07.11.2018 Aufrufe

Neue Szene Augsburg 2018-11

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HEIMATKLÄNGE<br />

51<br />

der neue Schlager. Erst heute habe ich gelesen,<br />

dass die 14 meist gestreamten Songs in Deutschland<br />

alle aus dem Hip Hop-Bereich kommen.<br />

“<br />

Deine Kurve geht seit Jahren steil nach oben.<br />

Musstest du zwischendrin auch mal Wellenreiten?<br />

Mein ganzes Leben besteht aus Wellen. Anfangs waren sie nur ganz klein,<br />

dann ging’s eine zeitlang immer nur nach oben. Aber irgendwann merkt<br />

man auch, wie schnelllebig dieses Geschäft ist. Ich habe mir den Luxus erlaubt,<br />

zwei Jahre kein Album herauszubringen, aber wenn man nicht kontinuierlich<br />

liefert, wird man auch schnell vergessen. Ich habe zwar eine treue<br />

Fanbase, aber man muss doch ständig am Ball bleiben.<br />

Wenn man sich mal deine Fakten anschaut: 54.000 Follower auf Facebook,<br />

Alben, Touren, jede Menge Videos kursieren im Netz. Mit „Eyeslow“<br />

hast du deine eigene Plattenfirma und ein Modelabel... So etwas<br />

nennt man ein kreatives Output.<br />

Für mich ist ein stimmiges Gesamtbild sehr wichtig. Ich arbeite ja wieder in<br />

einer Agentur, habe Mediengestalter gelernt und mir ist es enorm wichtig,<br />

ein gutes visuelles Erscheinungsbild zu haben. Ich bin ein Perfektionist, der<br />

Dinge nur sehr ungern aus der Hand gibt.<br />

Aus mehreren Sessions ist jetzt ein Album entstanden.<br />

Ich hatte viele Skizzen im Kopf und bin vom ersten Takt an völlig unverkopft<br />

in dieses Abenteuer gegangen. Ich habe einfach losgelegt, ohne Druck, ich<br />

habe mir keine Gedanken gemacht, was ankommen könnte oder nicht. Ich<br />

hab das vorher noch nie in dieser Form gemacht. Es war ein völlig neues Gefühl,<br />

es hatte tatsächlich etwas Befreiendes, das hat meine Kreativität beflügelt.<br />

Ich habe die letzten vier Jahre mit der Musik meinen Lebensunterhalt bestritten,<br />

da steht man schon unter einem gewissen Druck.<br />

Produziert hat Danny Drama aka Daniel Bortz, der ja als Producer und<br />

DJ im elektronischen Bereich eine Koryphäe ist. Wie kam es denn zu<br />

dieser Kollaboration? Läuft man sich in <strong>Augsburg</strong> zwangsläufig über<br />

den Weg?<br />

In <strong>Augsburg</strong> sind die Wege sehr kurz. Man kennt sich, noch dazu wohnen<br />

wir nur ein paar Blocks voneinander entfernt. Danny hat Hip Hop-Vergangenheit,<br />

was ich zuerst gar nicht wusste. Ich fand es spannend, mit jemandem<br />

zu arbeiten, der die Basis kennt, Dinge aber trotzdem anders reflektiert. Und<br />

auch die menschliche Komponente stimmt bei uns.<br />

Du hast dich von deinem bisherigen Label „Keine Liebe“ getrennt und<br />

bist jetzt beim Giganten Sony gelandet. Und dabei hat der Zufall eine<br />

große Rolle gespielt.<br />

Ist tatsächlich so. Ich habe auf dem Modular-Festival einen Bekannten getroffen,<br />

der als Scout bei Sony arbeitet. Ich habe ihm erzählt, dass ich neue Songs<br />

produziert und mich von „Keine Liebe“ getrennt habe. Ein paar Tage später<br />

hat sich Sony bei mir gemeldet und dann ging alles ganz schnell.<br />

Kaum zu glauben. Und wenn dir der Sony-Scout nicht begegnet wäre?<br />

Bei mir ist es immer so im Leben, ich warte auf bestimmte Sachen, die dann<br />

aber irgendwie nicht kommen. Wenn ich aber mit dem Thema abgeschlossen<br />

habe, dann passiert es doch noch.<br />

Deutsch-Rap ist gefühlt<br />

der neue Schlager!<br />

Aber mit so einem Konzern im Rücken ist das noch<br />

mal eine ganz andere Nummer, ich habe einen finanziellen<br />

Freiraum und es ist auch eine echte Vertrauensbasis<br />

da.<br />

“<br />

Besteht der Sony-Deal aus einem Album?<br />

Nein und das heißt auch, dass ich wieder mittendrin in<br />

diesem Liefer-Kreislauf stecke (lacht). Aber im Moment habe ich einen richtigen<br />

Flow, ich bin schon wieder dabei, Songs für das nächste Album abzustecken.<br />

Du bist auch jemand, der gerne die <strong>Augsburg</strong>-Fahne schwenkt. Ich<br />

denke da an deine Zusammenarbeit mit Oli Gottwald oder jetzt mit<br />

Danny Drama.<br />

Voll! Ich bin zwar aus Mering, wohne und lebe aber in <strong>Augsburg</strong> Ich bin oft<br />

in Berlin und habe auch darüber nachgedacht, nach Berlin oder Köln zu ziehen.<br />

Aber ich fühle mich hier wohl, ich kenne hier sehr viele Leute und es<br />

gibt viele kreative Köpfe, die auch was richtig Geiles machen.<br />

Du sprichst sehr viel junges Publikum an und da natürlich auch viele<br />

Mädchen im Teenageralter. Wie gehst du damit um?<br />

Ich finde es toll, junge Fans zu haben. Und nicht nur, weil sie auf Konzerte<br />

gehen und T-Shirts kaufen, sie sind einfach sehr begeisterungsfähig. Ich selber<br />

gehe ja eher ungern auf solche Events, 90 Minuten auf engsten Raum rumstehen,<br />

das pack ich nicht.<br />

Beim Album „Rapunderdog“ hast du noch auf dem Cover mit Stinkefingern<br />

posiert. Jetzt lautet die Botschaft: „Macht mehr Liebe“. Derzeit<br />

wird man ständig mit Hetze und Populismus konfrontiert. Ist das ein<br />

Statement oder nur ein plakativer Slogan?<br />

Es ist ein Zusammenspiel aus allem. Ich habe in der Vergangenheit viel melancholische<br />

und negative Ansichten verbreitet. Das hat sich inzwischen geändert,<br />

es ist eben nicht alles schlecht. Ein Problem heute ist, dass die Medien<br />

sich regelrecht auf Bad News stürzen und die Leute viel mehr auf die negativen<br />

Schlagzeilen reagieren. Mit 27 ist man definitiv noch jung, aber inzwischen<br />

sehe ich doch einiges sehr viel reflektierter und gelassener.<br />

Provokation und Hip Hop gehen Hand in Hand, bei dir fällt das aber<br />

subtiler aus. Statt „Ich ficke deine Mutter“, fingert jemand in deinem<br />

Video „Liebe“ in einer Honigmelone rum.<br />

Jaja, (lacht). Ich ficke keine Mütter, wieso soll ich also solche Dinge herausposaunen.<br />

Aber ein bisschen polarisieren muss man und etwas Provokation<br />

ist auch okay.<br />

Du hast derzeit mit „Liebe“ und „Repeat“ gleich zwei Videos laufen. Hat<br />

dein Tag 30 Stunden?<br />

Ich gehe vier Tage in der Woche zum Arbeiten und dann habe ich noch<br />

meine Freundin, ich gehe gerne aus oder zum Essen. Da bleibt schon noch<br />

Zeit, mir macht das großen Spaß und wenn man etwas mit Leidenschaft<br />

macht, dann empfindet man das nicht als Stress.<br />

Deine letzte Tour bestand aus 21 Shows in zwei Monaten in der kompletten<br />

Republik und Österreich. Ist eine „Liebes-Tour“ geplant?<br />

Ja schon, aber erst 2019 und ich will auch nicht mehr so ausgedehnt touren.<br />

Zum Beispiel?<br />

Dieses Sony-Dings jetzt eben. Ich habe zwei Jahre nichts produziert und als<br />

dann das Finanzamt angeklopft hat, gab es zwischendrin auch mal finanzielle<br />

Engpässe. Ich habe also wieder angefangen, bei einer Werbeagentur zu arbeiten.<br />

Eine Woche später kommt dann Sony wie aus dem Nichts. Schon verrückt,<br />

aber letztendlich ist das ja ein Luxusproblem. Wenn das mit dem Major<br />

jetzt nicht stattgefunden hätte, dann hätte ich alles selber durchgezogen.<br />

Heute braucht man nicht unbedingt ein Label, um Musik zu veröffentlichen.<br />

Mit Konzerten kommt aber auch Kohle rein.<br />

Wie man’s nimmt. Man hat auch hohe Unkosten, Lichtmann, Merch, Tourbus...<br />

Ich will wieder mehr Clubshows spielen, das macht mehr Spaß und<br />

die Atmosphäre ist viel geiler.<br />

Abschlussfrage: Welche Acts aus <strong>Augsburg</strong> findest du derzeit so richtig<br />

hot?<br />

Die Abbrunzati-Boys finde ich richtig gut und auch Daniel Bortz!

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