LGBB_012014_fritsch
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sichts der durch die Schulzeitverkürzung eingetretenen<br />
Verschärfung in der Stundentafel<br />
– in Berlin ist der effektive Verlust eines Schuljahres<br />
zu beklagen – ist dies auch unbedingt<br />
nötig. Der altsprachliche Unterricht wird nur<br />
dann gute Zukunftsaussichten haben, wenn<br />
es ihm gelingt, sich auch weiterhin als reflexionsbasiertes<br />
Sprachfach zu profilieren, freilich<br />
mit neuen Akzentuierungen. Hierzu werden<br />
tragfähige Konzepte für eine Spracherwerbsphase<br />
benötigt, die der Sprachbildung von<br />
Mutter- wie gerade auch von Zweitsprachlern<br />
dient, die kulturelle Grundorientierungen in einer<br />
multikulturellen Schülerschaft bietet und<br />
eine effektive Vorbereitung auf den Lektüreunterricht<br />
ermöglicht. Die maßgeblichen Projekte<br />
zur Verzahnung des Latein- und Englischunterrichts,<br />
zur Förderung von Schülern nichtdeutscher<br />
Herkunftssprache im Lateinunterricht, zur<br />
Texterschließung sowie zur Entwicklung eines<br />
modernen Unterrichtskonzepts für die Erwachsenenbildung<br />
tragen diesem Schwerpunkt<br />
Rechnung. Der Griechischunterricht ist<br />
in diese Aktivitäten ebenfalls einbezogen:<br />
Seit dem Sommer 2013 existiert eine an der<br />
Humboldt-Universität angesiedelte Arbeitsgemeinschaft,<br />
in der Lehrkräfte und Fachdidaktiker<br />
über mögliche Zukunftskonzepte des<br />
Griechischunterrichts diskutieren.<br />
3.<br />
Im Gegensatz zu den anderen Sprach-<br />
Didaktiken gibt es im Bereich des altsprachlichen<br />
Unterrichts bisher keine<br />
nennenswerte empirisch abgesicherte Forschung.<br />
Insbesondere in zentralen Bereichen<br />
des Unterrichts stoßen wir auf große Lücken:<br />
Wir wissen beispielsweise viel zu wenig über<br />
die tatsächliche Wirksamkeit in der Praxis weit<br />
verbreiteter Texterschließungsmethoden und<br />
das Übersetzen selber. Empirische Unterrichtsforschung<br />
ist daher ein zentrales Entwicklungsgebiet<br />
– angesichts der beschränkten<br />
personellen Ressourcen darf man sich<br />
jedoch keine Illusionen darüber machen,<br />
dass dies nur punktuell und langsam geleistet<br />
werden kann. Daher muss altsprachliche<br />
Fachdidaktik, wie es Andreas Fritsch immer in<br />
vorbildlicher Weise getan hat, den Kontakt zu<br />
anderen Disziplinen suchen. Wenn das Fach<br />
Latein z. B. einen konstruktiven Beitrag zur<br />
Entwicklung der Mehrsprachigkeit leisten soll,<br />
dann benötigen wir hierfür den Dialog mit den<br />
anderen Schulfremdsprachen, um Anschluss<br />
an dieses komplexe Forschungsfeld zu gewinnen.<br />
Dies ist ein anstrengender und zugleich<br />
eminent fruchtbarer Lernprozess, da z. B. die<br />
methodischen Probleme bei der Erarbeitung<br />
eines wissenschaftlich validen Designs empirischer<br />
Studien nicht zu unterschätzen sind.<br />
4.<br />
Eine vertrauensvolle und enge Zusammenarbeit<br />
mit Schulen ist für die altsprachliche<br />
Fachdidaktik unverzichtbar.<br />
Dies gilt nicht nur für die erfolgreiche Durchführung<br />
der Unterrichtspraktika bzw. des bevorstehenden<br />
Praxissemesters oder die direkte<br />
Praxisanbindung von Lehrveranstaltungen.<br />
Vielmehr bilden intensive Schulkontakte eine<br />
unerschöpfliche Inspirationsquelle für fachdidaktische<br />
Forschung, wovon nicht zuletzt die<br />
beteiligten Schulen direkt profitieren sollen,<br />
etwa durch die Entwicklung und Erprobung<br />
von Unterrichtsmaterialien, durch die Gestaltung<br />
passgenauer Fortbildungen oder universitärer<br />
Unterrichtsangebote für Schüler. Denn<br />
das muss immer klar sein: In einer solchen<br />
Partnerschaft müssen beide Seiten profitieren.<br />
Mit unseren Partnerschulen sind wir hier auf<br />
einem guten Weg.<br />
Lieber Andreas, diese kurzen Andeutungen sollen<br />
heute genügen. Bei fast allen Kernaufgaben,<br />
die ich knapp skizziert habe, hast du hier<br />
in Berlin entscheidende Grundlagen gelegt. Ich<br />
gratuliere dir zu dieser großartigen Auszeichnung,<br />
die uns natürlich auch mit großem Stolz<br />
erfüllt, schließlich habe ich die Ehre, mich<br />
deinen Schüler nennen zu dürfen.<br />
<strong>LGBB</strong> 01 / 2014<br />
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