2019-06-Häuser modernisieren, Leleque

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Reportage Von rauhem Charme 1 Aussenwand eingelassenen Schüttstein, der mit alten Fliesen ausgekleidet ist. Die Küchenmöbel liess er in massiver Tanne schreinern und in einem kalkigen Weiss streichen. Ihr Harzduft belohnt jeden, der sich hier zu schaffen macht. Die sensiblen baulichen Massnahmen offenbaren Pictets Talent als Hausversteher. Grandiose Ausstattung Charles Pictet ist auch ein begeisterter Sammler und Arrangeur. Er weiss um die Eitelkeit seiner in die Jahre gekommenen Hausherrin und hofiert ihr mit einer grandios theatralischen Ausstattung, wobei er aus einem riesigen Fundus an Requisiten zu schöpfen scheint. Möbel und Bilder aus dem Familienbesitz, Objekte, die an Baustellen zurückgelassen wurden oder auf Online-Börsen ersteigerte Designerteile, Kuriositäten und Trouvaillen von Flohmärkten – alles arrangiert Pictet zu interessanten Stillleben oder ganzen Interieurs – abgenutzten oder gar verschlissenen Stellen zum Trotz. In seinen Kompositionen gibt er Objekten, deren emotionaler Wert den materiellen zumeist bei weitem übersteigt, einen Ort, wo sie ihre Geschichten weitererzählen und neue dazu fabulieren dürfen. Als Meister des echten Shabby Chics folgt er seinem Gespür und der Überzeugung, dass Menschen den Dingen um sie herum intuitiv den richtigen Platz zuteilen. 2 Mediterraner Garten Ebenso leidenschaftlich lebt der renommierte Architekt seinen Gestaltungswillen im Umschwung seines Anwesens aus. Hinter dem Haus hat er ein Wasserbecken angelegt und eigenhändig einen mediterranen Garten gepflanzt. Auf kleinen Terrassen erfreuen nun Granatäpfel- und Feigenbäume, Iris und viele andere Blütenstauden das Auge. Und was wäre eine Schönheit vom Lande ohne eigenes Gemüse. Nach bewährter Methode hat Pictet das Terrain unterhalb seines Hauses terrassiert und in Natursteinmäuerchen gefasst. In den Beeten seines Nutzund Obstgartens kultiviert er nun Salate, Kräuter, Tomaten und vieles mehr, was später dann auf den Tellern landet. Auch an die stille Gartenbetrachtung hat er gedacht. Von einer hübschen Sitzbank aus dürfen Gäste dem neu gepflanzten Oliven- und Pinienhain beim Wachsen zusehen oder ihren Blick über die mit Buchs gefassten Beete schweifen lassen. Einziger Störfaktor sind die weissen Falter des Buchsbaumzünslers, die sich in grossen Schwärmen am Lavendel laben. Eine stimmige Liaison »Mein Haus ist Ort des Rückzuges, aber auch der Ort, wo ich mich mit meinen beiden Kindern und meinen Freunden treffe«, so Charles Pictet, der sich als geborener Gastgeber erweist. Einer, der tagsüber geschäftig seine vielen Projekte in Haus und Garten verfolgt und doch immer wieder verbindende Momente der Gemeinsamkeit schafft. Sei es beim spontanen Stehfrühstück in der Küche, beim Mittagessen, das er routiniert für seine Gästen zubereitet, oder während der Siesta, wenn Pictets Flügelakkorde durch die Räume klingen. Zauberhaft sind auch die Dinner bei Kerzenlicht unter den noch sonnenwarmen Felsen. Nachdem die Teller leergegessen sind und die Tischgespräche vergnügt dahinplätschern, kann es passieren, dass sich der Architekt auf ein Gartenmäuerchen legt und alsbald ein tiefes Atmen zu hören ist. Es gerät zum Sinnbild einer stimmigen Liaison: Die Dame des Hauses schenkt ihrem jungen Verehrer Ruhe und Geborgenheit, während er ihr auf die alten Tage hin wieder ein Lächeln in ihr Gesicht zaubert. < 1 «C’est la maison du village.» 2 Der steinige Eingangshof und der Balkon in Richtung Süden. 26_Häuser modernisieren 2/2019
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