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sommer2019

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Nachkriegsgeschichten<br />

70 Jahre BierMühle<br />

1945. Es war kurz vor Ende des Kriegs. Garmisch-Partenkirchen<br />

war zu jener Zeit zu einer Lazarettstadt geworden. Zusätzlich war<br />

der Ort Ziel zahlreicher Flüchtlinge, so dass die Gemeinde teilweise<br />

von mehr als 80.000 Menschen bevölkert war, darunter auch viele<br />

Nazis, die sich von hieraus absetzen wollten. Dann kamen die Amerikaner.<br />

Bislang waren der Markt und die Region weitgehend heil<br />

geblieben. Doch jetzt stand die Zukunft Spitz auf Knopf. Dank klugem<br />

und mutigem Handeln der Offiziere Ludwig Hörl und Michael<br />

Pössinger, die teilweise wider die offiziellen Befehle handelten,<br />

blieb der Ort auch weiterhin verschont. Andererseits boten zahlreiche<br />

Hotels komfortable Unterkünfte, die im Zusammenhang<br />

mit der Olympiade 1936 entstanden waren. Kein Wunder, dass es<br />

den amerikanischen Besatzern hier gut gefiel und sie sich mondän<br />

niederließen.<br />

Im August 1946 wurde die Casa Carioca eröffnet - ein Nachtclub<br />

von Weltruhm, damals vergleichbar mit dem Lido in Paris. „Es gibt<br />

Hummer, Champagner, Stars und täglich außer Montag eine Eisrevue<br />

mit 40 Eisläufern. Nach der Show wird eine hölzerne, 72 Tonnen<br />

schwere Tanzfläche über das Eis gezogen und die Party ging<br />

dann erst richtig los, bei passendem Wetter auch unter freiem Himmel,<br />

da sich auch das Dach öffnen lässt.“<br />

Die Casa wurde rasch zu einer Legende, einem Sehnsuchtsort.<br />

Im amerikanischen Fernsehen liefen Filme über den oberbayerischen<br />

Tempel des Vergnügens. Das zog dann auch Gäste wie Liz<br />

Taylor, den griechischen König, Errol Flynn oder Richard Burton<br />

an. Natürlich war die Casa zunächst nur den Amerikanern vorbehalten,<br />

doch weiß man ja wie es ist, wenn man Beziehungen hat<br />

und welchen Eindruck es macht, seine Angebetete dorthin einzuladen.<br />

Harry Mühle<br />

Während das übrige Deutschland mit Aufräumen beschäftigt<br />

war, tobte in Garmisch-Partenkirchen bereits der Bär. Man kann<br />

verstehen, dass es Harry Mühle, soeben aus russischer Kriegsgefangenschaft<br />

entlassen, nach Garmisch-Partenkirchen zog, um<br />

dort sein Glück zu finden. Wo sonst sollte es damals gelingen, als<br />

in der Gastronomie? Kurze Zeit später stand der 20. Juni 1948 vor<br />

der Tür. Das war der Tag der Währungsreform. Nach einer entbehrungsreichen<br />

Zeit, in der man nur durch Schwarzmarkthandel<br />

und Naturalientausch über die Runden kam, war über Nacht wieder<br />

ein geordneter Markt entstanden, mit allem, was man sich nur<br />

wünschen konnte und das einleitete, was man heute als deutsches<br />

Wirtschaftswunder bezeichnet.<br />

Der Aufstieg zum Bierverleger<br />

Harry Mühle hatte sich fleißig ins Zeug gelegt und es gelang ihm,<br />

etwas Geld zu sparen, das ihn befähigte einen klapprigen LKW zu<br />

erwerben, mit dem er in der Nacht zum Bierholen nach München<br />

fuhr, um die „Beute“ tagsüber im Werdenfelser Land zu verteilen.<br />

Wenngleich das Geld noch knapp war, so war der Bierdurst groß.<br />

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