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Brasilien startet durch

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Ab 2019 wieder erfolgreich Geschäfte in <strong>Brasilien</strong><br />

machen<br />

Karlheinz K. Naumann


Vorwort<br />

<strong>Brasilien</strong> hat, seitdem ich im September 1978 hier ankam, um eine Vorstandsposition in einem<br />

deutschen Automobilzulieferer zu übernehmen, nie „normale“ Zustände erlebt.<br />

Im Oktober 1978 wurde der letzte Staatspräsident der Militärregierung gewählt, nach dessen<br />

Amtszeit starb der erste gewählte Zivilpräsident noch vor seinem Amtsantritt. Sein Vizepräsident<br />

übernahm das Amt und gab es ab, als die Inflation 1.200 % jährlich erreichte. Sein Nachfolger wurde<br />

wegen Korruption des Amtes enthoben und wieder übernahm ein Vizepräsident. Dessen Nachfolger<br />

war sein Wirtschaftsminister, Universitätsprofessor und Soziologe, dem wie Wirtschaftsminister<br />

Erhard, der seinem Chef Adenauer im Amt folgte, das Kunststück gelang, dem Land <strong>durch</strong> eine<br />

erfolgreiche Bekämpfung der Inflation wieder Luft zu verschaffen. Sein Nachfolger, ein Arbeiter,<br />

Sozialist und Gewerkschaftsführer, schaffte den Sprung in das Präsidentenamt erst im vierten Anlauf<br />

und brachte es fertig, <strong>Brasilien</strong> vordergründig zu Prestige und vielen Brasilianer zu bescheidenem<br />

Wohlstand zu verhelfen. Dass ihm auch das Kunststück gelang, seinen Nachfolger auszuwählen und<br />

in das Amt zu drücken, war fast der Sargnagel <strong>Brasilien</strong>s. Der Nachfolger, eine unfähige ehemalige<br />

Terroristin, wurde wegen Haushaltsvergehen des Amtes enthoben und zum dritten Mal erlebte ich,<br />

dass ein Vizepräsident das höchste Staatsamt übernehmen musste. Dieser war trotz unbestreitbarer<br />

Erfolge bei seinen Bemühungen, das Land aus der bis dato größten moralischen, wirtschaftlichen<br />

und politischen Krise zu führen und die Hinterlassenschaft von dreizehn Jahren sozialistischer<br />

Regierung, Vetternwirtschaft und parteilicher Justiz aufzuräumen, höchst unbeliebt und konnte vor<br />

allem die dringend erforderliche Neuordnung der Sozialversicherung nicht beenden, weil er die<br />

politische Kraft nicht aufbrachte. Das lag nicht zuletzt daran, dass er, berechtigt oder nicht, vom<br />

damaligen Generalstaatsanwalt regelrecht verfolgt und an den Pranger gestellt wurde. Welche<br />

Kräfte dahinterstanden, wird die Geschichte offenbaren – oder auch nicht. Zur Zeit, wir schreiben<br />

Mitte Dezember 2018, sitzt der ehemalige Gewerkschaftsführer, der es bis zum Präsidenten geschafft<br />

hat, im Gefängnis und verbüßt eine langjährige Haftstrafe, Konsequenz seiner kriminellen<br />

Machenschaften, um sich und seine Genossen zu bereichern und an der Macht zu halten. Und der<br />

aktuelle Präsident, ungeachtet aller Meriten, die er sich <strong>durch</strong> seine <strong>durch</strong>aus erfolgreichen<br />

Anstrengungen verdient hat, <strong>Brasilien</strong> aus einer Krise herauszuführen, hat diese als Vizepräsident mit<br />

verschuldet und ihn erwartet nach Ablauf seiner Amtszeit, verbunden mit dem Erlöschen seiner<br />

parlamentarischen Immunität, der Staatsanwalt. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass er, der<br />

Universitätsprofessor für Verfassungsrecht, dem Arbeiterpräsident bald Gesellschaft in einer<br />

Strafvollzugsanstalt leisten darf, falls auch er sich nachweisbar einer Straftat schuldig gemacht hat.<br />

Aber natürlich nicht in einer Gemeinschaftszelle mit gewöhnlichen Kriminellen, sondern in einer<br />

Einzelzelle für White collar – Sträflinge mit Sonderbehandlung.<br />

Ein neues Kapitel in der Geschichte <strong>Brasilien</strong>s hat aber schon begonnen, denn am 28.10.2018 wurde<br />

Jaír Messias Bolsonaro, Hauptmann der Reserve und langjähriger Parlamentsabgeordneter, aktuell<br />

für die PSL, zum neuen Präsidenten gewählt und wird sein Amt am 1. Januar 2019 antreten. Die Wahl<br />

war gekennzeichnet von Polemik, Verleumdung, einem fast gelungenen Mordanschlag auf den<br />

erfolgreichen Kandidaten, seinem extrem kostengünstigen Wahlkampf, der von ihm per Internet<br />

vom Krankenhausbett mit breitester Unterstützung von Freiwilligen geführt wurde, die die PT, PSOL,<br />

PCdB und ähnliche linke Parteien und ihre kriminellen Machenschaften, Ignoranz und Inkompetenz,<br />

gepaart mit Arroganz, gründlich satt haben. Er hatte fast die gesamte nationale und internationale<br />

Presse gegen sich, dazu Gewerkschaften, TV - Sender, linke Organisationen, Künstler,<br />

Pseudointellektuelle und Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes, die, soweit es sich um brasilianische<br />

Organisationen und Personen handelt, fast immer sehr gut vom bisherigen Zustand profitiert hatten.<br />

Unterstützt wurde er u.a. von den Kirchen und der nicht mehr schweigenden Mehrheit, die unter der<br />

stärksten Rezession seit Menschengedenken in <strong>Brasilien</strong> und der da<strong>durch</strong> hervorgerufenen<br />

Massenarbeitslosigkeit leidet.<br />

2


Ich wünsche meiner zweiten Heimat, dass diese nicht mehr schweigende Mehrheit sich <strong>durch</strong>setzen<br />

kann und dass die Amtszeit Bolsonaros von Erfolg gekrönt sein wird. Nomen est Omen, der Vorname<br />

Messias ist zumindest ein gutes Zeichen und der Wahlspruch des neuen Präsidenten BRASIL ACIMA<br />

DE TUDO, DEUS ACIMA DE TODOS (<strong>Brasilien</strong> über alles, Gott über allen) sollte auch für<br />

Nichtchristen akzeptierbar sein.<br />

São Paulo, 30. Dezember 2018<br />

Karlheinz K. Naumann<br />

+55 11 5666 8266<br />

+55 11 98111 8267<br />

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naumann@eurolatina.biz<br />

www.eurolatina.biz<br />

www.eurolatinainternational.com.br<br />

www.brasilienaktuell.blogspot.com<br />

3


Bolsonaro mit 55% zum Präsidenten gewählt<br />

Am 28. Oktober 2018 hat <strong>Brasilien</strong> Geschichte geschrieben. Der konservative<br />

Kongressabgeordnete Jair Messias Bolsonaro hat <strong>durch</strong> seine Unbestechlichkeit, seine<br />

Kompromisslosigkeit bei der Bekämpfung von Korruption und Vetternwirtschaft, seine Ablehnung<br />

von Diktatur und sozialistischen Experimenten und sein Eintreten für das Leistungsprinzip die Wahl<br />

zum Präsidenten mit 55% gewonnen, obwohl die Linke nicht nur <strong>Brasilien</strong>s mit einer beispiellosen<br />

Lügenkampagne versucht hatte, ihn als rechtsradikales Monster darzustellen, welches nur darauf<br />

wartet, eine Militärdiktadur einzuführen, um Schwarze, Frauen und nicht Heterosexuelle endlich<br />

ungestraft diskriminieren zu können. Im ersten Wahlgang hatten schon über 49 Millionen Wähler<br />

für ihn gestimmt, was 46% bedeutete. Um im ersten Wahlgang gewählt zu werden, muss der<br />

erfolgreiche Kandidat aber über 50% erreichen, im zweiten Wahlgang reicht dann die einfache<br />

Mehrheit. Da in <strong>Brasilien</strong> der Präsident direkt gewählt wird, sich aber 13 Kandidaten aufstellen<br />

ließen, reichte es einfach nicht beim ersten Mal. Ob es bei weniger Kandidaten für Bolsonaro schon<br />

im ersten Wahlgang gereicht hätte, ist müßig, zu diskutieren. Er hat im zweiten Wahlgang von den<br />

Wählern die Bestätigung erhalten, dass eine überwältigende Mehrheit der Wahlpflichtigen keine<br />

sozialistische Regierung will, christliche Werte hochhält, die Familie schützt und es nicht mehr<br />

toleriert, dass Kriminelle mehr und mehr das Verhalten der Bürger bestimmen. Die<br />

Vetternwirtschaft und das Verteidigen von ungerechtfertigten Privilegien <strong>durch</strong> Politiker,<br />

Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes, <strong>durch</strong> die Justiz, Gewerkschaften und linksorientierten<br />

sogenannten Intelektuellen, Künstlern und Journalisten sowie das ungebremste Ausgeben nicht<br />

vorhandenen Geldes <strong>durch</strong> die frühere PT-Regierung und der schlechte Zustand der Infrastruktur<br />

<strong>Brasilien</strong>s, vom Transportwesen über das Gesundheitswesen bis hin zur Strom- und<br />

Wasserversorgung und Abwasserbehandlung haben ebenso zu seinem Wahlsieg beigetragen wie<br />

die hohen Steuern, die ausufernde Bürokratie, die abgeschottete Wirtschaft und die nicht<br />

nachvollziehbaren Urteile einer sich im Schneckentempo bewegenden Justiz.<br />

Der geschilderte schlechte Zustand <strong>Brasilien</strong>s ist allgemein bekannt, aber - vor allem im Ausland -<br />

spricht kaum einer über die guten Seiten des Landes, siehe den Artikel des Economist mit der<br />

Überschrift „Latin America‘s latest menace“ auf der Titelseite, die das Konterfei Bolsonaros zeigt.<br />

Dazu trägt bis jetzt der diplomatische Dienst des Landes auch kräftig bei, sind doch viele<br />

ehemalige PT-Regierungsmitglieder zu Botschaftern und Mitarbeitern internationaler Gremien<br />

gemacht worden und nutzen diese Stellung, um aus ideologischen Gründen gegen <strong>Brasilien</strong> zu<br />

agieren, denn in ihren Augen kann ein <strong>Brasilien</strong> ohne PT-Regierung nur schlecht sein. Wenn man<br />

José Dirceu, dem ehemaligen Stabschef Lulas, glaubt, sind diese PT-losen Zeiten aber bald vorbei,<br />

denn er sagte kürzlich der argentinischen Zeitung EL PAÍS, dass im Falle eines Wahlsieges der Lula-<br />

Marionette Haddad und wenn dieser dann sein Amt aus nicht genannten Gründen nicht antreten<br />

könne, man die Macht ergreifen werde, was nicht mit einem Wahlsieg gleichzusetzen sei. Gut, das<br />

sich diese Frage nicht mehr stellt, Haddad hat als Platzhalter Lulas die Wahl haushoch verloren.<br />

Damit sind die Träume von einer Begnadigung Lulas geplatzt und es besteht auch keine Gefahr,<br />

dass die kommunistische Kandidatin für das Vizepräsidentenamt unter Haddad jemals das<br />

Präsidentenamt übernehmen müsste. Wenn später das missglückte Attentat auf Bolsonaro, welches<br />

ihn fast getötet hatte, von einer unabhängigen Polizei und Staatsanwaltschaft geklärt ist, wird auch<br />

feststehen, ob hier wirklich nur ein verblendetes ehemaliges Mitglied der linksextremen PSOL-<br />

4


Partei einen Mord versucht hat oder ob es Hintermänner gab, die vielleicht sogar dem Umfeld<br />

Lulas zuzuordnen sind.<br />

Bolsonaro steht jetzt vor großen Herausforderungen. Er muss die guten Eigenschaften <strong>Brasilien</strong>s<br />

nutzen und die schlechten eliminieren. Dazu benötigt er eine Mehrheit im Kongress, die sich seine<br />

Vorgänger Lula und Dilma jeweils fallweise gekauft haben. Das kann, will und wird er nicht machen.<br />

Er hat es auch nicht nötig, denn er weiss die öffentliche Meinung hinter sich. Wer jetzt die nötigen<br />

und überfälligen Reformen be- oder sogar verhindert, hat in Zukunft nicht nur die Regierung gegen<br />

sich, sondern weite Teile der Bevölkerung. Diese hat nämlich endlich angefangen, selbst zu denken<br />

und überlässt diesen schmerzhaften Prozess nicht mehr den Politikern, die bisher glaubten, die<br />

Bevölkerung gängeln zu können.<br />

Das Denken soll man nicht den Pferden überlassen, obwohl diese größere Köpfe als wir Menschen<br />

haben. Und wenn man liest, was in den vergangenen Jahren von Wirtschaftsfachleuten der<br />

Regierungen vor Lula und Dilma, von Verbänden wie dem CNI und FIESP, von den Chefs der<br />

Großbanken und führenden Unternehmern, die nicht mit Lula und Dilma unter einer Decke<br />

steckten, gesagt und geschrieben wurde, muss man feststellen, dass die Diagnoseergebnisse des<br />

Zustandes <strong>Brasilien</strong>s schon lange bekannt sind und auch die nötige Behandlung unserer kranken<br />

Gesellschaft. Aber bis heute hat niemand gewagt, heilige Kühe zu schlachten und wenn überhaupt,<br />

wurden nur Symptome zaghaft bekämpft, anstatt die Wurzeln des Übels auszureißen und zu<br />

verbrennen. Die unter sich zerstrittene Opposition aus Lulas und Dilmas Zeiten, vor allem muss hier<br />

die PSDB genannt werden, hat es nicht gewagt, Lula aus dem Amt entfernen zu lassen, als der<br />

Mensalão-Skandal hochkam, weil man im Glashaus keine Steine werfen kann, ohne Scheiben zu<br />

zerbrechen. Aber sie hat es auch nicht gewagt, im Wahlkampf gegen Dilma die Privatisierung von<br />

Staatsbetrieben des ehemaligen Präsidenten Fernando Henrique zu verteidigen, insbesondere der<br />

jetzt mit 5% abgestrafte damalige Präsidentschaftskandidat Alkmin hatte sich damals in einem<br />

Fernsehduell mit Dilma als feige erwiesen.<br />

Jair Bolsonaro ist nicht feige. Er weiß, dass Staatsbetriebe mit nach politischen Gesichtspunkten<br />

ausgesuchten Geschäftsführern und Vorständen die Korruption unter Lula und Dilma ermöglicht<br />

haben und hat schon angekündigt, dass er den Staatseinfluss auf die Wirtschaft zurücknehmen will.<br />

Selbst die Privatsierung der Petrobrás erscheint jetzt möglich. Und dass er der der Zentralbank<br />

Autonomie geben, den Richter Moro zum Bundesrichter machen und die Wiederwahl des<br />

Präsidenten abschaffen will - beginnend bei sich selbst - ist ein gutes Zeichen.<br />

Was bedeutet Jair Bolsonaro, ab 1.1.2019 <strong>Brasilien</strong>s Präsident, für ausländische Investoren, die in<br />

<strong>Brasilien</strong> unternehmerisch tätig werden wollen? Und für Firmen, die ihre Waren und<br />

Dienstleistungen nach <strong>Brasilien</strong> exportieren wollen? Zunächst dass sie unbesorgt nach <strong>Brasilien</strong><br />

kommen können, dem fünftgrößten Land der Erde mit 212 Millionen Einwohnern, einer blühenden<br />

und prosperierenden Landwirtschaft, einer zum Teil hervorragenden Industrie, die Autos und<br />

Flugzeuge ebenso herstellen kann wie Kraftwerke und Werkzeugmaschinen. <strong>Brasilien</strong> kann im<br />

Meer aus 8.000 Meter Tiefe Erdöl und Erdgas fördern und hat trotzdem Defizite, die ausländischen<br />

Firmen ausgezeichnete Geschäftsmöglichkeiten bieten. Dass diese - weil der Augurenstall noch<br />

nicht ausgemistet ist - ohne fachmännische Hilfe nicht immer leicht wahrzunehmen sind, steht auf<br />

einem anderen Blatt. Aber dafür gibt es ja Dienstleister wie die von mir gegründete Eurolatina, die<br />

das Umfeld kennen und schon hunderten Firmen beim Markteintritt in <strong>Brasilien</strong> geholfen haben.<br />

5


Das Bild Bolsonaros in der Presse<br />

Herr Prof. Dr. Detlef Jena schrieb am 18.3.15 über eine berüchtigte berühmte Person der<br />

Zeitgeschichte:<br />

"Es gibt ein berühmtes Beispiel, wie sich der Stimmungsumschwung unter dem Banner der allzeit<br />

populären "political correctness" hin zu Napoleon vollzogen hat. Am 1. März landete Napoleon in der<br />

Nähe von Cannes, sammelte Truppen, die zu ihm überliefen, und versprach dem Volk radikale<br />

demokratische Reformen. Napoleon eilte der Ruf schneller voraus, als die Adler auf den Standarten<br />

der Alten Garde fliegen und schneller als die Journalisten schreiben konnten.Auch der "Moniteur",<br />

das offizielle Blatt der französischen Regierung, wurde von der Rückkehr des Exkaisers überrascht. Die<br />

Herausgeber und Redakteure wussten nicht so recht, wie sie die Landung Napoleons und seinen<br />

Marsch auf Paris kommentieren sollten. Es ist auch unter dem Aspekt des tollkühnen Mutes mancher<br />

moderner Satireblätter aufregend, zu verfolgen, wie sich die Schlagzeilen des "Moniteur" innerhalb<br />

weniger Tage wandelten: Am 1. März 1815: "Der Menschenfresser hat seine Höhle verlassen." Am 2.<br />

März: "Der Werwolf von Korsika ist soeben bei Cap Juan gelandet." Am folgenden Tag: "Der Tiger ist<br />

zu Gap angelangt." Am 4. März übernachtete das "Ungeheuer" in Grenoble, um sich tags darauf in<br />

einen "Tyrann" zu verwandeln und als solcher <strong>durch</strong> Lyon zu reiten. Am 6. März wollen die<br />

Frontkorrespondenten den "Usurpator" bereits 60 Meilen vor Paris entdeckt haben. Jetzt flogen die<br />

Federn. 7. März: "Bonaparte rückt schnell vorwärts." Noch blieb ein Rest von Ungewissheit: "... aber<br />

er wird nie in Paris einziehen." Da irrte der "Moniteur" und musste sich am 8. März korrigieren:<br />

"Napoleon wird morgen unter unseren Mauern sein." Es ging Schlag auf Schlag. 9. März: "Der Kaiser<br />

ist zu Fontainebleau angelangt." Und einen Tag später die Gewissheit: "Seine Kaiserliche und<br />

Königliche Majestät hielten gestern Abend Ihren Einzug in Ihr Tuilerien-Schloss, in der Mitte Ihrer<br />

getreuen Untertanen."<br />

Dazu passen in <strong>Brasilien</strong> diese Ausgaben links von<br />

EXAME und VEJA mit einem staatsmännischen<br />

Bolsonaro.<br />

Das sah, als der Wahlausgang noch nicht feststand,<br />

ganz anders aus<br />

und muss sicher nicht weiter kommentiert werden. Ich will dazu nur dieses sagen: Was ich bisher von<br />

Bolsonaro gehört und gelesen habe und zwar vor und nach der Wahl, lässt mich glauben, dass wir<br />

6


mit etwas Glück ab dem 1.1.2019 den besten brasilianischen Präsidenten seit vierzig Jahren erleben<br />

werden. Wie die Präsidenten davor waren, weiß ich nicht aus eigenem Erleben und will mich daher<br />

dazu nicht äußern, aber dass keiner der Präsidenten seit 1978 Bolsonaro das Wasser reichen kann,<br />

davon bin ich überzeugt, einschließlich des (zu)vielgelobten FHC, der in meinen Augen viel von<br />

seinem Nimbus verloren hat. Und wenn das germanische Sprichwort "Viel Feind, viel Ehr" gilt, dann<br />

ist Jaír Messias Bolsonaro ein äußerst ehrenvoller Zeitgenosse.<br />

Was erwartet Bolsonaro?<br />

Die meisten Staats“diener“ lehnen Bolsonaro ab, geht es doch um ihre Pfründe und Privilegien.<br />

Abertausende wurden während der dreizehnjährigen PT - Herrschaft ohne fachliche Qualifikation als<br />

Mitarbeiter des Öffentlichen Dienstes und in Staatsbetrieben untergebracht, um als „verdienten<br />

Genossen“ versorgt zu werden. Die staatlichen Universitäten und Schulen sind zu Ausbildungsstätten<br />

für Sozialisten geworden; wer als Schul- oder Hochschullehrer konservative Meinungen publik<br />

macht, hat einen schweren Stand. Und die Arbeiterpartei hat bereits angekündigt, dass sie den<br />

neuen Präsidenten im Parlament bis aufs Messer bekämpfen wird, also die gewohnte<br />

Obstruktionspolitik aus ihrer früheren Zeit als Opposition.<br />

Sein Status als Reserveoffizier macht den neuen Präsidenten in gewissen Kreisen sofort verdächtigt,<br />

eine Militärdiktatur einführen zu wollen, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass die Urheber<br />

solcher Gerüchte genau wissen, dass nichts daran ist, aber die Unwissenden, die Mitläufer, das<br />

„Kanonenfutter“ sozusagen, die wissen es eben nicht. Und zu den Unwissenden zählen auch<br />

Akademiker, die unseren „Gutmenschen“ in Deutschland entsprechen – (ein)gebildet, aber naiv.<br />

Und Gutmenschen sind politisch immer korrekt, nur nicht anecken, nur nicht aus dem Mainstream<br />

ausscheren! Immer schön anpassen, auch wenn die Logik auf der Strecke bleibt. Wer am lautesten<br />

schreit, dem wird zugestimmt. Da ist für Bolsonaro schon der Ärger vorprogrammiert, denn zum<br />

Programm des neuen Präsidenten gehört, wie sein Wahlspruch es schon überdeutlich ausdrückt,<br />

eine konservative Grundhaltung gegenüber der Familie und polemischen Fragen wie z.B.<br />

Abtreibung und Sexualkundeunterricht für kleine Kinder. Er will soviel Staat wie nötig, nicht wie<br />

möglich. Er tritt für eine harte Hand bei der Bekämpfung der Kriminalität ein, also Kümmern um die<br />

Opfer und die Ordnungsmächte und nicht Verhätscheln der Verbrecher, die heute vom Staat als<br />

Opfer der Gesellschaft behandelt werden. Auch der Kauf von Wählerstimmen, von den Regierungen<br />

Lulas und Dilmas <strong>durch</strong> Sozialprogramme wie bolsa família verbrämt, wird von ihm abgelehnt.<br />

Versorgung von Bedürftigen ja, von Arbeitsscheuen nein. Das Leistungsprinzip soll wieder gelten,<br />

für manche eine Horrorvorstellung.<br />

Konservativ zu sein wird leider oft gleichgesetzt mit Rechtsextremismus, was natürlich völlig falsch<br />

ist. Und dass Bolsonaro die Nähe zur USA sucht, bedeutet nicht, wie ich es in einem Leserbrief in der<br />

führenden Tageszeitung <strong>Brasilien</strong>s, dem O Estado de São Paulo, las, dass er <strong>Brasilien</strong> an die USA<br />

verkaufen will.<br />

Bolsonaro sagt, was er denkt, wenn dies auch häufig eben nicht „politisch korrekt“ ist, was aber sicher<br />

zu seinem Wahlsieg mit beigetragen hat. Darin ähnelt er Donald Trump und daher kommt auch sein<br />

Spitzname „Tropentrump“. Die Brasilianer haben das Lügen und Heucheln der bisherigen<br />

Regierungen satt und wenn Bolsonaro sagt, wir müssen der Wahrheit ins Auge blicken, dann<br />

stimmen ihm viele Menschen zu. Der Brasilianer hat einen besonderen Ausdruck dafür, „tapar o sol<br />

com a peneira“ , d.h. „die Sonne mit dem Sieb abdecken“. Diese Mentalität, die u.a. dazu führte, dass<br />

die Sozialversicherung ein bald unbezahlbares und ständig wachsendes Defizit aufweist, welches von<br />

vielen Abgeordneten geleugnet wird, hat etliche dringend nötige Reformvorhaben verhindert, die<br />

jetzt endlich angepackt werden sollen.<br />

7


Damit diese Reformen fachmännisch - hätte ich fachfraulich dazu setzen sollen? - angepackt werden<br />

können, hat der gekürte Präsident seine Regierungsmannschaft nicht nach Parteizugehörigkeit<br />

ausgesucht, sondern nach der Kompetenz der zukünftigen Amtsinhaber. Und um ein Beispiel zu<br />

setzen, hat er gleichzeitig die Anzahl der Ministerien reduziert; nicht so drastisch, wie ursprünglich<br />

angekündigt, aber so deutlich, dass etliche Stellen wegfallen werden, was ihm weiteren Ärger<br />

einhandeln wird.<br />

Mehr als hundert Staatsbetriebe können nach Meinung des neuen Präsidenten privatisiert werden.<br />

Allerdings sollen Energieerzeuger, die Banco do Brasil, die Caixa Econômica Federal und vielleicht<br />

der Kern der Petrobrás ausgenommen werden. Die verbleibenden Staatsbetriebe sollen wie die<br />

Ministerien nicht von Politikern, sondern von Führungskräften geleitet werden, die wie in der<br />

Privatwirtschaft über Personalberatungsfirmen in einem transparenten Prozess gefunden, beurteilt<br />

und ausgewählt werden sollen.<br />

Was erwartet den neuen Präsidenten noch? Außer erheblichem Widerstand im Beamtenapparat eine<br />

kaputte Volkswirtschaft, die aber unter dem jetzigen Präsidenten Temer viel besser dasteht als zum<br />

Ende der vorzeitig <strong>durch</strong> ihre Amtsenthebung abgekürzten Amtszeit seiner inkompetenten und<br />

dilettantischen Vorgängerin Dilma Rousseff. Und natürlich eine Opposition der Opposition willen,<br />

wie die Ankündigung des Boykotts der Zeremonie der Amtsübernahme des neues Präsidenten am<br />

28.12.2018 <strong>durch</strong> die Arbeiterpartei mehr als deutlich macht. Schlechte Verlierer oder besser,<br />

einfach looser!<br />

Was hat sein Vorgänger Temer als Präsident geleistet?<br />

So hat sich die brasilianische Volkswirtschaft seit 1994 entwickelt 1 :<br />

Das waren die bisherigen Präsidenten der República Federativa do Brasil seit 1995:<br />

Und so haben sich während ihrer Amtszeit die volkswirtschaftlichen Kennzahlen entwickelt:<br />

BIP<br />

2019 wird bisher nur ein Wachstum des BIP von 2,5% erwartet<br />

1<br />

* Prognose<br />

** letzten 12 Monate per September 2018<br />

*** per September 2018<br />

Quelle: O Estado de São Paulo, 29.10.2018<br />

8


Inflation<br />

2019 ist das Ziel 4,25% und 4% für 2020, das sollte bei<br />

schwachem Wachstum machbar sein<br />

Arbeitslosigkeit<br />

Die 13,7% im erstem Quartal 2017 konnten auf 12,4%<br />

reduziert werden, aber es gibt immer noch über 12 Mio.<br />

Arbeitslose<br />

Mindestlohn<br />

2019 soll der Mindestlohn auf 1.006 R$ im Monat angehoben<br />

werden, das entspricht ungefähr 250 €<br />

Primärergebnis<br />

2018 wird das fünfte Jahr hintereinander sein, welches mit<br />

einem Defizit abschließt, wahrscheinlich 1,43% vom BIP<br />

Dollarkurs<br />

US$ und € stiegen während der Wahlen gegenüber dem R$<br />

stark im Wert, Ende 2019 sieht man den US$ unter aber<br />

noch 4 R$<br />

Zinsen<br />

Unter Präsident Temer fiel der Selic auf den bisher tiefsten<br />

Wert von 6,5%/a, 2019 wird der Leitzins aber wahrscheinlich<br />

steigen<br />

Ausbildung<br />

Die Mittel für Schule und Universitäten wurden während der<br />

Rezession halbiert, hier besteht starker Handlungsbedarf<br />

Gesundheit<br />

Auch hier wurden die Mittel während der Rezession halbiert<br />

und es muss schnell investiert werden<br />

9


Rentenversicherung<br />

Das Defizit wird Ende 2018 ca. 202,4 Mrd. R$ betragen, die<br />

von Temer versuchte Reform muss unbedingt beendet<br />

werden<br />

Der bis dato amtierende Präsident<br />

<strong>Brasilien</strong>s, Prof. Dr. iur. Michel Miguel<br />

Elias Temer Lulia, der ein sogenanntes<br />

mandato tampão ⁠1 als Präsident<br />

übernahm, ist, wenn man den Medien<br />

vertraut, trotz seiner hier gezeigten<br />

Erfolge in der Bevölkerung äußerst<br />

unbeliebt, nur vereinzelt werden<br />

Stimmen laut, die ihn verteidigen und<br />

zubilligen, dass er den Umständen<br />

entsprechend „einen guten Job<br />

gemacht hat“, denn jetzt, kurz vor Ende<br />

seiner Amtszeit, ist er natürlich eine<br />

lame duck, von der die Bevölkerung<br />

wenig erwartet, der aber trotzdem<br />

noch für seinen Nachfolger einige<br />

Kartoffeln aus dem Feuer holen kann<br />

und dies auch offensichtlich versucht.<br />

Leider nicht mit Nachdruck, denn er<br />

hat die Gelegenheit, eine sich von der<br />

Justiz selbst zugebilligte<br />

Vergütungserhöhung, die vom<br />

Parlament abgesegnet wurde, <strong>durch</strong><br />

sein Veto zu verhindern, leider<br />

ungenutzt vorübergehen lassen. Was<br />

daran liegen kann, dass er nach Ende<br />

seiner Amtszeit keine Privilegien<br />

gegenüber<br />

der<br />

Strafverfolgungsbehörde genießt und<br />

sich seine Chancen auf eine<br />

großzügige Behandlung <strong>durch</strong> die<br />

Justiz nicht verderben wollte. Aber das<br />

ist reine Spekulation.<br />

Weil er so unbeliebt ⁠2 war und ist, hat er<br />

mehrmals große Anzeigen veröffentlicht, mit denen er den Brasilianern zeigen wollte, was seine<br />

Regierung geleistet hat, obwohl ein Mitglied nach dem Anderen Probleme mit der<br />

Staatsanwaltschaft bekam, einschließlich wie eben geschrieben des Regierungschefs.<br />

"WIR WERDEN BRASILIEN AUS DEN ROTEN ZAHLEN HOLEN, UM WIEDER ZU WACHSEN" heißt<br />

frei übersetzt die Überschrift dieser Regierungsanzeige und diese fährt fort "Die Bundesregierung<br />

hat eine sehr ernsthafte Lage der Staatsfinanzen vorgefunden, sehen Sie:<br />

Ende 2015 wurden im Rahmen des PAC-Programmes 54,3 Mrd. R$ ausgegeben, aber nicht bezahlt<br />

10


.<br />

.<br />

.<br />

Der Staat hatte Schulden für 323 Mrd. R$ gemacht, um dieses Geld an die staatliche Entwicklungsbank<br />

BNDES zu verleihen, die es wiederum großen Firmen mit subventionierten Zinsen zur Verfügung<br />

stellte. Der Schuldsaldo der BNDES gegenüber dem Finanzministerium übersteigt 500 Mrd. R$ bzw.<br />

10% vom BIP"<br />

Bevor wir uns weiter ansehen wollen, wie die Lage des Landes war und was Temer geleistet hat, ein<br />

kurzes Wort zu seiner Unbeliebtheit. Nicht jedem Mann in einem hohen Amt ist es vergönnt, den<br />

Charme von Brad Pitt auszustrahlen, wie George Clooney auszusehen und Einsteins Intelligenz zu<br />

haben (was man natürlich auch auf Frauen in einem hohen Amt übertragen kann, also zum Beispiel<br />

charmant wie Diana Rigg in „Schirm, Charme und Melone“, schön wie Angelina Jolie und intelligent<br />

wie Madame Curie) und wenn einem wie Temer nachgesagt wird, er ähnele Graf Dracula, so hilft das<br />

sicher nicht seiner Popularität. Zu seiner Unbeliebtheit trägt sicher auch wesentlich bei, dass er als<br />

Opportunist eingestuft wird, der als Präsident der PMDB und <strong>durch</strong> die Annahme der<br />

Vizepräsidentschaft der Regierung Dilma deren katastrophale Amtsführung erst ermöglicht hat und<br />

dann sein Mäntelchen in den Wind drehte, als klar war, dass sie sich nicht halten wird. Ein weiterer<br />

wesentlicher Grund waren die Anklagen des damaligen Generalstaatsanwaltes Janot, der Temer<br />

passive Korruption vorwarf und versuchte, diese<br />

mit fragwürdigen Methoden nachzuweisen. Und<br />

zu guter Letzt kamen dann noch einige Skandale<br />

hinzu, die einige Mitglieder seiner Regierung das<br />

Amt kosteten, am prägnantesten <strong>durch</strong> dieses<br />

Foto der brasilianischen Polizei zu zeigen, welches<br />

die berühmten Geldkoffer von Geddel Vieira Lima<br />

mit 51 Millionen Reais zeigen.<br />

Welche Hindernisse hat Temer nun seinem Nachfolger aus dem Weg räumen können? Mit Sicherheit<br />

die Reform der Arbeitsgesetzgebung, die bereits dazu beigetragen hat, dass die Zahl der<br />

Arbeitsgerichtsprozesse erheblich zurückgegangen ist, wohlgemerkt der, die von Arbeitnehmern in<br />

dem Bewusstsein angestrengt wurden, dass sie im Fall einer gerichtlichen Niederlagen nichts zu<br />

zahlen hatten, weil die Anwaltskosten der Gegenseite, also der bösen Arbeitsgeber, von eben diesen<br />

zu tragen war und der eigene Anwalt nicht bezahlt werden musste, weil er <strong>durch</strong> Inanspruchnahme<br />

des Armenrechts sein Geld von uns, den Steuerzahlern erhielt oder – was in Deutschland verboten<br />

ist – nur im Erfolgsfall ein Honorar als Prozentsatz der erstrittenen Summe erhalten hätte. Diese<br />

Regelungen gehören der Vergangenheit an, jetzt muss sich der Arbeitnehmer gut überlegen, ob er<br />

wirklich Grund zu einer Klage hat oder, wie einer meiner früheren Mitarbeiter meinte, „bei diesen<br />

Gringos doch immer noch etwas herauszuholen ist“, selbst wenn sie den Arbeitnehmer korrekt nach<br />

Recht und Gesetz behandelt hatten. Und das ist nur eine Änderung, die die Arbeitsgesetzreform<br />

gebracht hat. Aber lassen wir einen Fachmann zu Worte kommen, der unsere Wirtschaft und was sie<br />

im Innersten zusammenhält, wirklich versteht.<br />

1<br />

Rest der Amtszeit, die der Vorgänger nicht als Amtsinhaber beenden konnte<br />

2<br />

Laut IBOPE lehnten 78% der Befragten die Amtsführung von Michel Temer in einer Umfrage zwischen dem 16. und<br />

18.9.2018 ab, 16% hielten sie für normal, nur 4% stimmten ihr zu, 2% hatten keine Meinung<br />

11


Was denkt ein brasilianischer Fachmann über <strong>Brasilien</strong>?<br />

Am 21.9.2017 hatte ich bei einem Mittagessen des Austrian Business Circle auf Einladung des<br />

Generalkonsuls Klaus Hofstadler und in Gegenwart der neuen österreichischen Botschafterin Dr.<br />

Irene Giner - Reichl, die vorher ihr Land in Peking vertrat, die Gelegenheit, einen Vortrag von Fabio<br />

Klein von Tendências mit dem Titel Conjuntura e Perspectivas Econômicas para o Brasil zu hören.<br />

Dieser führte aus:<br />

„Von 2011 bis 2014 war <strong>Brasilien</strong>s Wirtschaft von einer falschen Wirtschaftspolitik der PT-Regierung<br />

geprägt, nämlich steuerliche und monetäre Expansion, Preiskontrolle, Subventionen, fragile<br />

Regulierung. Dazu kamen fehlende Strukturreformen und - mit geringerem Einfluss - die<br />

Weltwirtschaftslage, z.B. Rückgang der chinesischen Wirtschaft, die zu den großen Kunden <strong>Brasilien</strong>s<br />

bei Commodities gehört.<br />

2015 bis 2016 kam es aus politischen und wirtschaftlichen, hier vor allem aus fiskalischen Gründen,<br />

zu einer Vertrauenskrise. Dazu kam die bekannte Operation "Lava Jata" und das erfolgreiche<br />

Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma.<br />

2017 bis 2018 erleben wir die Anpassung der Wirtschaftspolitik an die Realität, Strukturreformen,<br />

stark sinkende Inflation und Lockerung der Geldpolitik und in der Folge eine reale<br />

Einkommensverbesserung und ein erhöhter Konsum der brasilianischen Familien.<br />

Die Winde wehen zur Zeit günstig für <strong>Brasilien</strong>. Das internationale Szenarium begünstigt <strong>Brasilien</strong>.<br />

Das Weltwirtschaftswachstum liegt bei 3,4% in diesem Zeitraum, niedrige Zinsen und hohe Liquidität<br />

begünstigen Schwellenländer wie <strong>Brasilien</strong>.<br />

Aber die brasilianischen Wahlen 2018 bedeuten ein Risiko, vor allem die Wahl des Präsidenten.<br />

Tendências meint, dass ein liberaler Kandidat von Mitte-Rechts 2 das Rennen machen wird und<br />

die augenblickliche Wirtschaftspolitik fortgesetzt werden wird. Das bedeutet Fortführung der<br />

graduellen Strukturreformen und ein vom Markt induziertes Wachstum. Die größte Herausforderung<br />

der künftigen Regierung ist auch wie vor die Haushaltssituation des überschuldeten Landes. Neben<br />

der Reform der Sozialversicherung sind andere Reformen nötig, die die Abhängigkeit von gesetzlich<br />

festgeschriebenen Regierungsausgaben verringern und der Regierung mehr Handelsfreiheit geben.<br />

Trotz der geringen Popularität der jetzigen Regierung muss anerkannt werden, dass sie wichtige<br />

Reformvorhaben <strong>durch</strong>geführt hat wie<br />

• gesetzliche Begrenzung der Haushaltsausweitung<br />

• neue Gesetzgebung über Staatsbetriebe<br />

• neues Management bei Petrobrás<br />

• Reform des Gymnasiums<br />

• Neuregelung der Gesetze zum Pré-Sal<br />

• Gesetz der Fremdvergabe<br />

• Änderung der Kreditkartenregeln<br />

• Freigabe des FGTS<br />

• Reform der Arbeitsgesetzgebung<br />

• Plan zur finanziellen Gesundung der Bundesstaaten<br />

• Langfristzinsen TLP<br />

2<br />

Gute Prognose! In der Tat ist Bolsonaro nach meiner Meinung ein liberaler Politiker, der als mitte-rechts einzustufen ist<br />

12


Dass die Wirtschaft sich erholt, sieht man an der Zunahme des Vertrauensindexes von Verbrauchern<br />

und Industrie, an der Kreditausweitung für natürliche Personen, am Ansteigen des Autoabsatzes und<br />

an der Zunahme der industriellen Produktion. 2008/2209 sind diese Indizes stark eingebrochen,<br />

haben sich aber sehr schnell erholt, diesmal dauert es deutlich länger.<br />

Die Triebfedern des Wachstums sind heute das Verhältnis Import / Export, die flexibel Geldpolitik, die<br />

fallende Inflation, die bereits das Niveau von entwickelten Industrienationen erreicht hat, reale hohe<br />

Einkommensgewinne und der beginnende Rückgang der Arbeitslosigkeit bei gleichzeitigem Abbau<br />

der informellen Beschäftigung.<br />

Das BIP wächst auch endlich wieder, für 2018 sieht Tendências den Zuwachs 3 bei 2,8%, in einzelnen<br />

Sektoren wie der Industrie mit 3,8% sogar deutlich mehr.<br />

Die rekordverdächtige niedrige Inflation, u.a. <strong>durch</strong> eine Superernte im laufenden Jahr, hat bereits<br />

einen starken Rückgang des Leitzinses ermöglicht. Der Dienstleistungssektor, der einen extrem hohen<br />

Anteil am BIP <strong>Brasilien</strong>s hat, hat seine Preise ebenfalls erheblich gesenkt. Die Zunahme des<br />

Kreditvolumens wird begleitet <strong>durch</strong> einen Rückgang der Zahlungsunfähigkeit bei juristischen und<br />

natürlichen Personen.<br />

Der Dollar wurde global billiger, das Länderrisiko <strong>Brasilien</strong> ist stark gesunken, die Währungsreserven<br />

<strong>Brasilien</strong>s sind hoch, alles spricht für ein Engagement in <strong>Brasilien</strong> und seine Währung. Das kann sich<br />

allerdings ändern, wenn die USA die Zinsen erhöhen und wenn die Reform der Sozialversicherung<br />

ausbleibt, was ein weiteres Wachstum des Haushaltsdefizits zur Folge hätte. Die Regierung, in diesem<br />

Augenblick <strong>durch</strong> stark gestiegene Steuereinnahmen wegen des Wiederanziehens der Wirtschaft<br />

begünstigt, muss trotzdem hart an der Verringerung des Primärdefizits arbeiten, d.h. Ausgaben<br />

kürzen und das vorhandene Geld besser ausgeben. Ohne die Reform der Sozialversicherung wird<br />

wahrscheinlich bereits 2019 das Haushaltsdefizit unkontrollierbar sein.<br />

Wenn alle nötigen Maßnahmen ergriffen werden, sollte das Primärergebnis 2020 aus den negativen<br />

Zahlen herauskommen, aber die Bruttoverschuldung, die 2011 bei 51,3% des BIP lag, wird dann bei<br />

85,6% liegen und erst 2016 unter 80% kommen.<br />

Die Schlussfolgerung ist, dass <strong>Brasilien</strong> sich auf dem richtigen Weg befindet, aber es Risiken gibt:<br />

Alles verbessert sich, nur nicht die Haushaltslage! 2018 werden <strong>durch</strong> die Wahl die Weichen<br />

gestellt. Mit 60% Wahrscheinlichkeit wird die Reform der Sozialversicherung <strong>durch</strong>gezogen und die<br />

Kontinuität der Regierung garantiert.“<br />

Die Weichen wurden inzwischen gestellt, aber die Reform der Sozialversicherung „ging in die Hose“,<br />

weil Temer seine Durchsetzungskraft <strong>durch</strong> die schon erwähnte Verfolgung <strong>durch</strong> Janot zu sehr<br />

schwächte. Und das führte u.a. dazu, dass die Liquidität der brasilianischen Regierung auf Bundes-,<br />

Landes- und Kommunalebene Ende 2018 äußerst gefährdet ist. Dazu werde ich mich im zweiten<br />

Kapitel äußern, aber vorher sollen die Vertreter Deutschlands und der deutschen Wirtschaft in<br />

<strong>Brasilien</strong> gehört werden.<br />

3<br />

Hier wurde die Rechnung ohne den Wirt gemacht, d.h. niemand hatte an einen völlig unnötigen Streik der LKW-Fahrer wegen<br />

des Dieselpreises gedacht und an die amateurhafte Reaktion einer erpressbaren Bundesregierung<br />

13


Was denkt die deutsche Wirtschaft über <strong>Brasilien</strong>?<br />

Anfang Oktober 2018, noch vor dem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen, hielt die AHK<br />

São Paulo eine Vorstandssitzung ab, an der der deutsche Botschafter Georg Witschel und der<br />

Generalkonsul in São Paulo, Alex Zeidler, teilnahmen. Auf diesem Treffen wurde der Zeitung „Folha<br />

de São Paulo“ von Martin Duisberg, dem Vertreter der DZ Bank und Vizepräsident der AHK, gesagt,<br />

dass die Verschlechterung des Geschäftsumfeldes und die über<strong>durch</strong>schnittlich wachsende<br />

Komplexität des Steuersystems und der Bürokratie die Muttergesellschaften deutscher<br />

Unternehmen in <strong>Brasilien</strong> bewegt, Investitionen nach Asien umzulenken. Die 210 Verbraucher<br />

<strong>Brasilien</strong>s seien kein ausreichendes Argument mehr, um ausländische Investitionen anzulocken. Zu<br />

den Verlusten im Inland <strong>durch</strong> auf Grund der Rezession schrumpfende Märkte kämen noch<br />

Exportschwierigkeiten hinzu. Wolfram Anders, der AHK-Präsident und Vizepräsident der Robert<br />

Bosch – Gruppe in Lateinamerika, erklärte, dass die Firmen zur Erlangung der Exportfähigkeit ihre<br />

Wettbewerbsfähigkeit verbessern müssten. Unter den vielen Gründen dafür zählte er die<br />

Schwierigkeit, technische Normen und geistiges Eigentum zu registrieren sowie das schwierige<br />

Steuersystem <strong>Brasilien</strong>s, welches dazu führt, dass Bosch in <strong>Brasilien</strong> 39 Mitarbeiter zur Behandlung<br />

von Steuerfragen beschäftige und in Spanien mit einem vergleichbaren Geschäftsvolumen nur fünf. 4<br />

Der deutsche Botschafter empfahl <strong>Brasilien</strong>, das Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland<br />

zu erneuern und die Beitrittsverhandlungen mit der OECD zu forcieren, außerdem hielte sich der<br />

Fortschritt der Verhandlungen 5 zwischen Mercosul und EU in Montevideo in Grenzen. Phlipp<br />

Schiemer, Präsident von Mercedes-Benz do Brasil, kritisierte die Wachstumsbehinderung von<br />

Unternehmen in <strong>Brasilien</strong> <strong>durch</strong> die Bürokratie, so benötigte sein Unternehmen mehr Zeit, eine<br />

Lizenz zu erhalten als für den eigentlichen Bau der Fabrik in Iracemápolis. Laut Weltbankreport Doing<br />

Business 2018 steht <strong>Brasilien</strong> auf der Liste für die Leichtigkeit, eine Baugenehmigung zu erhalten, an<br />

hundertsiebzigster Stelle von 190! Die deutschen Geschäftsleute bemängelten auch, dass die<br />

deutsche Kanzlerin im Juni 2017 Handelsverträge mit lateinamerikanischen Ländern unterschrieb,<br />

aber dabei <strong>Brasilien</strong> links liegen ließ. Anschließend sagte Temer wegen einer Krise seiner Regierung<br />

– er wurde von der brasilianischen Staatsanwaltschaft der passiven Korruption beschuldigt - in letzter<br />

Minute ein Mittagessen mit ihr in Hamburg ab, wo er am G20-Treffen teilnahm. Schiemer betonte,<br />

dass die neue Regierung <strong>Brasilien</strong>s Stabilität auf ihre Fahnen schreiben sollte, die nur <strong>durch</strong><br />

tiefgreifende Reformen erreichbar sei.<br />

Die AHK hat hat 160 Mitgliedsfirmen im ersten Halbjahr 2018 gefragt, was am meisten die Geschäfte<br />

in <strong>Brasilien</strong> beeinträchtigt. Das Steuersystem wurde von 73% genannt, auf den zweiten Platz mit 59%<br />

kam die Staatsverschuldung. Dass man in <strong>Brasilien</strong> im Mittel über 10 Jahre auf die Erteilung eines<br />

Patentes warten muss und dass das Land auf Platz 184 von 190 der Rangliste für die Einfachheit,<br />

Steuern zu zahlen, steht, fanden die Manager auch nicht lustig.<br />

Welche Reformen wurden gewünscht? Diese wurden genannt:<br />

HOHE PRIORITÄT<br />

100% Sozialversicherung<br />

96% Steuersystem<br />

91% Schulsystem<br />

4<br />

Ich habe ca. 1990 eine ähnliche Untersuchung für Mannesmann - Demag in Betím gemacht und bin zu ähnlichen Ergebnissen<br />

gekommen, es hat sich also in ca. 30 Jahren nichts geändert!<br />

5<br />

Ob diese nach der Verknüpfung des gewünschten Abkommens mit dem Verbleib <strong>Brasilien</strong>s im Pariser<br />

Umweltschutzabkommen <strong>durch</strong> den französischen Präsidenten bald erfolgreich abgeschlossen werden können, werden wir<br />

wahrscheinlich erst nach dem Amtsantritt Bolsonaros wissen, der gerade <strong>Brasilien</strong> als Austragungsland der nächsten<br />

Umweltschutzkonferenz ausgeschlossen hat<br />

14


86% Wahlrecht, Parteienrecht, Regierungssystem<br />

73% Gesundheitswesen<br />

68% Korruptionsbekämpfung<br />

64% Arbeitsrecht<br />

55% Infrastruktur und Transport<br />

55% Marktöffnung<br />

MITTLERE PRIORITÄT<br />

45% Marktöffnung<br />

41% Infrastruktur und Transport<br />

32% Korruptionsbekämpfung<br />

27% Gesundheitswesen<br />

23% Arbeitsrecht<br />

14% Wahlrecht, Parteienrecht, Regierungssystem<br />

9% Schulsystem<br />

4% Steuersystem<br />

0% Sozialversicherung<br />

NIEDRIGE PRIORITÄT<br />

13% Arbeitsrecht<br />

4% Infrastruktur und Transport<br />

0% alle übrigen Reformvorhaben<br />

Investitionen in <strong>Brasilien</strong><br />

Deutschland hat viele Jahre lang unangefochten den zweiten Platz unter den ausländischen<br />

Investoren nach den USA eingenommen, wobei ich mich auf die Investitionen beziehe, die nicht reine<br />

spekulative Finanzmarktinvestitionen sind. Firmen wie Siemens und Bayer haben den Schritt nach<br />

<strong>Brasilien</strong> vor mehr als 100 Jahren getan und seitdem Riesensummen im Lande investiert.<br />

Heute nimmt <strong>Brasilien</strong> keinen bevorzugten Platz mehr ein, wenn ein deutscher Investor sein Geld<br />

langfristig im Ausland arbeiten lassen will und seine Niederlassung finanziell unterstützt, neue Firmen<br />

dazu kauft oder gründet. Hier kam uns die Wiedervereinigung in die Quere und der Zusammenbruch<br />

der UdSSR, denn auf einmal konnten deutsche Unternehmer, westdeutsche, sollte ich wohl sagen,<br />

im Osten investieren, vor der Haustür sozusagen. Und da war das ehemalige Arbeiter- und<br />

Bauernparadies, welches privatisiert wurde, Chancen über Chancen, die man nutzen konnte, ohne<br />

eine Fremdsprache lernen zu müssen. Und, wie ein bekannter Unternehmensberater es formulierte,<br />

wenn es Brei regnet, muss man den Löffel raushalten! Und wenn dieser warme Regen damals<br />

verlangte, dass man in Polen, Russland, Ungarn, im damaligen Jugoslawien und der ebenfalls heute<br />

nicht mehr existierenden Tschechoslowakei investierte, um die im Vergleich zu (West-) Deutschland<br />

gezahlten Hungerlöhne ausnutzen zu können, dann macht man das eben und geht nicht nach<br />

<strong>Brasilien</strong>, viel zu kompliziert, viel zu gefährlich und was der Vorurteile mehr sind. Selbst China<br />

erschien auf einmal besser! Ich erinnere mich noch sehr gut an meine Tätigkeit als Leiter des<br />

Firmenpools <strong>Brasilien</strong> / Mercosul der IHK Essen. Wenn wir, die Poolleiter aus aller Welt, an zwei<br />

Tagen im Jahr in einer der NRW – IHKs Sprechstunden abhielten, dann war ich gefragt wie nie, an<br />

einem Rekordtag beriet ich ohne Mittagessen im Dreißig-Minuten-Rhythmus 19 Firmen! Und die IHK<br />

Essen hatte kein Problem, meine Woche mit täglich mindestens acht Terminen für<br />

<strong>Brasilien</strong>interessierte aufzufüllen. Und dann kam die Wiedervereinigung und die Interessenten<br />

blieben aus. An drei Tischen meiner Kollegen aus China standen die Interessenten Schlange,<br />

während ich den Tag mit der Beratung von drei oder vier Ratsuchenden ausfüllte. Das besserte sich<br />

15


etwas vor der Fußballweltmeisterschaft und der Olympiade in <strong>Brasilien</strong>, weil viele deutsche Firmen<br />

so naiv waren anzunehmen, dass man bei solchen Veranstaltungen Großaufträge ohne „Eintrittsgeld“<br />

zu zahlen, mitnehmen könne.<br />

Aber zurück zu den Investitionen. Es geht, wie gesagt, nicht um kurzfristige Kapitalanlagen an der<br />

Börse, um Warentermingeschäfte oder Ähnliches, wo man schnell Gewinne (oder Verluste!)<br />

realisieren kann, sondern um die Geldanlage in Produktionsmittel, um das Finanzieren neuer<br />

Technologien für Produkte und Produktionsverfahren und heute auch für Dienstleistungen. Und da<br />

ist das bevorzugte Ziel 6 2017 bis 2019 für solche langfristig gebundenen Mittel die vielgeschmähte<br />

USA als einziges Industrieland. Es folgen die Schwellenländer China, Indien, Indonesien, Thailand<br />

und erst an sechster Stelle <strong>Brasilien</strong>. Wobei man wissen muss, dass <strong>Brasilien</strong> 2016 weniger<br />

Investitionsmittel aus dem Ausland erhalten hat als 2011, nämlich 39% weniger! Und der sechste<br />

Platz wurde prognostiziert, bevor die Eigentümer des weltgrößten Fleischkonzerns, der JBS, von der<br />

Justiz sozusagen zur Schlachtbank geführt wurde und einer erstaunten Öffentlichkeit gesagt wurde,<br />

wie nicht nur dieses Vorzeigeunternehmen aus Dilmas Zeiten BNDES-Mittel erhielt und dafür<br />

Milliardenbeträge an Politiker und Beamte zahlte. Denn die Rangfolge wurde am 9.6.2017 publiziert.<br />

Die Direktinvestitionen in <strong>Brasilien</strong> haben sich laut UNCTAD so entwickelt:<br />

Werte in Mrd. US$<br />

Und das ist der Anteil, der laut UNCTAD aus dem Ausland kam:<br />

Werte in % der Gesamtinvestition<br />

2016 betrug die Gesamtsumme der in den letzten Jahrzehnten in <strong>Brasilien</strong> investierten und hier<br />

verbliebenen Mittel, die aus dem Ausland kamen, 625 Mrd. US$, was 35% des BIP sind. Böse Zungen<br />

können jetzt sagen, der von den Linken als Argument gegen die USA benutzte Ausverkauf <strong>Brasilien</strong>s<br />

hat schon längs begonnen.<br />

6<br />

Unctad (http://unctad.org/en/pages/PublicationWebflyer.aspx?publicationid=1782) (Conferência das Nações Unidas sobre<br />

Comércio e Desenvolvimento)<br />

16


kumulierte ausländische Investitionen in % des BIP<br />

Und noch bösere Zungen könnten sagen, <strong>Brasilien</strong> wäre ohne diese Investitionen aus dem Ausland<br />

schon lange konkursreif.<br />

2016 lag <strong>Brasilien</strong> als Zielland für ausländische Investitionen weltweit auf dem siebten Platz. Im<br />

genannten Jahr fiel die weltweite Investitionssumme um 2%, die <strong>Brasilien</strong>s aber um 14%.<br />

Wie sieht es nun heute, kurz vor dem Jahresende 2018, mit den Investitionen in <strong>Brasilien</strong> aus? Hier<br />

einige Beispiele:<br />

> Boeing und Embraer werden ein Joint Venture bilden, welches einen Wert von 5,26 Mrd.<br />

US$ darstellt. Bei der ersten Bekanntgabe im Juli 2018 lag der Wert noch 4,75 Mrd. US$. Das<br />

Investment von Boeing beträgt 3,8 Mrd. US$.<br />

> Casas Pernambucanas werden in kleineren Städten neue Läden eröffnen und haben dafür<br />

500 Millionen R$ reserviert. Der Umsatz des Unternehmens soll damit 2019 auf 7 Mrd. R$<br />

steigen.<br />

> Im ersten Vierteljahr 2018 wuchs der Umfang von Fusionen und Akquisitionen um 120%<br />

gegenüber demVorjahresvergleichszeitraum und erreichte 52,3 Mrd. R$<br />

> Eletrobras wird 2019 bis 2023 insgesamt 30,3 Mrd.R$ investieren, 12 Mrd.R$ davon für die<br />

Fertigstellung des Atomkraftwerkes Angra 3<br />

Die finanzielle Lage <strong>Brasilien</strong>s<br />

Diese Beschreibung erfordert vom Leser die Fähigkeit, mit großen Zahlen umzugehen und sich<br />

vorstellen zu können, was sie bedeuten. Also bitte nicht Millionen mit Milliarden verwechseln, wie es<br />

bekannten Politikern passiert sein soll.<br />

17


Per November 2018 beträgt das externe Zahlungsdefizit <strong>Brasilien</strong>s 12,114 Mrd.US$. Bis Jahresende<br />

werden es 17,6 Mrd. US$ sein und für 2019 wird ein Defizit von 35,6 Mrd.US$ erwartet.<br />

Dazu passt die finanzielle Lage der Brasilianer. 54 Millionen leben in Armut und 15 Millionen im<br />

absoluten Elend.<br />

Diese Graphik von STATISTA (www.statista.com) zeigt, wohin das verantwortungslose Handel gegen<br />

die Regierung Temer, angeführt von der Bundesstaatsanwaltschaft, die mit getürkten Beweisen die<br />

Reform der Sozialversicherung verhinderte und gefolgt vom Obersten Bundesgericht, dessen<br />

Richter geradezu unanständige Vergütungsarten und -höhen erlaubten, führt. Temer war auf dem<br />

besten Weg, die Exzesse der Regierungen Lula und Dilma zu reparieren, aber gegen Dolchstöße in<br />

den Rücken war er nicht gefeit.<br />

Wohin soll man gehen, um in <strong>Brasilien</strong> erfolgreich<br />

Geschäfte zu machen?<br />

Keine einfache Frage, das weiß jeder, der schon mal eine Standortstudie gemacht hat. Es gibt viele<br />

Entscheidungskriterien, die man heranziehen kann. Heute sind die Bundesstaaten des Südens und<br />

Südostens <strong>Brasilien</strong>s die Triebfedern der Wirtschaft, denn hier wohnen 59% der Bevölkerung, die<br />

76% des BIP erzeugen und 78% der Industrieerzeugnisse <strong>Brasilien</strong>s. Die deutsch-brasilianischen<br />

AHKs machen darauf aufmerksam, dass fast alle der ungefähr 1.400 in <strong>Brasilien</strong> tätigen Firmen<br />

deutschen Ursprungs ihren Standort in dieser Region haben und hier bis dato 28 Mrd. US$<br />

investierten.<br />

Aber wenn man sich die Standorte der über 50 Automobilfabriken <strong>Brasilien</strong>s ansieht, merkt man<br />

schnell, dass sich hier ein Wandel vollzieht, der nicht mehr aufzuhalten ist. Als ich nach <strong>Brasilien</strong> kam,<br />

um hier Kupplungen, Stoßdämpfer und Ventilfedern für die Fahrzeugindustrie zu bauen, waren fast<br />

alle Fabriken in Groß-São Paulo zu finden, nur Fiat machte mit Betím in Minas Gerais eine Ausnahme.<br />

Heute findet man Autofabriken auch in Santa Catarina, Goias , Bahia und Rio Grande do Sul, um nur<br />

einige andere Orte zu nennen. Und diese Verlagerung der industriellen Tätigkeit, u.a. in den Norden<br />

und Nordosten, setzt sich fort, ein überaus wünschenswerter Trend. Dazu kommt die immer größere<br />

Bedeutung des Zentralwesten, der <strong>durch</strong> das Agrobusiness einen sehr wichtigen Beitrag zur<br />

18


Wirtschaftskraft <strong>Brasilien</strong> leistet. Ein Land, welches ich betonen möchte, flächenmäßig das<br />

fünftgrößte der Erde ist und nach seinem BIP selbst nach der gerade überwundenen<br />

Jahrhundertkrise, hervorgerufen <strong>durch</strong> ein sozialistisches Experiment, welches nicht dem<br />

Wohlergehen der Brasilianer, sondern dem der bis dato Machthaber gewidmet war, global den<br />

achten Rang.<br />

Die ABStartups hat festgestellt, dass die 30 bisher identifizierten unternehmerfreundlichen<br />

Gemeinden meist klein sind und in ganz <strong>Brasilien</strong> zerstreut liegen, oft weitab von den<br />

Ballungszentren. Solche startups sind häufig Firmen, die Kurse über Grafische Datenverarbeitung<br />

anbieten, um Kenntnisse zu vermitteln, wie sie von der Computerspieleindustrie verlangt werden.<br />

<strong>Brasilien</strong> nimmt weltweit den 13. Platz dieser Industrie ein. Von 2015 auf 2018 ist die Anzahl der<br />

Fachleute in diesem Bereich um 73% gestiegen.<br />

Warum verdienen heute nicht alle Unternehmer Geld in<br />

<strong>Brasilien</strong>?<br />

Denn es ist ja nicht so, dass man generell kein Geld in <strong>Brasilien</strong> verdienen kann. Viele Unternehmen<br />

weisen Gewinn in ihrer Bilanz aus, man sehe sich als Beispiel nur die Banken an. Und trotzdem wählen<br />

viele Unternehmer, die noch nicht in <strong>Brasilien</strong> tätig sind, andere Länder aus, wenn sie sich<br />

entscheiden müssen, wo sie investieren werden. Und manche Unternehmer, die bereits im Lande<br />

sind und vielleicht sogar eine Beteiligung in <strong>Brasilien</strong> halten oder eine Tochtergesellschaft<br />

gründeten, ziehen sich aus dem Land zurück. Das muss doch einen Grund haben. Und was<br />

unterscheidet diese Unternehmer von denen, die sich weiterhin in <strong>Brasilien</strong> engagieren und damit<br />

wie im Fall von Siemens oder Bayer in die Fußstapfen ihrer Vorgänger treten, die vor mehr als<br />

hundert Jahren nach <strong>Brasilien</strong> kamen? Oder von denen, die trotzdem, unabhängig von der Person,<br />

die als Präsident die Geschicke des Landes bestimmt, nach <strong>Brasilien</strong> kommen, um hier ihre Produkte<br />

zu fertigen und zu vertreiben?<br />

Die Gründe sind schnell genannt. Wer als Unternehmen schon viele Jahre in <strong>Brasilien</strong> ist oder jetzt<br />

kommt, ging oder geht oft den Königsweg. Das ist nicht jedem vergönnt, denn der Königsweg nach<br />

<strong>Brasilien</strong> ist der, auf dem man sich befindet, wenn ein Kunde ruft und einen Auftrag garantiert, der<br />

die Tätigkeit im Lande von Anfang an in die Gewinnzone bringt.<br />

Ein Beispiel dafür ist eine US-amerikanische Beratungsgesellschaft, deren Vertreter mit einem<br />

Auftrag in der Tasche nach <strong>Brasilien</strong> einreisten, einheimische Fachkräfte rekrutierten, in Deutschland<br />

ausbildeten und zurückschickten, damit sie mit den Kollegen aus Übersee das erste Projekt<br />

abarbeiten und gleichzeitig ohne Verlust weitere akquirieren und damit das Beratungsbüro in<br />

<strong>Brasilien</strong> ausbauen konnten.<br />

Viele Automobilindustriezulieferer hatten dieses Glück ebenfalls. Sie wurden von ihrem Kunden<br />

aufgefordert, ihm nach <strong>Brasilien</strong> zu folgen - Berater nennen das follow source. Aber dieses Glück hat<br />

sich in Krisenzeiten oft als unbeständig gezeigt. In einem meiner Projekte wurde mir der Aufbau eines<br />

deutschen Zulieferers anvertraut, dem vom Kunden die Preise rückwirkend einseitig gekürzt wurden.<br />

Auf meine - leere - Drohung, die Lieferung auszusetzen, wurde mir vom Einkäufer lakonisch gesagt,<br />

wenn sein Unternehmen Verluste mache, müssten dass die Lieferanten ebenfalls, außerdem würde<br />

mein Auftraggeber in Deutschland 60% seines Umsatzes mit seiner Firma machen und das könne<br />

man schnell reduzieren.<br />

Die Bauindustrie leidet seit viereinhalb Jahren unter einem Geschäftsrückgang von 30% und wird<br />

wohl erst 2025 auf dem Niveau von 2014 ankommen. Gründe dafür sind u.a. die schwierige und<br />

19


teure Finanzierung von Bauvorhaben und die Zurückhaltung des Staates mit Investitionen, aber auch<br />

die bewiesenen Korruptionsvorwürfe gegen die meisten der großen Bauunternehmen, die<br />

milliardenschwere Strafen zahlen und tausende Mitarbeiter entlassen mussten.<br />

Viele kleine und mittlere Unternehmen leiden unter ihrer fehlenden Wettbewerbsfähigkeit, die oft<br />

selbstverschuldet ist, weil nicht rechtzeitig in moderne Produktionssysteme und innovative Produkte<br />

investiert wurde. Ich erinnere mich an einen Fall, der dies besonders deutlich zeigt. Ich war mit dem<br />

Inhaber eines deutschen Ingenieurbüros beim Chef eines eigentümergeführten<br />

Familienunternehmens aus der Medizintechnikbranche. Wir boten dem Herrn an, ein neues Produkt<br />

für ihn bis zur Serienreife zu entwickeln, für ca. 100.000 €, weniger, als diese Entwicklung in seinem<br />

Hause gekostet hätte - abgesehen davon, dass er kein qualifiziertes Personal dafür hatte. Was war<br />

der Gegenvorschlag? Der Unternehmer zeigte uns ein Produkt im Katalog eines Wettbewerbers aus<br />

den USA und fragte, ob wir dieses nachbauen könnten. Ein anderes Beispiel, ich war mit dem<br />

Eigentümer eines Blockbandsägenherstellers, der mehr als 100 Maschinen in Afrika verkauft hatte,<br />

in Belém. Ich hielt dort einen Vortrag über moderne Holzbearbeitungsmethoden und wir wurden<br />

von etlichen Sägewerkeigentümern bedrängt, die Sägen anzubieten. Diese waren teuer, ca. 750.000<br />

€ fob, aber eine Säge ersetzte fast 100 Mitarbeiter eines Sägewerkes. Fazit? In den Sägewerken<br />

stehen heute noch manuelle 100.000 R$ - Sägen, mit denen Tageslöhner unter<br />

menschenunwürdigen Verhältnissen Bretter schlechter Qualität herstellen. Einige einzige Säge<br />

konnte verkauft werden, nach Surinam!<br />

Das ist unsere beklagenswerte brasilianische Arbeitsproduktivität 7 :<br />

Links sehen Sie die Produktivität in <strong>Brasilien</strong> von 1950 bis 2016 in Prozent der US-amerikanischen<br />

und rechts die von Chile, China, <strong>Brasilien</strong> und Indien von 1980 bis 2018. Wenn Bolsonaro es<br />

<strong>durch</strong>drücken kann, dass der Zoll für Maschinenimporte von 14 auf 4% gesenkt wird, könnte sich das<br />

Bild ändern. Aber direkt nach der Ankündigung dieser Maßnahme meldete sich gleich der<br />

Maschinenbauerverband Abimaq als Bedenkenträger.<br />

Die 200 größten Gruppen <strong>Brasilien</strong>s erzielten 2017 Bruttoeinnahmen in Höhe von 3,97 Billionen R$,<br />

1,6% mehr als im Jahr zuvor. Die Inflation betrug in diesem Zeitraum 2,95%. Durch Kostensenkung<br />

und Entschuldung wuchs das wirtschaftliche Ergebnis 2017 gegenüber 2016 um 36,7%! Es geht also,<br />

wenn man den korrekten Weg wählt und Ausschreibungen nicht <strong>durch</strong> Bestechung gewinnt,<br />

7<br />

Quelle: Guilherme Tinoco, Fabio Giambiagi, BNDES, PERSPECTIVAS DEPEC 2018 - O CRESCIMENTO DA ECONOMIA<br />

BRASILEIRA 2018-2023, ABRIL 2018<br />

20


sondern <strong>durch</strong> Wettbewerbsfähigkeit! Aber der Weg ist schwierig, Bürokratie, hohe und<br />

komplizierte Besteuerung, mangelnde Rechtssicherheit, sehr langsame Schutzrechterteilung,<br />

ausufernde Kriminalität, teurer Import, Fehlen von Fachkräften, schlechte Infrastruktur, teure<br />

Produkte und Dienstleistungen stehen dem Erfolg entgegen.<br />

Den Königsweg zu gehen, ohne auf Hindernisse zu stoßen, ist leider nicht jedem gegönnt und<br />

deshalb habe ich Verständnis dafür, wenn sich Unternehmer einfachere Länder aussuchen. Wer<br />

trotzdem nach <strong>Brasilien</strong> will, sollte mich oder meinen Partner Holger Sax ansprechen, wir helfen mit<br />

unserer EUROLATINA bei der Gründung von Unternehmen und ihrem Aufbau, wobei wir die<br />

Verwaltung und andere operative Aufgaben übernehmen, z.B. aus der Logistik. Eine andere Hilfe<br />

besteht im Abstellen von exklusiven Mitarbeitern für unsere Kunden, die Aufbauarbeit vor allem im<br />

Vertrieb leisten und weisungsgebunden sind, d.h. Sie haben es nicht mit freien Handelsvertretern zu<br />

tun, die nach eigenem Gutdünken ohne Berichtspflicht agieren. <strong>Brasilien</strong> ist kein Land für Anfänger,<br />

aber wer in Indien oder China erfolgreich ist, kann es auch in <strong>Brasilien</strong> sein.<br />

Das Bundeskabinett Bolsonaros<br />

Er versprach im Wahlkampf, dass er seine Minister nach fachlichen und nicht nach parteipolitischen<br />

Kriterien ausgesucht würde. Das hat er ohne Zweifel geschafft, sehen Sie sich Liste der Minister (aus<br />

VEJA, Giovanna Romano, publiziert am 13.12.18 um 19:48) an:<br />

Onyx Lorenzoni (Präsidialamt)<br />

Paulo Guedes (Wirtschaft)<br />

64 Jahre, Parlamentsabgeordneter, das vierte Mal gewählt<br />

(nach Anzahl der Stimmen auf dem zweiten Platz in RS),<br />

Tierarzt, DEM für RS, ist der künftige rechte Arm des<br />

Präsidenten, zuständig für die politische Artikulation im<br />

Parlament und „Aufseher“ der anderen Ministerien. Hat 2014<br />

zugegebenermaßen 100.000 R$ als Spende aus der<br />

schwarzen Kasse einer Firma erhalten.<br />

Volkswirt, 68 Jahre, kommandiert künftig ein<br />

Superministerium, zuständig für Planung, Industrie,<br />

Handel und Finanzen. Promotion an der Universität von<br />

Chikago, will so wenig Staat wie möglich in der<br />

Wirtschaft und verteidigt den Wirtschaftsliberalismus<br />

Sergio Moro (Justiz und öffentliche Sicherheit)<br />

Tereza Cristina (Landwirtschaft)<br />

Ehemaliger Bundesrichter, <strong>durch</strong> das Lava Jata - Verfahren<br />

bekannt geworden, ist auch zuständig für die<br />

Finanzaufsichtsbehörde COAF (Conselho de Controle de<br />

Atividades Financeiras), die Bundespolizei und das<br />

Gefängniswesen. Hat einen Doktorgrad der<br />

Bundesuniversität von Paraná. Hat den ex - Präsidenten Luiz<br />

Inácio Lula da Silva wegen passiver Bestechung und<br />

Geldwäsche verurteilt. Hat sein Richteramt mit der Berufung<br />

zum Minister aufgegeben.<br />

Parlamentsabgeordnete, DEM für MS, wurde von der<br />

FPA (Frente Parlamentar da Agropecuária) für das Amt<br />

empfohlen. Agraringenieurin, führt die<br />

Interessensgruppe der Landwirte im Nationalkongress<br />

an. War von 2007 bis 2014 Landesministerin für<br />

Agrarentwicklung, Produktion, Industrie, Handel und<br />

Tourismus unter Ministerpräsident André Puccinelli<br />

(MDB).<br />

21


Marcos Pontes (Wissenschaft und Technologie)<br />

General Augusto Heleno (Institutionelle Sicherheit)<br />

PSL, erster Astronaut <strong>Brasilien</strong> (und Südamerikas),<br />

Oberstleutnant der Reserve der Luftwaffe, Ersatzkandidat für<br />

Major Olímpia (PSL). Luft- und Raumfahrtingenieur des ITA<br />

(Instituto Tecnológico de Aeronáutica), war UNO-Botschafter<br />

für industrielle Entwicklung.<br />

General Fernando Azevedo e Silva (Verteidigung)<br />

PRB, Reserveoffizier, 71 Jahre, war Militärkommandant<br />

von Amazonien und Chef der Abteilung für Wissenschaft<br />

und Technologie. Künftig zuständig für die Sicherheit<br />

des Präsidenten und für den Geheimdienst. Enger<br />

Vertrauter von Bolsonaro<br />

Ernesto Araújo (Außenministerium)<br />

Ehemaliger Stabschef der Armee, seit September 2018<br />

Berater des Präsidenten des Obersten Bundesgerichtshofes<br />

Dias Toffoli. Der Reservegeneral war u.a. Kommandant der<br />

Militärregion Ostbrasilien, hat eine UNO-Mission in Haiti<br />

geführt und war Chef der Autoridade Pública Olímpica<br />

während der Olympiade 2016 in Rio. Absolvierte seine<br />

Ausbildung in der Militärakademie Agulhas Negras und<br />

beendete sie 2016, ein Jahr vor Bolsonaro.<br />

Wagner Rosário (Bundesrechnungshof)<br />

War im Außenministerium bis jetzt Direktor des<br />

Abteilung USA, Kanada und Interamerikanische<br />

Angelegenheiten. Hat den Rang eines Botschafters,<br />

stand aber nie einer Botschaft vor. Hat die Kandidatur<br />

Bolsonaros offen unterstützt und die PT eine<br />

Terroristenpartei genannt.<br />

André Luiz de Almeida Mendonça<br />

(Generalbundesanwaltschaft)<br />

Hat dieses Amt bereits unter Temer inne und war der erste<br />

Karrierebeamte des CGU, der das Amt des Exekutivsekretärs<br />

und Ministers übernimmt. Er ist Steuerprüfer der<br />

Militärakademie Argulhas Negras und hat als Offizier<br />

gedient. An der Universität von Salamanca in Spanien hat er<br />

ein Diplom in Korruptionsbekämpfung im Rechtsstaat<br />

erworben.<br />

Er ist derzeit bei der Behörde als Sonderberater im<br />

Controlling tätig, der er in Zukunft vorstehen wird.<br />

Studium an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät von<br />

Bauru. Direktor der Abteilung für Öffentliches Eigentum<br />

und Verwaltungskorrektheit der<br />

Bundesstaatsanwaltschaft. 2011 erhielt er den<br />

Sonderpreis Innovare für die Idealisierung einer Gruppe<br />

zur Bekämpfung der Korruption innerhalb der AGU. Der<br />

Anwalt gilt aufgrund seiner Kenntnisse in<br />

Kronzeugenvereinbarungen als technisch und genießt<br />

den Respekt eines Fachmannes.<br />

22


Luiz Henrique Mandetta (Gesundheit)<br />

Gustavo Bebianno (Generalsekretär der<br />

Präsidentschaft der Republik)<br />

Parlamentsabgeordneter für DEM-MS, Arzt (Orthopäde),<br />

früherer Landesgesundheitsminister in Campo Grande,<br />

wurde trotz einer Untersuchung wegen<br />

Ausschreibungsbetrug, Schwarzer Kasse und<br />

Amtsmissbrauch gegen ihn wegen der Unterstützung von<br />

Mitgliedern des Gesundheitssektors ausgesucht.<br />

Ricardo Vélez Rodríguez (Erziehung)<br />

Wird das Sekretariat für Kommunikation (Secom) und das<br />

Partnerschafts- und Investitionsprogramm (PPI) leiten.<br />

Der aus Rio stammende 54 Jahre alte Anwalt war der<br />

hauptsächliche Wahlkampfkoordinator von Bolsonaro<br />

und präsidierte die PSL bis zur Wahl des Hauptmannes.<br />

General Carlos Alberto Cruz (Regierungssekretariat)<br />

Der kolumbianische Philosoph wurde am 22. November<br />

ausgesucht, einen Tag nach dem Verzicht Bolsonaros auf die<br />

Ernennung von Mozart Neves Ramos aufgrund des Druckes<br />

der evangikalen Parlamentsmitglieder. Für diese war Ramos<br />

zu „fortschrittlich“ und hätte Vorschläge wie SCHULE OHNE<br />

PARTEI nicht übernommen. Vélez ist emeritierter Professor<br />

der Schule für Stabsoffiziere des Generalstabes des<br />

Heeres, studierte Philosophie an der Universidade Pontifícia<br />

Javeriana in 1964, erwarb ein Diplom in Theologie am<br />

Seminário Conciliar von Bogotá in 1967 und eines in<br />

Philosophie an der Pontifícia Universidade Católica von Rio<br />

de Janeiro (PUC-Rio) in 1974, erhielt einen Doktorgrad in<br />

Philosophie von der Universidade Gama Filho in 1982. Er<br />

schrieb das Buch „Die große Lüge – Lula und der<br />

Patrimonialismus der PT, veröffentlicht 2015, der erste<br />

Ausländer im neuen Kabinett.<br />

Tarcísio Gomes da Costa (Infrastruktur)<br />

Der 66 Jahre alte Heeresdivisionsgeneral der Reserve<br />

war 2017 Staatssekretär für Öffentliche Sicherheit des<br />

Justizministeriums und erweiterte die Präsenz der<br />

Nationalen Sicherheitskräfte im Bundesstaat Rio de<br />

Janeiro. 2018 wurde der General UN-Berater und leitete<br />

die Streitkräfte der Organisation in Haiti und im Kongo.<br />

Gustavo Henrique Rigodanzo Canuto<br />

(Regionalentwicklung)<br />

Ingenieur und zur Zeit zuständig für die Projektkoordination<br />

des Spezialsekretariat des<br />

Investitionspartnerschaftsprogramms Temers und<br />

Gesetzgebungsberater der Abgeordnetenkammer. Er<br />

absolvierte sein Studium der Militärwissenschaften an der<br />

Akademie von Agulhas Negras in Resende (RJ) und im<br />

Ingenieurwesen des Military Engineering Institute. Er war<br />

2011 -2015 während der Regierung der ehemaligen<br />

Präsidentin Dilma Rousseff Exekutivdirektor und<br />

Generaldirektor der Nationalen Abteilung für<br />

Verkehrsinfrastruktur (DNIT).<br />

Hat einen Abschluss in Informatik der State University of<br />

Campinas (Unicamp) und einen Abschluss in<br />

Rechtswissenschaften des Universitätszentrums von<br />

Brasília (UniCEUB). Derzeit ist er Exekutivsekretär des<br />

Ministeriums für nationale Integration in der Regierung<br />

Temer und Karrierebeamter des Planungsministeriums.<br />

Neben seinem Amt beim Integrationsministerium und<br />

bei der Nationalen Zivilluftfahrtbehörde hat er auch<br />

Verpflichtungen in den Sekretariaten der zivilen und<br />

allgemeinen Luftfahrt des Präsidenten der Republik<br />

übernommen.<br />

23


Osmar Terra (Staatsbürgerschaft)<br />

Marcelo Álvaro Antônio (Tourismus)<br />

Facharzt für Neurologie, MDB, war Gesundheitsminister von<br />

Rio Grande do Sul und Bürgermeister von Santa Rosa (RS)<br />

und unter Temer Minister für soziale und landwirtschaftliche<br />

Entwicklung, künftig verantwortlich für Sport-, Kultur- und<br />

Sozialentwicklung. Hat die Zahl der Begünstigsten des Bolsa<br />

Família-Programmes auf die wirklich Berechtigten reduziert<br />

und das "Happy Child" -Programm für die frühkindliche<br />

Betreuung und den "Progredir-Plan" für die berufliche<br />

Ausbildung und die Förderung des Unternehmertums<br />

umgesetzt.<br />

Admiral Bento Costa Lima (Bergbau und Energie)<br />

Bundesparlamentsabgeordneter für die PSL, der Partei<br />

Bolsonaros. Hat Bauingenieurswesen studiert, aber kein<br />

Diplom gemacht. Mitglied der Parlamentskommissionen<br />

für Bergwerke und Energie, Finanzen und Steuern,<br />

Verkehr und Transport sowie der externe Kommissionen<br />

zum Zika-Virus und zur Wassersituation der Gemeinden<br />

von Minas Gerais.<br />

Damares Alves (Frauen, Familie und Menschenrechte)<br />

Er ist der erste Vertreter der Marine in der neuen Regierung<br />

und wird die Position des Ministers für Bergbau und Energie<br />

einnehmen. Er ist Generaldirektor für kerntechnische und<br />

technologische Entwicklung der Marine und steht an der<br />

Spitze des U-Boot-Entwicklungsprogramms (Prosub). Er war<br />

parlamentarischer Berater des Kabinetts des Marineministers<br />

im Nationalkongress. Aus Rio stammend, begann er seine<br />

Karriere 1973 in der Marine und besetzte wichtige<br />

Positionen in <strong>Brasilien</strong> und im Ausland.<br />

Die Rechtsanwältin und Pastorin wurde vom designierten<br />

Präsidenten Jair Bolsonaro zum Leiter des Ministeriums<br />

für Frauen, Familie und Menschenrechte ernannt. Sie ist<br />

Berater von Senator Magno Malta (PR-ES), der an der<br />

Bolsonaro-Kampagne mitarbeitete und hoffte, der<br />

nächsten Regierung beizutreten. Die National Indian<br />

Foundation (Funai), die sich um die öffentliche Politik<br />

gegenüber indigenen Völkern kümmert, wird das<br />

Justizministerium verlassen und unter der Verantwortung<br />

des neuen Portfolios stehen.<br />

Ricardo Salles (Umwelt)<br />

Der zukünftige Umweltminister der neuen Regierung hat<br />

einen Abschluss in Rechtswissenschaften mit Aufbaustudien<br />

an der Universität von Coimbra und an der Universität von<br />

Lissabon. Im Jahr 2006 gründete er das Straight Brazil<br />

Movement (MEB) und versuchte vergeblich als Landes- und<br />

Bundesparlamentsabgeordneter in das politische Leben<br />

einzutreten. Unter der Regierung von Geraldo Alckmin, dem<br />

ehemaligen Ministerpräsidenten von São Paulo, war der<br />

Anwalt von 2016 bis 2017 der Umweltminister. Salles wurde<br />

von der Staatsanwaltschaft von São Paulo des<br />

Amtsmissbrauchs und angeblich rechtswidriger Eingriffe in<br />

Verwaltungsverfahren der Junta Comercial von São Paulo<br />

beschuldigt.<br />

24


Die "Süddeutsche Zeitung" hat eine sehr ausgeprägte Meinung über dieses Kabinett:<br />

30. Dezember 2018, 18:58 Uhr<br />

<strong>Brasilien</strong><br />

Bolsonaros Gruseltruppe<br />

Der Präsident hat Minister um sich versammelt, die ihresgleichen suchen: alt, weiß, männlich,<br />

militärisch - und von zweifelhaftem Leumund.<br />

Von Boris Herrmann, Rio de Janeiro<br />

Eines seiner Wahlversprechen hat der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro schon vor seiner<br />

Amtseinführung am 1. Januar gebrochen. Leider war es ausgerechnet einer seiner wenigen<br />

vernünftigen Vorschläge. Bolsonaro hatte angekündigt, die in der Tat absurde Anzahl<br />

von 29 Bundesministerien auf "maximal 15" zu reduzieren. Die vergangenen Wochen verbrachte er<br />

vor allem damit, die Namen seiner künftigen Minister auf Twitter zu verkünden. Zählt man alle<br />

zusammen, landet man bei 22.<br />

Mehr als übererfüllt hat Bolsonaro wiederum sein Versprechen, dem brasilianischen Militär zu neuer<br />

Bedeutung zu verhelfen. Unter den 22 Mitgliedern des neuen Kabinetts befinden sich sieben<br />

Angehörige der Armee, den Vizepräsidenten, Reservegenaral Hamilton Mourão, noch nicht<br />

mitgerechnet. Ganz zu schweigen von Bolsonaro selbst, der ja ein ehemaliger Fallschirmjäger ist.<br />

Der künftige Staatschef hat oft genug wissen lassen, dass er den "guten alten Zeiten" der<br />

Militärdiktatur (1964bis 1985) hinterer trauert. Jetzt hat er sich mit demokratischer Legitimation<br />

immerhin eine Regierungsmannschaft zusammenstellen dürfen, der mehr Militärs angehören<br />

werden als zu Diktaturzeiten. Die meisten von ihnen sind 65 Jahre und älter und kennen "die guten<br />

alten Zeiten" noch aus eigener Erfahrung.<br />

Abgesehen von einer Präferenz für Armeeangehörige in Schlüsselpositionen wie der Verteidigung,<br />

dem Verfassungsschutz, der Infrastruktur oder dem Sektor für Energie und Bergbau gibt es in<br />

diesem Kabinett noch drei weitere Trends: alt, weiß, männlich. Wobei das nichts Neues ist.<br />

In <strong>Brasilien</strong> leben mehr Frauen als Männer und mehr Schwarze als in jedem anderen Land der Welt,<br />

mit Ausnahme Nigerias. Als der scheidende Präsident Michel Temer vor zweieinhalb Jahren sein<br />

Kabinett zusammenstellte, waren kein einziger dunkelhäutiger Politiker und keine Frau dabei.<br />

Bolsonaro wird nun immerhin zwei Frauen in den Ministerrang berufen....<br />

Mehr will ich dem Leser nicht zumuten. Aber dem Journalisten sei gesagt, dass es jetzt eben keine<br />

Quotenregelung mehr gibt, sondern dass Kabinettsmitglieder nach ihrer Qualifikation und nicht<br />

nach Geschlecht, Hautfarbe, Alter oder sexueller Orientierung ausgesucht und alte weiße Männer<br />

auch dann nicht benachteiligt wurden, wenn sie ihrem Vaterland ehrenhaft als Soldat gedient haben.<br />

25


Was erwarten wir von Bolsonaro?<br />

Zu vielen Themen hat Bolsonaro nach Meinung der Gutmenschen, die in <strong>Brasilien</strong> meist Wolf im<br />

Schafspelz sind, politisch sehr unkorrekte Ansichten. Nach Ansicht von Realisten, die man<br />

keinesfalls als Schlechtmenschen anprangern sollte, sind diese Ansichten der Grund, warum er<br />

gewählt wurde. Am 27.12.2018 hat der künftige Regierungschef eine Broschüre mit dem Fahrplan<br />

der ersten 100 Tage publiziert. Diese Regierungsagenda fängt so an:<br />

"Und ihr sollt die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen." Johannes 8:32<br />

"Die Wahrheit wird dieses großartige Land frei machen. Und Freiheit wird uns in eine große Nation<br />

verwandeln. Die Wahrheit war das Leuchtfeuer, das uns hierher führte, und das wird unseren Weg<br />

weiter erleuchten. Der letzte Wahlprozess offenbarte die Feier eines Landes für die Freiheit. Die mit<br />

den Brasilianern eingegangene Verpflichtung bestand darin, eine anständige Regierung zu bilden,<br />

die sich ausschließlich für das Land und unser Volk einsetzt. Der Zweck unserer Regierung ist es,<br />

unser <strong>Brasilien</strong> in eine große, freie und wohlhabende Nation zu verwandeln. Dafür werden wir Tag<br />

und Nacht arbeiten. "<br />

Und das ist das übersetzte Inhaltsverzeichnis:<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

REGIERUNGSAGENDA<br />

GRUNDSÄTZE DER ÖFFENTLICHEN VERWALTUNG DES BUNDES<br />

VERWALTUNG<br />

Akt der Ernennung, Amtseinsetzung und Amtsausübung<br />

Übernachtungsspesen und nationale und internationale Flugpassagen<br />

Benutzung von Flugzeugen der brasilianischen Luftwaffe<br />

Kreditkarte des Bundes - CPGR<br />

Wohnung und Kostenbeihilfe<br />

Transport / Benutzung des Dienstwagens<br />

Reservierter Parkplatz<br />

Verträge<br />

Informationstechnologiesysteme<br />

Veröffentlichung im Amtsblatt<br />

SCHLÜSSELPOSITIONEN<br />

STRUKTUR<br />

Gesetz über die Organisation der Präsidentschaft der Republik und der Ministerien<br />

Interne Regeln jeder dieser Körperschaften Kommunikation<br />

Zeremonieal<br />

Audit und Kontrolle<br />

Teilnahme am Kollegium<br />

Transversalsysteme<br />

ETHIK / INTEGRITÄT<br />

Ausschuss für öffentliche Ethik der Präsidentschaft der Republik<br />

Nepotismus<br />

26


Amtsverfehlung<br />

ERARBEITUNG DER ÖFFENTLICHEN POLITIK<br />

Referenzdokumente<br />

Budgetplanung<br />

Anweisung zum normativen Handeln<br />

Begleitungs- und Bewertungsausschuss der föderalen öffentlichen Politik - CMAP<br />

Überwachungs- und Bewertungsausschuss von Subventionen der Union - CMAS<br />

Öffentliche Konsultation<br />

ÖFFENTLICHE VERWALTUNG (GOVERNANCE)<br />

PRIORITÄTSMASSNAHMEN<br />

10 Tage<br />

30 Tage<br />

60 Tage<br />

90 Tage<br />

100 Tage<br />

AMTSEINSETZUNG DES PRÄSIDENTEN UND DES VIZEPRÄSIDENTEN<br />

KONTAKT FÜR WEITERE INFORMATIONEN<br />

ANLAGEN<br />

Es würde zu weit führen, an dieser Stelle die 81 Seiten starke Broschüre im Detail zu erklären und zu<br />

diskutieren, dies wird im Laufe der ersten 100 Tage der Regierung Bolsonaro von mir in meinem<br />

Blog BRASILIEN AKTUELL gemacht werden.<br />

Welche Probleme will Bolsonaro anpacken? Hier seien einige ohne Würdigung ihrer Priorität<br />

aufgezählt:<br />

> Die Indianerreservate, speziell Raposa Serra do Sol, sollen neu überdacht werden, weil sie<br />

heute zweckentfremdet genutzt werden, die Integration der indigenen Bevölkerung<br />

behindern und keine geordnete Ausschöpfung der natürlichen Potentiale dieser riesigen<br />

Regionen möglich ist<br />

> Es herrscht ein Ungleichgewicht zwischen der Vergütung des Privatsektors im Vergleich zur<br />

Öffentlichen Hand, die unvertretbare Privilegien besitzt. So ist das <strong>durch</strong>schnittliche<br />

Realeinkommen der Mitarbeiter der Öffentlichen Hand von 1999 bis 2017 zwei bis dreimal<br />

stärker angestiegen als das der Privatwirtschaft. In der Exekutive stieg es von 2.518,41 R$ auf<br />

3.763,48 R$, ein Plus von 49%.<br />

> Paulo Guedes will das Budget von SENAI, SENAC, SESI halbieren und wurde deshalb bei der<br />

Verkündung während einer Veranstaltung des Industriedachverbandes Rio de Janeiros<br />

beklatscht<br />

> Die Unterbeschäftigung betrifft schon 7 Millionen Brasilianer, dazu kommen 12 Millionen<br />

Arbeitslose<br />

> Die Öffentliche Verwaltung ist aufgebläht und zu teuer, ihr Personal kostete 2018 schon 242<br />

Mrd. R$ und 2019 werden es 263 Mrd. R$ sein.<br />

> 2018 wurden 7.000 mehr Läden eröffnet als geschlossen, aber in den letzten drei Jahren<br />

verlor <strong>Brasilien</strong> 223.000 Läden!<br />

> <strong>Brasilien</strong> schützt seine Wirtschaft vor internationalem Wettbewerb <strong>durch</strong> tarifäre und nicht<br />

tarifäre Handelsschranken und <strong>durch</strong> kontraproduktive Subsidien<br />

27


Was schlägt die Wirtschaft vor?<br />

> Murilo Portugal, Präsident der Febraban, erklärt, dass die hohen Sollzinsen <strong>Brasilien</strong>s auf die<br />

Schwierigkeit, säumige Zahler zur Zahlung fälliger Beträge zu zwingen, hohe Steuern,<br />

Verzerrungen bei der Besteuerung und die Gesetze über die Sicherheit von Bankfilialen<br />

zurückzuführen seien. Der Gewinn der Banken 2017 betrug 75Mrd. R$ bei einem Kapital von<br />

600 Mrd. R$, also eine Rendite von 12,5%. Das sei weniger als die anderer Sektoren. Laut<br />

Zentralbank betrage der Anteil des Gewinnes am spread nur 14,9%. Also müsse der Staat<br />

anfangen, diese Hindernisse auf dem Weg zu niedrigen Zinsen beiseite zu räumen.<br />

> Robson Braga, CNI-Präsident, ließ 36 Aktionen in der "Agenda dos 100 Dias – Brasil 2019"<br />

publizieren, die nach Ansicht des Bundesverbandes der brasilianischen Industrie<br />

vordringlich sind, dazu gehört die Staatssanierung, Effizienzsteigerung der Öffentlichen<br />

Verwaltung, Verbesserung des Umfeldes für wirtschaftliche unternehmerische Betätigung,<br />

Wirtschaftswachstum und Abbau der Arbeitslosigkeit.<br />

Was ist das Fazit aus dieser Entwicklung für deutsche<br />

Unternehmer, die in <strong>Brasilien</strong> tätig sind oder es werden<br />

möchten?<br />

1. Sie können unbesorgt in die Zukunft gucken, schlimmer als bisher wird es nicht. 2019<br />

erwartet der Markt<br />

a. Wirtschaftswachstum BIP +2,55%<br />

b. Inflation IPCA +4,1%<br />

c. Leitzins Selic 7,5%<br />

d. Wechselkurs 3,70 R$ = 1,00 US$<br />

2. Im Gegenteil, die bis jetzt bekannten Pläne Bolsonaros sind äußerst günstig für <strong>Brasilien</strong>,<br />

seine Menschen und seine Wirtschaft<br />

3. Wer sich Sorgen machen muss, sind nicht Arme, Kranke oder Minderheiten, sondern<br />

Korrupte aus Öffentlicher Verwaltung, Politik und Wirtschaft, Angehörige des organisierten<br />

Verbrechens, Drogenhändler und -konsumenten sowie alle die, die bisher auf Kosten der<br />

Gesellschaft, d.h. der Steuerzahler gelebt haben und nicht zuletzt die einheimischen<br />

Unternehmer, die bisher nur <strong>durch</strong> Abschottung vom Weltmarkt überlebt haben und jetzt<br />

modernisieren, d.h. auch investieren müssen<br />

4. Durch die Liberalisierung der Wirtschaft und <strong>durch</strong> die Erhöhung der Rechtssicherheit<br />

kommt Geld ins Land für Investitionen in Infrastruktur und in das Gesundheitswesen<br />

5. Durch Reformen wird die Wirtschaftskraft und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes gestärkt<br />

6. Die Bestätigung des Bundesrichters Moro, bekannt <strong>durch</strong> seine Antikorruptionsprozesse im<br />

Rahmen des lava jata, als künftiger Minister für Justiz und innere Sicherheit garantiert die<br />

Verfassungstreue der neuen Regierung und die Einhaltung der demokratischen Regeln<br />

<strong>durch</strong> sie<br />

7. Ab jetzt gilt das Leistungsprinzip und wer bis jetzt mit „Konkurrenz belebt das Geschäft“<br />

zurechtkam, ist damit in Zukunft in <strong>Brasilien</strong> auch nicht schlechter gestellt<br />

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