Industrieanzeiger 19.18
Themen Antriebs-/Fluidtechnik, Automatisierung, Energie, Oberflächentechnik
Themen Antriebs-/Fluidtechnik, Automatisierung, Energie, Oberflächentechnik
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technik & wissen<br />
Norbert Scholz, Geschäftsführer Systemtechnik<br />
und verantwortlich für Industrie 4.0,<br />
Baumüller: „Industrie-4.0-Antriebe würden<br />
bei der Inbetriebnahme systemseitig vor allem<br />
dann ihre Stärken ausspielen, wenn<br />
man Antriebe mehrerer Hersteller in eine<br />
Maschine oder Anlage integriert.“<br />
Bild: Baumüller<br />
Auge: „Spontan finde ich die Vergleichbarkeit,<br />
die sich durch die Harmonisierung und<br />
Standardisierung von Daten und Funktionen<br />
ergibt, natürlich nicht positiv“, gesteht<br />
Kollmorgen-Manager Linder. „Andererseits<br />
müssen wir uns als Antriebshersteller künftig<br />
im Prinzip nicht mehr um das Prototyping<br />
und alles, was für die Entwicklung<br />
beim Kunden benötigt wird, kümmern. Wir<br />
haben Simulationswerkzeuge, mit denen wir<br />
dem Maschinenbauer den Motor als digitalen<br />
Zwilling zur Verfügung stellen. Mit diesem<br />
kann er seine Simulationen fahren –<br />
und erst danach bauen wir den Motor für<br />
ihn.“ Auch gerade bei Design Freezes oder<br />
Updates lassen sich die Aufwände seiner<br />
Einschätzung nach reduzieren.<br />
Prof. Dr. Gerd Griepentrog vom Fachgebiet<br />
Leistungselektronik und Antriebsregelung<br />
an der TU Darmstadt, geht nicht davon<br />
aus, dass den Antriebsherstellern Aufträge<br />
verloren gehen. „Es wird eher umgekehrt<br />
sein: Wer sich nicht an der Digitalisierung<br />
und Standardisierung beteiligt, der wird auf<br />
Dauer zu den Verlierern zählen. Letztlich<br />
wird dies ein Wettbewerbsvorteil gegenüber<br />
Herstellern etwa aus Asien sein.“<br />
Er sieht nicht nur für die Entwicklung<br />
von Maschinen, sondern auch für deren Inbetriebnahme<br />
große Vorteile durch die Standardisierung,<br />
die der ZVEI vorantreibt:<br />
Dr. Martin Schober, Projektleiter automatisierte<br />
Achsdiagnose, Trumpf: „Durch die<br />
Harmonisierung und Standardisierung von<br />
Daten und Funktionen wird es für uns möglich,<br />
Simulationen mit Antrieben mehrerer<br />
Hersteller durchzuführen – und die Ergebnisse<br />
miteinander zu vergleichen etwa hinsichtlich<br />
Dynamik oder Qualität. “ Bild: Trumpf<br />
„Für Maschinenbauer ist eine Menge Kleinarbeit<br />
notwendig, um alle die für die Inbetriebnahme<br />
einer Maschine oder Anlage<br />
richtigen Einstellungen zu finden“, erklärt<br />
er. „Es reichen zum Teil relativ einfache digitale<br />
Funktionen, um eine Maschine einfacher<br />
in Betrieb zu setzen.“ Im ZVEI-Ar-<br />
ZVEI-Arbeitskreis<br />
beitskreis „Industrie 4.0 Elektrische Antriebe“<br />
sehe man hierzu als eine der übergreifenden<br />
Funktionen „Autotuning“ vor. „Das<br />
heißt, bei der Inbetriebnahme kann der Antrieb<br />
seine wesentlichen Parameter selbst<br />
finden, so dass zum Beispiel eine erste Bewegung<br />
möglich ist. Anschließend kann man<br />
das weiter optimieren“, so Griepentrog.<br />
Vorstellbar seien in Zukunft Systeme, die<br />
selbstständig lernen und im Laufe der Zeit<br />
ihre Einstellungen immer weiter verbessern.<br />
„Aber ich glaube, bis zur Serienreife ist es<br />
noch ein weiter Weg, zumal hier Sicherheitsaspekte<br />
eine große Rolle spielen“, so der<br />
Wissenschaftler.<br />
Trumpf-Experte Schober sieht gerade für<br />
den Sondermaschinenbau oder Maschinen,<br />
die in kleinen Losgrößen gebaut werden,<br />
„gigantische Vorteile, wenn man bei der Inbetriebnahme<br />
nicht erst alle Daten ‚zusammensuchen’<br />
muss, damit man den Motor<br />
zum Drehen bringt und damit er mit der<br />
Steuerung kommuniziert.“ „Industrie-<br />
4.0-Antriebe spielen bei der Inbetriebnahme<br />
systemseitig vor allem dann ihre Stärken<br />
aus, wenn man Antriebe mehrerer Hersteller<br />
in eine Maschine oder Anlage integriert“,<br />
betont Baumüller-Geschäftsführer Scholz.<br />
„Die Optimierung würde durch eine geführte<br />
Inbetriebnahme und Autotuning-Funktionen<br />
wesentlich vereinfacht. Auf alle Fälle<br />
werden wir in Zukunft weniger program-<br />
Der ZVEI hat den Arbeitskreis „Industrie 4.0 Elektrische Antriebe“ Ende 2015 gegründet,<br />
um Industrie 4.0 in der elektrischen Antriebstechnik umzusetzen. Die Schwerpunkte liegen<br />
auf Daten und Merkmalen sowie Funktionen. „Es geht uns darum, die verteilt bei Antriebsherstellern,<br />
Maschinenbauern und -betreibern über den gesamten Lebenszyklus entstehenden<br />
Daten – etwa eines Servomotors – herstellerübergreifend zusammenzuführen“, sagt<br />
Martin Hankel. Die wesentlichen Daten hat der Arbeitskreis in einer Excel-Tabelle mit<br />
mehr als 180 Merkmalen zusammengestellt. Zu neuen Merkmalen gehören unter anderem<br />
dynamische Daten wie etwa von Lastprofilen von Strom, Drehmoment, Drehzahl oder<br />
Temperatur, Service- und Wartungsdaten etwa zur Austauschhistorie oder auch Lebensdauerdaten<br />
etwa von Lagern. Die Daten werden zielgruppenspezifisch in Verwaltungsschalen<br />
weitergegeben – vom Antriebshersteller zum Maschinenbauer und von diesem wiederum an<br />
den Maschinenbetreiber. Dies funktioniert auch in die umgekehrte Richtung.<br />
Das zweite Thema des Arbeitskreises betrifft die Funktionsschicht. In einem Workshop mit<br />
Maschinenbauern haben diese fünf Funktionen als wesentlich für ihr Geschäft identifiziert:<br />
Fehlerspeicher/Warnungen, geführte Inbetriebnahme und Auto-Tuning-Funktion, Oszilloskop,<br />
Energiemanagement und Wartungschronik. Diese Funktionen sind im ersten Schritt<br />
beschrieben. Weitere sollen folgen.<br />
32 <strong>Industrieanzeiger</strong> <strong>19.18</strong>