02.01.2019 NEUE WOCHE
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neuewoche. Giengen<br />
Mittwoch, 2. Januar 2019 6<br />
GiENGEN iN VERGANGENEN tAGEN: Einen interessanten und vielseitigen Blick auf die Stadtgeschichte wirft Ulrich Stark anhand des Katasters von 1802.<br />
Mehr Wirtschaften als Stuttgart<br />
Ein weiterer Beitrag zur Giengener Historie von Ulrich Stark beleuchtet anhand des Brandversicherungs-Katasters von<br />
1802 den damaligen Gebäudebestand.<br />
Giengens mehr als ein halbes Jahrtausend<br />
währende Zeit als Reichsstadt<br />
ging 1802 zu Ende. Einen Blick<br />
in diese Zeit wirft der Kenner der<br />
Giengener Stadtgeschichte, Ulrich<br />
Stark, mit seinem neuen Buch „Häuserbuch<br />
Giengen 1805 – Das erste<br />
Brand-Versicherungs-Kataster“. Es<br />
ist im Buchhandel erhältlich.<br />
Beschrieben ist der Gebäudebestand<br />
Giengens zu dieser Zeit, wobei<br />
natürlich der Vergleich von damals zu<br />
heute besonders reizvoll ist. Welche<br />
Gebäude gibt es noch? Wie haben sie<br />
sich verändert? Was fehlt? Dieser Neugierde<br />
der Leser kommt Stark mit<br />
zahlreichen Fotos auf 25 Seiten (von<br />
insgesamt 176) und einem detaillierten<br />
Stadtplan ausführlich nach.<br />
Allein der von ihm rekonstruierte<br />
Plan, der den Häuserbestand von 1805<br />
aufzeigt und auf der Titelseite des Buches<br />
abgedruckt ist, lädt zu einem genauen<br />
Studium ein. Blau fließt die<br />
Brenz mit ihren damaligen Flussarmen,<br />
grün lassen sich die noch bestehenden<br />
und rot eingefärbt die heute<br />
fehlenden Gebäude aus dieser Zeit<br />
erkennen. Der Plan für dieses Jahr<br />
musste von Stark rekonstruiert werden,<br />
weil der erste Stadtplan Giengens<br />
erst aus dem Jahr 1830 stammt. Die davor<br />
liegenden Veränderungen konnte<br />
Stark den Fortführungen des Brandversicherungskatasters<br />
sowie Aktennotizen<br />
aus dem Stadtarchiv entnehmen.<br />
Giengen, so ist bei Stark nachzulesen,<br />
hatte im Jahr 1805 rund 1750 Einwohner.<br />
Die Statistik weist 87 Taufen,<br />
dreizehn Hochzeiten und 63 Todesfälle<br />
nach. Die gesamte Bürgerschaft gehörte<br />
der evangelischen Konfession<br />
an. 1802 gab es an der Lateinschule 20<br />
Schüler, 60 Jungen waren an der Deutschen<br />
Schule, 93 Mädchen besuchten<br />
die Mädchenschule.<br />
Alle Berufe waren in Zünften organisiert,<br />
sieben gab es: Krämer, Weber,<br />
Gerber, Schmiede, Metzger, Bäcker<br />
und Brauer sowie die vorübergehend<br />
aufgelöste Bauernzunft. Die Stadtmauer<br />
war vollständig erhalten, Straßenbeleuchtung<br />
gab es keine. Einem<br />
zeitgenössischen Berichterstatter fiel<br />
die Vielzahl an Wirtshäusern auf: Er<br />
zählte 16 Schildwirtshäuser. „In Stuttgart<br />
sind nicht so viele“, stellt er fest.<br />
Kern von Starks Buch ist das Brand-<br />
Versicherungs-Kataster der Stadt aus<br />
der Zeit direkt nach ihrem Ende als<br />
Reichsstadt. Erstellt wurde es zur Einführung<br />
einer Brandversicherung. Das<br />
Kataster befindet sich heute im Giengener<br />
Stadtarchiv. Es beschreibt alle<br />
Gebäude der Stadt und hilft jedem geschichtlich<br />
Interessierten, sich ein<br />
umfassendes Bild von Lage und Struktur<br />
einer kleinen Stadt zu Beginn des<br />
19. Jahrhunderts zu machen, wie im<br />
Klappentext des Buches nachzulesen<br />
ist.<br />
1805 wurden insgesamt 457 Versicherungspositionen<br />
erfasst, 80 Prozent<br />
sind Wohnbehausungen. Nicht<br />
erfasst wurden Kirchen, auch die<br />
Stadtkirche nicht. Von den damals genannten<br />
sieben Stadttürmen sind im<br />
Kataster nur drei verzeichnet, weil<br />
diese Wohnungen oder Arrestzellen<br />
enthielten. Auf dem ersten amtlichen<br />
Stadtplan aus dem Jahr 1830 sind dann<br />
bereits 545 Gebäude in der Stadt vorhanden.<br />
Übrigens wird am Ende des Katasters<br />
lapidar die Gesamtsumme aller<br />
Versicherungswerte genannt: Schlappe<br />
305 675 Gulden. Dieter Reichl<br />
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