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KAUNERTAL<br />

Karges Bauernleben zwischen Lawinenstrichen<br />

Die 600 Jahre alten Ögghöfe in Feichten erinnern neu saniert an alte Zeiten<br />

Ein ganz besonderes Baudenkmal<br />

ziert die steilen Hänge oberhalb<br />

des Kaunertaler Hauptortes<br />

Feichten. Die Ögghöfe, wo<br />

einst drei Familien im klammen<br />

Hang auf 1.440 Meter Seehöhe<br />

unter schwierigsten Bedingungen<br />

ihren Alltag meisterten, waren<br />

bis 1978 besiedelt. Die drei<br />

Besitzer des Adlerhorstes retteten<br />

zuletzt mit Hilfe des Denkmalamtes<br />

ihre Gebäude vor dem<br />

Zerfall. Stilvoll renoviert, dient<br />

das Gehöft jetzt für Seminare<br />

und die Vermietung an geschichtsbewusste<br />

Gäste.<br />

Die Ögghöfe oberhalb von Feichten<br />

wurden vor 600 Jahren gebaut und<br />

zählen zu den ältesten bäuerlichen<br />

Gehöften in Tirol.<br />

Foto: Eiter<br />

Gertrud Praxmarer, die Tochter<br />

des ehemaligen Bürgermeisters<br />

Meinrad Lentsch, macht für ihren<br />

Sohn Georg, den Obmann des Sanierungsvereines,<br />

gerne Führungen.<br />

„Schau, das sind die Eltern<br />

meines Vaters, Johanna und Tobias<br />

Lentsch“, zeigt die 79-Jährige<br />

auf zwei Schwarz-Weiß-Portraits,<br />

die in der getäfelten Stube hängen.<br />

„Da ist auch mein Mann aufgewachsen.<br />

In der Zeit zwischen den<br />

beiden Weltkriegen haben hier auf<br />

engstem Raum 54 Leute gelebt.<br />

Von den jungen Männern sind<br />

viele im Krieg gefallen“, erzählt<br />

Gertrud, die mehrmals pro Woche<br />

mit ihren Wanderstöcken hinauf<br />

zu den Ögghöfen steigt. „Im Sommer<br />

ist das hier eine Idylle. Im<br />

Winter kommt man oft gar nicht<br />

hin, weil die gewaltigen Staublawinen<br />

beim Huiselers Loch und der<br />

Bäcke Lahn meterhoch den Zugang<br />

versperren“, verrät Praxmarer.<br />

Großer Zusammenhalt<br />

Heute gehören die drei Höfe den<br />

Familien von Georg Praxmarer,<br />

Hermann Mair und Wolfgang<br />

Moritz. Sie alle sind Nachkommen<br />

der einstigen Bewohner.<br />

„Schön ist, dass der Zusammenhalt<br />

geblieben ist. Früher haben<br />

sich die Familien beim Heumahd<br />

gegenseitig geholfen. Jetzt kümmern<br />

sich alle gemeinsam um den<br />

Erhalt und die Sanierung der<br />

Höfe“, zeigt sich Gertrud Praxmarer<br />

stolz und führt Gäste gerne<br />

durch die alten Räume, die mittlerweile<br />

großteils mit modernen<br />

Mitteln originalgetreu saniert<br />

sind.<br />

Rauchkuchl & Tonnenöfen<br />

Die Ögghöfe wurden erstmals<br />

1420 erwähnt. Traditionelle<br />

Rauchkuchl, Tonnenöfen und gemütliche<br />

Stuben mit Herrgottswinkeln<br />

erlauben einen Blick zurück<br />

in eine bäuerliche Kultur, die<br />

kaum mehr irgendwo zu erleben<br />

ist. In den historischen Gemäuern<br />

der Ögghöfe haben Generationen<br />

ihre Spuren hinterlassen. Sie haben<br />

die steilen Hänge in traditioneller<br />

Weise gepflegt und von der<br />

Landwirtschaft gelebt. Als 1978<br />

In der alten Stube zeigt Gertrud Praxmarer die Fotos ihrer Großeltern Johanna und Tobias Lentsch. Zu deren Zeit lebten<br />

noch mehr als 50 Menschen auf den Ögghöfen. Die alte Rauchkuchl wurde originalgetreu belassen. Laut Gertrud Praxmarer<br />

hat ihre Oma Johanna Lentsch hier einst täglich für 12 Kinder gekocht.<br />

Foto: Eiter<br />

der letzte Bewohner ins Tal zog,<br />

wurde es still auf der Ögg. Der<br />

Verein Kulturdenkmal Ögghöfe<br />

möchte diesen ganz besonderen<br />

Ort erhalten. Das Bundesdenkmalamt<br />

hat das rund 600 Jahre<br />

alte Ensemble – drei Höfe sind<br />

teilweise ineinander verbaut – unter<br />

Schutz gestellt. Nun wird es<br />

nach und nach behutsam renoviert<br />

und einer neuen Nutzung zugeführt.<br />

Seminare und Kurse<br />

Der Hof mit der Nummer 221<br />

wurde von Georg Praxmarer zu einem<br />

Seminarhof ausgebaut, der<br />

für Mitarbeiterschulungen, Seminare<br />

für Manager, Kreativ-Kurse<br />

oder Gesundheitsvorsorge ein optimales<br />

Umfeld bietet. Der Hof<br />

mit der Nummer 222 ist von Familie<br />

Mair liebevoll als Ferienapartment<br />

renoviert worden. Der<br />

Verein Kulturdenkmal Ögghöfe<br />

wurde im Frühjahr 2015 gegründet.<br />

Obmann Georg Praxmarer<br />

freut sich mittlerweile über zirka<br />

50 Mitglieder, die mithelfen, das<br />

wertvolle Erbe zu erhalten. Gemeinsam<br />

mit engagierten Mitstreitern<br />

will er den Ögghöfen<br />

neues Leben einhauchen. Der Verein<br />

organisiert Veranstaltungen,<br />

die zu einer Belebung führen. Er<br />

macht aber auch Bewusstseinsarbeit.<br />

Und kümmert sich laufend<br />

um konkrete Sanierungsmaßnahmen,<br />

die immer mit den Verantwortlichen<br />

des Bundesdenkmalamtes<br />

abgesprochen sind. Nähere<br />

Infos unter www.oegghof.at<br />

(me)<br />

38 7. Mai <strong>2019</strong>

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