PT-Magazin 01 2019
Magazin für Wirtschaft und Gesellschaft. Offizielles Informationsmagazin des Wettbewerbs "Großer Preis des Mittelstandes" der Oskar-Patzelt-Stiftung
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© hajotthu<br />
Goethes Kutsche in Weimar<br />
zurückkehren. 653 Tage war er unterwegs<br />
und brachte rund 5.000 Kilometer<br />
hinter sich.<br />
Reisen vor 200 Jahren, zu Lebzeiten<br />
Goethes, wie war das eigentlich, vor<br />
Erfindung von Auto, Zug und Flugzeug?<br />
Welche Transportmittel standen zur Verfügung?<br />
Wie sahen damals die Verkehrswege<br />
aus?<br />
Die üblichste, preiswerteste, aber<br />
wegen des mitzuschleppenden Gepäcks<br />
auch anstrengendste Art sich fortzubewegen,<br />
war zu Fuß. Das soziale Prestige<br />
war dabei gering, was sich u.a. bei der<br />
wenig bevorzugten Behandlung in Gasthöfen<br />
und Unterkünften zeigte.<br />
Am schnellsten kam man mit dem<br />
Pferd vorwärts. Die Möglichkeit Gepäck<br />
mitzunehmen war auch hier beschränkt.<br />
Größere Distanzen erforderten zudem<br />
große körperliche Fitness. Futter und<br />
Stall waren teuer, die Unfallgefahr hoch.<br />
Wer es sich leisten konnte fuhr in der<br />
Regel mit der Kutsche, so auch Goethe,<br />
zumindest in seinen reiferen Jahren.<br />
Goethe der Weitgereiste<br />
„Für Naturen wie die meine, die sich<br />
gerne festsetzen und die Dinge festhalten,<br />
ist eine Reise unschätzbar, sie<br />
belebt, berichtigt, belehrt und bildet“ -<br />
„Das ist das Angenehme auf Reisen, dass<br />
auch das Gewöhnliche durch Neuheit<br />
und Überraschung das Ansehen eines<br />
Abenteuers gewinnt, waren Mottos des<br />
Dichters.<br />
Als sich Goethe zu seiner italienischen<br />
Reise aufmachte, war er für die<br />
damalige Zeit schon weit herumgekommen.<br />
Bereits 1775 war er von Frankfurt<br />
aus zu seiner ersten Schweizreise aufgebrochen,<br />
eine zweite Schweizreise folgte<br />
in den Jahren 1779/80. Auch drei Harzexkursionen,<br />
jeweils mit Besteigung des<br />
Brocken, in den Jahren 1777, 1783 und<br />
1784 fallen in die Zeit vor Goethes großer<br />
italienischen Reise.<br />
Straßen und Chausseen<br />
Goethe kannte Straßen vor allem ungepflastert,<br />
nach heutigem Verständnis<br />
waren es Feldwege. Längs der Route<br />
waren entsprechend der Trassenbreite<br />
Gräben ausgehoben und der Aushub<br />
auf die zukünftige Fahrbahn geschaufelt<br />
worden. Nach Möglichkeit wurde mit<br />
Sand, Kies oder Steinen nachverdichtet.<br />
Die historischen Straßen für Handel<br />
und für Heeresbewegungen, bevor<br />
der Chausseebau begann, werden als<br />
Altstraßen bezeichnet. Zu großen Teilen<br />
waren es unbefestigte Naturwege.<br />
Auch die Römerstraßen werden den Altstraßen<br />
zugerechnet. Vielfach wurde der<br />
Verlauf der Altstraßen der Topografie<br />
und den geologischen Formationen der<br />
Landschaft angepasst. Die Routen folgten<br />
bevorzugt Höhenrücken (Wasserscheiden)<br />
oder verliefen parallel mäßig<br />
steiler Hänge. Nach Möglichkeit vermieden<br />
die Straßenbauer überschwemmungsgefährdete<br />
und sumpfige Flussauen.<br />
Gefahren konnten von einem<br />
gehobenen Standpunkt außerdem früher<br />
ausgemacht werden.<br />
Häufig waren die Altstraßen verkehrsmittelspezifisch<br />
mehrspurig. Auf<br />
einer Trasse fuhren Reisegespanne, auf<br />
dem daneben verlaufenden „Kohlenweg“<br />
Brennholztransporte, es folgte der<br />
„Reiterweg“, der „Huckepackweg“ war<br />
für Wanderer reserviert. Ein Beispiel für<br />
solch ein System ist der „Senner Hellweg“.<br />
Gruben sich die Rillen zu tief ein,<br />
wurde längs der ausgefahrenen Bahn oft<br />
eine neue angelegt. Auch um den Wegezoll<br />
zu umgehen bildeten sich immer<br />
wieder parallele Schleichwege. Die verschiedenen<br />
Spuren konnten dabei mehrere<br />
hundert Meter auseinander liegen.<br />
Zwei traditionell wichtige alte Handelsverbindungen<br />
führten durch Thüringen,<br />
wobei auch der Staat von Herzog<br />
Carl-August, Sachsen-Eisenach-Weimar<br />
berührt wurde. Die „Hohe Straße“ in Ost-<br />
West Orientierung, führte aus Schlesien<br />
nach Eisenach. Die „Nürnberger Straße“<br />
führte von Nord nach Süd aus Nürnberg<br />
kommend über Magdeburg nach Danzig.<br />
Erfurt lag am Kreuzungspunkt.<br />
Die Feudalherren des Hochmittelalters<br />
waren für die Sicherheit der Reisenden<br />
auf den Straßen ihres Territoriums<br />
verantwortlich. Daraus entstand im Mittelalter<br />
das Geleitwesen. An besonders<br />
schwierigen Wegstellen lauerten nicht<br />
selten Straßenräuber. Vor allem den<br />
Kaufleute wurden bewaffnete Reiter<br />
zum Schutz vor Raubüberfällen zur Seite<br />
gestellt. Das Schutzgeld dafür wurde<br />
Geleit genannt, die Reisenden zogen<br />
unter Geleit. An der Grenze wechselte<br />
das Geleit, was mehrfach am Tag vorkommen<br />
konnte, und es musste erneut<br />
gezahlt werden. Kam es trotz Geleitschutzes<br />
zu einem Überfall, war der<br />
Fürst verpflichtet den Schaden zu ersetzen.<br />
Auch für Herzog Carl August von<br />
Weimar war das Geleit eine wichtige<br />
Steuer. Der Straßenbau wurde zunächst<br />
in Südwest- und Mitteldeutschland ˘<br />
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<strong>PT</strong>-MAGAZIN 1/2<strong>01</strong>9<br />
Wirtschaft