Ferienwandern 2019
Das Magazin zum Wandern: Geführte Touren, UNterkünfte, Regionen und Wege
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Wandern in der Karibik<br />
schließen, sind dank eines zehnköpfigen Helferteams aus<br />
Kuba komplett frei. Für ein anderes wandertouristisches<br />
Leuchtturmprojekt, den 184 Kilometer langen, die Insel von<br />
Süden nach Norden in 14 Tagesetappen querenden Waitukubuli<br />
National Trail, gilt das nur zum Teil. Honychurch hat auch<br />
diesen 2012 eingeweihten Weg mitentwickelt und dafür gesorgt,<br />
dass er auf vielen Passagen den alten Strecken der Kalinago,<br />
der Ureinwohner Dominicas, folgt. Heute sitzt Honychurch<br />
im Komitee der Freunde des Trails und ist für die nördlichen<br />
Etappen zuständig. „Segment 13 verläuft auf einem über 200<br />
Jahre alten Weg und kann schon wieder komplett gewandert<br />
werden“, so der 66-Jährige. Für andere Abschnitte haben Hotels<br />
nach Maria Patenschaften übernommen. Um die dritte<br />
Etappe kümmert sich das Fort Young Hotel in Roseau, die Räumung<br />
der elften Etappe hat das Tamarind Tree Hotel bei Salisbury<br />
an der Westküste übernommen. Dafür hat der Inhaber<br />
des Hotels, Stefan Lörner, Volunteer-Pauschalen im Programm.<br />
Die regierung setzt auf den Voluntourismus,<br />
um das land aufzubauen<br />
Morgens um halb acht ist Lörners großer Pickup schon mit Motorsägen,<br />
Sprit, Öl, Macheten und Haken zum Anheben abgesägter<br />
Baumstämme sowie einer großen Tasche mit Proviant<br />
gepackt. Nach 40 Minuten Fahrt zunächst entlang der Küste und<br />
dann durch das höher gelegene Gartenland, geht es zu Fuß weiter.<br />
Ausrüstung und Proviant müssen drei Kilometer auf dem<br />
bereits frei gemachten Pfad zum Einsatzort geschleppt werden.<br />
Schon dann sind alle erschöpft. Doch die Arbeit geht jetzt erst<br />
los. Mächtige Baumstämme und die vom Hurrikan abgedrehten<br />
Kronen der Urwaldriesen sowie jede Menge hartnäckige Rankgewächse<br />
lassen den Trail kaum erkennen. Die Kettensägen<br />
laufen heiß, die T-Shirts sind im Nu durchgeschwitzt und<br />
Schweiß brennt in den Augen. Immer wieder müssen alle gemeinsam<br />
anpacken, um Hindernisse aus dem Weg zu räumen.<br />
Nach fünf Stunden sind 300 Meter geschafft. Auch die Arbeiter.<br />
Mit dabei ist der 60-jährige Uwe Willme, der eigentlich in Nordrhein-Westfalen<br />
als Ingenieur für ein Trinkwasser-Labor arbeitet.<br />
„Wenn ich in so ein gebeuteltes Land fahre, will ich ein bisschen<br />
zurückgeben“, begründet er seinen Einsatz, „zumal die Infrastruktur<br />
für Tauchen oder Whale Watching noch nicht steht.“<br />
Nach der Arbeit schmeckt das eiskalte Bier in der Bar des Tamarind<br />
Tree. Nur Lörner hat keine Zeit. Er will noch Solarmodule auf<br />
seinem neuen Dach verlegen. Denn auf Dauer eigenen Strom<br />
mit dem Diesel-Generator zu erzeugen, ist nicht nur laut und<br />
stinkt, sondern auch teuer. Und an das öffentliche Stromnetz<br />
wird sein Hotel nach Maria wie viele andere Orte auf Dominica<br />
wohl so bald nicht angeschlossen.<br />
Dort, wo der Waitukubuli National Trail wie bei der achten<br />
und neunten Etappe durch schwieriges Gelände verläuft,<br />
sind die Aufräumarbeiten noch nicht so weit. Vielleicht ist<br />
das auch gut so, denn hier oben hat Maria ganze Arbeit geleistet.<br />
Die Hänge der Berge sind übersät mit teils mehrere<br />
Hundert Jahre alten, riesigen Gommier- und Chatanyé-Stämmen.<br />
Sie liegen wie Mikado-Stäbchen in der Landschaft, dazwischen<br />
ragen Baumskelette empor, die von Kletterpflanzen<br />
in Besitz genommen werden. Ähnlich trostlos muss es<br />
ausgesehen haben, als der Generalsekretär der Vereinten<br />
Nationen, Antonio Guterres, Dominica direkt nach der Katastrophe<br />
mit dem Hubschrauber überflog. „Ich habe noch nirgends<br />
sonst auf der Welt einen derart dezimierten Wald ohne<br />
auch nur ein einziges Blatt am Baum gesehen“, sagte er und<br />
gab dem Klimawandel die Schuld.<br />
Für einige Abschnitte des Waitukubuli<br />
national Trail haben Hotels Patenschaften<br />
übernommen<br />
Dass die Regierung den für die Vermarktung Dominicas erfundenen<br />
Slogan „The Nature Island“ weiter mit Leben füllt und nach<br />
Maria nicht auf den Massentourismus setzt, hofft Jürgen Schmude.<br />
Der auf das Thema Tourismus spezialisierte Geographie-<br />
Professor aus München sitzt nach einem anstrengenden Exkursionstag<br />
auf der Terrasse eines Cottage in Portsmouth. Es ist<br />
schon dunkel, einige seiner Studenten nehmen vor dem Abendessen<br />
noch ein schnelles Bad in der ruhig dahinplätschernden<br />
Karibischen See. Schmude meint, dass sogenannter community-basierter<br />
Tourismus sehr gut zu Dominica passe, Urlaub in<br />
kleineren Gemeinschaften, abseits vom Massentourismus. Dabei<br />
hätten die Einheimischen nicht nur engeren Kontakt zu den<br />
Gästen, sondern profitierten auch wirtschaftlich von ihnen. Da<br />
Willma BrUny<br />
steht im von Maria zerstörten<br />
Haus ihrer Nachbarin<br />
in dem Ort Calibishie. Vor<br />
dem Hurrikan sind von<br />
hier aus viele Touristen zu<br />
Küstenwanderungen<br />
gestartet. „Die Gemeinde<br />
lebte von den Besuchern,<br />
jetzt sind nicht nur sie,<br />
sondern auch viele<br />
Einwohner weg.“ Auch<br />
Brunys Nachbarin lebt<br />
jetzt in den USA.<br />
GeorGery Davis<br />
freut sich über die ersten<br />
Passionsfrüchte (oben),<br />
die er im Rosalie-Tal<br />
wieder ernten und dann<br />
auf dem nahen Markt<br />
verkaufen kann. Als er<br />
sein Land am Morgen<br />
nach Maria sah, erschrak<br />
er. „Es stand nichts<br />
mehr, alles war verwüstet<br />
– ich musste komplett<br />
von vorne anfangen.“