Brasilien startet durch
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Was denkt die deutsche Wirtschaft über <strong>Brasilien</strong>?<br />
Anfang Oktober 2018, noch vor dem ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen, hielt die AHK<br />
São Paulo eine Vorstandssitzung ab, an der der deutsche Botschafter Georg Witschel und der<br />
Generalkonsul in São Paulo, Alex Zeidler, teilnahmen. Auf diesem Treffen wurde der Zeitung „Folha<br />
de São Paulo“ von Martin Duisberg, dem Vertreter der DZ Bank und Vizepräsident der AHK, gesagt,<br />
dass die Verschlechterung des Geschäftsumfeldes und die über<strong>durch</strong>schnittlich wachsende<br />
Komplexität des Steuersystems und der Bürokratie die Muttergesellschaften deutscher<br />
Unternehmen in <strong>Brasilien</strong> bewegt, Investitionen nach Asien umzulenken. Die 210 Verbraucher<br />
<strong>Brasilien</strong>s seien kein ausreichendes Argument mehr, um ausländische Investitionen anzulocken. Zu<br />
den Verlusten im Inland <strong>durch</strong> auf Grund der Rezession schrumpfende Märkte kämen noch<br />
Exportschwierigkeiten hinzu. Wolfram Anders, der AHK-Präsident und Vizepräsident der Robert<br />
Bosch – Gruppe in Lateinamerika, erklärte, dass die Firmen zur Erlangung der Exportfähigkeit ihre<br />
Wettbewerbsfähigkeit verbessern müssten. Unter den vielen Gründen dafür zählte er die<br />
Schwierigkeit, technische Normen und geistiges Eigentum zu registrieren sowie das schwierige<br />
Steuersystem <strong>Brasilien</strong>s, welches dazu führt, dass Bosch in <strong>Brasilien</strong> 39 Mitarbeiter zur Behandlung<br />
von Steuerfragen beschäftige und in Spanien mit einem vergleichbaren Geschäftsvolumen nur fünf. 4<br />
Der deutsche Botschafter empfahl <strong>Brasilien</strong>, das Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland<br />
zu erneuern und die Beitrittsverhandlungen mit der OECD zu forcieren, außerdem hielte sich der<br />
Fortschritt der Verhandlungen 5 zwischen Mercosul und EU in Montevideo in Grenzen. Phlipp<br />
Schiemer, Präsident von Mercedes-Benz do Brasil, kritisierte die Wachstumsbehinderung von<br />
Unternehmen in <strong>Brasilien</strong> <strong>durch</strong> die Bürokratie, so benötigte sein Unternehmen mehr Zeit, eine<br />
Lizenz zu erhalten als für den eigentlichen Bau der Fabrik in Iracemápolis. Laut Weltbankreport Doing<br />
Business 2018 steht <strong>Brasilien</strong> auf der Liste für die Leichtigkeit, eine Baugenehmigung zu erhalten, an<br />
hundertsiebzigster Stelle von 190! Die deutschen Geschäftsleute bemängelten auch, dass die<br />
deutsche Kanzlerin im Juni 2017 Handelsverträge mit lateinamerikanischen Ländern unterschrieb,<br />
aber dabei <strong>Brasilien</strong> links liegen ließ. Anschließend sagte Temer wegen einer Krise seiner Regierung<br />
– er wurde von der brasilianischen Staatsanwaltschaft der passiven Korruption beschuldigt - in letzter<br />
Minute ein Mittagessen mit ihr in Hamburg ab, wo er am G20-Treffen teilnahm. Schiemer betonte,<br />
dass die neue Regierung <strong>Brasilien</strong>s Stabilität auf ihre Fahnen schreiben sollte, die nur <strong>durch</strong><br />
tiefgreifende Reformen erreichbar sei.<br />
Die AHK hat hat 160 Mitgliedsfirmen im ersten Halbjahr 2018 gefragt, was am meisten die Geschäfte<br />
in <strong>Brasilien</strong> beeinträchtigt. Das Steuersystem wurde von 73% genannt, auf den zweiten Platz mit 59%<br />
kam die Staatsverschuldung. Dass man in <strong>Brasilien</strong> im Mittel über 10 Jahre auf die Erteilung eines<br />
Patentes warten muss und dass das Land auf Platz 184 von 190 der Rangliste für die Einfachheit,<br />
Steuern zu zahlen, steht, fanden die Manager auch nicht lustig.<br />
Welche Reformen wurden gewünscht? Diese wurden genannt:<br />
HOHE PRIORITÄT<br />
100% Sozialversicherung<br />
96% Steuersystem<br />
91% Schulsystem<br />
4<br />
Ich habe ca. 1990 eine ähnliche Untersuchung für Mannesmann - Demag in Betím gemacht und bin zu ähnlichen Ergebnissen<br />
gekommen, es hat sich also in ca. 30 Jahren nichts geändert!<br />
5<br />
Ob diese nach der Verknüpfung des gewünschten Abkommens mit dem Verbleib <strong>Brasilien</strong>s im Pariser<br />
Umweltschutzabkommen <strong>durch</strong> den französischen Präsidenten bald erfolgreich abgeschlossen werden können, werden wir<br />
wahrscheinlich erst nach dem Amtsantritt Bolsonaros wissen, der gerade <strong>Brasilien</strong> als Austragungsland der nächsten<br />
Umweltschutzkonferenz ausgeschlossen hat<br />
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