2019_08_impuls
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„Mit Freude habe ich Widerspruch registriert“<br />
Der gebürtige St. Antoner Hans Thöni hat ein Werk über das Tiroler Oberland verfasst<br />
Nach seinen Biografien über<br />
wichtige Persönlichkeiten der St.<br />
Antoner Geschichte, der historischen<br />
Aufarbeitung des Arlbergtunnelbaus<br />
sowie der Erstellung<br />
der Heimatbücher von St. Anton<br />
und Stuben am Arlberg hat Hans<br />
Thöni nun ein Werk über das Tiroler<br />
Oberland verfasst, in dem<br />
sich der Bautechniker unter anderem<br />
mit dem antiken und mittelalterlichen<br />
Straßennetz befasst<br />
und dabei seine ganz persönliche<br />
Ansicht über deren Verlauf<br />
mit zahlreichen historischen<br />
Dokumenten untermauert. Aus<br />
seinem Buch vortragen wird<br />
Hans Thöni am 11. Mai um 16<br />
Uhr in der Dorfbücherei von<br />
Arzl im Pitztal.<br />
„Für mich war das nach einem anstrengenden<br />
Tag eine Befreiung,<br />
mich mit Geschichte zu befassen“,<br />
erklärt der 1931 in Innsbruck geborene<br />
Hans Thöni auf die Frage,<br />
wie ein Bauunternehmer dazu<br />
komme, sich derartig intensiv mit<br />
der Vergangenheit seiner Umgebung<br />
und deren Persönlichkeiten<br />
zu befassen. In bescheidenen Verhältnissen<br />
als Adoptivkind in St.<br />
Anton am Arlberg aufgewachsen,<br />
hat Thöni nach dem Besuch der<br />
HTL für Tiefbau in Innsbruck elf<br />
Jahre als Bautechniker, Konstrukteur<br />
und Bauführer bei verschiedenen<br />
Bauunternehmen gearbeitet,<br />
bis er sich schließlich nach der<br />
Baumeisterprüfung Mitte der 60-<br />
er Jahre selbstständig gemacht hat<br />
und in Bludenz ein eigenes Bauunternehmen<br />
gründete.<br />
Geschichte der Heimat<br />
Doch schon damals faszinierte ihn<br />
die Geschichte seiner Heimatgemeinde<br />
St. Anton am Arlberg dermaßen,<br />
dass er sich in seiner Freizeit<br />
diesbezüglichen Recherchen<br />
widmete. Ein Vierteljahrhundert<br />
intensive Beschäftigung mit der<br />
Chronik des Dorfes später hat<br />
Thöni dann jenes Heimatbuch herausgegeben,<br />
das die Entwicklungsgeschichte<br />
des Ortes vom<br />
Mittelalter bis zum Erscheinungsjahr<br />
des Buches 1996 nachzeichnet.<br />
Durch sein Graben in der Vergangenheit<br />
ist er dabei auch auf<br />
zwei Persönlichkeiten gestoßen,<br />
Hans Thöni zeigt den seiner Ansicht nach richtigen Verlauf der Via Claudia Augusta.<br />
denen viele Jahre wenig Aufmerksamkeit<br />
gewidmet wurde. Zum einen<br />
auf Ingenieur Rudolf Gomperz,<br />
dem langjährigen Obmann<br />
des Skiklubs Arlberg und Wegbereiter<br />
des St. Antoner Fremdenverkehrs,<br />
der als jüdischer Mitbürger<br />
von Nachbarn denunziert und<br />
1942 von den Nationalsozialisten<br />
im KZ Minsk umgebracht wurde.<br />
Dunkle Vergangenheit<br />
„Das war ein Jude, an den sich niemand<br />
erinnern wollte. Und das<br />
obwohl Gomperz so viel für St.<br />
Anton getan hat. Aber das dunkle<br />
Verlangen des Deutschlandtums,<br />
die Juden zu vernichten, hat nach<br />
dem Krieg noch nachgeklungen“,<br />
erinnert sich Thöni an die anfangs<br />
fehlende Begeisterung der Bevölkerung<br />
an seinen Recherchen.<br />
Thönis Biografie von Rudolf<br />
Gomperz „Kein schöner Land am<br />
Arlberg“ diente später dem Autor<br />
Felix Mitterer als Grundlage für<br />
dessen Theaterstück „Kein schöner<br />
Land“. Auch dem Begründer<br />
der ersten Schischule St. Antons<br />
und ganz Österreichs Hannes<br />
Schneider widmete sich der<br />
Hobbyhistoriker Thöni in einer<br />
Biografie. Den 1938 nach Amerika<br />
emigrierten Schipionier und<br />
Schauspieler (z.B. „Der weiße<br />
Rausch“) lernte Thöni selbst als<br />
Kind noch kennen und so nahm er<br />
den Auftrag von der Gemeinde St.<br />
Anton und dem Tourismusverband<br />
für die Arbeit über Schneider<br />
gerne an.<br />
Tunnel- und Wegebau<br />
Ebenfalls im Auftrag der Gemeinde<br />
hat der Bauingenieur ein Buch<br />
über den Arlbergtunnel verfasst,<br />
das sich den Tausenden Arbeitern<br />
und ihren Arbeits- und Lebensbedingungen<br />
widmet, die den Bau<br />
innerhalb weniger Jahre teilweise<br />
auch mit ihrem Leben bezahlen<br />
mussten. „Als ich in St. Anton<br />
nichts mehr erkunden konnte, hab<br />
ich meine Recherchen auf die Bezirke<br />
Landeck und Imst ausgeweitet“,<br />
beantwortet Thöni lachend<br />
die Frage, wie er denn auf sein Interesse<br />
für antiken und mittelalterlichen<br />
Wegebau gekommen sei.<br />
Die Suche nach dem seiner Meinung<br />
nach richtigen Verlauf der<br />
Via Claudia Augusta hat ihn dazu<br />
veranlasst, sich für die Gemeinden<br />
des Bezirks Landeck und Imst bis<br />
Karres und Nassereith mit Information<br />
zu versorgen, die er entweder<br />
aus den Gemeindearchiven,<br />
der Geschichtsliteratur und den<br />
Heimatbüchern oder direkt vor<br />
Ort gesammelt und sortiert hat.<br />
„Für die Beantwortung der Frage<br />
nach dem Verlauf der Via Claudia<br />
Augusta habe ich zehn Jahre geforscht.<br />
Ich behaupte, dass ich von<br />
Foto: Dorn<br />
Straßenbau mehr verstehe als die<br />
meisten Historiker“, zeigt sich<br />
Thöni kämpferisch, wenn es darum<br />
geht, seine Ansichten über<br />
den Verlauf der antiken Straße gegen<br />
andere Meinungen zu verteidigen.<br />
Verzeichnis in Arbeit<br />
Auch dass das Oberinntal vormals<br />
zu Chur-Rätien gehört hat und<br />
welche Auswirkungen Graf Meinhards<br />
II Politik auf das Wegenetz<br />
des westlichen Tirols hatte, wird in<br />
Thönis neuestem Werk geschildert:<br />
„Meinhard hat die Orte<br />
durch Umfahrungen geografisch<br />
entmachtet“, erklärt der Bauingenieur,<br />
der seine Thesen zu den vier<br />
großen Straßenverlegungen durch<br />
detaillierte Belege untermauert.<br />
Parallel zu seinen Arbeiten über<br />
die einzelnen Spezialthemen hat es<br />
sich Thöni auch zur Aufgabe gemacht,<br />
eine alphabetische Aufstellung<br />
aller Namen aus den ihm zur<br />
Verfügung stehenden Quellen zu<br />
verfassen. Im Bezirk Landeck hat<br />
er hierzu ein Verzeichnis für 20<br />
Gemeinden, in Imst für 15 Gemeinden<br />
in Arbeit. „Allein die<br />
Stadt Imst kommt so auf 300 Seiten<br />
und die Gemeinde Arzl im<br />
Pitztal auf rund 100 Seiten“, freut<br />
sich Thöni auf ein umfassendes<br />
Namensverzeichnis für das Tiroler<br />
Oberland.<br />
(ado)<br />
22 7. Mai <strong>2019</strong>