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BESONDERE BREMER<br />

„Den Bremer kriegt man nicht raus“<br />

Sven Regener im Interview / Lesung aus dem aktuellen Roman „Wiener Straße“ in der Glocke<br />

20<br />

Eigentlich ist der am 1. Januar 1961<br />

in Bremen geborene Sven Regener<br />

Trompeter und Sänger der Band<br />

Element of Crime („Delmenhorst“).<br />

Als Literaturpapst Marcel Reich-Ranicki<br />

2001 im literarischen Quartett<br />

jedoch zugab, beim Lesen von „Herr<br />

Lehmann“ – Regeners Erstlingswerk –<br />

„schallend gelacht“ zu haben, gelang<br />

dem heute 56-Jährigen auch der literarische<br />

Durchbruch. Es folgte mit „Neue<br />

Vahr Süd“ ein Roman über die Heimatstadt<br />

sowie diverse andere Werke.<br />

Im vergangenen Monat erschien mit<br />

„Wiener Straße“ das mittlerweile achte<br />

Buch des Autors, indem er sich der<br />

Kunstszene Westberlins der 80er Jahre<br />

widmet. Im Interview spricht Regener<br />

unter anderem über die Entstehung<br />

des Buches, seine Romanverfilmungen<br />

sowie die nötige Distanz zu seinen Figuren.<br />

Wie ist die Idee zu „Wiener Straße“ entstanden?<br />

Eigentlich hatte ich so etwas wie eine Situationskomödie<br />

geplant. Ich dachte dabei<br />

an eine Fernsehserie oder ein Theaterstück.<br />

Deshalb habe ich die Dialoge<br />

auch auf so eine drehbuchartige Weise<br />

skizziert.<br />

Und dann ist es doch ein Roman geworden<br />

…<br />

Ja, weil man da dann doch mehr über<br />

die Hintergründe und die Gedanken der<br />

Protagonisten erfährt. Ich habe zu dem<br />

Zeitpunkt gerade das Drehbuch zu „Magical<br />

Mystery“ geschrieben und mir war<br />

dabei aufgefallen, wie viel dann doch<br />

verloren geht.<br />

Sie haben, wie gerade angesprochen,<br />

für den Film „Magical Mystery“ auch das<br />

Drehbuch geschrieben. Wie ist es, seinen<br />

eigenen Roman sozusagen für den<br />

Film zu übersetzen?<br />

Das ist gar nicht so schwer, schließlich<br />

hat man als Autor ja eine ziemlich genaue<br />

Vorstellung von dem, was passiert.<br />

Das Problem dabei ist die Länge, da man<br />

auch schon mal auf komplette Handlungsstränge<br />

verzichten muss, wenn<br />

man keinen Film mit extremer Überlänge<br />

produzieren will. Deshalb habe ich<br />

das bei „Neue Vahr Süd“ zum Beispiel<br />

gar nicht erst versucht, weil mir das in<br />

dem Fall viel zu schmerzhaft gewesen<br />

wäre.<br />

Wie ist es für Sie, einen Film nach Ihrer<br />

Romanvorlage anzuschauen?<br />

Interessant ist vor allem, wie sich das<br />

Ganze dann tatsächlich in gespielter<br />

Form darstellt. Schließlich ist man nicht<br />

der Regisseur. Das führt dann unter Umständen<br />

dazu, dass es ganz anders ist als<br />

man sich das eigentlich vorgestellt hat.<br />

Nicht unbedingt schlecht, aber interessant<br />

– und teilweise auch verstörend.<br />

Sollte man als Autor an seine Romanverfilmungen<br />

völlig unvoreingenommen<br />

rangehen und kann das auch schon mal<br />

wehtun?<br />

Man kann gar nicht unvoreingenommen<br />

BESONDERE BREMER<br />

In unserer neuen Serie „Besondere Bremer“<br />

stellen wir Menschen vor, die berühmt oder<br />

unbekannt sind, aber in jedem Fall etwas<br />

Besonderes machen – egal ob im Bereich<br />

Hobby, Sport, Engagement oder Beruf.<br />

da ran gehen und natürlich tut das auch<br />

manchmal weh. Und manchmal braucht<br />

man auch ein paar Jahre Abstand. Letztendlich<br />

muss sich ein Film aber nicht vor<br />

dem Autoren rechtfertigen, sondern ist<br />

ein eigenes Werk. Das Ganze kann auch<br />

sehr bereichernd sein, weil die Arbeit<br />

von anderen Leuten am selben Thema<br />

durchaus dazu führen kann, einen anderen<br />

Blickwinkel auf die Sache zu bekommen.<br />

Am schmerzhaftesten war für mich<br />

sicher „Neue Vahr Süd“, weil es keine<br />

Verfilmung des Buches ist, sondern der<br />

Film eher nach Motiven des Buches gedreht<br />

wurde.<br />

Warum so schmerzhaft?<br />

Weil die ganze Zerrissenheit der Hauptfigur<br />

Frank Lehmann, der von Montag<br />

bis Freitag Soldat ist und am Wochenende<br />

in einer Anarcho-WG im Bremer<br />

Viertel lebt, gar nicht herauskommt. Das<br />

war bei 90 Minuten vielleicht aber auch<br />

nicht möglich oder nicht gewollt. Deshalb<br />

ist fast die komplette Bundeswehr-<br />

Geschichte durch das Rost gefallen. Und<br />

mit der Neuen Vahr Süd, so wie es sie in<br />

Bremen gab und gibt, hat der Film auch<br />

nicht wirklich viel zu tun. Auf der anderen<br />

Seite macht es das Weglassen dieser<br />

Dinge natürlich zu einem viel eigenständigeren<br />

Film. Wodurch er für mich auch<br />

wieder viel erträglicher wird. Ein dialektischer<br />

Prozess.<br />

Ihr aktuelles Werk „Wiener Straße“ spielt<br />

– ähnlich wie bei „Herr Lehmann“ oder<br />

„Der kleine Bruder“ im Berlin der 80er<br />

Jahre. Was fasziniert so an dieser Zeit?<br />

So speziell eigentlich nichts. Es ist einfach<br />

die Zeit, in der diese Geschichte

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