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WIR HEIMKINDER Von 1949 bis 1957 war ich (mit Unterbrechung ...

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men wurden, dass <strong>ich</strong> <strong>mit</strong> Horst (der keinen Darmschließmuskel hatte) die Bade-<br />

wanne teilen musste, dass wir tägl<strong>ich</strong> <strong>mit</strong> dem Rücken an ein heißes Wasserrohr<br />

lehnen mussten u.v.m. Alles geschah gegen unseren Willen.<br />

Toilettengänge <strong>war</strong>en zeitl<strong>ich</strong> vorgeschrieben. Schnell begriff <strong>ich</strong>, dass die Notdurft<br />

bei Jungen dringender ist. Je lauter sie wild zappelten und nach Hilfe schrien, desto<br />

zynischer reagierten die Tanten. Ganz mutig <strong>war</strong>en die Mädchen, die ihnen die Urin-<br />

flasche re<strong>ich</strong>ten.<br />

Wenn wir n<strong>ich</strong>t gehorchten, gab es Prügel. Diese Prügelattacken gehörten zur Tag-<br />

esordnung. Lothar <strong>war</strong> schon auf der Jugendstation untergebracht. Als er und seine<br />

Freunde s<strong>ich</strong> mal jenseits des Anstaltszaunes entfernten, wurden sie nach ihrer Rück-<br />

kehr kollektiv brutal <strong>mit</strong> einem Tepp<strong>ich</strong>klopfer auf dem nackten Hintern verdrosch-<br />

en. Das fand unter Ausschluss anderer Personen auf dem Dachboden hinter versch-<br />

lossener Tür statt. Schließl<strong>ich</strong> <strong>war</strong> absoluter Gehorsam oberstes Gebot.<br />

Mit 23 Jahren hatte Lothar s<strong>ich</strong> selbstständig eine Arbeitsstelle in der freien Wirt-<br />

schaft gesucht. Das freudige Ereignis <strong>war</strong> da<strong>mit</strong> gekrönt, dass Schwester Mathilde<br />

ihn fristlos aus dem Heim rausschmeißen wollte. Wenn s<strong>ich</strong> da n<strong>ich</strong>t Tante Ann-<br />

chen eingemischt hätte, so dass er noch einige Wochen bleiben durfte, <strong>bis</strong> er in<br />

die Freiheit entlassen wurde.<br />

Manchmal gab es Essen, was der Geschmacksnerv einfach n<strong>ich</strong>t schlucken konnte.<br />

Immer wenn die vollschlanke Schwester Erika ihren Auftritt hatte und s<strong>ich</strong> die<br />

Gummischürze demonstrativ umband, dann wirkte das sehr bedrohl<strong>ich</strong> auf uns.<br />

Sie nutzte es aus, dass wir widerstandsunfähig <strong>war</strong>en, riss uns an den Haaren und<br />

am Arm vom Stuhl hoch, wodurch <strong>ich</strong> zu Boden stürzte. Weil das sehr schmerzhaft<br />

<strong>war</strong>, weinte <strong>ich</strong> jedes mal laut. Sie schleifte sie uns über den Holzfußboden in den<br />

Schlafraum , da<strong>mit</strong> die anderen Kinder n<strong>ich</strong>t verängstigt der Zwangsmaßnahme<br />

zu sehen mussten.<br />

Sie presste m<strong>ich</strong> zwischen ihre Schenkel und fütterte sehr brutal das Essen in mei-<br />

nen zwangsgeöffneten Mund. Ich erbrach es und auch das Erbrochene musste wie-<br />

der gegessen werden. Das <strong>war</strong> n<strong>ich</strong>t einmalig, das <strong>war</strong> sehr oft. Für christl<strong>ich</strong>e Ver-<br />

hältnisse <strong>war</strong> das kein Erziehungsstil.<br />

Ich erinnere m<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t mehr, <strong>war</strong>um <strong>ich</strong> während des Schulunterr<strong>ich</strong>ts häufig von<br />

Frau Weinert bestraft wurde. Sehr oft musste <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> <strong>mit</strong> dem Ges<strong>ich</strong>t zur Wand<br />

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