Seite 14 www.kikerikizeitung.at Ausgabe <strong>Mai</strong> <strong>2019</strong> Gedanken zur Zeit Einer meiner Lieblingsplätze im Garten ist die Terrasse, die sich spätestens jetzt, im <strong>Mai</strong>, wie jedes Jahr in eine grüne Insel verwandelt und zur zwischenzeitlichen Robinsonade lädt. Fast erscheint sie wie das Herz des Hauses, nur dass es eben außerhalb schlägt. Und vom Leben aller Familienmitglieder erzählt, die hier einmal gewohnt haben. Vor bald siebzig Jahren errichteten meine Großeltern sie und pflanzten die Kletterrosen, die heute mehrheitlich von wilden Trieben überwuchert sind. Aber da und dort erblüht immer noch eine einzelne Knospe in jenem starken Karmesinrot, für das sich Oma und Opa einst entschieden haben. Auch den inzwischen unfassbar mächtigen Blauregen haben noch sie ausgesucht; seine holzigen Äste halten die Gitterstäbe des Geländers fest umschlungen. Längst ist nicht mehr auszumachen, wer da wem Halt gibt, wer wessen Stütze ist. So eine alte Terrasse erzählt von vielen Jahren und Jahreszeiten. Als Kind führte ich hier einen schwarzen Stoffpudel an der Leine spazieren oder unternahm Kleinstausflüge auf dem Dreirad. Immer wieder war sie auch ein Ort für Gäste, denen bis heute drei Garnituren von Gartenmöbeln zur Verfügung standen. Es gibt Zeiten, da freut man sich über Besuch und liebt das Vorbereiten und Dekorieren. Und dann gibt es wieder Jahre, in denen man die Sommer lieber allein auf der Terrasse verbringt. Wissend, dass man letztlich doch nie ganz allein sein wird. Oft ist mir, als säße meine verstorbene Oma noch bei mir, die Zeitung aufgeschlagen oder über ein Rätselheft gebeugt. Oder Katzen, die es schon lange nicht mehr gibt, schlafen zusammengerollt als liebenswerte Erinnerungen auf den Sitzkissen. Und wenn ich durch das Dickicht der Clematis spähe, kommt mir manchmal vor, ich sehe meinen Vater, dessen Todestag sich jetzt bereits zum zehnten Mal jährt, unten in der Wiese sitzen. Tja, viele Tote gehen fort, um uns dann doch nie ganz zu verlassen. Es sind zutiefst freundliche Gespenster der Vergangenheit, die unser Dasein bevölkern, mit uns in der Sonne sitzen oder durchs Gras streifen. Auch Freundesrunden, die von der Zeit und dem Lauf der Dinge sachte aufgelöst worden sind. Oder Geliebte und Gefährten, die einmal so wichtig waren, für Ewigkeiten oder bloß einen kleinen, kurzen Sommer lang. Wie weh die Rückschau manchmal tut! Und doch, wie schön, dass soviel bleibt! Ein Garten erzählt Geschichten. Nicht nur von Leben und Tod, Werden und Vergehen, sondern auch über uns selbst. Wie kann es sein, frage ich mich mitunter, dass man sich solche Mühe antut für ein bisschen Gemüse, ein paar Blumen, obwohl man alles vergleichsweise günstiger kaufen kann, regalweise im Geschäft oder in Bioqualität auf dem Bauernmarkt? Weil es glücklich macht. Jeden Frühling bin ich aufs Neue erstaunt über meine eigene, kindische Freude, wenn ein von mir in die Erde verbrachter Samen dann wirklich keimt, aufgeht und zartestes Grün nach oben streckt. Genauso erstaunt bin ich dann auch über die vielen Weinbergschnecken, die bereits links und rechts der Saatreihen elegant Spalier stehen und mit wippenden Fühlern ihre neugierigen Köpfchen gegen Erde neigen, um nur ja keines dieser zarten, neugeborenen Blättchen zu versäumen. Trotzdem: Ich habe nie etwas gegen Schädlinge unternommen. Und in Sommern, in denen ich schlicht zu müde war, um täglich unerwünschtes Getier abzusammeln und woanders hinzutransportieren, blieb eben nur das, was scheinbar ohne Feinde war: Mangold, Gladiolen, mannshohe Blütenstauden, ein Kräuterbeet. Auch gut. Jedenfalls müssen bei mir keine Insekten in ein Hotel ziehen, denn der ganze Garten ist ihr Zuhause. Ob meine Nachbarn immer ganz glücklich sind mit meiner hohen Wiese oder dem Dschungel in den Beeten, wage ich zu bezweifeln. Aber da ich meine Nachbarn mag, und diese ihrerseits auch alle Tiere und Pflanzen in gewisser Weise mögen, hoffe ich auf stillschweigendes Einvernehmen. Oder Gnade. Am Garten sieht man auch, wie sich die Zeiten ändern. Früher hatten Schnecken ein Haus und Paradeiser gediehen obdachlos. Heute brauchen die ein Haus, dafür sind die meisten Schnecken nackt. Und langsam löst die angemähte Wildwiese den kurzen Einheitsrasen ab. Leider hat hier erst der drohende Tod der Artenvielfalt für ein Umdenken gesorgt. Der <strong>Mai</strong> ist übrigens der Monat der mentalen Gesundheit, der uns daran erinnern soll, dass alle Gefühle wichtig und richtig sind und gelebt werden dürfen. Auch Trauer, Erschöpfung, sogar Verzweiflung. Das gibt es in der Natur auch alles. Nur eins gibt es dort nicht: aufgeben. Es geht ums beharrliche, sich nie in Frage stellende Weitermachen. Stürmen, Dürren und Widrigkeiten zum Trotz. Das ist im Leben nicht anders. Sogar auf der Terrasse hat mir der Wind schon so oft den Schirm aus der Verankerung gerissen. Jedesmal stelle ich ihn wieder auf. Nie käme mir in den Sinn, ihn liegen zu lassen. Das versuche ich auch mit mir selbst: mich nicht liegen zulassen. Weil irgendwann die Sonne doch wiederkommt. Und wenn nicht: vor Regen schützt der Schirm ja auch... Andrea Sailer/Weiz
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