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LEBE_75

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Ein Geschenk Gottes<br />

von Gisela Müller Rödental<br />

Mein Name ist Maria. Vor 2005 Jahren wurde ich schwanger.<br />

Alles begann mit einer Erscheinung, die mir mein Gott schenkte:<br />

Dass gerade ich von Gott dafür auserwählt wurde, ist mir<br />

heute noch ein Rätsel. Ich war doch gar nichts Besonderes.<br />

Jung war ich, eine einfache Frau von Nazareth. Ich stand kurz<br />

vor der Hochzeit mit meinem Bräutigam Joseph, als mir ein<br />

Engel erschien. Im ersten Moment war ich natürlich sehr<br />

erschrocken.<br />

Er sagte zu mir:<br />

„Sei gegrüßt, Maria! Gott will dich beschenken. Er hat dich<br />

unter allen Frauen ausgewählt. Hab keine Angst, Maria. Du<br />

wirst ein Kind erwarten und einen Sohn zur Welt<br />

bringen. Jesus soll er heißen. Er wird heilig<br />

sein, und man wird ihn Gottes Sohn nennen“.<br />

Ich fragte ihn, wie das geschehen kann,<br />

wo ich doch nicht verheiratet bin,<br />

und er antwortete mir: „Der Heilige<br />

Geist wird über dich kommen und<br />

die Kraft Gottes wird sich an dir<br />

zeigen“.<br />

Ich wurde tatsächlich schwanger,<br />

wie der Engel vorhergesagt<br />

hatte. Nicht von Joseph<br />

meinem Bräutigam, denn ich<br />

war mit ihm noch nie zusammen.<br />

Schwanger vor der Hochzeit<br />

zu sein, war zu meiner Zeit<br />

sehr schwer. Alle hielten mich<br />

für eine untreue Frau. Auch<br />

Joseph belastete das Gerede.<br />

Joseph hat mir später einmal<br />

gesagt, dass er nahe daran war,<br />

das Verlöbnis in aller Stille zu lösen<br />

und mich zu verlassen. Gott hatte<br />

ihm aber im Traum die Wahrheit über<br />

meine Schwangerschaft mitgeteilt. Er<br />

stand zu mir und heiratete mich. Dafür bin<br />

ich ihm sehr dankbar.<br />

Ich ließ mich auf alles ein, was auch auf mich<br />

zukommen würde, denn ich vertraute meinem Gott. Kurz<br />

vor der Geburt von Jesus mussten wir uns – trotz meiner fortgeschrittenen<br />

Schwangerschaft – wegen dieser Volkszählung<br />

auf die beschwerliche Wanderung nach Betlehem machen. Die<br />

Stadt war voller Menschen und wir fanden dort nur in einem<br />

kleinen Stall Unterkunft. Nicht gerade der Ort, wo ein Ehepaar<br />

und vor allem eine hochschwangere Frau die Nacht gerne verbringt.<br />

Mit der Hilfe Gottes brachte ich dann – in dem kleinen<br />

Stall, zwischen Kuh und Esel – meinen Sohn zur Welt. Mein<br />

Kind, für das ich so dankbar bin.<br />

Die Engel sangen. Hirten kamen. Vergessen war der beschwerliche<br />

Weg und der schmutzige Stall. Eine ganz besondere Nacht<br />

war das. Sie wird immer in meinem Herzen bleiben.<br />

Maria, heute im Jahr 2005<br />

Mein Name ist Maria und ich lebe im Hier und Heute: 2005. Ich<br />

bin schwanger und hin- und hergerissen.<br />

Ich hatte letzte Nacht einen Traum.<br />

Ich sehe darin meine Freundinnen, wie sie auf mich einreden.<br />

Sie, die unabhängig und frei leben wollen, fragen mich, ob<br />

denn das Kind zum jetzigen Zeitpunkt nicht meine Ziele und<br />

Träume störe. Sie erklären mir, wie ich gebunden sein würde,<br />

und wie ein Kind mich bremsen würde in meinem Fortkommen.<br />

Und ich sehe Josef, meinen Freund, wie er sich bemüht,<br />

sich über die Nachricht meiner Schwangerschaft zu freuen,<br />

sehe jedoch vor allem seine Skepsis. Skepsis darüber,<br />

ob es führ ihn und mich zum jetzigen Zeitpunkt<br />

richtig ist, das Kind zu behalten. Wird<br />

er auch weiterhin zu mir stehen, wenn ich<br />

mich für die Geburt des Kindes entscheiden<br />

sollte?<br />

Eine Spirale aus Worten kreist nun<br />

vor mir: Der richtige Zeitpunkt?<br />

Gebunden sein? Abschied von<br />

Lebensträumen? Wie geht es<br />

weiter? Plötzlich höre ich aus<br />

dem Hintergrund eine mir<br />

unbekannte liebevolle Stimme<br />

sagen: „Ein Kind ist Leben.<br />

Ein Kind ist Freude und Glück,<br />

auch inmitten aller Probleme<br />

und Schwierigkeiten“. Und<br />

die Spirale löst sich nun auf,<br />

bis der Klang der Stimme verhallt.<br />

Meine Eltern tauchen nun im<br />

Traum auf. Ich sehe Papa, der es<br />

immer gut meint. Wie er, mit seiner<br />

besser wissenden Art mit Josef<br />

spricht, von dem er ja nicht viel hält,<br />

wie es nun weitergehen soll. Ach,<br />

wenn er doch einmal auf mich und das<br />

Baby eingehen würde! Dann wechselt das<br />

Bild und ich stehe mit Mutti in der Küche. Sie<br />

redet über ihre Schwangerschaft mit mir. Wie sie<br />

sich entschieden hatte, zuhause zu bleiben, um sich genügend<br />

um mich kümmern zu können. Sie legt den Arm um mich<br />

und hatte ein Lächeln auf ihrem Gesicht.<br />

Und dann, dann sehe ich mich im Traum. Als stolze Mutter mit<br />

dem Kind im Arm, wie es auf meinem nackten Bauch liegt und<br />

meine Brust sucht. So hilfsbedürftig so klein und so lebendig.<br />

Da erklingt erneut leise im Hintergrund die unbekannte Stimme:<br />

„Ein Kind ist ein Geschenk Gottes! Ein Geschenk, eine<br />

Bereicherung für dich!“<br />

Ich wache schweißgebadet auf. Der Traum lässt mich seitdem<br />

nicht mehr los und ich finde heute kaum einen anderen Gedanken.<br />

Was will mir dieser Traum sagen? Was ist die richtige Entscheidung!<br />

Was soll ich tun?<br />

Ich schlage die Zeitung auf, wie ich es jeden Abend mache,<br />

wenn ich heimkomme, und mein erster Blick fällt auf eine<br />

Anzeige: Schwanger - ratlos - wir helfen!, heißt es da. Ist es<br />

Zufall oder ein Wink?<br />

■<br />

<strong>LEBE</strong> <strong>75</strong>/2005<br />

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