medizin&technik 06.2018
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■ [ MEDIZIN IM DIALOG ]<br />
DEN MENSCHLICHEN KÖRPER<br />
AUF DEM CHIP SIMULIEREN<br />
Zellen im Modellsystem | Ingenieure, Naturwissenschaftler und Mediziner sollen in<br />
Berlin im Wissenschaftshaus „Der simulierte Mensch“ eng zusammenarbeiten.<br />
Prof. Andreas Thiel, Arbeitsgruppenleiter an der Charité, ist einer der Initiatoren des<br />
Projektes. Er erläutert, wie die weitere Forschung die Medizin verändern könnte.<br />
■ Herr Professor Thiel, was ist derzeit die<br />
größte Herausforderung für die Medizin?<br />
Ergebnisse in Anwendungen umzusetzen,<br />
die dem Patienten tatsächlich zu<br />
Gute kommen. Das System der Gesundheitsversorgung<br />
ist heute noch nicht effektiv<br />
genug, um Krankheiten möglichst<br />
früh zu erkennen und entsprechend<br />
zu behandeln. Für die Zukunft<br />
könnte sich vieles verbessern, wenn wir<br />
es schaffen, die vielen Erkenntnisse, die<br />
inzwischen über verschiedene Krankheitszustände<br />
vorliegen, zusammenzuführen.<br />
Der entscheidende Schritt wird<br />
es dann sein, diese auch im medizinischen<br />
Alltag zu nutzen und in kurzer<br />
Zeit daraus die richtige Therapie abzuleiten.<br />
Daran arbeiten wir gerade – und<br />
künftig besonders intensiv im geplanten<br />
Wissenschaftshaus.<br />
Bild: Charité<br />
IHR STICHWORT<br />
■ Simulation von physiologischen<br />
Zusammenhängen in Humanmodellen<br />
■ Organ-on-a-chip<br />
■ Schnelle Auswahl geeigneter Wirkstoffe<br />
und Therapien<br />
Prof. Andreas Thiel leitet die Arbeitsgruppe<br />
Regenerative Immunologie und<br />
Altern am Centrum für Regenerative<br />
Therapien der Charité in Berlin<br />
■ Welchen Beitrag können Ingenieure<br />
leisten, um hier voranzukommen?<br />
Um die gesteckten Ziele zu erreichen,<br />
müssen wir das Wissen von Medizinern,<br />
Naturwissenschaftlern und Ingenieuren<br />
zusammenführen. Bis vor gut 130<br />
Jahren war alles, was im menschlichen<br />
Körper passierte, für Menschen und<br />
auch für Ärzte eher rätselhaft. Gezielte<br />
Tierversuche, mit denen Robert Koch<br />
begonnen hat, haben riesige Fortschritte<br />
gebracht. Was wir auf diesem Wege<br />
lernen konnten, ist heute bekannt. Der<br />
nächste Schritt waren In-Vitro-Untersuchungen,<br />
die Momentaufnahmen von<br />
Blut, einzelnen Zellen oder Geweben ermöglichen.<br />
Was man daraus ableiten<br />
kann, ist heute ebenfalls ausgereizt.<br />
Wenn wir dennoch mehr in Erfahrung<br />
bringen wollen, brauchen wir Modelle,<br />
mit denen wir die Entwicklung von<br />
menschlichen Zellen, Geweben oder<br />
Organen beobachten können – in Form<br />
18 medizin&<strong>technik</strong> 06/2018