jänner<br />

über gefährliche Gletscherspalten hinweg<br />

zur unbewirtschafteten Essenerhütte<br />

ab. Am 8. Jänner erreicht das<br />

Trio schließlich zu Mittag die Ortschaft<br />

Prägraten, von wo sofort vier<br />

Zöllner unter dem Kommando des<br />

Zollwacheassistenten Rudolf Seemüller<br />

mit Proviant zur zurückgebliebenen<br />

Besatzung des Flugzeuges aufsteigen.<br />

Tags darauf macht sich auch<br />

noch eine weitere Hilfsmannschaft<br />

auf den Weg, die sich an der Rettung<br />

der notgelandeten Flugzeugbesatzung<br />

allerdings nicht beteiligen wird. Ihr<br />

Interesse gilt einzig und allein der<br />

Fracht der Ju 52.<br />

Warum aber wird mitten im Winter<br />

ein Trupp mit der gefährlichen Aufgabe<br />

losgeschickt die Ladung eines<br />

Transportflugzeugs vom Gletscher zu<br />

holen? „Genau dieser Aspekt macht<br />

diesen Fall so interessant“, sagt Professor<br />

Dr. Harald Stadler, Bereichsleiter<br />

Mittelalter- und Neuzeitarchäologie<br />

der Uni Innsbruck, der die Geschehnisse<br />

von damals detailliert aufgearbeitet<br />

hat. „Die Zusammensetzung<br />

der Bordcrew, die zu großen Teilen<br />

aus Funkern und Technikern bestand,<br />

und Fundstücke am Gletscher deuten<br />

darauf hin, dass die Ju-52-Komponenten<br />

für eine Radarstation geladen hatte<br />

und auf geheimer Mission in Richtung<br />

Italien war.“ Aber woher kommen<br />

die Stabbrandbomben? Waren<br />

sich die deutschen Kriegsgegner der<br />

heißen Fracht bewusst und haben das<br />

Flugzeugwrack mit einem gezielten<br />

Angriff endgültig zu zerstören versucht?<br />

„Nein“, sagt der Experte: „Da<br />

hat wohl der Zufall Regie geführt. Das<br />

Gebiet lag erst ab 1943 in der Reichweite<br />

alliierter Maschinen. Wir vermuten<br />

daher, dass die Stabbrandbomben<br />

in den letzten drei Kriegsjahren<br />

abgeworfen wurden und von einer<br />

Maschine stammen, die sich auf dem<br />

Rückweg von einem Angriff befand.<br />

Die Besatzungen waren damals dazu<br />

angehalten, noch an Bord befindliche<br />

Ladung vor der Rückkehr abzuwerfen,<br />

um bei der Landung kein Risiko einzugehen.“<br />

Aus diesem Grund rückten<br />

– frei nach dem Motto „besser irgendetwas<br />

angreifen als die Bomben vergeuden“<br />

– immer wieder auch vermeintlich<br />

unbedeutende Ziele in den<br />

Fokus der amerikanischen und britischen<br />

Bombercrews. Professor Stadler:<br />

„Möglich, dass die Besatzung damals<br />

das Wrack der Ju 52 sichtete und<br />

deshalb dort ihre Ladung abwarf.“<br />

Letztlich ist es für die Arbeit der Leute<br />

vom Entminungsdienst nebensächlich,<br />

wie die Bomben auf den Gletscher kamen.<br />

Ihre Aufgabe ist die Bergung und<br />

das Unschädlichmachen des Materials<br />

und das passiert im konkreten Fall einmal<br />

im Jahr im Rahmen der sogenannten<br />

Bergwochen. Dabei sind einige<br />

Mitarbeiter des Entminungsdienstes<br />

in der Region – vor allem in den Karnischen<br />

Alpen und dort insbesondere<br />

rund um den Passo di Monte<br />

Croce/Plöckenpass und den Kleinen<br />

Pal – damit beschäftigt, Kriegsrelikte<br />

aus dem Ersten Weltkrieg zu bergen.<br />

Die Schützengräben, Stellungen und<br />

Stollenanlagen entlang der einstigen<br />

Front zwischen Italien und Österreich-<br />

Ungarn sind dort heute noch gut erkennbar.<br />

„Obwohl seit Kriegsende<br />

mittlerweile 100 Jahre vergangen sind,<br />

wird dort immer noch sehr viel Material<br />

gefunden“, sagt Wolfgang Korner,<br />

Leiter des Entminungsdienstes. Einsatzleiter<br />

Roman Hurter ergänzt: „Die<br />

Anwesenheit vor Ort nutzen wir dann<br />

auch gleich für den Abtransport der<br />

Brandstabbomben, die das Umbalkees<br />

jedes Jahr freigibt.“<br />

Rund 40 Stück bargen die Experten<br />

in diesem Jahr, im Vorjahr waren es<br />

sogar 80. „Schwer zu sagen, wie viele<br />

sich noch unter dem Eis verbergen“,<br />

sagt Roman Hurter, der mit dem Pickel<br />

ein Metallstück freilegt. „Das ist<br />

ein Teil eines Behälters, in dem die<br />

Stabbrandbomben transportiert<br />

wurden. Liegen die Fundstellen des<br />

Behälters und der Bomben so eng zusammen<br />

wie hier, ist das ein eindeutiges<br />

Zeichen dafür, dass sie aus einer<br />

geringen Höhe abgeworfen wurden.<br />

Der Bomber muss also sehr tief geflogen<br />

sein.“ Ob von den Stabbrandbomben<br />

heute noch Gefahr ausgeht?<br />

„Ungefährlich sind sie jedenfalls nicht“,<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


U N T E R W E G S M I T D E M E N T M I N U N G S D I E N S T<br />

sagt Roman Hurter. „Bei den meisten<br />

hat zwar der Zünder ausgelöst, bei einigen<br />

wenigen aber auch nicht. Zudem<br />

können sie immer auch Phosphorreste<br />

enthalten.“ Um auf Nummer sicher zu<br />

gehen, verpacken die Entminungsdienst-Mitarbeiter<br />

die Fundstücke in<br />

Big Packs, die anschließend mit einer<br />

AB 212 ins Tal geflogen werden. „Das<br />

Material wird dann von uns zwischengelagert<br />

und in Allentsteig gesprengt“,<br />

sagt Entminungsdienst-Chef Korner.<br />

Und was passierte mit der heißen<br />

Fracht der Ju 52? „Die wurde damals<br />

vom zweiten Hilfstrupp geborgen und<br />

zum Fliegerhorst nach Klagenfurt gebracht“,<br />

sagt Professor Stadler. „Dort<br />

verliert sich dann aber jede Spur, da<br />

wurde ein großes Geheimnis daraus<br />

gemacht“. Die Maschine selbst diente<br />

Einheimischen und Bergsteigern noch<br />

einige Jahre nach ihrer Notlandung als<br />

Biwak und Notunterschlupf, bevor sie<br />

im ewigen Eis verschwand. Rund fünf<br />

Jahrzehnte später tauchte die Maschi-<br />

ne dann im Juli 2002 in Teilen einige<br />

hundert Meter unterhalb der Notlandestelle<br />

wieder auf, der Gletscher hatte<br />

sie dorthin verfrachtet. Prägratner<br />

Bergrettungsmänner entdeckten bei<br />

ihrem Aufstieg zur Dreiherrnspitze in<br />

einer Seehöhe von 2.750 Metern einzelne<br />

Wrackteile. Diese wurden anschließend<br />

geborgen und das Cockpit<br />

wieder zusammengesetzt. Aber das ist<br />

eine andere Geschichte, die auf<br />

www.ju-52.at gut nachzulesen ist.<br />

Nur so viel: Das rekonstruierte Cockpit<br />

war in den vergangenen beiden<br />

Jahren im Hugo Junkers Hangar in<br />

Mönchengladbach ausgestellt. Aktuell<br />

wird es in der Garage einer Bäckerei in<br />

Prägraten zwischengelagert und befindet<br />

sich damit wieder im selben Ort,<br />

in dem vor 77 Jahren Flugzeugführer<br />

Feldwebel Erich Stobb mit seinen beiden<br />

Begleitern nach ihrem mühsamen<br />

Abstieg vom Umbalkees die Hilfskräfte<br />

alarmierten.<br />

RELIKTE AUS DEM ERSTEN WELTKRIEG<br />

In den Karnischen Alpen erinnern noch viele<br />

Bauten und Veränderungen im Gelände an<br />

die Kämpfe des Ersten Weltkriegs. Vor Ort<br />

kommt es auch immer wieder zu Munitionsfunden<br />

aus dieser Zeit – im Bild oben bergen<br />

Entminungsdienst-Chef Wolfgang Korner<br />

(rechts) und Einsatzleiter Roman Hurter eine<br />

22-cm-Luftmine aus einer Kaverne.


0 4 4 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

JÄGER<br />

DIE VORZEIGE<br />

AUS GÜSSING<br />

Das Jägerbataillon 19 ist nicht nur in Österreichs einziger Musterkaserne beheimatet,<br />

sondern erprobt auch den neuen Pandur-Radpanzer. Militär Aktuell hat die „19er“<br />

beim Gefecht und in der Kaserne besucht. Text: STEFAN TESCH Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />

V<br />

iel Zeit zum Schlafen<br />

gab es in der letzten<br />

Nacht nicht. Denn die<br />

Soldaten der 1. Kompanie<br />

(KPE) hatten<br />

alle Hände voll zu<br />

tun: Nachtlager sichern und das<br />

nächste Angriffsziel penibel aufklären.<br />

Wo genau verschanzen sich die Terroristen?<br />

Welche Bewaffnung haben sie?<br />

Und wie viele sind es überhaupt? Unter<br />

dem Strich blieben nur drei Stunden<br />

pro Soldat für die „Augenpflege“<br />

übrig – und das unter verschärften<br />

Bedingungen: ohne Zelt, dafür im<br />

Schlafsack und ohne Regen.<br />

Nach Sonnenaufgang sind sie trotzdem<br />

schon wieder gefechtsbereit. Die<br />

Mündungen auf das erste Haus im<br />

„Angererdorf“, der Ortskampfanlage<br />

am Truppenübungsplatz Bruckneudorf,<br />

gerichtet. Während die Stoßtrupps<br />

noch im taktischen Waldrand<br />

im Schutz der Blätter die letzten Anweisungen<br />

vom Zugskommandanten<br />

über Funk bekommen, erklärt<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

DAS JÄGERBATAILLON 19<br />

AUF EINEN BLICK<br />

ORTSKAMPF Nach der Befehlsausgabe im<br />

Keller geht es gleich in den Angriff. Haus<br />

um Haus wird genommen, das koodinierte<br />

Vorgehen steht im Übungsfokus.<br />

Das zum BSK (Brigade<br />

Schnelle Kräfte)<br />

gehörende Jägerbataillon<br />

19 (kurz<br />

JgB 19) besteht aus<br />

vier Kompanien:<br />

Stabs-, Kampfunterstützungs-,<br />

sowie zwei Jägerkompanien<br />

(davon die 1. Jägerkompanie als<br />

Kaderpräsenzeinheit). Besonderheit<br />

ist die Ausstattung mit zehn Pandur-<br />

Radpanzern für den Mannschaftstransport.<br />

Bis zur Fertigstellung der<br />

„Musterkaserne“ im Jahr 2014 waren<br />

die „19er“ neben Güssing auch in Pinkafeld<br />

und Oberwart stationiert. Heute<br />

bietet die neue Montecuccoli-Kaserne<br />

(Baukosten 46 Millionen Euro) eine<br />

Kapazität von 750 Betten und umfasst<br />

ein Areal von 43 Hektar. Neben einer<br />

modernen Sportanlage und Hindernisbahn<br />

gehören noch ein fix installierter<br />

Checkpoint, ein Mehrzweckturm<br />

mit Kletterwand sowie eine an<br />

die Kaserne angrenzende Kampfbahn<br />

fürs Trainieren in Gruppenstärke samt<br />

Pandur zur Infrastruktur. Der beim Kasernenbau<br />

entstandene Aushub wurde<br />

als Wall ums Gelände aufgeschüttet.<br />

Dort befinden sich Feuerstellungen<br />

fürs Üben mit der Panzerabwehrlenkwaffe.<br />

Hinzu kommt noch ein zwei Kilometer<br />

entfernter Übungsplatz von<br />

80 Hektar. Namensgeber der Kaserne<br />

ist der kaiserlich-österreichische Feldherr<br />

Reichsgraf Raimondo Montecuccoli<br />

(1609–1680). Er besiegte in der<br />

Schlacht bei Mogersdorf im Jahr 1664<br />

mit seinem 25.000 Mann starken Heer<br />

rund 60.000 Soldaten der osmanischen<br />

Streitkräfte. Ihm zu Ehren steht<br />

auf dem Antreteplatz eine bronzene<br />

Büste um 45.000 Euro, finanziert aus<br />

EU-Geldern sowie privaten Spenden.<br />

PANORAMA Im Vordergrund der Übungs-Checkpoint, dahinter die Kaserne und die Burg.<br />

Kompaniekommandant Hauptmann<br />

Gerhard Hiebler die Übungslage:<br />

„Terroristen nutzen die Häuser als Basis<br />

für weitere Anschläge. Ihre Entschlossenheit,<br />

bei einem Feuergefecht<br />

so viele wie möglich von uns mit in<br />

den Tod zu reißen, macht die Situation<br />

besonders knifflig.“ Und schon<br />

stürmt der Stoßtrupp nach vorne.<br />

„Erstes Haus genommen“ tönt es über<br />

den Funk. Jetzt kommt das Zweite<br />

dran. Doch hier kann man<br />

nicht einfach mit der Aluleiter<br />

übers Fenster einsteigen.<br />

Sprengstoff muss her! Knapp<br />

100 Gramm „Sprengschnur“, zusammengeschlagen<br />

wie ein Bündel Schuhbänder,<br />

räumt mit einem grellen Feuer-<br />

Burgenland<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 4 6 H E E R & M E H R<br />

ball den Weg frei. Die Verbarrikadierung<br />

aus Holz zerbröselt. Eine weitere<br />

Sprengung öffnet die Kellertür, wenige<br />

Minuten später ist der Angriff vorbei.<br />

Nachbesprechung, anschließend Befehlsausgabe<br />

für den nächsten Durchgang.<br />

Zeit zum Verschnaufen bleibt<br />

nur wenig.<br />

Während die Kameraden am Nachmittag<br />

einen dritten Angriff inklusive Lufttransport<br />

mit dem Black Hawk üben,<br />

geht es in ihrer militärischen Heimat,<br />

der Montecuccoli-Kaserne im südburgenländischen<br />

Güssing, weitaus gediegener<br />

zu. Zumindest optisch. Denn die<br />

2014 eröffnete Kaserne ist Österreichs<br />

sogenannte „Musterkaserne“. Statt in<br />

geschichteträchtigen Gemäuern oder<br />

rustikalen Kreuzbauten mit Tarnanstrich<br />

residieren die Soldaten der Güssinger<br />

Garnison im modernen, weißen<br />

Gebäudekomplex mit Glaselementen,<br />

der auch ein kleiner Universitätscampus<br />

sein könnte. „Das macht uns als<br />

größten Arbeitgeber in der Region<br />

noch attraktiver“, erzählt Bataillonskommandant<br />

Oberst Thomas Erkinger.<br />

Journalisten, Schulklassen, Betriebsausflüge<br />

– Gästebetreuung gehört<br />

in der Montecuccoli-Kaserne<br />

zum Alltag.<br />

Doch allzu viel Zeit bleibt Erkinger gar<br />

nicht, seine Kaserne, von deren Terrasse<br />

man einen idyllischen Blick auf die<br />

Burg Güssing hat, zu genießen. Seine<br />

vier Kompanien sind weit verstreut. So<br />

stellt gerade die Stabskompanie drei<br />

Züge im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz<br />

in der Südsteiermark zur<br />

Grenzüberwachung. Die KPE-Kompanie<br />

verbringt mehrere Wochen in Allentsteig<br />

und widmet sich der Erprobung<br />

des neuen Pandur-Modells. Dieser<br />

Radpanzer bekommt nämlich ein<br />

Update in Form einer Waffenstation.<br />

Sie lässt sich aus dem Innenraum fernsteuern,<br />

somit kann man auch während<br />

der Fahrt präzise feuern. Das wirkt<br />

sich wiederum maßgeblich auf die<br />

Gefechtstechnik aus. „Während der<br />

eiNBliCk Bataillonskommandant Oberst Thomas<br />

Erkinger und Militär Aktuell-Autor Stefan Tesch.<br />

alte Pandur nach dem Absitzen der<br />

Mannschaft im Sammelraum verblieben<br />

ist, zieht der Neue mit den Infanteristen<br />

mit und unterstützt mit seiner<br />

Feuerkraft“, verrät Erkinger schon vorab.<br />

Die „19er“ haben die ehrenvolle<br />

Aufgabe, bei der Vorschriftenerstellung<br />

mitzuwirken. Für die KPE-Kompanie<br />

gehört der neue Pandur schon zur<br />

„Familie“. Bei den vormittäglichen<br />

Angriffen im Angererdorf hat er mit<br />

„Ortskampf ist eine Kunst!“<br />

Interview mit WaChtmeister<br />

seBastiaN piChler,<br />

Gruppenkommandant im 1. Zug<br />

der 1. Kompanie (KPE), unmittelbar<br />

nach dem Angriff auf das<br />

„Angererdorf“.<br />

sie haben gerade ihre Gruppe durch<br />

den angriff geführt. Wie war’s?<br />

Beim Sprengen herrscht erhöhte Vorsicht,<br />

denn man muss ständig den Sicherheitsbereich<br />

im Auge behalten. Das in<br />

der Gruppe zu koordinieren, ist nicht<br />

leicht. Häuserkampf ist sehr dynamisch,<br />

da muss man sich in jedem Gebäude und<br />

in jedem Raum auf eine neue Situation<br />

einstellen. Ortskampf ist daher eine<br />

hohe Kunst.<br />

Wie zufrieden sind sie mit der<br />

leistung ihrer Gruppe?<br />

Meine Soldaten haben gute Arbeit<br />

geleistet. Ein paar kleine Fehler gab es<br />

trotzdem – nicht nur bei den Schützen,<br />

sondern auch ich habe den einen oder<br />

anderen Fehler gemacht. In den nächsten<br />

beiden Durchgängen werden wird<br />

das gleich ausbessern.<br />

Wie oft haben sie in ihrem alltag<br />

Gefechtsdienst?<br />

Zwei Mal pro Woche, jeden Dienstag<br />

und Donnerstag. Da üben wir meistens<br />

die Einsatzarten Schutz und Angriff.<br />

Was macht für sie den reiz einer<br />

kpe-einheit aus?<br />

Dass ich mit meiner Gruppe fix für rund<br />

drei Jahre zusammen bin. Da ich sie in<br />

dieser Zeit fast von Grund auf in ihrer<br />

Funktion ausbilde, ermöglicht das eine<br />

perfekte Zusammenarbeit. Und außerdem<br />

herrscht bei uns ein sehr starkes<br />

Zusammengehörigkeitsgefühl.<br />

Was ist das nächste Ziel in ihrer<br />

militärischen laufbahn?<br />

Ich möchte in der KPE Zugskommandant<br />

werden. Danach werde ich möglicherweise<br />

in die „normale“ Truppe wechseln.<br />

Wenn man einmal Familie hat, bleibt<br />

nicht mehr so viel Zeit für die KPE samt<br />

Auslandseinsätzen (lacht).<br />

m i l i t ä r a k t u e l l


T R U P P E N B E S U C H<br />

WEITBLICK Grundwehrdiener des Jägerbataillons<br />

19 beim Handgranatenzielwerfen.<br />

seiner Hightech-Waffenstation den<br />

Soldaten beim Nehmen der Gebäude<br />

unter die Arme gegriffen.<br />

Ebenso neu im Bataillon ist auch die<br />

KAAusb 3 (Kaderanwärterausbildung<br />

3), die heuer erstmals in Güssing stattfindet.<br />

Gerade bekommen 100 Mann<br />

aus diversen Einheiten Österreichs –<br />

vom Militärmusiker bis zum Panzer-<br />

grenadier – den letzten Schliff vor ihrer<br />

Beförderung zum Wachtmeister: Führungsverhalten,<br />

Rechtsausbildung und<br />

Sport. Während des Besuchs von Militär<br />

Aktuell steht gerade die Hindernisbahn<br />

auf dem Programm. „Wir lernen<br />

hier, wie wir künftig als Ausbildungsleiter<br />

gegenüber Grundwehrdienern beim<br />

Sport agieren“, berichtet der 20-jährige<br />

Zugsführer Manuel Kaufmann. „Nicht<br />

zu schnell beginnen, sondern mit konstanter<br />

Geschwindigkeit durchlaufen“,<br />

lautet sein persönliches Geheimrezept.<br />

Damit bleibt auch noch Luft, seine<br />

Gruppe zu führen.<br />

Auf der anderen Seite der Kaserne geht<br />

es ebenso sportlich zu. Grundwehrdiener<br />

des Juli-Einrückungstermins üben<br />

sich im Handgranaten-Zielwerfen. Erkinger<br />

beobachtet sie und freut sich:<br />

„Bis zu 20 Prozent eines Einrückungstermins<br />

wollen Berufssoldaten werden.“<br />

Das war nicht immer so. Investitionen<br />

in Personalwerbung sind anscheinend<br />

auf fruchtbaren Boden gefallen, denn<br />

die „19er“ haben heute einen Befüllungsgrad<br />

von 86 Prozent.<br />

Während eine Handgranaten-Attrappe<br />

nach der anderen auf die kreisförmigen<br />

Sandflächen am Sportplatz fällt, blickt<br />

Erkinger auf seine bisherige militärische<br />

Karriere zurück. Highlight war<br />

definitiv sein Einsatz im Jahr 2011 als<br />

Kommandant des ersten Österreich-<br />

Kontingents im Libanon. „Ich habe<br />

mich nicht ins gemachte Nest gesetzt,<br />

sondern erst das Nest bauen müssen“,<br />

so sein Rückblick. Als „Erster“ gehört<br />

es nämlich auch dazu, Zollbestimmungen<br />

auszuverhandeln und die Rahmenbedingungen<br />

zu klären, wie man Waffen<br />

ins Land bringen darf. „Das war<br />

eine echte Herausforderung“, sagt er<br />

sichtlich stolz. Fast genauso stolz, wie<br />

die bronzene Büste des Feldherren Raimondo<br />

Montecuccoli – der Namensgeber<br />

der Kaserne – über den Antreteplatz<br />

„blickt“.


0 4 8 H E E R & M E H R<br />

BUNDE<br />

FÜR ALLE<br />

Rund um den Nationalfeiertag gibt die Leistungsschau in<br />

der Wiener Innenstadt wieder interessante Einblicke in das<br />

Aufgabenspektrum des Bundesheeres. Ein Überblick.<br />

Text: CONNY DERDAK<br />

Der Wiener Heldenplatz<br />

am 26. Oktober. Rund<br />

1.000 Rekruten stehen<br />

stramm in Reih und<br />

Glied. Sie schwören ihren<br />

Treueeid auf die Republik<br />

und bilden damit eines der Highlights<br />

der jährlichen Leistungsschau des<br />

Bundesheeres rund um den Nationalfeiertag<br />

in der Wiener Innenstadt. Das<br />

Programm umfasst aber weit mehr und<br />

startet bereits am 23. Oktober mit einer<br />

„Leistungsschau light“ vor dem Burgtheater und<br />

auf dem Heldenplatz, wo das Bundesheer auch<br />

bis zum 28. Oktober Präsenz zeigt. „Wir wollen<br />

damit jungen Männern und Frauen gleichermaßen<br />

eine Möglichkeit bieten, sich in gemütlicher<br />

Atmosphäre über Karrieremöglichkeiten beim<br />

Bundesheer zu informieren“, sagt Major Lick<br />

vom Militärkommando Wien. Richtig los geht<br />

es dann am 24. Oktober mit der Landung des<br />

Black Hawk am Heldenplatz (die anderen Hubschrauber<br />

sind schon früher vor Ort) und am<br />

Nationalfeiertag selbst wird der Radius dann<br />

DER GROSSE TAG<br />

Am 26. Oktober werden<br />

rund 1.000 Rekruten<br />

angelobt. Für alle anderen<br />

ist der Nationalfeiertag<br />

eine gute Chance, sich<br />

das Bundesheer einmal<br />

genauer anzusehen.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


N A T I O N A L F E I E R T A G 2 0 1 8<br />

SHEER<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / KA P I C I L I SA<br />

nochmals massiv ausgeweitet und<br />

präsentiert sich ein großer Teil der<br />

Innenstadt im Licht des Bundesheeres.<br />

Beginnen wir in der Schottengasse:<br />

Das Kommando Gebirgskampf ist hier<br />

mit einem Kletterturm vor Ort, der<br />

erklommen werden kann. Beim Kommando<br />

ABC-Abwehr kann jeder ausprobieren,<br />

ob er oder sie mit einem<br />

Detektionsgerät an einer Puppe<br />

Gefahrenstoffe aufspüren kann.<br />

Auf der Freyung finden sich die Militärhunde<br />

sowie die Miliz ein. Besucher<br />

erwarten folgende Vorführungen: Zugangs-<br />

und Fahrzeugkontrollen an einem<br />

eigens errichteten Checkpoint sowie<br />

der Schutz kritischer Infrastruktur.<br />

Am Hof zeigen Cyberabwehr und<br />

Kommando Landstreitkräfte, was sie<br />

leisten. Der Entminungsdienst informiert<br />

über Praktisches – etwa darüber,<br />

was zu tun ist, wenn beim Hausbau<br />

explosive Relikte gefunden werden. Das<br />

Amt für Rüstungs- und Wehrtechnik<br />

präsentiert gemeinsam mit der Heerestruppenschule<br />

Spezialgerät, das in<br />

Erprobung ist, bevor es zur Truppe<br />

kommt. Dort wird eine Drohne des<br />

Bundesheeres zu sehen sein, der zivile<br />

Aussteller Austro Control informiert<br />

außerdem über das richtige Verhalten<br />

mit privaten Drohnen. Ein weiteres<br />

Highlight: tEODor, ein Fernlenkroboter<br />

zur Kampfmittelbeseitigung. Außerdem<br />

informiert das Heerespersonalamt über<br />

die vielen Karrieremöglichkeiten beim<br />

Heer. Besucher haben am Hof auch die<br />

Möglichkeit, sich am Feldpostamt den<br />

beliebten tages<strong>aktuell</strong>en Poststempel<br />

für den 25. und 26. Oktober abzuholen.<br />

Am Graben gibt’s das Sanitätsmodul –<br />

ein gepanzertes Tarnfahrzeug mit einer<br />

Reanimationseinheit. Hier kann man<br />

lernen, wie Erste Hilfe richtig geht.<br />

Weiter geht’s zum Michaelerplatz. Hier<br />

ist die Militärseelsorge mit fünf verschiedenen<br />

Glaubensrichtungen vertreten:<br />

Alevitisch, Evangelisch, Islamisch,<br />

Orthodox und Römisch-Katholisch.<br />

Die Cyberabwehr, deren Aufgabe es ist,<br />

Führungsfähigkeit durch Internetleitungen<br />

und Funkverkehr sicherzustellen,<br />

ist auch hier stationiert und empfängt<br />

Daten von der Dependance am Hof.<br />

Interessierte können sich über richtiges<br />

Verhalten im Internet informieren oder<br />

darüber, wie sie sich auch privat vor<br />

Cyberangriffen schützen können.<br />

Am Heldenplatz sehen Besucher neben<br />

Hubschraubern auch Garde, Militärstreife<br />

und Luftraumüberwachung –<br />

diese präsentiert ihre Lenkwaffe Mistral<br />

und das Radarsystem Flamingo sowie<br />

diverse Abfangszenarien. Von einem<br />

Kletterturm bei der Luftraumüberwachung<br />

können Sportliche mit einer Seilrutsche<br />

zum Heeressport hinüberrutschen.<br />

Auch die Airborne-Community<br />

(ein Zusammenschluss aus Luftunterstu?tzung,<br />

Jagdkommando und Jägerbataillon<br />

25) sowie das Jägerbataillon 24<br />

und die 7. Jägerbrigade sind hier anzutreffen.<br />

Wer Pilot werden möchte, kann<br />

sich bei den Ständen der Flieger- und<br />

Fliegerabwehrtruppenschule oder des<br />

Heerespersonalamtes Informationen<br />

einholen. Die Auslandseinsatzbasis präsentiert<br />

einen Unterkunftscontainer, in<br />

dem sich die Besucher persönlich ein<br />

Bild davon machen können, wie Soldaten<br />

im Ausland untergebracht sind.<br />

Und zu guter Letzt finden sich die<br />

Panzer vor dem Burgtheater: Die<br />

3. Jäger-brigade und 4. Panzergrenadierbrigade<br />

stellen hier den Schützenpanzer<br />

Ulan, den Bergepanzer M88,<br />

Panzerhaubitze samt Rechenstelle sowie<br />

Pionierpanzer zur Schau. In diesem<br />

Sinne: Happy Exploring!<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 0 H E E R &<br />

M<br />

E H R<br />

AUF DU<br />

UND DU MIT<br />

NATO & EU<br />

Österreichs Militärvertretung in Brüssel bringt in Sitzungen und Gremien<br />

rot-weiß-rote Positionen ein, sammelt Informationen von EU und NATO für das<br />

Ministerium in Wien und berät vor Ort in verteidigungspolitischen Angelegenheiten.<br />

Das klingt nicht sehr aufregend, ist es aber durchaus.<br />

Text: JÜRGEN ZACHARIAS<br />

er Zusammenbruch<br />

D<br />

der Sowjetunion vor<br />

knapp 30 Jahren setzte<br />

dem Kalten Krieg ein<br />

Ende. Der Zerfall der<br />

Supermacht hatte aber<br />

auch eine politische und sicherheitspolitische<br />

Neuordnung Europas zur Folge.<br />

Als Konsequenz davon trat Österreich<br />

1995 der durch die NATO angebotenen<br />

„Partnerschaft für den Frieden“ bei, als<br />

Mitglied der Europäischen Union ist<br />

Österreich zudem seit damals Teil der<br />

„Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik“.<br />

Damit verbunden ist auch<br />

die Beteiligung des Bundeheeres an gemeinsamen<br />

Einsätzen zur Bewältigung<br />

<strong>aktuell</strong>er Konflikte vor allem auf dem<br />

Balkan. Im Rahmen der allgemeinen<br />

Einsatzvorbereitung galt und gilt es, die<br />

Zusammenarbeit mit internationalen<br />

Partnern durch militärische Standards<br />

und gemeinsame Ausbildungen und<br />

Übungen vorzubereiten. Nicht zuletzt<br />

FOTO S : H B F/ DA N I E L T R I P P O LT<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


M I L I T Ä R V E R T R E T U N G I N B R Ü S S E L<br />

sollen durch gemeinsame Forschung,<br />

Entwicklung und Beschaffung von<br />

Ausrüstung und Gerät die oft knappen<br />

Budgetmittel möglichst effizient eingesetzt<br />

werden.<br />

23-JÄHRIGE<br />

GESCHICHTE<br />

Bereits seit 1995 unterhält<br />

Österreich in Brüssel<br />

eine Militärvertretung.<br />

Derzeit wird diese von<br />

Generalleutnant Franz<br />

Leitgeb geleitet.<br />

KONTAKTE AUF HÖCHSTER EBENE Die Militärvertretung unterhält<br />

Beziehungen zu EU, NATO und der Europäischen Verteidigungsagentur.<br />

Um diese Zusammenarbeit abzustimmen,<br />

aufrechtzuerhalten und sich mit<br />

internationalen Partnern vor Ort auszutauschen,<br />

unterhält Österreich seit 1995<br />

eine damals aus dem Verteidigungsattaché-Büro<br />

heraus gegründete „Militärmission<br />

Brüssel“. Seit Anfang <strong>2018</strong> steht<br />

die Militärvertretung Brüssel (MVB)<br />

unter der Leitung von Generalleutnant<br />

Franz Leitgeb, der zuvor für die Planungssektion<br />

im Verteidigungsministerium<br />

verantwortlich war. „Unsere<br />

Hauptaufgabe ist die Vertretung der<br />

österreichischen Interessen in den militärischen<br />

Gremien der EU, in der Europäischen<br />

Verteidigungsagentur und der<br />

NATO-Partnerschaft für den Frieden“,<br />

erklärt Leitgeb im Gespräch mit Militär<br />

Aktuell. Mindestens ebenso wichtig ist<br />

aber die Sammlung von Informationen<br />

über neue Entwicklungen und Vorhaben<br />

in Sitzungen und Gremien, deren<br />

Auswertung und Weiterleitung nach<br />

Österreich. Außerdem gilt es, die rotweiß-roten<br />

Positionen auch in informellen<br />

Gesprächen darzustellen, bei<br />

Delegationen anderer Nationen Werbung<br />

für diese Sichtweisen zu betreiben<br />

und im Vorfeld von offiziellen Beschlussfassungen<br />

Kompromisslösungen<br />

für internationale Vorhaben im Sinne<br />

Österreichs auszuverhandeln. „Damit<br />

sind wir eine wichtige Schnittstelle zwischen<br />

der Heimat und unseren internationalen<br />

Partnern“, erklärt Leitgeb.


0 5 2 H E E R & M E H R<br />

Um alle Aufgaben wahrzunehmen,<br />

kann der MVB-Chef auf rund 20 Mitarbeiter<br />

zurückgreifen, welche für die<br />

Interessenvertretung und die nationale<br />

Führung und Verwaltung zuständig<br />

sind. Zum Personalstand der MVB gehören<br />

aber auch noch weitere rund 30<br />

Mitarbeiter, welche mit Masse zur gemeinsamen<br />

Leistungserbringung bei internationalen<br />

Außenstellen beitragen –<br />

beispielsweise im EU-Militärstab, bei<br />

NATO-Dienststellen und im Multinational<br />

Joint Headquarter in Ulm. Um<br />

die zusätzlichen Aufgaben im Rahmen<br />

der EU-Präsidentschaft abdecken zu<br />

können, wurde die MVB heuer temporär<br />

um sechs Personen aufgestockt.<br />

„Die Ratspräsidentschaft ist für uns natürlich<br />

mit Mehrarbeit verbunden“, sagt<br />

Leitgeb auf Nachfrage. „Wir bringen<br />

unsere nationalen Themenstellungen<br />

unter dem Motto ,Ein Europa, das<br />

schützt‘ ein und haben dazu beispielsweise<br />

im Juli die Repräsentanten des<br />

EU-Militärausschusses und Vertreter<br />

der EU-Institutionen zu einem Arbeitsessen<br />

mit dem ehemaligen Verteidigungsminister<br />

Werner Fasslabend als<br />

Gastredner geladen. Während der Ratspräsidentschaft<br />

gehört es außerdem zu<br />

meinen Aufgaben, bei Bedarf den Vorsitzenden<br />

des Militärausschusses General<br />

Kostarakos in Sitzungen zu vertreten.<br />

Dasselbe gilt für meine Mitarbeiter<br />

in Arbeitsgremien, sofern kein dauerhafter<br />

Stellvertreter bestimmt wurde.“<br />

Neben der Ratspräsidentschaft ist <strong>aktuell</strong><br />

auch die Ausgestaltung und Umsetzung<br />

im Rahmen von PESCO (Permanent<br />

Structured Cooperation) auf der<br />

Agenda von Leitgeb ganz oben. „Bereits<br />

2017 hat man sich auf 17 Projekte verständigt,<br />

die nun detailliert und mit Leben<br />

gefüllt werden müssen.“ Österreich<br />

arbeitet an vier Projekten mit: einem<br />

„Cyberprogramm“ mit Griechenland,<br />

dem Aufbau einer grenzüberschreitenden<br />

Katastrophenhilfstruppe mit Italien<br />

sowie am Aufbau eines Kompetenzzentrums<br />

für EU-Trainingsmissionen mit<br />

Deutschland und einer Verbesserung<br />

des grenzüberschreitenden militärischen<br />

Transportverkehrs mit den Niederlanden.<br />

„In den vergangenen Wochen<br />

wurden nun 33 weitere Projekte<br />

eingemeldet, darunter auch das Projekt<br />

,Unbemanntes Sensornetzwerk für<br />

ABC-Schutz/-Abwehr‘ (CBRN Surveillance<br />

as a Service, kurz SaaS), welches<br />

Österreich gemeinsam mit Kroatien,<br />

Slowenien und Ungarn entwickelt.“<br />

Die MVB beschäftigt sich derzeit außerdem<br />

mit den Vorarbeiten zur Evaluierung<br />

des im Juni 2017 eingerichteten<br />

militärischen Planungs- und Durchführungsstabs<br />

der EU und mit Standardisierungen<br />

im Bereich Military Mobility.<br />

„Dabei geht es darum, militärische Güter<br />

und Personal in Europa bedarfsgerecht<br />

leichter verschiebbar zu machen<br />

– jedoch immer unter Aufrechterhaltung<br />

der Souveränität des betroffenen<br />

Staates“, so Leitgeb. „Dazu braucht es<br />

standardisierte Anmeldeformalitäten,<br />

zentrale Anlaufstellen, eine koordinierte<br />

Nutzung von fachspezifischer Ausrüstung<br />

und anteilig auch Infrastruktur-<br />

Ausbauten, die konkret zu planen und<br />

entwickeln sind. Österreich kann dabei<br />

durchaus Vorbild sein – viele der geplanten<br />

Verbesserungen sind hierzulande<br />

längst Standard.“ Auch unabhängig<br />

davon dürfe man den Einfluss Österreichs<br />

als vergleichsweise kleines Land<br />

in der EU nicht unterschätzen. „Da wir<br />

im Bereich der Gemeinsamen Sicherheits-<br />

und Verteidigungspolitik ein Einstimmigkeitsprinzip<br />

haben, ist unser<br />

Einfluss generell größer als in anderen<br />

Politikbereichen mit Mehrheitsprinzip.<br />

Aber natürlich dürfen wir diese Möglichkeit<br />

nicht inflationär in Anspruch<br />

nehmen und es gilt trotzdem soweit<br />

möglich Kompromisslösungen zu finden,<br />

um nicht als Störenfried dazustehen.“<br />

Eine Gefahr dahingehend sieht<br />

Leitgeb nicht: „Viele der im Sicherheitsund<br />

Verteidigungsbereich vorgeschlagenen<br />

Themen sind ohnehin in unserem<br />

Interesse, da geht es also in den<br />

meisten Fällen vor allem um das Fein -<br />

tuning und die konkrete Ausformulierung.“<br />

Nachsatz: „Auch wenn innerhalb<br />

der EU nun mehr militärische Zusammenarbeit<br />

erfolgt – unsere Partnerschaft<br />

mit der NATO ist dennoch unersetzbar.<br />

Militärische Konzepte und Standards,<br />

wesentliche Ausbildung- und Übungsvorhaben<br />

werden nahezu ausschließlich<br />

dort entwickelt und angeboten.“<br />

Als echte Neuerung beurteilt Leitgeb,<br />

dass nun erstmals auch EU-Budgetmittel<br />

für eine europäische Verteidigungs-<br />

ZUSAMMENARBEIT Im Rahmen der Partnerschaft<br />

für den Frieden beteiligt sich Österreich auch an<br />

NATO-geführten Missionen wie KFOR im Kosovo.<br />

forschung und zur Unterstützung des<br />

Aufbaus gemeinsamer militärischer<br />

Kapazitäten eingesetzt werden. Bereits<br />

jetzt laufen dazu erste Programme, ab<br />

2021 sollen dann durch einen „Europäischen<br />

Verteidigungsfonds“ gesteigerte<br />

Anstrengungen, auch in Zusammenschau<br />

mit PESCO, unterstützt werden.<br />

„Dabei stehen letztlich die Koordinierung,<br />

der Aufbau und die Verfügbarmachung<br />

von Kapazitäten im Fokus, die<br />

es <strong>aktuell</strong> in Europa nicht gibt.“ Leitgeb<br />

denkt dabei etwa an Lufttransport- und<br />

Luftbetankungskapazitäten, aber auch<br />

an die forcierte Nutzung des europäischen<br />

Satellitennavigationssystems Galileo,<br />

um sich vom US-amerikanischen<br />

GPS unabhängiger zu machen. Um die<br />

dazu erforderliche EU-Richtlinie mit<br />

allen Mitgliedsstaaten abzustimmen,<br />

erfolgen derzeit unter Leitung der Rüstungsabteilung<br />

der MVB eine intensive<br />

Bearbeitung im Rahmen einer dazu eingerichteten<br />

Arbeitsgruppe sowie Abstimmungen<br />

mit der EU-Kommission<br />

und Vertretern des EU-Parlaments.<br />

Inwieweit war US-Präsident Trump mit<br />

seiner Kritik an Europas Streitkräften<br />

Ausgangspunkt der <strong>aktuell</strong>en Bemühungen?<br />

„Schon Barack Obama hat von<br />

Europa mehr Anstrengungen für die eigene<br />

Verteidigung verlangt – allerdings<br />

hat er die Botschaft vornehmer verpackt“,<br />

so Leitgeb. „Klar ist, dass wir<br />

innerhalb Europas in vielen Bereichen<br />

Nachholbedarf haben. Das wissen wir<br />

auch, nur können wir diesen natürlich<br />

nicht über Nacht aufarbeiten. Aber wir<br />

können jetzt – auch durch Mitwirken<br />

unserer Militärvertretung in Brüssel –<br />

die Basis für Verbesserungen in den<br />

kommenden Jahren und Jahrzehnten<br />

legen und das machen wir auch.“<br />

FOTO : B U N D E S H E E R / K R E I B I C H<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


Von 16. Mai bis 28. Oktober <strong>2018</strong><br />

Schutz<br />

Das Österreichische<br />

& Hilfe<br />

Bundesheer<br />

1955 – 1991<br />

Das Österreichische Bundesheer<br />

www.hgm.at<br />

Sonderausstellung<br />

»Schutz & Hilfe«<br />

1955–1991


0 5 4 H E E R & M E H R<br />

„Die Pferde können<br />

Lasten von bis zu 100<br />

Kilogramm tragen<br />

und pro Tag bis zu<br />

50 Kilometer<br />

zurücklegen.“<br />

Tragtierführer Christopher Bartha<br />

DER<br />

HERR DER<br />

TRAGTIERE<br />

Lastenpferde sind bei militärischen Einsätzen im Hochgebirge aller Technik<br />

zum Trotz immer noch unverzichtbar. Warum das so ist, erklärt Tragtierführer<br />

Christopher Bartha vom Tragtierzentrum Hochfilzen.<br />

Text: HANS SCHNEEWEISS Fotos: SEBASTIAN FREILER<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


T R U P P E N B E S U C H<br />

INTERVIEW<br />

„Mein Pferd und ich sind<br />

ein eingespieltes Team!“<br />

PFLEGE Die richtige Pferdepflege und Haltung der<br />

Tiere und vor allem die Kontrolle der Pferdehufe gehören<br />

zum täglichen Arbeitsaufwand eines Tragtierführers. Ab<br />

und zu gibt es fürdie Tiere auch eine Wellnesseinheit im<br />

Solarium (siehe Bild ganz unten).<br />

Christopher Bartha leistet seinen<br />

Grundwehrdienst im Tragtierzentrum<br />

Hochfilzen. Im Gespräch mit Militär<br />

Aktuell erzählt der Tragtierführer über<br />

seine Aufgaben und wie Einsätze im<br />

Hochgebirge ablaufen.<br />

Herr Bartha, wie wird man Tragtierführer<br />

beim Bundesheer?<br />

Grundvoraussetzungen sind neben dem<br />

Interesse an der Arbeit mit Pferden auch<br />

körperliche Leistungsfähigkeit, Durchhaltefähigkeit<br />

und Fürsorge. Ich persönlich<br />

habe bei der Stellungskomission den<br />

Wunsch geäußert, Tragtierführer werden<br />

zu wollen, weil ich gerne in der Natur bin<br />

und mit Tieren gut umgehen kann.<br />

Was sind ihre wichtigsten Aufgaben?<br />

Die wichtigste Aufgabe ist das Führen des<br />

Tragtieres in schwierigem Gelände bei einem<br />

Einsatz. Dazu gehört natürlich auch,<br />

dass ich mein Pferd betreue – es pflege,<br />

füttere oder seinen Stall ausmiste. Mein<br />

Pferd und ich sind ein eingespieltes Team.<br />

Wie werden die Tragtiere eingesetzt?<br />

Tragtiere werden vor allem für die<br />

Verbringung von Lasten in unwegsamen<br />

Gelände eingesetzt. Sie tragen bis zu<br />

100 Kilogramm Zusatzlast und können<br />

bis zu 50 Kilometer pro Tag zurücklegen.<br />

Dabei sind tägliche Einsatzzeiten bis zu<br />

16 Stunden möglich.<br />

Wie läuft so ein Einsatz ab?<br />

Nach dem Verlegen der Tiere in den Einsatzraum<br />

mit dem eigenen Pferdetransporter<br />

werden die Pferde auf den Einsatz<br />

vorbereitet. Dazu werden sie gesattelt und<br />

anschließend bekommt jedes Tragtier<br />

vom Kommandanten eine Traglast zugewiesen.<br />

Über die Art und das Gewicht der<br />

Traglasten und somit die Belastung für<br />

die Tiere entscheidet der Kommandant<br />

des Tragtierelementes. Dabei orientiert er<br />

sich vor allem an der Marschstrecke im<br />

Gelände – und das kann durchaus unwegsam<br />

sein. Tragtiere können auch noch auf<br />

Gebirgssteigen eingesetzt werden, auf<br />

denen Fahrzeuge keine Fahrmöglichkeit<br />

mehr haben.<br />

VON DER THEORIE ZUR PRAXIS<br />

Das Führen eines Tragtieres ist die<br />

Hauptaufgabe eines Tragtierführers.<br />

Bevor es ins Gelände geht, erfolgt<br />

die Grundausbildung am Ausbildungsplatz.<br />

ANSTRENGEND Auch das richtige<br />

Sattteln will gelernt sein – auch und<br />

vor allem weil der Sattel rund 40 Kilogramm<br />

wiegt. Dazu kommt für das<br />

Tier dann eine Last von bis zu 100 Kilogramm:<br />

Waffen, Munition, Verpflegung<br />

und andere Versorgungsgüter.<br />

Lange Einsätze fordern von den Pferden<br />

also viel Kraft und Kondition.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 5 6<br />

S I C h E R h E I T & W I R T S C h A F T<br />

DEUTSCHE PANZER FÜR<br />

UNDER<br />

Nach einer bereits 2016 erfolgten Typenentscheidung wurde die Münchener ARTEC GmbH (ein Entwicklungs- und<br />

Fertigungskonsortium von Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann) nun im August von der australischen Regierung<br />

mit der Lieferung von 211 Radschützenpanzern und Infanteriekampffahrzeugen des Typs Boxer beauftragt. Ein Großteil<br />

des 2,1 Milliarden Euro schweren Auftrags wird dabei direkt in Australien „abgearbeitet“ – mit diesem Wertschöpfungsargument<br />

konnte ARTEC Rivalen wie BAE Systems und Finnlands Patria ausstechen. Gepunktet hat der Boxer laut der<br />

aus tralischen Beschaffungsbehöre außerdem mit seinem achträdrigen Fahrgestell, auf das bis zu neun austauschbare<br />

Missionsmodule aufgesetzt werden können. Das australische Beschaffungsprogramm „LAND 400 Phase 2“ (Gesamtwert<br />

3,4 Milliarden Euro) umfasst neben den Fahrzeugen auch weitere Produkte von rund 40 lokalen Ausrüstern – unter<br />

anderem ferngesteuerte Waffenstationen von Zulieferer EOS und die Spähpanzer-Variante, die mit einem sogenannten<br />

„Lance-Turm“ mit 30-mm-Kanone ausgestattet wird (siehe Bild).<br />

IM FOKUS<br />

DER KONZERN<br />

IM ÜBERBLICK<br />

5.500<br />

Mitarbeiter<br />

705 Mio. Euro<br />

Umsatz (2015)<br />

Top-Produkte<br />

Marineschiffe, u. a.<br />

Flugzeugträger, Zerstörer,<br />

Fregatten und<br />

U-Boote (Galicia)<br />

NAVANTIA GRUPPE<br />

Als bislang größter Einzel-Exportauftrag an spanische Schiffswerften gilt der jüngst rechtswirksam<br />

gewordene Auftrag des Königreichs Saudi-Arabien an die Staatsfirma Navantia über fünf Korvetten vom<br />

Typ Avante 2200. Noch heuer begonnen,<br />

sollen bereits 2022 alle fünf Korvetten übergeben<br />

und in Dienst gestellt sein. Im Auftrag<br />

inkludiert ist auch eine fünfjährige LCC-Unterstützung<br />

ab Erst-Auslieferung. Die 100<br />

Meter langen Schiffe mit 6.500 Kilometern<br />

Reichweite (bei 18 Kn/33 km/h, Spitze 25<br />

Kn/46 km/h) verdrängen je rund 2.500 Tonnen<br />

und sind mit 76-mm- beziehungsweise<br />

30-mm-Kanonen sowie acht bis 16 vertikalen<br />

Zellen für Flugkörper bewaffnet. Hangar<br />

und Flugdeck sind für einen Helikopter mit<br />

bis zu 10 Tonnen ausgelegt.<br />

FOTO S : h E R ST E L L E R , G E O R G M A D E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


„PRÄZISER UND GÜNSTIGER“<br />

DANIEL<br />

EMONTS<br />

ist Sales &<br />

Marketing<br />

Director bei<br />

der belgischen<br />

Thales-Tochter<br />

FZ in Herstal.<br />

Der französische Konzern Thales hat<br />

bei seinem belgischen Munitionszweig<br />

FZ in Herstal eine einzeln lasergesteuerte<br />

Version der bekannten 70 mm ungelenkten<br />

Salvenrakete zur Serienreife gebracht.<br />

Wir haben mit FZ Sales & Marketing<br />

Director Daniel Emonts über die Innovation<br />

und ihre Vorteile gesprochen.<br />

Herr Emonts, jeder Militärinteressierte<br />

kennt seit Vietnam die spektakulären<br />

Salven aus den Behältern mit den vielen<br />

Löchern. Sollen nun diese sogenannten<br />

„Hydra-Raketen“ abgelöst werden?<br />

Nein, nicht abgelöst. Aber sie sollen ergänzt,<br />

intelligenter und sparsamer werden.<br />

Die FZ275-LGR-Rakete hat nun einen<br />

eingebauten Lasersucher, der auf bis zu<br />

sechs Kilometer einen speziell codierten<br />

Laserpunkt erkennen und erfassen kann,<br />

der von einem damit markierten Ziel reflektiert<br />

wird. Dieses kann entweder vor<br />

dem Abfeuern, nach dem Start oder sogar<br />

von einer externen, dritten Quelle, wie einem<br />

Soldaten auf dem Boden oder einer<br />

anderen Flugplattform wie etwa einer<br />

Drohne, markiert werden. Diese Vielseitigkeit<br />

bietet dem Hubschrauber eine<br />

weitaus größere Überlebensfähigkeit und<br />

die Fähigkeit zum echten Präzisionsangriff<br />

auf ein Ziel aus der Distzanz, ohne<br />

sich in den Bereich von feindlicher Rohr-<br />

Flugabwehr oder Ein-Mann-Flugabwehr<br />

(Anm.: Manpads) begeben oder zu lang<br />

darin verweilen zu müssen.<br />

Welche Voraussetzungen benötigt das<br />

Flugzeug oder der Hubschrauber dafür?<br />

Die meisten der heute auf Hubschraubern<br />

üblichen und zurüstbaren Sensoren beinhalten<br />

einen Lasermarkierer. Außerdem<br />

braucht es ein Helmvisier wie unser Scorpion-System.<br />

Die gelenkte Version ist kompatibel<br />

mit unseren seit Jahrzehnten mit<br />

mehr als 2.000 Stück weltweit verbreiteten<br />

Behältern. Die gibt es in drei verschiedenen<br />

Größen: 7-, 12- oder 19-Rohr, mit Interface/Schnittstelle<br />

für die verschiedensten<br />

Plattformen. Also für Kampf- oder<br />

leichte Unterstützungsflugzeuge, Hubschrauber,<br />

UAVs, Landfahrzeuge und Patrouillenboote.<br />

Gelenkte und ungelenkte<br />

Versionen können in einem Behälter je<br />

Aufklärungslage gemischt geladen und<br />

selektiv ausgewählt werden.<br />

Wie sieht es mit der Ersparnis beziehungsweise<br />

der Effizienz aus?<br />

Zur Bekämpfung von Pick-ups, leicht gehärteten<br />

Fahrzeugen, Flugabwehr-Stellungen,<br />

Radars, Kommunikationsstellen,<br />

abgestellten Flugzeugen oder Hubschraubern,<br />

kleineren Schiffen und Schnellbooten,<br />

Kämpfern in unbefestigten Häusern<br />

oder Scharfschützen sind keine großen<br />

Luft-Boden-Flugkörper notwendig. Die<br />

lasergelenkte 7-cm-Raktete dürfte für<br />

95 Prozent der Ziele im Hubschraubersegment<br />

ausreichen und sie kostet nur<br />

rund 10.000 Euro im Vergleich zur rund<br />

100.000 Euro teuren Hellfire.


0 5 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

GAME OF<br />

DRONES<br />

Text: GEORG MADER<br />

Der Tod kommt von oben: Der Einsatz von<br />

Überwachungs- und Angriffsdrohnen hat die<br />

moderne Kriegsführung revolutioniert. Längst<br />

gelten die unbemannten Systeme als das<br />

Herzstück des „war on terror“ und als<br />

entscheidende Komponente in militärischen<br />

Auseinandersetzungen.<br />

D<br />

er Bericht eines pakistanischen<br />

Untersuchungsausschusses<br />

zur Tötung von Osama<br />

bin Laden enthält<br />

ein spannendes, auf<br />

den ersten Blick aber unscheinbares<br />

Detail: Demnach betrat und verließ der<br />

Terrorpate sein Versteck in Abbottabad<br />

in der pakistanischen Provinz Khyber<br />

Pakhtunkhwa nie ohne Cowboyhut.<br />

Gut könnte man meinen, warum soll<br />

jemand, der bewusst den Tod so vieler<br />

Menschen verursacht hat, nicht trotzdem<br />

auf modische Details achten. Aber:<br />

Seinen Hut trug bin Laden nicht aus<br />

optischen Gründen, vielmehr wollte er<br />

sich damit schützen. Und zwar vor den<br />

über ihm vermuteten US-Drohnen (siehe<br />

Begriffsdefinition). Bin Laden wollte<br />

vermeiden, dass ihn die unbemannt<br />

fliegenden Systeme identifizieren und<br />

gefährlich werden können. Wie wir<br />

heute wissen, ist ihm das nur bedingt<br />

gelungen. Die Anekdote zeigt aber, wel-<br />

che Bedeutung Drohnen mittlerweile<br />

für die militärische Aufklärung und<br />

Kriegsführung haben – und sei es nur,<br />

weil sie durch ihre Präsenz eine Verhaltensänderung<br />

bei feindlichen Truppen<br />

und Terrorverdächtigen erzeugen, die<br />

sich dadurch noch mehr im Verborgenen<br />

halten müssen und weniger offen<br />

agieren können. Kein Wunder daher,<br />

dass die Zahl der Drohnenmodelle und<br />

der produzierten Stückzahlen ebenso<br />

wie die Zahl ihrer Einsätze seit Jahren<br />

stark ansteigen. Der größte Anteil dabei<br />

entfällt auf Aufklärungsdrohnen, deren<br />

Bandbreite von Geräten groß wie eine<br />

Boeing-737 (beispielsweise die MQ-4<br />

Global Hawk) mit 40 Stunden Einsatzzeit<br />

hoch über dem kommerziell genutzten<br />

Luftraum reicht, bis hin zu am<br />

Gürtel getragenen Mini-Drohnen (etwa<br />

Black Hornet) mit 30 Minuten Aufklärungszeit<br />

über dem nächsten Dorf oder<br />

Hügel als Spähtrupp-Ersatz. Graduell<br />

allen Systemen gemein ist die Eigenschaft,<br />

eigenen Truppen vitale Informationen<br />

über Bedrohungen zu liefern –<br />

wenn auch nicht immer in Echtzeit,<br />

so doch zumindest „zeitverzugsarm“.<br />

Gerade einmal 20 Prozent des weltweiten<br />

Drohnen-Spektrums gelten wie die<br />

MQ-9 Reaper als bewaffnungsfähig und<br />

können zu Luft-Boden-Einsätzen herangezogen<br />

werden – was öffentlich viel<br />

diskutiert wird. Das liegt einerseits an<br />

den mit den Systemen durchgeführten<br />

außergerichtlichen Tötungen von Terrorverdächtigen<br />

durch die CIA oder<br />

Israel, andererseits aber auch an den<br />

zahlreichen zivilen Opfern infolge von<br />

Drohnenangriffen, die beispielsweise<br />

durch Fehler in der Zielaufklärungsund<br />

Verfolgungskette passieren. Die<br />

aktive und überraschende Bekämpfung<br />

von Bodenzielen ist allerdings nur möglich,<br />

wenn die Geräte entweder unbemerkt<br />

(weil so klein, leise oder dank<br />

Stealth-Eigenschaften für konventionelles<br />

Radar nur schwer zu orten) oder unerreichbar<br />

(weil so hochfliegend) blei-<br />

FOTO S : H E R ST E L L E R<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


D R O H N E N<br />

Drohnen im eigentlich Sinn sind Roboter, deren simple Bestimmung es ist, nach einem programmierten Flugprofil<br />

als Übungsziele abgeschossen zu werden. In den vergangenen Jahren hat sich die Bezeichnung aber fälschlicherweise<br />

auch als Sammelbegriff für viele kommerziell verfügbare und eingesetzte Modelle eingebürgert, im Detail<br />

wird dabei zwischen UAS (Unmanned Air Systems) und UCAV (Unmanned Combat Air Vehicle) unterschieden.<br />

Großes Bild: Die hochfliegende Aufklärungsund<br />

Zielmarkierungsplattform Guizhuo Soar<br />

Dragon. Kleine Bilder ( v. o. n. u): BAE-Konzept<br />

einer Stealth-Angriffsdrohne, die Northrop X-47B<br />

landet automatisch auf Flugzeugträger und Start<br />

von Israels Kamikaze-Roboter IAI-Harop.<br />

ben. Auf ihren Einsatz kann ein lokaler<br />

Kommandant außerdem nur dann bauen,<br />

wenn seine Kräfte eigene Luftüberlegenheit<br />

haben, was bei westlichen Armeen<br />

in nahezu allen Einsatzgebieten<br />

der vergangenen Jahrzehnte der Fall<br />

war. Die Luftwaffen hatten dabei entweder<br />

keinen ernst zu nehmenden<br />

Luftgegner zu fürchten oder konnten<br />

ein mehr oder weniger integriertes<br />

Luftverteidigungssystem gleich zu<br />

Beginn eines Konflikts ausschalten.<br />

Gegen funktionierende Luftabwehr<br />

(wenn sie nicht elektronisch gestört<br />

werden kann) sind die meist von Operateuren<br />

in weit entfernt liegenden Flugzentralen<br />

gesteuerten Drohnen gleich<br />

welcher Hersteller nahezu hilflos. Denn<br />

die entweder wegen ihres Propellerantriebs<br />

oder weil überwiegend im Unterschallbereich<br />

sich bewegenden UAS<br />

und UCAVs geben eine gute Radarsignatur<br />

ab und erlauben keine abrupten<br />

Manöverlastwechsel oder Steigleistungen.<br />

Abschüsse wie jener einer georgischen<br />

Heron-Drohne israelischer Bauart<br />

vor einigen Jahren sind für moderne<br />

Kampfjets daher keine große Herausforderung.<br />

Die Heron filmte eine anfliegende<br />

russische MiG-29 und deren auf<br />

sie gestartete R-73-Lenkwaffe hochauflösend<br />

– bis das Bild ausfiel. Ähnlich<br />

erging es den österreichischen Schiebel<br />

Camcopter, die im OSZE-Einsatz in<br />

der Ukraine ein Opfer ganz traditioneller<br />

23-mm-Zwillingsflak wurden.<br />

Diese Umstände sind es auch, die<br />

Drohnen in absehbarer Zeit zu keinem<br />

vollwertigen Ersatz für Kampfflugzeuge<br />

werden lassen. Als Angriffselement (gegen<br />

Bodenziele) können und werden<br />

sie die Jets im Datenverbund mehr und<br />

mehr ergänzen und deren Wirkungskreis<br />

erweitern, ein Einsatz gegen andere<br />

unbemannte und schon gar nicht gegen<br />

bemannte Luftgegner ist aber vorerst<br />

keine Option, wie auch General<br />

(ret) Dave Daptula bestätigte, der viele<br />

Jahre lang als Drohnenpapst der USAF<br />

galt: „Das sind Hollywood-Fantasien!<br />

Es ist kein Sensor beziehungsweise keine<br />

Rechenleistung erkennbar, die das<br />

Hirn, die Situationsübersicht und die<br />

Beurteilungsfähigkeit eines gut trainierten<br />

Fighter-Jockeys ersetzen kann.<br />

Dazu bedarf es künstlicher Intelligenz,<br />

an der auch bereits massiv geforscht<br />

wird. Um den Grad von deren zugelassenem<br />

Anteil stellen sich dann in erster<br />

Linie ethische und moralische Fragen,<br />

die politisch und nicht technisch beantwortet<br />

werden müssen. Aber das ist<br />

noch auf etliche Jahre nicht zu erwarten,<br />

alle Hersteller betonen stets die unabdingbare<br />

menschliche Komponente.“<br />

Wohl gibt es laufende und auch bereits<br />

fliegende Bestrebungen, Kampfdrohnen<br />

mit geringerer Signatur zu entwickeln,<br />

die sich auch in umkämpften<br />

Lufträumen einsetzen lassen. Solche<br />

Projekte sind <strong>aktuell</strong> aber entweder<br />

noch im Prototpyen- und Testträgerstadium<br />

(wie beispielsweise BAEs<br />

Taranis oder Dassaults nEURON) oder<br />

überhaupt nur Plastikmodelle, Computer-<br />

oder Luftpinselimpressionen wie<br />

die im April in Berlin auf den Weg gebrachte<br />

deutsch-französische EURO-<br />

MALE. In den USA wurde aus dem<br />

UCLASS-Programm einer geplanten<br />

von Flugzeugträgern operierenden<br />

Stealth-Angriffsdrohne (die auch schon<br />

mal autonom Landeanflüge abbrach<br />

und an Land zurückkehrte, wenn Anflugparameter<br />

und Wind nicht stimmten)<br />

eine am 31. August an Boeing vergebene,<br />

katapultgestartete und autonom<br />

landende Tankstellendrohne. In<br />

500 Kilometer Entfernung vom Träger<br />

fliegend sollen diese MQ-25 Stingray<br />

den Radius der Trägerflugzeuge verdoppeln.<br />

Alle Anstrengungen – gleich<br />

ob für lange Reichweiten in großen (abgekürzt<br />

HALE) oder mittleren Höhen<br />

(MALE) oder für potenzielle Tiefflugangriffe<br />

von Stealth-Geräten (UCAVs)<br />

– betreffen <strong>aktuell</strong> ausschließlich das<br />

Eindringen und den Angriff mit gelenk-<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 6 0 s I c h e r h e I t & W<br />

I<br />

r t s c h a F t<br />

„Wir sind keine Xbox-Krieger!“<br />

Wie sieht der Alltag jener Männer und Frauen aus, die an ihren Bildschirmen<br />

mit Sidestick, Tastatur und Breitband-Sat Einsätze in mehr als 10.000 Kilometer<br />

Entfernung fliegen? Militär Aktuell hat mit einem Reaper-Operateur der<br />

USAF über sein oft monotones Tagesgeschäft gesprochen. interview: GeOrG maDer<br />

anzeichen für hinterhalte frühzeitig zu<br />

erkennen oder sprengfallen aufzuspüren,<br />

die an unterschiedlich hellen streifen<br />

sand und erde zu erkennen sind.<br />

die allermeiste Zeit beobachten wir<br />

deshalb siedlungen, unsere eigenen<br />

truppen, wir überwachen die durchsuchung<br />

eines Viertels oder eines<br />

Blocks – allerdings stets mit höchster<br />

aufmerksamkeit.<br />

Gemäß US-Vorschriften zur Operationssicherheit dürfen wir an dieser Stelle den Namen unseres<br />

Gesprächspartners (Dienstgrad: Hauptmann, Dienstort: Creech/Nevada) nicht nennen.<br />

Von Reaper-Operateuren wird oft<br />

ein finsteres Bild als eiskalte technokrieger<br />

gezeichnet. inwieweit entspricht<br />

dieses Bild der realität?<br />

Wir kennen diese Bilder natürlich, aber<br />

sie entsprechen in keinem Fall der realität.<br />

Ich selbst habe fast 5.000 stunden<br />

lang Flugerfahrung mit UaVs,<br />

davon waren aber nur etwa 90 stunden<br />

echte Kampfeinsätze. mit unserer<br />

darstellung in hollywood als Xbox-<br />

Krieger hat die realität nichts zu tun.<br />

Wir nutzen zwar auch spielecomputer,<br />

aber nur während unserer ausbildung<br />

an einer mock-Bodenstation als szenariohintergrund.<br />

Bei uns habe ich noch<br />

niemanden getroffen, der realität und<br />

shooter-spiel nicht auseinanderhalten<br />

konnte. Im Gegenteil, etlichen war und<br />

ist die emotionale spange im Kopf, das<br />

an- und abschalten zu groß. Zuerst<br />

Kinder zur schule bringen, dann in den<br />

stützpunkt fahren‚ bärtige männer mit<br />

AK-47 in toyotas am anderen ende der<br />

Welt beobachten und vielleicht töten<br />

und dann um 17.00 Uhr wieder mit der<br />

Family einkaufen gehen und sich an<br />

der Kasse brav anstellen, ist ein<br />

schwieriger spagat. den schafft nicht<br />

jeder. Immer wieder gibt jemand deshalb<br />

seine Funktion als UaV-driver auf.<br />

Welche missionen machen den<br />

Hauptbestandteil ihrer arbeit aus?<br />

oft oberservieren wir tage- oder wochenlang<br />

eine anlage im land X. Wenn<br />

ich zu Beginn der arbeitsschicht die<br />

Kopfhörer aufsetze, sehe ich daher oft<br />

genug dasselbe Bild wie am tag zuvor.<br />

Und wird es doch einmal ernst, gibt es<br />

oft keine Feuererlaubnis, weil Unbeteiligte<br />

oder angehörige zu dicht am Geschehen<br />

sind. Natürlich wissen unsere<br />

Gegenüber das auch und umgeben<br />

sich selbst beim anlegen von hinterhalten<br />

mit Kindern und Frauen. In solchen<br />

Fällen müssen wir warten, bis sie<br />

vielleicht einen Fehler machen und wir<br />

Feuerbefehl bekommen.<br />

also gehen Sie die überwiegende<br />

Zeit reinen routinetätigkeiten nach?<br />

routine darf es niemals werden, weil<br />

es bei uns auch immer darum geht, die<br />

eigenen truppen oder alliierte zu<br />

schützen. Zu 90 Prozent sind wir mit<br />

Überwachungs- und aufklärungsaktivitäten<br />

beschäftigt, um beispielsweise<br />

inwieweit gehören die kolportierten<br />

ferngesteuerten tötungen terrorverdächtiger<br />

ohne vorherige anklage<br />

und Gerichtsverfahren zum Geschäft?<br />

das ist die Befehlskette anderer Behörden.<br />

Zwar nutzen diese bisweilen<br />

UsaF-Geräte, aber sowohl in deren<br />

entscheidungsfindung sowie dann in<br />

ihrer Umsetzungsphase sind wir „ausgeblendet“.<br />

Überhaupt ist das alles<br />

sehr fragmentiert, der Jtac (Anm.: Joint<br />

Terminal Attack Controller), der unseren<br />

Waffeneinsatz autorisiert, kann<br />

überall sitzen. hier bei uns oder tausende<br />

Kilometer entfernt vor ort.<br />

Woher kommen die Drohnenpiloten,<br />

welchen Background müssen<br />

sie mitbringen?<br />

die rekrutieren sich aus allen Bereichen:<br />

es sind ehemalige Jagdflieger<br />

oder transporterpiloten unter uns,<br />

aber auch hubschrauberleute, die mit<br />

ihren geschulten augen oft details im<br />

Gelände oder an Gebäuden sehen, die<br />

„Jagdfliegeraugen“ nicht erkennen.<br />

ausgebildete Jagdflieger hingegen<br />

können situationen schneller verarbeiten.<br />

charakteristisch für unsere tätigkeit<br />

sind die vielen Flugstunden, die<br />

sich aus der luftaufklärung und -unterstützung<br />

ergeben: Während es F16-Piloten<br />

auf vielleicht 250 stunden im Jahr<br />

bringen, kommen wir auf rund 1.000<br />

stunden.<br />

Foto s : G e o r G m a d e r & h e r st e l l e r<br />

m i l i t ä r a k t u e l l


MQ-9 Reaper<br />

Nachfolger der MQ-1<br />

mit Turbopropantrieb.<br />

D R O H N E N<br />

MQ-1 Predator<br />

Mit diesem US-Modell<br />

begann die verbreitete<br />

Nutzung von Drohnen<br />

als Waffenplattform.<br />

Harop<br />

Die israelische Selbstmorddrohne<br />

startet mit Raketentreibladung.<br />

Eitan<br />

Das israelische Modell ist<br />

die Basis für die auch von<br />

Deutschland geleaste,<br />

bewaffnungsfähige<br />

Heron.<br />

Black Hornet Die britische Mini-<br />

Drohne wird u.a. zur Aufklärung in Gebäuden<br />

und Stiegenhäusern eingesetzt.<br />

ten Abwurfwaffen gegen gut verteidigte<br />

Boden- und Schlüsselziele. Illustriert<br />

wurde dieser Ansatz vor einigen Jahren<br />

durch das Motto der UAV-Konferenz<br />

„UMEX“ in den Arabischen Emiraten:<br />

„To kick down the door!“<br />

Wie unterschiedlich die immer wichtiger<br />

werdende Drohnen-Komponente<br />

von Militärs weltweit gesehen wird, verdeutlichen<br />

drei diametrale Zugänge aus<br />

der jüngsten Zeit: Während die EU-<br />

Verteidigungsagentur EDA für viel Geld<br />

die Kollisions- und Ausweichtauglichkeit<br />

unbemannter Geräte in Richtung<br />

der Zulassung zur Teilhabe im kontrollierten<br />

(zivilen) Luftraum vorantreibt<br />

(die italienische Firma Leonardo hat<br />

hier mit dem Testträger SKY-Y001 Pionierarbeit<br />

geleistet), stehen am anderen<br />

Ende der „Bemühungen“ Exporte der<br />

bewaffneten chinesischen Predator-Kopien<br />

CH-3 und CH-4 in Länder wie Nigeria,<br />

Saudi-Arabien oder Ägypten. Zu<br />

einer eigenen Kategorie entwickeln sich<br />

parallel dazu Kamikaze-Drohnen, die<br />

sich während des Überwachungsauftrages<br />

selbst in ein Ziel stürzen und an der<br />

Kontaktlinie<br />

des Karabach-Konflikts<br />

in Form einer<br />

israelischen IAI Harop<br />

durch Aserbaidschan<br />

auch bereits<br />

zum Einsatz kam. Die<br />

dortigen Generäle<br />

zeigten sich gegenüber<br />

dem Autor von Präzision<br />

und Wirkung „begeistert“, die<br />

Entwicklung weiterer Kamikaze-Typen<br />

ist längst im Gange.


0 6 2 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

DIE<br />

ARTILLERIE<br />

ALTERNATIVE<br />

Mit dem neuen 120-mm-Werferautomaten SRAMS sorgen<br />

Hirtenberger Defence Systems und ST-Engineering für eine schlagkräftige<br />

und zugleich rasch verlegbare Feuerunterstützung. Text & Foto: GEORG MADER<br />

S<br />

chwere Granatwerfer<br />

sind für viele Armeen<br />

mittlerweile eine akzeptable<br />

Alternative<br />

zu klassischen Artilleriegeschützen, die<br />

immer öfter selbstfahrend aufgebaut<br />

werden und dadurch in der Beschaffung<br />

langwierig und im Ankauf teuer sind.<br />

Aktuelle Gefechtserfahrungen beispielsweise<br />

aus der Ukraine zeigen zudem<br />

den gestiegenen Nutzen kompakter<br />

Werfer, die flinke Stellungswechsel<br />

möglich machen, noch bevor der Gegner<br />

das Feuer erwidern kann. Auf der<br />

Land-Warfare-Rüstungsmesse Eurosa-<br />

tory in Paris präsentierte Hirtenberger<br />

Defence Systems (HDS) gemeisam mit<br />

ST-Engineering aus Singapur dahingend<br />

ein innovatives Nischenkonzept, das<br />

mit rot-weiß-roten Wirkmitteln eine<br />

schlagkräftige Feuerunterstützung erlaubt:<br />

den durchaus futuristisch anmutenden<br />

120-mm-Werferautomaten<br />

SRAMS (kurz für Super Rapid Advanced<br />

Mortar System).<br />

Über HDS’ Niederlassung in Großbritannien<br />

soll im Rahmen einer Produktpartnerschaft<br />

der den Asiaten sonst<br />

schwer zugängliche europäische Markt<br />

eröffnet werden, wobei Feuerkontrollsystem<br />

und drei bereits in Europa zugelassene<br />

Munitionsarten von den Österreichern<br />

kommen. Darunter neben<br />

Rauch-, Leucht- oder IR-(Fallschirm-)<br />

Grananten auch die neue hochexplosive<br />

Version HE Confrag Mk. 3, mit 60 Prozent<br />

erhöhter Splitterwirkung. Confrag<br />

wird auch für die 60- und 81-mm-<br />

Werfer angeboten.<br />

Kernidee hinter dem Kooperationskonzept<br />

ist, dass durch die ausgeklügelte<br />

Rückstoßdämpfung des SRAMS das<br />

Feuern aus diversen bereits am Markt<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


W E R F E R A U T O M A T S R A M S<br />

EINFACHE BEDIENUNG Das SRAMS-System ist unkompliziert<br />

zu bedienen und erlaubt bis zu zehn Schuss pro<br />

Minute. Hier wird das Entfernen einer Granate über die<br />

Mündung demonstriert, sollte der Werfer unklar werden.<br />

erhältlichen und in Streitkräften eingeführten<br />

Rad- oder Kettenfahrzeugen<br />

möglich wird. Laut HDS-Marketingleiter<br />

Carsten Barth genügen dafür wie<br />

beispielsweise bei STs Erstexportkunden<br />

VAE (mit lokaler Munition) bereits<br />

4×4-Plattformen wie RG31. Denkbar<br />

wäre die Verwendung laut Barth aber<br />

auch auf „Hägglund-artigen Fahrzeugen“,<br />

sowie auf sämtlichen 6×6- und<br />

8×8-Mehrzweckrad- beziehungsweise<br />

Kettenfahrzeugen. Somit entfällt – anders<br />

als bei selbstfahrender Artillerie –<br />

der budgetäre und logistische Aufwand<br />

der Beschaffung eines eigenen oder zusätzlichen<br />

Fahrzeuges.<br />

Das vollelektronische Feuerleitsystem<br />

mit Komponenten von Rockwell-Collins<br />

ermöglicht einen völlig autonomen<br />

Einsatz des Effektors und eröffnet mehrere<br />

Einsatzvarianten. Die computerunterstützte<br />

Feuerleitung richtet das Rohr<br />

automatisch auf die vom vorgeschobenen<br />

Beobachter – der mit seinem<br />

Handheld-Gerät im Gelände, auf einem<br />

anderen Fahrzeug oder künftig auch in<br />

einem Hubschrauber sein kann – markierten<br />

Ziele, bis zu einer Entfernung<br />

von 9.000 Metern. Das System inkludiert<br />

unter anderem eine Laserzielerfassung,<br />

ein GPS-Navigationssystem und<br />

eine digitale Landkarte.<br />

Wie in Paris im Frühjahr angekündigt,<br />

fanden seither von HDS vermittelte<br />

Schussversuche sowie -nachweise<br />

statt, die für das ST-Team um Chef -<br />

ingenieur James Teow Soon Ng und<br />

General Manager Chor Kiat Tan sonst<br />

in Europa nur schwer zu organisieren<br />

gewesen wären. Ende September erhielt<br />

das Team auch die Möglichkeit<br />

zu einem „Live Fire“ am Bundesheer-<br />

Schießplatz Felixdorf des Amtes für<br />

Rüstung und Wehrtechnik. Dazu sagten<br />

sich auch Militärs und Behördenvertreter<br />

aus mehreren potenziellen<br />

Exportländern (Deutschland, Litauen,<br />

Estland oder Slowenien) an – auch<br />

Militär Aktuell war dabei.<br />

Aufgrund der hohen Sicherheitsauflagen<br />

durfte in Felixdorf aber nur die<br />

(blaue) Trainingsmunition mit entsprechend<br />

kleiner Zielmarkierungsladung<br />

eingesetzt werden. Die kleinen grauen<br />

Wölkchen in – je nach Rohrwinkelstellung<br />

– verschiedener Entfernung waren<br />

leider kaum zu sehen. Eindrucksvoll<br />

hingegen die rasche Schussfolge<br />

von bis zu zehn Granaten pro Minute<br />

und die schlau konstruierte Ladeschlittenmechanik,<br />

welche die Munition in<br />

Sekunden über das samt doppeltem<br />

Mündungsdiffuser 2,1 m lange Rohr<br />

hebt und von vorne einsetzt.


0 6 4 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

MEHR<br />

Die Entscheidung ist gefallen: Spät, aber doch leitet Österreich die Beschaffung<br />

von zwölf neuen Mehrzweckhubschraubern als Ersatz für die Alouette III ein. Ein<br />

möglicher Kandidat ist der H145M von Airbus Helicopters. Text & Foto: GEORG MADER<br />

Nach jahrelanger Verschleppung<br />

wurde mit<br />

dem Ministerratsbeschluss<br />

vom 22. August<br />

nun offenbar endlich<br />

der Weg zur Ausschreibung<br />

von zwölf leichten Mehrzweckhubschraubern<br />

als Ersatz für die Alouette<br />

III geebnet. Um die überfällige<br />

Neubeschaffung werden sich wohl<br />

drei Hersteller bewerben, darunter –<br />

den Querelen rund um den Eurofighter<br />

zum Trotz – auch die Airbus-Tochter<br />

Airbus Helicopters mit dem H145M.<br />

Obwohl seine Mi-8 und Mi-17 nicht<br />

ganz an das Alter der Alouette III heranreichen,<br />

hat Ungarn erst am 29. Juni<br />

die Bestellung von 20 Stück des gerade<br />

noch in die Kategorie „Leichter Mehrzweckhubschrauber“<br />

fallenden H145M<br />

um rund 260 Millionen Euro bekannt<br />

gegeben. Als Teil des Geschäfts wurde<br />

dem Hersteller im Sommer die Nutzung<br />

des Bakony-Truppenübungsplatzes<br />

nördlich des Balaton für Scharfschieß-Demonstrationen<br />

ermöglicht, zu<br />

denen neben Militärdelegationen aus<br />

einem Dutzend potenzieller Kundenländer<br />

– darunter Österreich – auch<br />

Militär Aktuell eingeladen war.<br />

Kernstück der gezeigten „Militarisierung“<br />

des aus dem BK-117 (von MBB<br />

und Kawasaki) und dem (bis 2015)<br />

Eurocopter EC-645 hervorgegangenen<br />

H145M ist das modular zurüstbare Bewaffnungspaket<br />

Hforce. Es wird in vier<br />

Optionen angeboten: Option 0 sieht<br />

die volle Einbauvorbereitung und Verkabelung<br />

für eine Bewaffnung vor, ist<br />

aber zunächst unbewaffnet. Option 1<br />

inkludiert ein einäugiges Helmvisier<br />

(für den Piloten) und Behälter für<br />

12,7-mm-üsMG (FH-Herstal), 20-mm-<br />

Kanone (Nexter) und ungelenkte 68-<br />

beziehungsweise 70-mm-Raketen (Thales).<br />

Option 2 baut auf Option 1 auf,<br />

ergänzt um einen elektrooptischen Sensor<br />

Wescam MX15, der den Waffeneinsatz<br />

auch durch den zweiten Piloten erlaubt<br />

und die Situationsübersicht auch<br />

auf den drei Farbdisplays des Helionix-<br />

Cockpits wiedergibt. Option 3 erweitert<br />

das Paket schließlich um lasergelenkte<br />

FZ275-70-mm-Raketen (aus dem<br />

selben Behälter wie die ungelenkten,<br />

auch gemischt) sowie echten Panzerabwehrlenkwaffen<br />

(wie Hellfire-Klasse).<br />

Ungarn hat die stärkste Option 3 gewählt,<br />

Serbien in seiner ebenfalls kürzlich<br />

erfolgten Beschaffung von neun<br />

Stück die Option 2. Basierend auf der<br />

österreichischen Informationseinholung<br />

(RFI) 2017 meint man bei Airbus mit<br />

dem H145M ziemlich richtig zu liegen.<br />

Aber gegen ihn werden mit dem Bell-<br />

Textron B429 sowie dem Agusta Westland<br />

(nun Leonardo) AW109 Trekker<br />

(mit Kufen) zwei ebenfalls top-moderne,<br />

wenn auch um rund eine Tonne<br />

kleinere Geräte antreten. Zudem sollen<br />

die neun Stück der österreichischen<br />

S-70 Black Hawk-Flotte um drei gebrauchte<br />

aufgestockt werden – nachvollziehbar,<br />

wenn man die geringere<br />

Lufttransportkapazität der geplanten<br />

zwölf neuen Mehrzweckhubschrauber<br />

mit den zuletzt 21 Alouette vergleicht.<br />

Angesprochen auf den im Rahmen<br />

eines Katastrophenschutzpaketes<br />

angestrebten Helikopterankauf meint<br />

Verteidigungsminister Mario Kunasek:<br />

„Selbstverständlich kann dieses militärische<br />

Gerät neben Katastropheneinsätzen<br />

auch für klassische militärische<br />

Zwecke eingesetzt werden.“<br />

Der Waffeneinsatz des H145M wirkte in<br />

Bakony aufgrund der großen Distanz<br />

(Sicherheitsgründe) übrigens mehr<br />

optisch denn akustisch. Interessant<br />

war allerdings der gleichzeitige Ausstoß<br />

von Täuschkörpern (Flares) aus den<br />

Bechern an den vier Kufenenden und<br />

die Erkenntnis, dass sich der H145M<br />

überraschend geräuscharm bewegt.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


SPEZIAL-UHR<br />

In der Herstellung von Fliegerchronographen hat die Marke Hanhart<br />

aus dem südlichen Schwarzwald eine lange Historie. Die Neuaufstellung<br />

des ö?sterreichischen Kommando Luftstreitkrä?fte im Jahr 2017 inspirierte<br />

das Bundesheer, mit Hanhart eine limitierte Sonderedition<br />

zu gestalten. Ö?sterreichs Militä?rpiloten und Techniker haben als Resultat<br />

davon erstmals eine gemeinsame Uhr mit dem Wappen der<br />

Luftstreitkrä?fte – einem fliegenden Adler auf der rot-weiß-roten Flagge.<br />

Generalmajor Karl Gruber, oberster Befehlshaber der Luftstreitkrä?fte,<br />

zur Primus Austrian Air Force Pilot: „Die Uhr ist eine Symbiose aus<br />

Technik, Prä?zision und Liebe zum Detail – eigentlich wie bei uns bei<br />

den Fliegern.“ Erhältlich ist der auf 100 Stück limitierte Chonograph<br />

in drei verschiedenen Geha?use- und Armbandvarianten.<br />

SPEZIAL-HANDSCHUHE<br />

Nach dem Sieg im vergangenen Jahr konnten die österreichischen<br />

Teilnehmer an der „Strong Europe Tank Challenge“ in diesem Jahr<br />

mit Platz 3 bekanntermaßen erneut einen Spitzenrang erreichen. Dabei<br />

trugen die österreichischen Soldaten gemeinsam mit Hersteller<br />

ESKA entwickelte Spezial-Handschuhe. „Unser Ladenschützenhandschuh<br />

ist an der rechten Handkante Memory-verstärkt, um das Aufschlagen<br />

der Munitionshalterung in rascher Folge ohne Leistungsverlust<br />

zu ermöglichen“, so ESKA-Firmenchef Paul Loos. Der Kampfhandschuh<br />

wurde mit exakten Größen und teils langer Fingerausführung<br />

für den Bedarfsfall angepasst. „Wir sind auf die innovative<br />

Zusammenarbeit mit dem Bundesheer stolz und freuen uns, dass<br />

wir einen Beitrag zum erfolgreichen Abschneiden leisten durften.“<br />

FOTO S : H E R ST E L L E R


0 6 6 s c h l u s s p u n k t<br />

KAMPF GEGEN DEN TERROR<br />

– EIN KRIEG OHNE GRENZEN?<br />

Terroristen gezielt ausschalten und die Welt damit eine Spur friedlicher machen? Diese Rechnung<br />

geht laut Josef Alkatout nicht auf. Der in Süddeutschland geborene und in Genf lebende promovierte<br />

Rechtsanwalt ist Dozent für internationales Strafrecht an verschiedenen Universitäten und<br />

nähert sich in seinem neuesten Buch Ohne Prozess – Die Entrechtung unserer Feinde im Kampf gegen<br />

den Terror (<strong>2018</strong>, Promedia Verlag) facettenreich der Thematik. Seine Conclusio: Der Krieg gegen<br />

den Terror verfehlt seine Wirkung, fügt der abendländischen Welt sogar bleibenden Schaden zu.<br />

Bewaffnete konflikte wurden seit<br />

Menschengedenken als Extremfall<br />

angesehen und die damit<br />

einhergehende suspendierung des für<br />

gewöhnlich geschützten bürgerlichen<br />

lebens bloß als räumlich, zeitlich und<br />

personell begrenzte Ausnahme zugelassen.<br />

kriegsvölkerrecht – oder humanitäres<br />

Völkerrecht – war folglich nie für<br />

den Dauerzustand beziehungsweise<br />

eine weltumspannende Anwendung<br />

vorgesehen.<br />

Mit dem von der us-Regierung und ihren<br />

westlichen Verbündeten seit dem<br />

11. september 2001 eingeleiteten Antiterrorfeldzug<br />

hat sich diese jahrhundertealte<br />

Auslegung des Geltungsbereichs<br />

kriegsregulierender konventionen<br />

gedreht. Die Bedrohung durch<br />

den internationalen terrorismus gilt als<br />

allgegenwärtig und zeitlos und begründe<br />

eine permanente sogenannte<br />

schädigungsbefugnis der streitkräfte<br />

des okzidents. so wären nicht mehr<br />

die kriegszeiten, sondern die Friedenszeiten,<br />

sofern es sie noch geben<br />

sollte, die Ausnahme. hierbei wird insbesondere<br />

das gezielte töten von terrorverdächtigen<br />

als moderne und präzise<br />

kriegsführung dargestellt. Da Aufständische<br />

weltweit und ununterbrochen<br />

agierten, sehe sich auch westliches<br />

Militär dazu gezwungen, ständig<br />

und überall einzugreifen.<br />

Dies droht uns im kampf um die Beachtung<br />

universeller Menschenrechte jedoch<br />

in eine Zeit zurückzuwerfen, in<br />

der die obrigkeit ohne rechtsstaatliches<br />

Verfahren nach Gutdünken über<br />

leben und tod waltete. Denn der krieg<br />

gegen den terror macht nicht nur<br />

kurzen prozess mit seinen Gegnern,<br />

sondern terrorisiert in Wahrheit selber<br />

„Wer möchte schon<br />

Frieden schließen<br />

mit einem Abendland,<br />

das sich seine Regeln<br />

zurechtbiegt, wie<br />

es ihm passt?“<br />

ganze landstriche, beispielsweise<br />

in somalia und Jemen, wo sich das<br />

Abendland offiziell nicht einmal im<br />

krieg befindet. Die Zahl der relativ billigen<br />

ferngesteuerten Drohnenangriffe,<br />

welche die eigenen streitkräfte keinen<br />

nennenswerten Gefahren aussetzt,<br />

ist in den letzten Jahren explodiert. Die<br />

im nahen und Mittleren osten betroffene<br />

Zivilbevölkerung, welche ihnen<br />

kaum entfliehen kann, empfindet sie<br />

als willkürlich. Berichte über die erhebliche<br />

Anzahl an zivilen opfern sowie<br />

fehlgeleitete Einsätze entgehen dabei<br />

weder den feindlichen kämpfern noch<br />

der für unsere Anliegen durchaus empfänglichen<br />

Bevölkerung vor ort. Beiden<br />

kommt bei so viel westlicher schizophrenie<br />

jedoch auf absehbare Zeit<br />

die sympathie uns gegenüber abhanden.<br />

Denn wer möchte schon Frieden<br />

schließen mit einem Abendland, das<br />

sich seine Regeln zurechtbiegt, wie<br />

es ihm passt?<br />

Abgesehen von den langfristigen politischen<br />

Folgen, welche mit der traumatisierung<br />

ganzer landstriche des orients<br />

einhergehen, sind solche Angriffe<br />

auch juristisch bedenklich: Aufgrund<br />

ihrer heimtücke und der unverhältnismäßigen<br />

zivilen „kollateralschäden“<br />

handelt es sich völkerstrafrechtlich im<br />

prinzip um kriegsverbrechen. In ländern,<br />

mit denen sich die westlichen<br />

staaten offiziell nicht einmal im krieg<br />

befinden, müssen die in tausendfacher<br />

Anzahl und alles andere als präzise<br />

ausgeführten tötungen als Verbrechen<br />

gegen die Menschlichkeit gelten. Der<br />

weltumspannende militärische kampf<br />

gegen den terrorismus bricht das<br />

Recht, das andere zu achten haben. Er<br />

fügt der Glaubwürdigkeit der abendländischen<br />

Welt bleibenden schaden<br />

zu und macht die Welt unsicherer.<br />

Foto s : G E t t Y I M AG E s , p R I VAt<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


0 6 7 P A N O R A M A<br />

Mit den Universalgeländefahrzeugen<br />

Hägglunds<br />

schließt das Bundesheer<br />

eine Lücke im Bereich<br />

Mobilität und Transport.<br />

Erstmals stehen dem Militär<br />

damit auch im Westen<br />

Österreichs gepanzerte<br />

Fahrzeuge zur Verfügung.<br />

Text: HANS SCHNEEWEISS<br />

EIN PANZER<br />

Die österreichischen Gebirgsjäger Transport von Mannschaft und<br />

sind unbestritten Weltspitze. Als Material im Hochgebirge stellte die<br />

Lead Nation der sogenannten Truppe in der Vergangenheit aber<br />

Mountain Training Initiative bilden immer wieder vor Probleme, es<br />

sie sogar ausländische Soldaten zu fehlte an hochgeländetauglichen<br />

Heeresbergführern aus – beispielsweise<br />

aus Großbritannien, den Nie-<br />

man sich daher beim Bundesheer<br />

Fahrzeugen. Vor zwei Jahren hat<br />

derlanden oder Norwegen. Der dazu entschieden, 32 Universalge-<br />

SCHUTZ<br />

Durch seine Panzerung<br />

ist der BvS10AUT<br />

gegen den Beschuss<br />

mit Munition bis zum<br />

Kaliber 7,62 mm geschützt.<br />

Zusätzlich ist<br />

das Fahrzeug gegen<br />

Splitter, Minen, IEDs<br />

(improvised explosive<br />

device) und ABC-Bedrohungen<br />

sicher.<br />

BEWAFFNUNG<br />

Der BvS10AUT ist, wie auch etwa der Husar oder der<br />

neue Pandur, mit der WS-4 Panther Remote Controlled<br />

Weapon Station der Firma ESLAIT ausgestattet und<br />

damit mit einem 12,7 mm üsMG M2 sowie einer<br />

Mehrfachwurfanlage zum Ausstoß von 76-mm-<br />

Nebelwurfkörpern. Die Bedienung erfolgt<br />

ferngesteuert.<br />

HÖHE<br />

2,90 Meter<br />

(mit Waffenstation)<br />

AUSSTATTUNG<br />

Die Ausrüstung der<br />

Fahrzeuge wird durch<br />

anbaubare Schneepflüge<br />

sowie eine<br />

Winde – vor allem<br />

zur Selbstbergung –<br />

ergänzt. Zur Erhöhung<br />

der Transportleistung<br />

stehen noch Anhänger<br />

mit einer Nutzlast von<br />

1.500 Kilogramm zur<br />

Verfügung.<br />

BESATZUNG<br />

Im Vorderwagen sitzen Fahrer,<br />

Kommandant und der Richtschütze. Im hinteren<br />

Wagen können bis zu acht Soldaten transportiert werden.<br />

LÄNGE<br />

7,90 Meter<br />

KETTEN<br />

Durch die breiten Gummi-Ketten wird das<br />

Gewicht des Fahrzeuges verteilt und nur<br />

geringer Bodendruck erzeugt. Sogar eine<br />

meterdicke Schneedecke kann damit<br />

problemlos befahren werden.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L


I N F O G R A F I K<br />

FÜRS GEBIRGE<br />

ländefahrzeuge des Typs BvS10AUT<br />

(zusätzlich zu einem bereits 1994<br />

angeschafften Erprobungsmuster)<br />

der Firma BAE Systems anzuschaffen.<br />

Das Kürzel AUT steht für die<br />

österreichische Variante, die – im<br />

Unterschied zu der von mehreren<br />

Armeen weltweit verwendeten<br />

RUNDUM-KAMERASYSTEM<br />

Erstmals wurde in einem<br />

österreichischen Fahrzeug<br />

ein Rundum-Kamerasystem<br />

verbaut, damit der Kommandant,<br />

der Richtschütze und<br />

die Besatzung durch Monitore<br />

im Inneren des Fahrzeuges<br />

laufend über ihre Umgebung<br />

informiert werden können.<br />

Standardversion – mit etlichen<br />

Neuerungen daherkommt. So<br />

gibt es rot-weiß-rote Adaptionen<br />

beispielsweise im Bereich des<br />

ballistischen Schutzes und der<br />

Bewaffnung, auch ein Rundum-Kamerasystem<br />

wurde<br />

montiert. Gebaut werden die<br />

Fahrzeuge innerhalb des BAE-Konzerns<br />

übrigens von der schwedischen<br />

Firma Hägglunds – daher auch die<br />

gleichnamige Kurzbezeichnung.<br />

INTERVIEW<br />

„Der BvS10AUT ist<br />

extrem geländetauglich!“<br />

Oberstleutnant<br />

Peter Horngacher ist<br />

Kraftfahroffizier und<br />

Heeresfahrschullehrer<br />

im Kommando<br />

Gebirgskampf.<br />

I L LU ST R AT I O N E N :<br />

C L AU D I A M O L I TO R I S<br />

FOTO : P R I VAT<br />

BREITE<br />

2,20 Meter<br />

(ohne Seitenspiegel)<br />

KNICKLENKUNG<br />

Während die Lenkung regulärer<br />

Kettenfahrzeuge über das Abbremsen<br />

der einen oder anderen<br />

Kette geschieht, erfolgt das<br />

Lenken beim Hägglunds über<br />

die hydraulische Knicklenkung<br />

zwischen den beiden Fahrzeugen<br />

und somit durch das Verschränken<br />

von Vorder- und Hinterwagen.<br />

FACTBOX<br />

BVS10AUT<br />

Hersteller Hägglunds/BAE Systems<br />

Motor Cummins 5,9 litre in-line-six-cylinder<br />

turbocharged diesel<br />

Leistung 285 PS/210 kW<br />

Geschwindigkeit 65 km/h (Straße)<br />

Gewicht 7.600 Kilogramm (Vorderwagen),<br />

5.900 Kilogramm (Hinterwagen)<br />

Stationierung 24 der 32 BvS10AUT bei<br />

einer Hochgebirgskompanie des Kommando<br />

Gebirgskampfs, die weiteren acht Fahrzeuge<br />

beim Pionierbataillon 2<br />

Was sind die Vorteile des Fahrzeugs?<br />

Der BvS10AUT ist das mit Abstand geländegängigste<br />

Fahrzeug des Bundesheeres<br />

und bietet der Mannschaft Schutz gegen<br />

Flachfeuer, Minen und ABC-Bedrohung.<br />

Durch den Raupenantrieb des Vorder-<br />

und Hinterwagens und die Differenzialsperren<br />

lässt er sich auf jedem Untergrund<br />

problemlos fahren und überwindet<br />

dabei beinahe jedes Hindernis.<br />

Wie geländegängig ist das Fahrzeug?<br />

Bei der Validierung im ersten Halbjahr befuhren<br />

wir verschiedene Geländeteile auf<br />

den Truppenübungsplätzen Hochfilzen<br />

und Wattener Lizum auf bis zu 2.300<br />

Meter Seehöhe. Schneewände, die höher<br />

als das Fahrzeug waren, konnten einfach<br />

überfahren werden und auf einer zwei<br />

Meter starken Schneedecke zu fahren<br />

stellte keine Herausforderung dar. Durch<br />

die hydraulische Lenkung zwischen den<br />

zwei Wagen lassen sich Engstellen problemlos<br />

durchfahren oder dicht stehende<br />

Bäume in Schlangenlinie umfahren.<br />

Wie wird das Fahrzeug eingesetzt?<br />

Der BvS10AUT dient als Gefechtsfahrzeug<br />

(Anm.: nicht Kampffahrzeug), zum geschützten<br />

Transport der Gebirgstruppe,<br />

als bewegliche Befehlsstelle, zur Gefechtsfeldbergung<br />

von verwundeten Soldaten<br />

und zum Teil auch zum Gerätetransport.<br />

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